OGH 7Ob242/18s

OGH7Ob242/18s27.2.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, 1041 Wien, Prinz‑Eugen‑Straße 20–22, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei D***** AG, *****, vertreten durch die Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. September 2018, GZ 12 R 101/17‑31, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 17. Oktober 2017, GZ 11 Cg 36/17g‑25, teils abgeändert und teils bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0070OB00242.18S.0227.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.237,04 EUR (darin 372,84 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist eine zur Unterlassungsklage nach § 28 KSchG berechtigte Institution (§ 29 KSchG).

Die Beklagte betreibt ein Versicherungsunternehmen und bietet Verbrauchern in ganz Österreich Rechtsschutzversicherungen an. Den Verträgen lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz‑Versicherung (ARB 2005 bzw ARB 2015) zugrunde.

Die Klägerin begehrte die Unterlassung der Verwendung mehrerer Klauseln in Art 13 ARB 2005 sowie Art 14 ARB 2005 bzw ARB 2015 wegen Verstößen gegen §§ 864a, 879 Abs 3 ABGB, § 6 Abs 1 Z 5, Abs 2 Z 1, 3 und Abs 3 KSchG sowie die Unterlassung der Berufung auf diese oder sinngleiche Klauseln, soweit diese bereits Inhalt der von der Beklagten mit Verbrauchern abgeschlossenen Verträge geworden sind; weiters stellte sie ein Veröffentlichungsbegehren.

Die Beklagte bestritt die Unzulässigkeit dieser Klauseln.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren in Ansehung der Klausel zu Art 13.5 ARB 2005 statt und erteilte der Klägerin insofern die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung. Im Übrigen wies es das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, nicht jedoch der Berufung der Beklagten; es änderte das Urteil dahin ab, dass es dem Klagebegehren zur Gänze stattgab. Die ordentliche Revision ließ es wegen fehlender höchstgerichtlicher Rechtsprechung in Ansehung der Klausel zu Art 13.5 ARB 2005 zu.

Die Revision der Beklagten beantragt die Abänderung in gänzlich klageabweisendem Sinne.

Die Klägerin beantragt, der Revision in Ansehung der Klausel zu Art 13.5 ARB 2005 nicht Folge zu geben und sie im Übrigen zurückzuweisen, hilfsweise ihr auch insofern nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

I. Allgemeines:

1. Im Rahmen der Verbandsklage hat die Auslegung der Klauseln im „kundenfeindlichsten“ Sinn zu erfolgen (RIS‑Justiz RS0016590). Eine geltungserhaltende Reduktion kann – wie auch im Individualprozess – nicht stattfinden (RIS‑Justiz RS0038205 [insbes T20]).

2.1. Die Geltungskontrolle nach § 864a ABGB geht der Inhaltskontrolle gemäß § 879 ABGB vor (RIS‑Justiz RS0037089). Objektiv ungewöhnlich nach § 864a ABGB ist eine Klausel, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, mit der er also nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Der Klausel muss ein „Überrumpelungseffekt“ innewohnen (RIS‑Justiz RS0014646). Die Ungewöhnlichkeit ist objektiv zu verstehen. Die Subsumtion hat sich an der Verkehrsüblichkeit beim betreffenden Geschäftstyp zu orientieren. Ein Abstellen auf die subjektive Erkennbarkeit gerade für den anderen Teil ist daher ausgeschlossen (RIS‑Justiz RS0014627). Erfasst sind alle dem Kunden nachteiligen Klauseln; eine grobe Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB wird nicht vorausgesetzt (RIS‑Justiz RS0123234).

2.2. Gemäß § 879 Abs 3 ABGB ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt. Weicht eine Klausel von dispositiven Rechtsvorschriften ab, liegt eine gröbliche Benachteiligung eines Vertragspartners im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB schon dann vor, wenn es für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung gibt. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die einem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht (RIS‑Justiz RS0016914; RS0014676).

2.3. Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Durch das Transparenzgebot soll eine durchschaubare, möglichst klare und verständliche Formulierung von AGB sichergestellt werden. Der typische Verbraucher soll nicht von der Durchsetzung seiner Rechte dadurch abgehalten werden, dass ihm ein unzutreffendes oder unklares Bild seiner vertraglichen Position vermittelt wird oder ihm unberechtigt Pflichten auferlegt werden (vgl RIS‑Justiz RS0115217 [T3, T8, T41]). Eine Klausel, die Änderungen des Vertrags über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß unbeschränkt zulässt, verstößt gegen das Transparenzgebot. Die vertragliche Zustimmungsfiktion läuft in der Praxis weitgehend auf eine einseitige Änderungsbefugnis des Unternehmers hinaus, weil sich Verbraucher erfahrungsgemäß mit Änderungsangeboten nicht auseinandersetzen, weshalb ihnen infolge der Gefahr ihrer Passivität ein Schutzbedürfnis zuzubilligen ist (vgl RIS‑Justiz RS0128865 [insbes T3, T5]).

3.  Bei der Rechtsschutzversicherung sorgt der Versicherer für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers in den im Vertrag umschriebenen Bereichen und trägt die dem Versicherungsnehmer dabei entstehenden Kosten (§ 158j Abs 1 erster Satz VersVG). Die Rechtsschutzversicherung ist eine passive Schadenversicherung und keine Sachversicherung (RIS‑Justiz RS0127808).

II. Zu den beanstandeten Klauseln:

1.1. Artikel 13.5 ARB 2005

5. Wird eine Erhöhung des versicherten Risikos durch Änderung oder Neuschaffung von Rechtsnormen oder durch eine Änderung der Judikatur der Höchstgerichte bewirkt, so kann der Versicherer innerhalb eines Jahres ab Inkrafttreten der Rechtsnormen oder Veröffentlichung der geänderten Judikatur mittels eingeschriebenen Briefes

5.1. dem Versicherungsnehmer eine Änderung des Versicherungsvertrages anbieten oder

5.2. den Versicherungsvertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat kündigen.

