European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E119958
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Der 1941 geborene alleinstehende Kläger hatte bei der Beklagten als Netzbetreiberin an zwei Wohnadressen jeweils einen Festnetzanschluss. Über diese Anschlüsse rief er in den Jahren 2010 bis 2013, zumal er seit dem Ableben seiner Mutter im Jahr 2005 sehr vereinsamt war, immer wieder bei zwei Mehrwertnummern (900* und 900*) an, um mit einer gewissen Silvia * und einer gewissen Dr. *, einer angeblichen Wirtschaftsanwältin, stundenlang über private, geschäftliche und wirtschaftliche Themen Gespräche zu führen. Er zahlte der Beklagten rein an (ihm mit den Telefonrechnungen von der Beklagten mit in Rechnung gestellten) Mehrwertgebühren im Zeitraum 1. Dezember 2011 bis 2. April 2013 – beide Festnetzanschlüsse zusammen – 172.550,44 EUR.
Betreiber der zwei Mehrwertnummern waren zwei von der Beklagten verschiedene Gesellschaften (unstrittig). Die Gespräche wurden von der Beklagten tarifabhängig nach 30 bzw 60 Minuten automatisch unterbrochen, der Kläger rief aber nach der Unterbrechung, hierzu von den beiden Damen aufgefordert, regelmäßig sogleich wieder an. Die Damen sagten ihm zu, ihm die hohen Telefonkosten teilweise zu ersetzen, wobei zwei vereinbarte Treffen nicht zustandekamen.
Aufgrund der exzessiven Telefonkosten und daraus immer wieder entstehenden Zahlungsrückständen zog die Beklagte zu den beiden Nummern bei einem Verbrauch von 727 EUR eine sogenannte „Warngrenze“ ein, bei deren Überschreitung der Kläger kontaktiert wurde. Es erfolgten in den Jahren 2010 bis 2013 mehrere Sperren der beiden Anschlüsse des Klägers für Mehrwertnummern. Zudem kontaktierte die Beklagte mehrfach den Kläger auch ohne Sperren, wobei dieser darauf hingewiesen wurde, dass es sich um sehr hohe und massive Kosten handeln würde, die ihm durch die Telefonate entstünden. Der Kläger forderte nach Zahlung der ausständigen Beträge von der Beklagten immer wieder die Aufhebung der Sperren.
Der Kläger führte der Beklagten gegenüber niemals an, dass er bei den Telefonaten in irgendeiner Weise getäuscht oder hinters Licht geführt worden sei. Eine (allfällige) psychische Beeinträchtigung des Klägers war der Beklagten nicht bekannt. Dem Kläger war bewusst, dass er über die Mehrwertnummern extrem hohe Telefonkosten generierte, die von ihm auch immer wieder bezahlt wurden.
Der Klägerbegehrt 172.550,44 EUR sA. Er brachte vor, zur Finanzierung seiner krankhaften Leidenschaft sukzessive seine gesamten Ersparnisse investiert zu haben und trotz des drohenden Ruins nicht in der Lage gewesen zu sein, weitere Mehrwertanrufe zu unterlassen; die Anrufe seien zwanghaft erfolgt. Silvia *, die für ihn wegen seiner Vereinsamung eine Art Partnerersatz gewesen sei und mit der er vorwiegend telefoniert habe, habe ihn dahingehend in Sicherheit gewogen, dass die Telefonkosten von ihr zurückbezahlt würden. Er habe diese Hoffnung niemals aufgegeben und die Dienstleistungen fortgesetzt in Anspruch genommen. Er habe versucht, Silvia * ausfindig zu machen und sie, zumal sie ihn – auch über ihren wahren Namen – getäuscht habe, wegen Betrugs angezeigt. Die Beklagte müsse sich deren rechtswidriges Verhalten zurechnen lassen, weil sie infolge Zession die Mehrwertdienstforderungen im eigenen Namen geltend gemacht und eingehoben habe. Zudem habe die Beklagte selbst rechtswidrig gehandelt, weil sie ihre Verpflichtung nach § 122 Abs 1 Kommunikationsparameter-, Entgelt- und Mehrwertdiensteverordnung 2009 (im Folgenden: KEM‑V) zur automatischen Trennung nach 30 bzw 60 Minuten nicht eingehalten habe; zumindest hätten seiner Erinnerung nach die Gespräche länger gedauert. Die Beklagte habe ihre Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt, weil sie erkennen hätte müssen, dass für seinen Schutz eine dauerhafte Sperre der Mehrwertnummern nötig, eine solche aber unterblieben sei. Die erfolgten vorübergehenden Sperren hätten nicht seinem Schutz, sondern der Sicherstellung der Bezahlung der Telefonrechnungen gedient. Auch habe die Beklagte aufgrund der Dauer und der Anzahl der Telefonate erkennen müssen, dass die zugrundeliegenden Vertragsverhältnisse zu den Mehrwertdienstanbietern wohl rechtswidrig seien. Im Übrigen berief sich der Kläger auf den Wuchertatbestand. Die Beklagte habe ihm aus all diesen Gründen den durch die eingezogenen Mehrwertgebühren in Höhe von insgesamt 172.550,44 EUR entstandenen Schaden zu ersetzen.
