OGH 5Ob138/18g

OGH5Ob138/18g28.8.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*, vertreten durch FSKL Fröhlich Kolar‑Syrmas Karisch Rechtsanwälte GesbR in Graz, gegen die beklagte Partei N*, vertreten durch Dr. Edwin A. Payr, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 25. April 2018, GZ 7 R 67/17b‑60, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 26. September 2017, GZ 21 Cg 3/15f‑50, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E122756

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 2.206,44 EUR (darin enthalten 367,74 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Streitteile sind Hälfteeigentümer einer Liegenschaft samt Wohnhaus.

Die Klägerin begehrt von ihrem beklagten Bruder die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft durch die Begründung von Wohnungseigentum.

Das Erstgericht gab diesem Begehren statt. Es sprach aus, dass die auf den Beklagten entfallenden Kosten der Teilung höchstens 30.000 EUR betragen und alle darüber hinausgehenden Kosten endgültig von der Klägerin allein getragen werden.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ die Revision zur Klärung der Frage zu, ob die Beschränkung der Belastung des Beklagten mit Umbaukosten als Folge einer Schad‑ und Klagloserklärung den Einwand der Untunlichkeit der Realteilung entkräften könne.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist entgegen diesem nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch nicht zulässig.

1.1 Im Verfahren über die Realteilung durch Begründung von Wohnungseigentum ist im Titelverfahren jedenfalls darüber abzusprechen, ob die Möglichkeit einer Teilung durch Begründung von Wohnungseigentum besteht. Der diese Teilung anstrebende Teilhaber muss zwar die notwendigen rechtserzeugenden Tatsachen behaupten und nachweisen. Die Rechtsprechung fordert jedoch nicht die Aufnahme eines Teilungsvorschlags in das Klagebegehren (RIS‑Justiz RS0101774 [T1, T2]). Enthält der Titel keine konkrete Teilungsanordnung, erfolgt die Teilung im Exekutionsverfahren nach § 351 EO (3 Ob 98/10y; RIS‑Justiz RS0113832).

1.2 Das Klagebegehren auf Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft durch Begründung von Wohnungseigentum, dem das Erstgericht stattgegeben hat, entspricht der Mindestanforderung, die an ein derartiges Klagebegehren gestellt wird. Es ist weder unschlüssig noch unbestimmt.

2.1 Unverhältnismäßig hohe Teilungskosten können die Naturalteilung unzulässig machen (RIS‑Justiz RS0013865). Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an (RIS‑Justiz RS0013865 [T5]; 5 Ob 103/17h). Im Fall von Umbaukosten in Höhe von 16 % des Verkehrswerts der Liegenschaft bejahte der Oberste Gerichtshof die Untunlichkeit der Naturalteilung (5 Ob 4/09p), nicht aber bei einer Relation von ca 3 % (5 Ob 11/98y) oder nicht einmal 8 % (5 Ob 103/17h). Wegen des gesetzlichen Vorrangs der Naturalteilung (§ 843 ABGB) darf bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit kein kleinlicher Maßstab angelegt werden (RIS‑Justiz RS0013865 [T2]).

2.2 Der Verkehrswert der Liegenschaft beträgt 848.500 EUR. Zur Begründung von zwei unabhängigen Wohnungseigentumsobjekten bedarf es eines jeweils eigenen Wohnungszugangs sowie einer getrennten Strom‑ und Wasserversorgung sowie einer Trennung der Heizversorgung beider Wohneinheiten bzw deren Auslagerung in einen allgemeinen Bereich. Die Gesamtkosten für diese möglichen baulichen Änderungen betragen 137.886 EUR oder 186.866,80 EUR im Fall der zusätzlicher Errichtung einer Terrasse und einer Freitreppe. In der ersten Variante sind das rund 16 % des Verkehrswerts, in der zweiten rund 22 %.