Das Angebot zur Änderung des Versicherungsvertrages gilt als angenommen, wenn es nicht innerhalb eines Monates nach seinem Empfang schriftlich abgelehnt wird. Bei Ablehnung des Anbotes gilt der Versicherungsvertrag als vom Versicherer gekündigt. In diesem Fall endet der Versicherungsvertrag einen Monat nach Empfang der Ablehnung.

Im Anbot zur Vertragsänderung hat der Versicherer auf diese Rechtsfolgen ausdrücklich hinzuweisen. Für die Prämienberechnung ist Artikel 15.3.2. sinngemäß anzuwenden.

[Klausel 4 – Klagebegehren]

1.2. Die Klägerin brachte vor, die Klausel sei intransparent und verstoße gegen § 879 Abs 3 ABGB, weil sie nicht zweiseitig ausgestaltet sei und eine Änderung des Versicherungsvertrags im Wege einer den Verbraucher gröblich benachteiligenden Zustimmungsfiktion vorsehe. Sie verstoße auch gegen § 29 VersVG, weil sie ein „ausuferndes Verständnis“ einer Risikoerhöhung durch Gesetzes- oder Judikaturänderungen ermögliche.

Die Beklagte erwiderte, die Klausel entspreche § 27 Abs 3 VersVG. Eine Änderung von Rechtsnormen oder Judikatur habe sich „selbstverständlich stets an der Erheblichkeit gemäß § 29 VersVG zu orientieren“. Die gesetzeskonforme Verwendung und – vom KSchG nicht verbotene – Auslegung von AGB sei ohnedies immer zu prüfen. Dass dem Versicherungsnehmer ein Anbot zur Änderung des Vertrags gelegt werde, bewirke nur dessen Besserstellung, weil er dadurch am Vertrag – wenn auch angepasst – festhalten könne.

Das Erstgericht erachtete die Klausel als intransparent, weil sie Rechtsfolgen bei Änderung der Rechtsordnung oder Judikatur vorsehe und bei strikter Wortinterpretation Rechtsfolgen für jedwede, auch sachlich nicht im Zusammenhang mit Rechtsschutzversicherungsverhältnissen stehende Änderungen auslöse. Es sei unklar, bei welchen konkreten Änderungen welcher Normen oder welcher Judikatur welcher Gerichte sich der Versicherer auf die Rechtsfolge berufen könne.

Das Berufungsgericht befand die Klausel zwar nicht als deshalb intransparent, weil die Voraussetzungen der Kündigung zu weit gefasst oder zu wenig determiniert seien. Auch die Handlungsalternativen des Versicherers seien unmissverständlich formuliert. Allerdings weiche die Klausel insofern vom nach § 34a VersVG einseitig zwingend zugunsten des Versicherungsnehmers ausgestalteten § 29 VersVG ab, als sie nicht eindeutig auf eine erhebliche Erhöhung der Gefahr beschränkt sei, sondern – auch im Vergleich mit den sonstigen in Art 13.1 bis 13.4 ARB 2005 geregelten Fällen – auf eine Erhöhung des versicherten Risikos schlechthin abgestellt werde. Dies sei eine gröbliche Benachteiligung eines Vertragspartners im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB. Überdies verstoße die Zustimmungsfiktion gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG und sei auch deshalb gröblich benachteiligend, weil sie es der Beklagten ohne jede Schranke ermögliche, eine weitgehende Vertragsänderung ohne tatsächliche Zustimmung des Versicherungsnehmers zu bewirken.

Die Revisionswerberin führt neuerlich ins Treffen, die Klausel fuße auf § 27 Abs 3 VersVG und sei im Gesamtgefüge des Art 13 ARB 2005 zu lesen, in dem die Determinanten offen zutage lägen. Der gesamte Art 13 habe keinen anderen Regelungsgegenstand als die Frage, was als erhebliche Gefahrenerhöhung anzusehen sei.

1.3.  Dazu wurde erwogen:

1.3.1.  Maßgeblich für die Qualifikation einer Klausel als eigenständig im Sinn des § 6 KSchG ist nicht die Gliederung des Klauselwerks. Es kommt darauf an, ob ein materiell eigenständiger Regelungsbereich vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn Bestimmungen isoliert voneinander wahrgenommen werden können (vgl RIS‑Justiz RS0121187 [T1]).

Art 13.5 ARB 2005 hat einen besonderen Fall einer nachträglichen Erhöhung des versicherten Risikos mit eigenen Rechtsfolgen zum Gegenstand und ist insofern eine gegenüber den vorangehenden Punkten des Art 13 eigenständige Regelung. Dies erhellt auch aus dem Umstand, dass eine Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers in Art 13.5 ARB 2005 nicht vorgesehen ist (vgl § 27 Abs 3 letzter Halbsatz VersVG), sehr wohl jedoch bei den davor geregelten Fällen, die unter anderem auch nicht allgemein bekannte Gefahrenerhöhungen betreffen.

Art 13.5 ARB 2005 ist daher als eigenständige Klausel anzusehen und zu prüfen.

1.3.2.  Während in allen anderen Punkten des Art 13 ARB 2005 jeweils auf die Änderung eines für die Übernahme der Gefahr erheblichen Umstands (Art 13.1, 13.3 und 13.4) oder einen für die Erhöhung der Gefahr erheblichen Umfang (Art 13.2) Bezug genommen wird, enthält Art 13.5 keine solche Einschränkung. Es ist dem Berufungsgericht zuzustimmen, dass die Klausel damit entgegen § 29 VersVG die Kündigungsmöglichkeiten nicht auf Fälle erheblicher und nicht vereinbarter Gefahrenerhöhungen beschränkt. Sie verstößt damit gegen das Gesetz und ist gemäß § 879 Abs 1 ABGB nichtig.