Die Beklagte bestritt ein rechtswidriges Verhalten. Sie habe die an sie gerichteten Anforderungen der KEM‑V eingehalten und hierdurch ihre gesetzlichen Schutz- und Sorgfaltspflichten erfüllt. Sie habe diese sogar übererfüllt, weil sie – auch fernmündlich – mehrmals mit dem Kläger Kontakt aufgenommen, ihn auf die auffallend hohen Entgelte hingewiesen und seinen Anschluss auch aus diesem Grund gesperrt habe. Die Sperren seien ausschließlich auf sein Drängen, wozu er sich auch teilweise anwaltlicher Hilfe bedient habe, aufgehoben worden. Für sein privatautonomes Verhalten sei er selbst verantwortlich. Ihm sei von Anfang an bewusst gewesen, dass es sich um kostenpflichtige Mehrwertdienstleistungen handelte. Er sei jedenfalls geschäftsfähig gewesen. Einen zwanghaften Eindruck habe er nie gemacht. Die Beklagte habe die Mehrwertdienstleistungen nicht selbst erbracht, sondern lediglich die technische Infrastruktur bzw die Plattform zur Verfügung gestellt. Mehrwertdienstbetreiber und insofern Vertragspartner des Klägers sei einerseits die a* GmbH, andererseits die G* s.r.o. gewesen, weshalb die Beklagte nicht passivlegitimiert sei. Der Kläger habe außerdem keinen Schaden erlitten, weil die Gespräche geeignet gewesen seien, seine Einsamkeit zu lindern. Der Wuchertatbestand sei nicht erfüllt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte im Wesentlichen den obigen Sachverhalt fest, den es rechtlich dahingehend beurteilte, dass der Beklagten keine Sorgfaltswidrigkeit zur Last falle und für das Entstehen der hohen Kosten der Kläger selbst verantwortlich sei. Zum Wuchertatbestand fehle ein geeignetes Vorbringen des Klägers.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Die Beklagte habe weder die KEM-V noch vertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt, weshalb sie sich nicht schadenersatzpflichtig gemacht habe. Es fehlten aber Feststellungen zum Vorbringen des Klägers, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, die Telefonanrufe zu unterlassen, womit er rechtlich das Fehlen seiner Geschäftsfähigkeit im Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse über die Mehrwertdienstleistungen ins Treffen geführt habe. Bei Richtigkeit dieses Vorbringens hätte er einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch aus dem diesfalls unwirksamen Vertrag über die Erbringung der Mehrwertdienste. Der Feststellungsmangel sei gleichwohl ohne Relevanz, weil selbst ausgehend von der Richtigkeit des weiteren Vorbringens des Klägers, dass der Beklagten die Entgelte für die Mehrwertdienste zum Inkasso abgetreten worden seien, für den Bereicherungsanspruch nicht die Beklagte als Inkassozessionarin, sondern der jeweilige Mehrwertdienstleister als Inkassozedent passivlegitimiert wäre. In dieser Hinsicht schloss sich das Berufungsgericht der deutschen Rechtsprechung an.
Es ließ die ordentliche Revision mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, ob ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch des Schuldners im Falle der Inkassozession gegen den Zedenten zu richten sei, sowie auch deshalb zu, weil es von der bisher zur Passivlegitimation des Zessionars für eine auf § 1431 ABGB gestützte Klage des Schuldners ergangenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers, die auf eine Stattgebung des Klagebegehrens abzielt.
Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte die Zurückweisung der Revision, eventualiter dieser den Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig .
Die Revision ist auch berechtigt.
1. Das Berufungsgericht führte im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung, wonach wegen Vorliegens einer Inkassozession nicht der Zessionar und damit die Beklagte, sondern der Zedent und somit hier der jeweilige Mehrwertdienstleister (Anbieter des Mehrwertdienstes) für den bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch des Klägers wegen Ungültigkeit des Vertrags passivlegitimiert wäre, als Argument auch an, dass der für alle Beteiligten erkennbare Wille des Klägers dahin gegangen sei, eine Forderung nicht der Beklagten, sondern des jeweiligen Mehrwertdienstleisters zu zahlen.
Der Kläger erblickt darin eine unrichtige Tatsachenfeststellung, zumal er einen solchen Willen nicht gehabt habe. Das Berufungsgericht habe diese Feststellung ohne Beweisergänzung und Anberaumung einer Berufungsverhandlung getroffen und hierdurch einen Verfahrensfehler begangen.