2.3 Die Untunlichkeit wegen unverhältnismäßig hoher Teilungskosten kann nach Rechtsprechung und Lehre durch eine Erklärung des Teilungswilligen, die Kosten zu übernehmen, entkräftet werden (3 Ob 538/82; 5 Ob 103/17h; Parapatits in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.03, § 843 Rz 7; Tanczos/Eliskases in Rummel/Lukas, ABGB4 § 843 Rz 6; Egglmeier‑Schmolke in Schwimann/Neumayr, ABGB TaKom4 § 843 Rz 5; Sailer in KBB5 § 843 ABGB Rz 2). Eine gänzliche Befreiung fordert der Oberste Gerichtshof nicht zwingend. So verwies er zu 5 Ob 103/17h auf die Bedeutung der prozessualen Erklärung der Beklagten, dem Kläger dessen zwei Neuntel (Miteigentums‑)Anteil an den von ihnen ermittelten Teilungs‑ und Erschließungskosten zu ersetzen.

2.4 Dieser Grundsatz, dass Erklärungen zur Übernahme von – in der Relation zum Verkehrswert an sich unverhältnismäßig hohen – Kosten der Realteilung diese nicht untunlich machen, kommt um so mehr zum Tragen, wenn der Entfall oder die Beschränkung der Kostenbelastung nicht nur auf einer – nicht annahmebedürftigen (3 Ob 538/82) – Erklärung, sondern zusätzlich auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht, die (unvollkommen) rechtsgestaltend (RIS‑Justiz RS0113831; vgl RS0013261) die Realteilung einschließlich einer derartigen Beschränkung anordnet.

2.5 Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich erklärt, den Beklagten hinsichtlich der Kosten der Trennung in zwei Wohnungseigentumsobjekte, die über einen Betrag von 30.000 EUR hinausgehen, vollkommen schad‑ und klaglos zu halten. Dabei ging sie davon aus, dass ein Gesamtaufwand von 60.000 EUR (7 % des Verkehrswerts) nicht unangemessen sei. Das Erstgericht ist diesem Argument gefolgt und hat im Urteil ausdrücklich ausgesprochen, dass die den Beklagten treffenden Kosten höchstens 30.000 EUR betragen, aber darüber hinausgehende Kosten endgültig von der Klägerin zu tragen seien. Das von den Vorinstanzen erzielte Ergebnis, unverhältnismäßig hohe Teilungskosten seien aufgrund dieser Kostenbeschränkung kein Teilungshindernis, hält sich im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung.

3. Das zugunsten der Mutter der Streitteile auf jedem Hälfteanteil einverleibte Veräußerungs‑ und Belastungsverbot (§ 364c ABGB) steht der begehrten Realteilung nicht entgegen. Ein auf der ganzen Liegenschaft lastendes Veräußerungs- und Belastungsverbot hindert zwar eine Zivilteilung durch Versteigerung im Verfahren nach § 352 EO (RIS‑Justiz RS0010783 [T3]), nicht aber die Realteilung durch Begründung von Wohnungseigentum (die hier bereits im Schenkungsvertrag mit der verbotsberechtigten Schenkerin geplant war). Bei der Begründung von Wohnungseigentum wird die Miteigentumsgemeinschaft nicht aufgehoben, sondern nur in anderer Form fortgesetzt (3 Ob 52/02x = RIS‑Justiz RS0101771 [T6]). Zufolge § 847 ABGB bleibt diese Last nach der Begründung von Wohnungseigentum auf den mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteilen der Teilhaber bestehen.

4. Das zwischen den Parteien vereinbarte wechselseitige Vorkaufsrecht steht der Aufhebung der Gemeinschaft durch Begründung von Wohnungseigentum ebenfalls nicht entgegen (2 Ob 999/52 = RIS‑Justiz RS0015656 für den Fall der Zivilteilung).

5. Die den Teilhabern nach einer Realteilung zufallenden Teilstücke müssen gleichwertig und annähernd gleich beschaffen sein, ohne dass ein unverhältnismäßig hoher Wertausgleich notwendig wird (RIS‑Justiz RS0013856 [T11]; RS0013829 [T13]; RS0013831 [T10]).  Warum dies bei den zu schaffenden Wohnungseigentumsobjekten im Ausmaß von 116,01 m² und 108,13 m² nicht der Fall sein sollte, erklärt die Revision nicht.

6. Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, er liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen. Der Ansatz nach TP 3 C beträgt 1.224,40 EUR.

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