1.3.3.  Eine Klausel, die Änderungen des Vertrags über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß unbeschränkt zulässt, verstößt gegen das Transparenzgebot. Wie bereits ausgeführt läuft die vertragliche Zustimmungsfiktion in der Praxis weitgehend auf eine einseitige Änderungsbefugnis des Unternehmers hinaus.

Gegen die ebenfalls der Judikatur entsprechende Ansicht des Berufungsgerichts, dass die in der Klausel vorgesehene Vertragsänderung per Zustimmungsfiktion ohne jede inhaltliche Determination bleibt, in welchem Umfang diese stattfinden solle, und daher intransparent bzw gröblich benachteiligend ist, bringt die Revision nichts vor.

1.3.4.  Die Revision der Beklagten ist damit in Ansehung von Art 13.5 ARB 2005 nicht berechtigt.

2.1. Artikel 14 ARB 2005

1.  [Die Prämie und die Versicherungssumme sind aufgrund des bei Abschluß des Vertrages geltenden Tarifes erstellt.]

Sie unterliegen jenen Veränderungen des Tarifes, die sich aufgrund von Veränderungen des Gesamtindex der Verbraucherpreise 1986 oder bei dessen Entfall des entsprechenden Nachfolgeindex ergeben.

Die jeweilige Tarifberechnung erfolgt unter Anwendung der Indexziffer des letzten Monates eines jeden Kalendervierteljahres (Berechnungsmonat).

2. Eine Tarifänderung wirkt auf Prämie und Versicherungssumme frühestens ab der Prämienhauptfälligkeit, die drei Monate nach Ablauf des Berechnungsmonates eintritt.

Prämie und Versicherungssumme verändern sich gegenüber den zuletzt gültigen im gleichen Verhältnis wie der jeweils maßgebliche Index. Beträgt der Unterschied nicht mehr als 0,5 Prozent, unterbleibt eine Wertanpassung, doch ist dieser Unterschied bei späteren Veränderungen des Index zu berücksichtigen. Beträgt der Unterschied mehr als 0,5 Prozent und unterbleibt trotzdem ganz oder teilweise eine Wertanpassung, kann dieser Unterschied bei späteren Wertanpassungen angerechnet werden.

[Klausel 5a – Klagebegehren]

3.  [Der Versicherungsnehmer ist berechtigt, die Wertanpassung unbeschadet des Fortbestandes der sonstigen Vertragsbestimmungen unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten auf den Zeitpunkt der nächsten Prämienhauptfälligkeit zu kündigen.]

Tritt nach der Kündigung eine Erhöhung des Tarifes aufgrund der Wertanpassung in Kraft, vermindert sich die Leistung des Versicherers im gleichen Verhältnis, in dem die vom Versicherungsnehmer zu zahlende Prämie zu der im Zeitpunkt des Versicherungsfall es gültigen Tarifprämie steht.

[Klausel 6a – Klagebegehren]

2.2. Artikel 14 ARB 2015

1.  [Die Prämie und die Versicherungssumme sind aufgrund des zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Tarifes erstellt.]

Sie unterliegen jenen Veränderungen des Tarifes, die sich aufgrund von Veränderungen des Gesamtindex der Verbraucherpreise 2005 oder bei dessen Entfall des Gesamtindex der Verbraucherpreise 2010 ergeben. Wird auch dieser Index nicht mehr veröffentlicht, so wird der an seine Stelle getretene Index herangezogen.

Die jeweilige Tarifberechnung erfolgt unter Anwendung der Indexziffer des letzten Monates eines jeden Kalendervierteljahres (Berechnungsmonat).

2. Eine Tarifänderung wirkt auf Prämie und Versicherungssumme frühestens ab der Prämienhauptfälligkeit, die 3 Monate nach Ablauf des Berechnungsmonates eintritt.

Prämie und Versicherungssumme verändern sich gegenüber den zuletzt gültigen im gleichen Verhältnis wie der jeweils maßgebliche Index. Beträgt der Unterschied nicht mehr als 0,5 Prozent, unterbleibt eine Wertanpassung, doch ist dieser Unterschied bei späteren Veränderungen des Index zu berücksichtigen.

[Klausel 5b – Klagebegehren]

3.  [Der Versicherungsnehmer ist berechtigt, die Wertanpassung unbeschadet des Fortbestandes der sonstigen Vertragsbestimmungen unter Einhaltung einer Frist von 3 Monaten auf den Zeitpunkt der nächsten Prämienhauptfälligkeit zu kündigen.]

Tritt nach der Kündigung eine Tarifänderung aufgrund der Wertanpassung in Kraft, ändert sich die Leistung des Versicherers im gleichen Verhältnis, in dem die vom Versicherungsnehmer zu zahlende Prämie zu der im Zeitpunkt des Versicherungsfalles gültigen Tarifprämie steht.

[Klausel 6b – Klagebegehren]

2.3. Vorauszuschicken ist, dass im Hinblick auf die – wie zu zeigen sein wird, für die hier zu treffende Beurteilung maßgeblichen – Änderungen der ARB 2015 gegenüber den ARB 2005 und die sich über weite Strecken überschneidende Behandlung der Klauseln im bisherigen Verfahren eine gemeinsame Erörterung zweckmäßig ist.

2.4.  Die Klägerin brachte vor, Art 14.1 und Art 14.2 ARB 2005 seien insofern intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG, als unklar auf einen „entsprechenden Nachfolgeindex“ Bezug genommen werde. Da die in der Klausel vorgesehene, einseitige Entgeltänderungsmöglichkeit nicht für beide Seiten in gleicher Weise ausgestaltet und hinsichtlich ihres zeitlichen Wirksamwerdens vom Willen des Versicherers abhängig sei, verstoße die Klausel zudem gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG.