Ein Verfahrensmangel nach § 503 Z 2 ZPO kann nur dann zur Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts führen, wenn er wesentlich für die Entscheidung war und sich auf diese auswirken konnte (RIS‑Justiz RS0116273). Wie noch zu zeigen sein wird, kommt – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – auch bei einer Inkassozession die Passivlegitimation dem Zessionar und damit hier der Beklagten zu. Selbst bei Qualifizierung der genannten Passage im Berufungsurteil als Tatsachenfeststellung besitzt diese und damit der relevierte Verfahrensfehler keine Entscheidungsrelevanz.
2. Der rechtlichen Beurteilung ist voranzustellen, dass die Revision auf den von den Vorinstanzen übereinstimmend verneinten Tatbestand des Wuchers nicht mehr zurückkommt. Da es sich beim Wucher um einen selbstständigen Rechtsgrund handelt, ist dieser aus der ansonsten umfassenden Beurteilungspflicht des Obersten Gerichtshofs ausgeschieden (RIS‑Justiz RS0043352 [T23], [T35]).
3. Zum Schadenersatzrecht als Anspruchsgrundlage ist zunächst auszuführen, dass die Richtigkeit der übereinstimmenden Beurteilungen der Vorinstanzen, dass der Beklagten keine Verletzung der in der Kommunikationsparameter-, Entgelt- und Mehrwert-diensteverordnung 2009 (KEM-V 2009; BGBl II 2009/212 idgF) statuierten Pflichten vorzuwerfen sei, in der Revision nicht in Zweifel gezogen wird, weshalb auch hierauf vom Obersten Gerichtshof nicht einzugehen ist. Dass die Beklagte gegen die Verordnung der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, mit der Einrichtungen zur Kostenkontrolle und Kostenbeschränkung für Teilnehmer bei Nutzung von Telekommunikationsdiensten vorgeschrieben werden (Kostenbeschränkungsverordnung – KostbeV; BGBl II 2012/45), verstoßen hätte, kann den Feststellungen ebensowenig entnommen werden; einen solchen Verstoß hat der Kläger im Übrigen nicht substantiiert behauptet.
3.1. Aufrechterhalten wird vom Kläger in der Revision hingegen sein Standpunkt, dass die KEM-V nur Mindeststandards setze und im vorliegenden Fall die Beklagte wegen ihrer Schutz- und Sorgfaltspflichten eine dauerhafte Anschlusssperre vornehmen hätte müssen.
Die Beklagte wendet hiergegen ein, dass die KEM‑V und die KostbeV ihre Schutz- und Sorgfaltspflichten erschöpfend regeln würden und bereits mangels eines erweislichen Verstoßes gegen die eine oder andere Verordnung ein Schadenersatzanspruch gegen sie ausgeschlossen sei.
In dieser Hinsicht irrt die Beklagte.
Bei der Abgrenzung der aus einer vertraglichen Sonderverbindung entspringenden Schutz- und Sorgfaltspflichten sind die einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften (sowie auch die von den Verwaltungsbehörden erteilten Bewilligungen) zwar bedeutsam. Durch diese werden im Einzelfall die Grenzen der verkehrsüblichen und vom Erwartungshorizont der Beteiligtenkreise als zumutbar umfassten Anforderungen aber nicht schlechthin abgesteckt, sondern es wird lediglich ein Mindeststandard der dem Verantwortlichen obliegenden Sicherheitsvorkehrungen umrissen (5 Ob 533/84; 1 Ob 600/93 = ZfRV 1994, 161 [Schwind]; 7 Ob 95/11p; insb zum Beherbergungsvertrag: RIS‑Justiz RS0020749). Dies gilt auch für die sich heute in der KEM-V findenden Vorschriften, etwa die Verpflichtung nach § 122 zur Trennung der Verbindung nach 30 bzw 60 Minuten (idS bereits zuvor Lehofer, Zivilrechtliche Fragen des Telefondienstvertrags, MR 2003, 341 [342]), und die Vorschriften der KostbeV. Weder der einen noch der anderen Verordnung ist zu entnehmen, dass sie nicht bloß Mindeststandards statuiere (idS Goldbacher/Dama, Zur Sperrverpflichtung der Kommunikationsanbieter bei Kostenüberschreitung – eine Replik, MR 2014, 113 [114]; aA Hasberger/Wagner, Zur Sperrverpflichtung der Kommunikationsanbieter bei Kostenüberschreitung, MR 2013, 346 ff).
3.2. Weil die genannten Verordnungen bloß Mindeststandards schaffen, ist damit zu prüfen, ob – wie vom Kläger behauptet – eine Schutz- und Sorgfaltspflicht der Beklagten bestand, den Kläger in Bezug auf Mehrwertdienste dauerhaft zu sperren.