Art 14.3 ARB 2005 sei unzulässig, weil sie den Versicherer im Falle der Kündigung der Wertanpassung zu einer nicht geringfügigen und sachlich nicht gerechtfertigten Verminderung seiner Leistungen ermächtige. Der Versicherungsnehmer müsse nicht mit einem solchen im Ergebnis ständig steigenden Selbstbehalt rechnen. Der Oberste Gerichtshof habe zu 7 Ob 62/15s idente Klauseln eines anderen Versicherers als gegen §§ 864a, 879 Abs 3 ABGB verstoßend erkannt.

Zu Art 14 ARB 2015 brachte die Klägerin vor, die Klausel trage zwar der Entscheidung 7 Ob 62/15s insofern Rechnung, als sie nunmehr zweiseitig gestaltet sei und damit § 6 Abs 1 Z 5 KSchG nicht widerspreche. Es bestehe aber kein schutzwürdiges Interesse des Versicherers an einer laufenden Wertanpassung. Die für den Fall deren Kündigung durch den Verbraucher vorgesehene Sanktion der anteiligen Kürzung der Leistungen des Versicherers sei auch im Fall der (zu den ARB 2005 insofern sinngleichen) ARB 2015 ein Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB und § 864a ABGB.

Die Beklagte erwiderte zu Art 14.1 und Art 14.2 ARB 2005 vorerst, Index- bzw Prämienanpassungsklauseln seien üblich und zulässig. Die Klauseln seien seit Langem gebräuchlich, entsprächen den Musterbedingungen des Verbands der Versicherungsunternehmen Österreichs und enthielten branchenübliche, nicht objektiv ungewöhnliche Beschränkungen des Risikos. Die Leistung des Versicherers liege nicht in der Bereitstellung der – nur eine (zudem meist nicht ausgeschöpfte) Obergrenze bildenden – Versicherungssumme, sondern in der Übernahme der Kosten im konkreten Versicherungsfall. Risikoprämie und Verwaltungskosten als Bestandteile der Prämie seien durch die – nicht vom Willen des Versicherers abhängige – Inflation betroffen und rechtfertigten die Prämienanpassung, zumal auch Gerichtsgebühren, Sachverständigenkosten sowie Anwaltshonorare indexgebunden wertangepasst würden, während die Gegenleistung des Versicherten, die Prämie, durch die Inflation sinke. Die Entscheidung 7 Ob 62/15s werde im Schrifttum kritisiert und sei nicht auf den vorliegenden Fall anzuwenden.

Die Wertanpassungsklausel in Art 14.1 und Art 14.2 ARB 2015 sei aus den auch zu Art 14 ARB 2005 dargelegten Gründen zulässig, entspreche einem wichtigen Interesse des Versicherers und würde Konsumenten in keiner Weise beeinträchtigen oder sie überraschen. Das Kündigungsrecht für den Versicherungsnehmer werde freiwillig eingeräumt und sei weder EU‑rechtlich noch gesetzlich geboten. Einem Rechtsschutzversicherer generell das Recht zur Prämienanpassung im Sinne einer Wertsicherung abzusprechen, schmälere das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Erwerbsfreiheit, verkenne die Rechtsnatur des Versicherungsvertrags und wäre gleichheitswidrig. Die Beklagte sei auch im Hinblick auf europarechtliche Vorgaben (Solvabilität II‑RL 2009/138/EG ) angehalten, Wertanpassungen vorzusehen, um ein entsprechendes Solvenzkapital sicherzustellen.

Das Erstgericht begründete die Klagsabweisung zu Art 14.1 und 14.2 ARB 2005 sowie Art 14.1 und 14.2 ARB 2015 gleichermaßen damit, dass in 7 Ob 62/15s Klauseln zu beurteilen gewesen seien, die nur eine Erhöhung der Prämie, nicht jedoch eine der Versicherungssumme vorgesehen hätten. Im vorliegenden Fall seien dagegen die Klauseln zweiseitig und die Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung bleibe gewahrt. Die Kündigungsklauseln (Art 14.3 ARB 2005 und ARB 2015) seien zulässig, weil der Umfang der Leistungskürzung transparent umschrieben sei und der Konsument damit rechne, dass bei einer Kündigung der Wertanpassung zwar nicht die Prämie und die Versicherungssumme fixiert würden, aber sich die Leistung ändere.

Das Berufungsgericht erachtete dagegen die zu 7 Ob 62/15s beurteilten Klauseln als mit dem hier vorliegenden Art 14 ARB 2005 nahezu wortident und die Art 14.1 und Art 14.2 ARB 2015 in den wesentlichen Punkten mit Art 14.1 und Art 14.2 ARB 2005 sinngleich. Auch alle vorliegenden Klauseln verstießen gegen § 864a und § 879 Abs 3 ABGB. Die beim Abschluss des Versicherungsvertrags im Austauschverhältnis mit der Prämie stehende Gegenleistung des Versicherers bestehe nicht in der Erbringung einer Versicherungsleistung, sondern in der Übernahme des versicherten Risikos, unabhängig davon, ob überhaupt ein Versicherungsfall eintrete. Die Höhe des übernommenen Risikos komme in der vereinbarten Versicherungssumme zum Ausdruck.

Im angebotenen Unterlassungsvergleich habe sich die Beklagte nicht zur Unterlassung der Verwendung von Art 14.1 und Art 14.2 ARB 2015 verpflichtet, sondern ausdrücklich erklärt, diese verwenden zu wollen. Die Wiederholungsgefahr sei insofern nicht weggefallen. In Ansehung von Art 14.3 ARB 2005 und Art 14.3 ARB 2015 habe die Beklagte nicht vorgebracht und sei auch nicht ersichtlich, dass sie der Klägerin den Abschluss eines Unterlassungsvergleichs nur über diese Klausel im Sinne eines Teilvergleichs angeboten habe. Auch hinsichtlich dieser Klausel bestehe weiterhin Wiederholungsgefahr.