3.2.1. Der Abschluss eines Vertrags lässt nicht bloß die Hauptpflichten entstehen, die für die betreffende Vertragstype charakteristisch sind, sondern erzeugt auch eine Reihe von Nebenpflichten, zu denen auch Schutz- und Sorgfaltspflichten gehören. Der Schuldner hat die geschuldete Hauptleistung nicht nur zu erbringen, sondern er hat sie so sorgfältig zu bewirken, dass alle Rechtsgüter des Gläubigers, mit denen er in Berührung kommt, nach Tunlichkeit vor Schaden bewahrt und beschützt bleiben (RIS‑Justiz RS0017049; vgl auch RS0013999). Durch den rechtsgeschäftlichen Kontakt und den Vertragsschluss wird nämlich die Einflussmöglichkeit jedes Teils auf die Sphäre des anderen verstärkt. Dieser Erhöhung der Gefährdung entspricht ein erhöhtes Schutzbedürfnis. Für die Berücksichtigung solcher Schutzpflichten spricht auch das allgemeine Interesse an möglichst reibungsloser Abwicklung des Vertragsverhältnisses (1 Ob 520/78 SZ 51/26; RIS‑Justiz RS0013970). Auch während des Bestehens eines Dauerschuldverhältnisses sind vertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten von den Vertragsparteien zu beachten (6 Ob 256/06z MR 2007, 144 [Streit]; vgl auch Lehofer, MR 2003, 342 zum Telefondienstvertrag).
3.2.2. In der Entscheidung 2 Ob 23/03a bejahte der Oberste Gerichtshof nebenvertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten des Telefoniebetreibers gegenüber seinen Kunden im Zusammenhang mit der Frage, nach welcher Dauer Mehrwert-Sprachverbindungen getrennt werden müssen.
3.2.3. Der deutsche Bundesgerichtshof sprach zu III ZR 71/12 aus, dass der Telekommunikationsanbieter unter dem Vorbehalt, dass die notwendigen technischen Mittel im maßgeblichen Zeitraum zur Verfügung stehen, bei ungewöhnlichem Nutzungsverhalten, das zu einer Kostenexplosion führt, zur Schadensbegrenzung dahingehend verpflichtet ist, dem Kunden einen entsprechenden Hinweis zu geben. Dies schließt die Nutzung entsprechender Computerprogramme ein, die ein solches abweichendes Verhalten erkennen.
3.2.4. In der Literatur wird vertreten, dass die einem Betreiber von Kommunikationsdiensten obliegenden Schutz- und Sorgfaltspflichten im Fall ungewöhnlich hoher Verbindungsentgelte eine Reaktion desselben erfordern, etwa in Form einer Warnnachricht (Hasberger/Wagner, MR 2013, 349), und dass das bloße Absenden einer Warnnachricht, ohne dass sich der Betreiber versichert, dass ihr Inhalt dem Nutzer auch tatsächlich zur Kenntnis gelangt, in der Regel nicht ausreichend ist (Goldbacher/Dama, MR 2014, 115). Gerade deshalb, weil die Telekommunikationsunternehmen wüssten, dass der Kunde oftmals überfordert ist, seien sehr strenge Schutz-, Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten anzunehmen (Schneider, Von „Schockrechnungen“ und dem Mythos, diese bezahlen zu müssen, AnwBl 2012, 309 [310]).
3.2.5. Hiervon (Punkte 3.2.1. bis 3.2.4.) ausgehend hat jüngst der Oberste Gerichtshof in 4 Ob 30/16i (MR 2016, 348 [Blaha] = JusIT 2016, 145 [Thiele] = ZIIR 2016, 453 [Thiele]) auf eine Verpflichtung eines Access-Providers erkannt, zum Schutz seiner Kunden vor Hackerzugriffen ein Gebührenmonitoring einzurichten.
3.2.6. Im vorliegenden Fall ist die Beklagte ihren Warnpflichten nachgekommen. Nach den Feststellungen wusste der Kläger nicht nur über die mit der Inanspruchnahme der Mehrwertnummern einhergehende Kostenbelastung, er wurde auf sie von der Beklagten auch mehrfach hingewiesen, dennoch verlangte er wiederholt die Aufhebung der entsprechenden Telefonsperren der Beklagten, der eine psychische Beeinträchtigung des Klägers nicht bekannt war.
Der Kläger vertritt die Ansicht, die Beklagte wäre zu noch mehr verpflichtet gewesen. Sie hätte ihn dadurch schützen müssen, dass sie ihn dauerhaft – offenbar auch gegen seinen Willen – für Mehrwertdienste sperrt.
Schutz- und Sorgfaltspflichten dürfen aber nicht überspannt werden. Es darf durch sie keinesfalls die auf einer ausreichenden Informationsbasis fußende Privatautonomie des Vertragspartners beeinträchtigt werden, zumal dies eine vom Gesetz nicht gedeckte Bevormundung desselben wäre. Als Ausdruck des allgemeinen Gedankens der Privatautonomie gilt nämlich im Schuldrecht das Prinzip der Vertragsfreiheit, also auch der Entscheidungsfreiheit, ob und mit wem ein Vertrag geschlossen wird (RIS‑Justiz RS0013940). Die Beklagte verstieß daher gegen keine Schutz- und Sorgfaltspflicht dadurch, dass sie keine dauerhafte – den Kläger bevormundende – Telefonsperre vornahm.
3.3. Entgegen der Ansicht des Klägers indiziert auch eine beträchtliche Dauer und Anzahl von Anrufen bei einer Mehrwertnummer nicht, dass das betreffende Angebot rechtswidrig (und die Beklagte daher zu Nachforschungen respektive einem Einschreiten verpflichtet) wäre. Warum die Beklagte sich ein allfällig betrügerisches Verhalten der Gesprächspartnerin „Silvia *“ bzw des betreffenden Mehrwertdienstleisters zurechnen lassen müsste, ist letztlich ebensowenig ersichtlich.
3.4. Auf Schadenersatz lässt sich somit das Klagebegehren – wie bereits von den Vorinstanzen erkannt – nicht stützen.
4. Zum Bereicherungsanspruch:
4.1. Bei den „Telefon-Mehrwertdiensten“ sind zwei Verträge zu unterscheiden, einmal der Vertrag des Anschlussinhabers mit dem Netzbetreiber und zum anderen der Vertrag mit dem Mehrwertdienstleister, dessen Partner der jeweilige Benutzer des Anschlusses ist (RIS‑Justiz RS0117755 [T1]). Im vorliegenden Fall, in dem in der Person des Klägers die Rolle des Anschlussinhabers und jene des Anschlussbenutzers zusammenfallen, geht es um die letztgenannte Vertragsbeziehung, nämlich um die Frage einer allfälligen bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung der Verträge des Klägers mit den Mehrwertdienstleistern aufgrund Geschäftsunfähigkeit des Klägers.
4.2. Voll geschäftsfähig ist nur, wer die Tragweite und Auswirkungen seines Handelns abschätzen und dieser Einsicht gemäß disponieren kann (RIS‑Justiz RS0009075 [T8]).
Der Kläger wusste zwar über die mit der Inanspruchnahme der Mehrwertnummern einhergehende Kostenbelastung, er war aber nach seinem Vorbringen nicht in der Lage, von den Anrufen Abstand zu nehmen; es habe sich um eine „krankhafte“ Leidenschaft gehandelt, die Anrufe seien „zwanghaft“ erfolgt. Der Kläger behauptete damit seine Dispositionsunfähigkeit.
Der Kläger musste nicht vorbringen, das Begehren werde (auch) auf (den Rechtsgrund) Bereicherung gestützt, er musste lediglich ein dem Bereicherungsanspruch entsprechendes Tatsachenvorbringen erstatten (6 Ob 75/17y = RIS‑Justiz RS0037610 [T48]). Dies tat der Kläger, indem er vorbrachte, dass er für die Inanspruchnahme von Mehrwertnummern Mehrwertgebühren in Höhe von 172.550,44 EUR zahlte und er krankheitsbedingt bzw zwanghaft nicht von den Telefonaten Abstand nehmen konnte. Sein Klagebegehren ist damit auch nach Bereicherungsrecht zu prüfen.
Ein Verfahren über die Dispositionsfähigkeit des Klägers wurde nicht durchgeführt, Feststellungen hierzu nicht getroffen. Es liegt ein sekundärer Feststellungsmangel vor.
4.3. Für den Fall, dass dem Kläger tatsächlich die Dispositionsfähigkeit gefehlt haben sollte, als er jeweils die eine oder andere Mehrwertnummer wählte und in weiterer Konsequenz jeweils (scheinbar) einen Vertrag mit dem jeweiligen Mehrwertdienstleister abschloss (vgl Schurr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 5a KSchG Rz 15), wären die Verträge absolut nichtig und damit unwirksam (§ 865 Satz 1 ABGB). Der Kläger dürfte nach § 877 (iVm §§ 1431, 1433) ABGB die von ihm erbrachte Leistung – die von ihm bezahlten Mehrwertgebühren – zurückfordern (siehe RIS‑Justiz RS0016328; RS0108234 [T1]; Rummel in Rummel/Lukas 4 § 877 Rz 1; Pletzer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 877 Rz 10; Bollenberger in KBB5 § 877 Rz 1, 3).