Die Revisionswerberin führt zu Art 14.1 und Art 14.2 ARB 2005 ins Treffen, dass diese nicht mehr in Verwendung stünden und sie sich verpflichtet habe, es zu unterlassen, sie zu verwenden oder sich auf sie zu berufen; dies gelte für Art 14.3 ARB „gleichgültig welcher Bedingungsgeneration“. Die Beklagte habe durch die ARB 2015 und das Angebot eines Unterlassungsvergleichs den tragenden Beanstandungen zu 7 Ob 62/15s Rechnung getragen. Diese hätten in einem Verstoß gegen die Zweiseitigkeit nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG in Ansehung von Art 14.1 der dortigen ARB 2012 und in Ansehung von Art 14.3 ARB 2012 in der Unzulässigkeit nach §§ 864a, 879 Abs 3 ABGB bestanden. Dass die Äquivalenz zwischen Versicherungssumme und Prämie beim Vertragsabschluss festgelegt werde, sei dagegen ein bloßes obiter dictum in 7 Ob 62/15s; dass jede Prämienanpassungsklausel prinzipiell unzulässig wäre, sei ein Missverständnis der Entscheidung.

Zu Art 14.1 und Art 14.2 ARB 2015 wiederholt die Beklagte ihren Standpunkt, sie seien nunmehr zweiseitig gestaltet. Risikoprämie und anteilige Verwaltungskosten als Teile der Versicherungsprämie seien von der Inflation betroffen. Die Leistung des Versicherers bestehe nicht in der Bereitstellung der Versicherungssumme, sondern in der Übernahme der Kosten des konkreten Versicherungsfalls. Prämienanpassungsklauseln seien prinzipiell zulässig.

2.5.  Dazu wurde erwogen:

2.5.1.  Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens bot die Beklagte einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich in Ansehung von Art 14.1 und 14.2 ARB 2005 einerseits sowie in Ansehung von Art 14.3 ARB 2005 und sinngleichen Klauseln (somit Art 14.3 ARB „gleichgültig welcher Bedingungsgeneration“) andererseits an. Sie verwende die ARB 2005 nicht mehr, die „ungeschickt formuliert“ gewesen sein mögen; sie werde sich nur noch auf die ARB 2015 berufen, die eine gänzliche Neuformulierung seien, welche den Anforderungen des Obersten Gerichtshofs standhalte und weder § 864a noch § 879 Abs 3 ABGB widerspreche.

Die Klägerin erklärte daraufhin, sie sei bereit, einen Teilvergleich zu Art 14.3 ARB 2005 und Art 14.3 ARB 2015 (Klauseln 6a und 6b) so wie von der Beklagten angeboten abzuschließen.

Dem erwiderte die Beklagte, sie habe nicht einen Teilvergleich angeboten, sondern das Vergleichsanbot sei als solches zur Gesamtbereinigung des Verfahrens zu verstehen. Mit einem solchen Vergleich hätte die Klägerin mit allem obsiegt, womit sie auch im Prozess obsiegen könnte; die Wiederholungsgefahr sei weggefallen.

Ein Vergleich kam in der Folge nicht zustande.

Gegen die Darlegung des Berufungsgerichts, dass ein Wegfall der Wiederholungsgefahr auch deshalb zu verneinen ist, weil die Beklagte keinen Teilvergleich angeboten hat, wird in der Revision nichts Konkretes ins Treffen geführt. Diese Auffassung ist auch nicht zu beanstanden:

Der Unternehmer muss, will er die Wiederholungsgefahr beseitigen, nach Abmahnung eine unbedingte, uneingeschränkte und strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben (RIS‑Justiz RS0119007 [T9, T12]). Die Beklagte hat hier einen Teilvergleich zu Art 14.3 ARB 2005 und Art 14.3 ARB 2015 abgelehnt, indem sie die Unterlassungserklärung zu diesen Bestimmungen davon abhängig machte, dass die Klägerin die übrigen Teile von Art 14 ARB 2015 sanktioniere. Überdies kann ihre Äußerung auch dahin verstanden werden, dass sie eine Gesamtbereinigung des Verfahrens unter Einschluss der Klausel zu Art 13.5 ARB 2005 anstrebte. Insgesamt liegt darin keinesfalls eine vollständige und unbedingte Unterwerfung unter den Anspruch der Klägerin, sodass die Wiederholungsgefahr dadurch nicht beseitigt wurde.

2.5.2.  Die hier zu beurteilenden Klauseln sind in Ansehung des jeweiligen Art 14.1 und 14.2 im Kern sinngleich; lediglich die in Ansehung der einseitigen Berücksichtigung von Indexänderungen als zusätzlicher Verstoß gegen Art 6 Abs 1 Z 5 KSchG erkannte Formulierung in Art 14.2 ARB 2005 wurde – unstrittig – in Art 14.2 ARB 2015 abgeändert (Entfall des letzten Satzes). Weiters ist in Art 14.3 ARB 2015 die Rechtsfolge einer Wertanpassungskündigung gegenüber Art 14.3 ARB 2005 dahin anders formuliert, dass die Leistung des Versicherers sich „ändert“ anstatt „vermindert“.

Beide Fassungen sind in den für die Vorentscheidung in Ansehung des Verstoßes gegen §§ 864a und 879 Abs 3 ABGB wesentlichen Teilen mit den zu 7 Ob 62/15s beurteilten ARB 2012 eines anderen Versicherers bedeutungsgleich.

Aus diesen Gründen hat die von der Revisionswerberin angestrebte isolierte Betrachtung der einzelnen Bestimmungen der einzelnen Punkte des Art 14 ARB 2015 (weil „keine zwingende logische Junktimierung“ zwischen Art 14.1 und 14.2 mit Art 14.3 ARB 2015 gegeben sei) nicht stattzufinden (vgl oben Pkt II.1.3.1). Art 14 ARB 2005 bzw Art 14 ARB 2015 regeln die Wertanpassung insgesamt und sind daher jeweils als Einheit zu behandeln und insgesamt zu beurteilen (vgl 7 Ob 62/15s [3.2]).

2.5.3.  Der erkennende Fachsenat hat in 7 Ob 62/15s = RIS‑Justiz RS0130148 das Folgende ausgeführt:

Die Hauptleistungspflicht des Versicherers in der Rechtsschutzversicherung besteht in der Kostenübernahme. Daher sind – im Unterschied zu jeder Form einer Sachleistung – auch die Versicherungssumme und die Leistung selbst denselben inflationsbedingten Schwankungen ausgesetzt, die für die Versicherungsprämien gelten. Während eine in AGB geregelte Anpassung des Entgelts für die Leistung einer in ihrem (Gebrauchs‑)Wert gleichbleibenden Ware oder Dienstleistung an inflationsbedingte Veränderungen allenfalls sachlich gerechtfertigt erscheinen mag, lässt sich dieses Argument auf die Kostenübernahme für bestimmte Versicherungsfälle nicht ohne weiteres übertragen. Grundsätzlich wird die Äquivalenz zwischen Versicherungssumme und Prämie beim Vertragsabschluss festgelegt. Der Versicherungsnehmer wählt mit der Höhe der Versicherungssumme den Umfang der von ihm gewünschten Deckung. Sollte der Wert der Versicherungssumme inflationsbedingt sinken, liegt es an den Parteien, ob und in welchem Ausmaß sie eine Anpassung des Versicherungsvertrags vornehmen wollen. Es steht dem Versicherungsnehmer aber frei, eine Erhöhung abzulehnen, wenn er sie für sich als nicht notwendig erachtet. Dann ändert sich an der Äquivalenz zwischen Versicherungssumme und Prämie nichts. Die Leistungen im Versicherungsfall bleiben unverändert. Für eine den Versicherungsnehmer verpflichtende Wertanpassung besteht kein schutzwürdiges Interesse des Versicherers, weil nicht nur die Prämie, sondern auch die Versicherungssumme gleichermaßen der Inflation unterliegen und sich die Äquivalenz daher gerade nicht verschiebt. Durch die Klausel sichert sich der Versicherer vielmehr die stetige Erhöhung der Prämie, wenn auch gegen Erhöhung der Versicherungssumme, unabhängig vom konkreten Willen des Versicherungsnehmers.

Zudem war die Kündigung der Wertanpassung in Art 14.3 ARB 2012 mit einer Sanktion versehen. Im Fall einer Tariferhöhung kürzt der Versicherer seine Leistung (in jedem künftigen Versicherungsfall), was in keinem Zusammenhang mit der vereinbarten Versicherungssumme steht, die dann gleich bleibt. Damit wird das im Versicherungsvertrag vereinbarte Äquivalenzverhältnis einseitig und ohne gerechtfertigten Grund zugunsten des Versicherers verändert, denn er muss nun nicht mehr (nur) begrenzt durch die Versicherungssumme Leistungen erbringen, sondern kann diese noch entsprechend den Tarifänderungen kürzen. Diese durch die Klauseln herbeigeführte einseitige Benachteiligung des Versicherungsnehmers ist überraschend, sachlich nicht gerechtfertigt und grob benachteiligend.

Dem Versicherer bleibt es unbenommen, seine Vertragspartner auf das Risiko einer – etwa im Fall einer längere Zeit gestiegenen oder kurzfristig erheblichen Inflation – Unterversicherung (sich verringernden Versicherungsdeckung) aufmerksam zu machen und eine entsprechende Anpassung anzubieten. Die in Art 14 ARB 2012 vorgesehene zwingende und unter Sanktion gestellte Wertanpassung ist aber unwirksam und verstößt gegen die §§ 864a und 879 Abs 3 ABGB.

2.5.4.  Der Senat sieht sich nicht veranlasst, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen.

2.5.4.1.  Die Revision ist nicht im Recht, wenn sie vermeint, dass die Äquivalenz zwischen Versicherungssumme und Prämie bei Vertragsabschluss in 7 Ob 62/15s nur obiter ausgesprochen worden wäre. Dieses Argument ist vielmehr eine tragende Begründung für die Unzulässigkeit der gesamten Wertanpassungsklausel. Der Fachsenat hat in 7 Ob 168/17g jüngst auch bekräftigt, dass das Äquivalenzverhältnis durch den Vertrag und im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses festgelegt wird und auch in weiterer Folge erhalten bleibt, weil die Versicherungssumme, die gegebenenfalls zu erbringenden Versicherungsleistungen und die Versicherungsprämien wertmäßig denselben inflationsbedingten Schwankungen unterliegen. Der Senat hat auch zu Erwägungen zur wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit festgehalten, dass die Entscheidung für eine Wertanpassung von beiden Parteien getroffen werden und dem Versicherungsnehmer auch die Möglichkeit offen stehen muss, eine Erhöhung abzulehnen, wenn er sie für sich als nicht notwendig erachtet.

2.5.4.2.  Die Revisionswerberin missversteht die Vorentscheidung 7 Ob 62/15s auch insofern, als nicht bloß Art 14.1 der dortigen ARB 2012 als nach Art 6 Abs 1 Z 5 KSchG und nur Art 14.3 ARB 2012 als nach §§ 864a, 879 Abs 3 ABGB unzulässig erkannt wurden. Ein Verstoß der Gesamtklausel gegen §§ 864a, 879 Abs 3 ABGB wurde vielmehr darin erblickt, dass sie eine stetige Erhöhung der Prämie, wenn auch gegen Erhöhung der Versicherungssumme, unabhängig vom konkreten Willen des Versicherungsnehmers vorsah. Dies trifft auch auf die hier zu beurteilenden Art 14 ARB 2005 und Art 14 ARB 2015 zu, auch wenn Letztere insofern nicht mehr gegen das Zweiseitigkeitsgebot im Sinn des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG verstößt, als hier die in den zu 7 Ob 62/15s zu beurteilenden ARB 2012 als unzulässig erkannte Wendung nicht mehr enthalten ist, wonach allfällige Senkungen aufgrund von Indexveränderungen, die mehr als 0,5 % betragen, vom Versicherer bei späteren Wertanpassungen angerechnet werden können, aber nicht müssen. Inwiefern für den Versicherungsnehmer eine Möglichkeit besteht, eine allfällige Reduktion einzufordern oder gar durchzusetzen, ist allerdings auch nach der aktuellen Regelung nicht erkennbar. Eine tatsächliche Tarifänderung hängt neben der Indexänderung ausschließlich (einseitig) vom Willen der Beklagten ab.