5. All dies hat bereits das Berufungsgericht zutreffend erkannt. Es verneinte die Relevanz des sekundären Feststellungsmangels aber, weil für den Bereicherungsanspruch nicht die Beklagte, sondern der jeweilige Vertragspartner des Klägers – also der Mehrwertdienstleister – passivlegitimiert wäre, zumal– ausgehend vom Vorbringen des Klägers – eine Inkassozession vorliege. Der Senat vermag der Beurteilung der Passivlegitimation des Berufungsgerichts aus folgenden Gründen nicht beizutreten:
5.1. Zunächst ist zu beachten, dass der Kläger in erster Instanz (allein) vorbrachte, die Beklagte habe die Rechnungen (gemeint: die Forderungen aus den Mehrwertdienstleistungen) bei ihm aufgrund einer Zession geltend gemacht und eingetrieben, und dass dieses Vorbringen zu keiner Zeit – auch nicht in der Revisionsbeantwortung – von der Beklagten bestritten wurde. Auch für das Verfahren vor dem Revisionsgericht gilt, dass es prozessual unbedenklich ist, unstrittiges Parteivorbringen ohne weiteres der Entscheidung zugrunde zu legen (2 Ob 137/08y [in Punkt 1.]; RIS‑Justiz RS0040112 [T3]; RS0040083). Der Oberste Gerichtshof hat folglich trotz Fehlens einer ausdrücklichen Feststellung in den Urteilen der Vorinstanzen davon auszugehen, dass der Beklagten die Stellung einer Zessionarin zukam.
5.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kann der Zessus wegen Nichtzurechtbestehens der zedierten Forderung die geleistete Zahlung vom Zessionar zurückfordern (8 Ob 78/70 SZ 43/73; 6 Ob 697/86 Wbl 1987, 123 [Hanel 118]; 5 Ob 212/00p; 6 Ob 253/03d [in Punkt 5.b.]; weitere Nachweise bei Thöni in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 1396 Rz 15 sowie in RIS‑Justiz RS0033186).
5.3. Dies wird von einem großen Teil der Lehre gebilligt (insoweit übereinstimmend: F. Bydlinski in Klang2 IV/2, 307; Karollus, Bereicherungsausgleich bei Zahlung an den Zessionar – Die Rechtsprechung des BGH als Vorbild? JBl 1994, 573; F. Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts [1996] 261 ff; Rummel in Rummel 3 Vor § 1431 Rz 17; Koziol/Spitzer in KBB5 Vor §§ 1431-1437 Rz 9; ebenso für die Kondiktion gegen den Zessionar, aber für eine solidarische Mithaftung des Zedenten: Beclin, Kondiktion beim Zedenten oder beim Zessionar?, JAP 1993/94, 132; desgleichen, aber eine subsidiäre Haftung des Zedenten vorschlagend: Avancini, Glosse zu 5 Ob 573/85, ÖBA 1988, 1225 [1230]; ders, Anerkennung einer abgetretenen Forderung, ÖBA 1989, 451 [463]; demgegenüber – zumeist unter teilweiser Übernahme der Argumente der noch darzustellenden herrschenden Auffassung in Deutschland – für alleinige Haftung des Zedenten: Holzner, JBl 1995, 401 [Replik auf Karollus]; Lukas, Zession und Synallagma [2000] 177; Markowetz, Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung im Rahmen der Forderungsabtretung, ÖJZ 2001, 581) und entspricht auch einer im deutschen Schrifttum verbreiteten Auffassung (zB Flume, Der Bereicherungsausgleich in Mehrpersonenverhältnissen, AcP 199 [1999] 1 [18 ff]; Schwab in Münchener Kommentar zum BGB6 V [2013] § 812 Rz 208 ff; Reuter in Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung2 II [2016] 154 ff; Buck-Heeb in Erman, BGB15 II [2017] § 812 Rz 36).
Die herrschende Lehre in Österreich begründet diese Auffassung damit, dass der Zessionar die Leistung nicht nur erhalten habe, sondern dass ihm für ihn erkennbar auch als Zessionar, mit anderen Worten auf seine Forderung, geleistet worden sei, weshalb er im Übrigen mehr als eine bloße Zahlstelle sei (F. Bydlinski System und Prinzipien 261 ff; Koziol/Spitzer Vor §§ 1431-1437 Rz 9; Leupold in Schwimann, ABGB-TaKom3 Vor §§ 1431 ff Rz 11; zur kondiktionsrechtlichen Behandlung bloßer Zahlstellen zB 8 Ob 94/13a).
5.4. Nach der von einem (größeren) Teil der deutschen Lehre vertretenen Gegenansicht ist im Falle des Nichtbestehens der abgetretenen Forderung allein der Zedent für den Bereicherungsanspruch des Putativschuldners passivlegitimiert (Canaris, Der Bereicherungsausgleich im Dreipersonenverhältnis, in FS Larenz [1973] 799 [834 ff]; Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts13 II/2 [1994] 237 f; Prütting in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB12 [2017] § 812 Rz 99; Wiese/Schulze in Schulze, BGB‑Handkommentar9 [2017] § 812 Rz 28; Sprau in Palandt, BGB76 [2017] § 812 Rz 66 ua). Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung sei „über das Dreieck“ vorzunehmen; deshalb müsse der Zessus beim Zedenten kondizieren, der sich bei Mängeln im Valutaverhältnis selbst an seinen Vertragspartner, den Zessionar, halten müsse (Canaris in FS Larenz 835; Prütting in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB12 § 812 Rz 99).