2.5.4.3.  Art 14.1 ARB 2005 und ARB 2015 enthalten – ebenso wie die in 7 Ob 62/15s beurteilten Klauseln – eine Bezugnahme auf „Veränderungen des Tarifs“, die sich aufgrund von Indexveränderungen ergäben. Prämie und Versicherungssumme erhöhen sich nach dem Wortlaut beiden beanstandeten Klauseln nicht unmittelbar im Ausmaß des Index, sondern sollen „Veränderungen des Tarifs“ folgen, ohne dass damit deutlich würde, wie dieser konkret mit Indexänderungen verknüpft wäre. Bei kundenfeindlichster Auslegung können diese Tarifänderungen als von der allgemeinen Preisentwicklung weitgehend losgelöst, das Äquivalenzverhältnis damit einseitig ändernd und damit den Versicherungsnehmer gröblich benachteiligend aufgefasst werden. In Art 14.2 ARB 2005 und ARB 2015 wird demgegenüber zwar normiert, dass sich Prämie und Versicherungssumme gegenüber den zuletzt gültigen im gleichen Verhältnis wie der jeweils maßgebliche Index verändern sollen. Nach welchen Parametern sich Prämie und Versicherungssumme letztlich bestimmen, bleibt damit auch unklar.

Die Klauseln, soweit sie das eigentliche Leistungsversprechen einschränken, verändern oder aushöhlen, halten der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB (vgl RIS‑Justiz RS0016908 [T5, T6, T8]) nicht stand; sie sind nach dem Gesagten auch intransparent.

2.5.4.4.  Nach § 6 Abs 1 Z 2 KSchG sind besonders solche Vertragsbestimmungen im Sinn des § 879 ABGB jedenfalls nicht verbindlich, nach denen ein bestimmtes Verhalten des Verbrauchers als Abgabe oder Nichtabgabe einer Erklärung gilt, es sei denn, er wird bei Beginn der hiefür vorgesehenen Frist auf die Bedeutung seines Verhaltens besonders hingewiesen und hat zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eine angemessene Frist. Art 14 ARB 2005 und ARB 2015 sehen keine näheren Regeln vor, wie die Erhöhung von Prämie und Versicherungssumme dem Versicherungsnehmer zur Kenntnis zu bringen ist. Art 14.3 ARB 2005 und ARB 2015 räumt dem Versicherungsnehmer aber eine Kündigungsmöglichkeit ein.

Für die Wirksamkeit einer Zustimmungsfiktion für den Fall des Unterbleibens der Kündigung ist es erforderlich, dass die in § 6 Abs 1 Z 2 KSchG vorgesehene Hinweispflicht des Verwenders in die AGB oder Vertragsformblätter selbst aufgenommen (7 Ob 52/17y = RIS‑Justiz RS0065536 [T1];

vgl RS0128865) und dem Versicherungsnehmer die Tragweite seiner Einwilligung (vgl RIS‑Justiz RS0115217, RS0115219) erkennbar gemacht werden muss. Durch die Nichtaufnahme der Hinweispflicht nach § 6 Abs 1 Z 2 KSchG widersprechen die hier beanstandeten Klauseln dem Transparenzgebot nach § 6 Abs 3 KSchG (vgl RIS‑Justiz RS0065536; 6 Ob 17/16t [Klausel 3], 8 Ob 132/15t [Klausel 1.c], jeweils mwN). Die nicht näher konkretisierte und unbeschränkte Möglichkeit der Vertragsänderung (siehe Pkt 2.5.4.3.) mittels Erklärungsfiktion ist ebenso intransparent.

2.5.4.5.  Schließlich ist in Art 14.3 ARB 2005 ebenso wie in Art 14.3 ARB 2015 (ungeachtet der gegenüber den ARB 2005 neutraleren Formulierung) weiterhin die in 7 Ob 62/15s als zusätzliches Kriterium für die Unzulässigkeit angesprochene Sanktionierung einer Kündigung der Wertanpassung durch eine einseitige Leistungsänderung zum Nachteil des Versicherungsnehmers über die Begrenzung durch die Versicherungssumme hinaus durch den Versicherer enthalten.

2.5.4.6.  Insgesamt liegt in Ansehung der in Art 14 ARB 2005 ebenso wie in Art 14 ARB 2015 vorgesehenen und unter Sanktion gestellten Wertanpassung ebenso wie zu 7 Ob 62/15s auch hier ein Verstoß gegen die §§ 864a und 879 Abs 3 ABGB sowie gegen § 6 Abs 1 Z 2 und Z 5, Abs 3 KSchG vor.

2.5.4.7.  Soweit die Beklagte auf die Solvabilität II‑Richtlinie 2009/138/EG verweist, legt sie nicht konkret dar, warum die Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung ihrer Solvenz (vgl §§ 157 ff VAG 2016) eine automatische Erhöhung der Prämieneinnahmen bzw im Fall der Kündigung der eine Leistungskürzung notwendig machen sollte.

EuGH 26. 11. 2015, C‑326/14, VKI / A1 , betraf ein telekommunikationsrechtliches Sonderkündigungsrecht (vgl 8 Ob 132/15t) und ist daher nicht einschlägig.

Im Übrigen ist eine Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle bei aufsichtsbehördlich genehmigten AGB weder durch das KSchG noch durch die einschlägigen Bestimmungen des ABGB vorgesehen (vgl RIS‑Justiz RS0112133).