Diese Auffassung wird damit begründet, dass der Zessus sich nur den Zedenten als Vertragspartner– möglicherweise gerade aufgrund von dessen Solvenz – ausgesucht habe. Den Zessus mit der bereicherungsrechtlichen Klage an den Zessionar zu verweisen sei abzulehnen, weil es eine unzulässige Verschlechterung der rechtlichen Stellung des Zessus wäre, wenn er die Insolvenzgefahr des Zessionars tragen müsste, zumal er sich diesen nicht ausgesucht habe. Zudem könne es keinen Unterschied machen, ob jemand durch eine Zession oder durch eine Anweisung zu einer Zuwendung an einen Dritten veranlasst werde; bei der Anweisung habe er die Leistungskondiktion nicht gegen den Dritten, sondern gegen den Anweisenden (zB Canaris in FS Larenz 835; Larenz/Canaris, Schuldrecht13 II/2, 237).
5.5. Der Bundesgerichtshof folgt im Unterschied zum Reichsgericht, welches in der Mehrzahl der Fälle die Kondiktion gegen den Zessionar gewährt hatte (Darstellung dieser Judikatur bei Lorenz, Abtretung einer Forderung aus mangelhaftem Kausalverhältnis: Von wem kondiziert der Schuldner? AcP 191 [1991] 279 [283 ff]), grundsätzlich der zuvor referierten, in Deutschland überwiegenden Lehre (IVb ZR 102/87 BGHZ 105, 365 = NJW 1989, 900; XII ZR 253/91 BGHZ 122, 46 = NJW 1993, 1578; VIII ZR 173/03 NJW 2005, 1369 = JuS 2005, 649 [Karsten Schmidt]; V ZR 268/11 NJW 2012, 3373 = JuS 2013, 356 [Mäsch] = ZfS 2013, 613 [Diehl]).
Durch die Zahlung an den Zessionar wolle der Zessus seine (vermeintliche) Verpflichtung aus dem Vertrag gegenüber dem Zedenten erfüllen. Deshalb könne der Zessus regelmäßig seine Leistung auch nur vom Zedenten zurückfordern. Hierfür sprächen ebenso Gesichtspunkte der Risikoverteilung und des Vertrauensschutzes. Der Zessus prüfe vor Vertragsschluss die Vertrauenswürdigkeit des Zedenten, aber auch danach leiste er im Vertrauen auf die Redlichkeit des Zedenten, der ihm gegenüber aus dem Vertrag eine bestimmte Forderung erhebt. Dies rechtfertige, dem Zessus das Risiko der Insolvenz des Zedenten aufzubürden. An der Risikozuordnung könne es nichts ändern, wenn der Zedent die (behauptete) Forderung abtritt, da sich die Rechtsstellung des Zessus dadurch nicht verschlechtere. Auf der anderen Seite bestehe kein Grund, die Rechtsstellung des Zessus durch die Zession zu verbessern. In Zessionsfällen könnten allerdings „besondere Umstände“ im Einzelfall zu einem Bereicherungsanspruch gegen den Zessionar führen (BGH IVb ZR 102/87 BGHZ 105, 365 = NJW 1989, 900). Die Notwendigkeit der Kondiktion „über das Dreieck“ belasse die Risiken dort, wo sie von Anfang an gelegen seien, und verweise den Bereicherungsausgleich in die Rechtsbeziehung, in der ein Fehler aufgetreten sei (BGH XII ZR 253/91 BGHZ 122, 46 = NJW 1993, 1578). Nur wenn die Rückabwicklung innerhalb der jeweiligen Kausalverhältnisse erfolge, sei die sachgerechte Verteilung der Insolvenzrisiken gewährleistet (BGH V ZR 268/11 NJW 2012, 3373 = JuS 2013, 356 [Mäsch] = ZfS 2013, 613 [Diehl]). Die Grundgedanken dieser bei Fällen bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung zu Unrecht gezahlter Versicherungsleistungen entwickelten Rechtsprechung seien auch auf andere Zessionsfälle übertragbar; dies gelte jedenfalls dann, wenn der abgetretene Scheinanspruch – wie bei einem bestehenden Versicherungsverhältnis – aus einem grundsätzlich intakten Rechtsverhältnis zwischen dem Scheinschuldner und dem Zedenten stammen soll (BGH VIII ZR 173/03 NJW 2005, 1369 = JuS 2005, 649 [Karsten Schmidt]).