2.5.5.  An der zu 7 Ob 62/15s vertretenen und zu 7 Ob 168/17g bekräftigten Ansicht wurde Kritik geübt.

2.5.5.1.  Kath (Prämienanpassungsklauseln in der Privatversicherung, RdW 2015/423, 469) meint, Aufwendungen der Rechtsschutzversicherer unterlägen sehr wohl inflationsbedingten Steigerungen. Aus dem Unterbleiben einer Wertanpassung der Schadenversicherung folge eine Unterversicherung, welche aber in einer Passivenversicherung wie der Rechtsschutzversicherung nicht eintreten könne. Eine Regelung wie in Art 14.3 ARB 2015 solle verhindern, dass ein Versicherungsnehmer bei Kündigung der Indexanpassung für jene Schäden, die unterhalb der Versicherungssumme lägen – diese stellten die überwältigende Mehrzahl der Fälle dar –, ungeschmälerte Leistungen erhalte. Ebenso wenig, wie der Versicherungsnehmer darauf pochen könne, bei Kündigung der vereinbarten Wertanpassungsklausel im Genuss ungeschmälerten Entschädigungsanspruchs gegenüber dem Rechtsschutzversicherer zu verbleiben, sei er berechtigt, den (gesamten) Versicherungsvertrag im Falle indexbezogener Prämienerhöhung zufolge vereinbarter Wertanpassung zu kündigen. Seine Dispositionsfreiheit sei gewahrt, wenn allein die vereinbarte Wertanpassungsvereinbarung so fristgerecht gekündigt werden könne, dass eine Anpassung unterbleibe oder ihm im Abschlusszeitpunkt ein Wahlrecht hinsichtlich der Wertanpassung eingeräumt werde.

2.5.5.2.  Fenyves (Prämienanpassungsklauseln. Notwendigkeit und Gültigkeitsvoraussetzungen [2016] 43 ff) verweist ebenfalls auf den Umstand, dass die Obergrenze für die Leistungen des Versicherers in den allermeisten Fällen nicht ausgeschöpft werde. Die Leistung des Rechtsschutzversicherers liege nicht in der Bereitstellung der Versicherungssumme, sondern in der Übernahme der Kosten des konkreten Versicherungsfalls. Die Inflation könne ein „Anpassungsanlass“ für die Anwendung von Prämienanpassungsklauseln sein. Eine für den Vertragstyp passende Indexklausel sei zulässig, soweit Prämie und Versicherungssumme im gleichen Ausmaß angepasst würden. Werde die Prämie ohne die Versicherungssumme angepasst, stehe dem Versicherungsnehmer das Recht zu, den Versicherungsvertrag zu kündigen. Eine „Unterversicherung“, wie sie durch die Leistungskürzung nach Kündigung der Wertsicherung durch den Versicherungsnehmer eintrete, sei der Passivenversicherung jedoch fremd.

2.5.5.3.  Diese Argumente gegen seine Vorentscheidungen überzeugen den erkennenden Fachsenat nicht.

Es ist nicht Gegenstand des Rechtsschutz-Versicherungsvertrags, welche konkreten Rechtsschutzkosten (Anteile der Versicherungssumme) in künftigen Versicherungsfällen vom Versicherer getragen werden sollen, sondern bis zu welcher Höhe der Versicherungsnehmer für Versicherungsfälle Deckung erhält und welche Prämie dafür zu entrichten ist. Aus dem behaupteten Umstand, dass in der Praxis (was nicht näher dargelegt wird) eine überwältigend geringe Wahrscheinlichkeit bestehe, die vereinbarte Versicherungssumme ausschöpfen zu müssen (so Kath und Fenyves ), ist daher nicht der Schluss zu ziehen, dass absehbare Umstände (Teuerungen) nicht bereits als prämienbestimmend im Äquivalenzverhältnis berücksichtigt sind. Eine Erhöhung der Versicherungssumme und Prämie könnte jederzeit mit dem Versicherungsnehmer (aufgrund seines Willensentschlusses über Anbot des Versicherers) vereinbart werden. Die Klauseln sollen aber bewirken, dass die naturgemäß nicht offengelegte Kalkulation des Versicherers nach seinem Ermessen während der gesamten Laufzeit des Vertrags angepasst werden, aber bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung letztlich auch (nicht überprüfbar) zum Nachteil des Versicherungsnehmers verändert werden kann (vgl oben Pkt 2.5.4.3.). Ein berücksichtigungswürdiges Interesse des Versicherers daran ist nicht zu erkennen. Der Versicherer will einerseits den Versicherungsnehmer auf eine (behaupteterweise für ihn nicht kalkulierbare) längere Zeit binden und ihn andererseits zwingen, jeder vom Versicherer nach Indexschwankungen gewünschten Erhöhung der Versicherungssumme und der Prämie zuzustimmen oder als Sanktion eine – auch von Fenyves als der Rechtsschutzversicherung fremd angesehene – Leistungskürzung („Unterversicherung“) hinzunehmen. Die Erhöhung der Versicherungssumme und der Prämie soll noch dazu – wie bereits zu Pkt 2.5.4.3. dargelegt – nicht zweifelsfrei an einen passenden Index selbst gebunden sein.

2.6.  Die beanstandeten Klauseln sind damit im Sinn der bisherigen Rechtsprechung unwirksam. Auch die Revision gegen die Untersagung der Klauseln zu Art 14 ARB 2005 und Art 14 ARB 2015 muss daher erfolglos bleiben.

III. Ergebnis; Kosten

1. Zusammengefasst war daher der Revision der Beklagten gegen die gänzliche Klagsstattgebung nicht Folge zu geben.

2.  Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat der zur Gänze obsiegenden Klägerin die gesamten Verfahrenskosten zu ersetzen. Der Ansatz TP 3C beträgt richtig 1.241,40 EUR.

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