5.6. Die von der herrschenden Auffassung in Deutschland vorgetragenen Argumente, die insbesondere von Karollus (JBl 1994, 573 ff) und F. Bydlinski (System 261 ff) eingehend überprüft wurden, veranlassen den Obersten Gerichtshof nicht, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen, wonach der Zessionar für den bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsanspruch des Zessus passivlegitimiert ist.
5.6.1. Vorauszuschicken ist zunächst, dass die deutsche Rechtsprechung, wonach der Zessus den Zedenten klagen muss, Fälle vor Augen hat, in denen das Vertragsverhältnis zwischen Zessus und Zedent „grundsätzlich intakt“ ist und nur die konkrete Forderung in Wahrheit nicht existiert (BGH VIII ZR 173/03 NJW 2005, 1369 = JuS 2005, 649 [Karsten Schmidt]). Gerade dies ist hier, sollte der Kläger tatsächlich geschäftsunfähig gewesen sein, als er jeweils die eine oder andere Mehrwertnummer wählte (wobei jedes einzelne Telefonat als eigenständiger Vertrag anzusehen ist [vgl Schurr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 5a KSchG Rz 15]), nicht der Fall. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müsste wohl bei Unwirksamkeit des Vertrags zwischen Zessus und Zedent wegen Geschäftsunfähigkeit des Zessus dieser die Bereicherungsklage gegen den Zessionar erheben (vgl zu einem unwirksamen Darlehensvertrag BGH XI ZR 171/03 WM 2004, 1230 [1233]). Dass er sich den Zedenten als Vertragspartner „ausgesucht“ habe, kann bei einem Geschäftsunfähigen nicht gesagt werden.
5.6.2. Sind an einer Vermögensverschiebung mehrere Personen beteiligt, so ist die Feststellung, wer Berechtigter und wer Verpflichteter ist, nach ständiger Rechtsprechung aufgrund der von den Parteien bei der Leistung vorgestellten Zweckbestimmung zu treffen. Es muss daher gefragt werden, wer nach dem angenommenen Schuldverhältnis oder der sonstigen Zweckvereinbarung Leistender und wer Leistungsempfänger sein sollte; die Rückabwicklung (gemäß § 1431 ABGB) ist zwischen diesen Personen vorzunehmen (vgl RIS-Justiz RS0033737).
Ausgehend von diesem formalen Leistungsbegriff ist Leistender der Zessus und Leistungsempfänger selbstverständlich der Zessionar (Avancini, ÖBA 1988, 1230; Beclin, JAP 1993/1994, 133 f; Karollus, JBl 1994, 579 f; F. Bydlinski, System 261 f). Wenn der Bundesgerichtshof in der Entscheidung IVb ZR 102/87 (BGHZ 105, 365 = NJW 1989, 900) meint, der Zessionar müsse die Zahlung der Versicherungsanstalt (Zessus) an ihn als eine Leistung der Versicherungsanstalt an den Versicherungsnehmer (Zedent) verstehen, so ändert dies nichts daran, dass nach der Zession jeder Zessionar der neue Gläubiger ist und daher auch aus seiner Sicht eine Leistung an ihn vorliegt (Karollus, JBl 1994, 579).
Inhaltlich spricht für die Kondiktion beim Zessionar, dass der Zessus ein Interesse daran hat, sich die Zuwendung bei demjenigen zurückzuholen, der sie empfangen hat und bei dem sie daher noch eher zu erlangen ist. Gerade dieses auf einer generellen Interessenbewertung – und auf dem formalen Leistungsbegriff – beruhende Grundmodell hat der Gesetzgeber verwirklicht (Karollus, JBl 1994, 583 f).
5.6.3. Das Argument, Zession und Anweisung seien bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung gleich zu behandeln, zumal sich bei der Anweisung der Angewiesene an den Anweisenden halten muss (so die hA: 7 Ob 123/09b ZVR 2011/8 [Chr. Huber]; Koziol/Spitzer in KBB5 Vor §§ 1431–1437 Rz 5 mwH), müsse sich auch der Zessus an den Zedenten halten, überzeugt nicht. Dagegen spricht, dass der Zuwendende im Zessionsfall im eigenen Namen, als „er selbst“, dem Zessionar leistet, er im Anweisungsfall hingegen als bloßer Gehilfe bei der Erfüllung eines fremden Rechtsverhältnisses für den (vermeintlichen) Schuldner, den Anweisenden, tätig ist, was unterschiedliche Rechtsfolgen rechtfertigt (F. Bydlinski, System 262 f). Zession und Anweisung sind einfach verschiedene Abwicklungstechniken; sie gleich zu behandeln führt zu einer ungerechtfertigten Nivellierung (Karollus, JBl 1994, 580; ähnlich auch Beclin, JAP 1993/94, 137 sowie eingehend zu den Unterschieden beider Rechtsinstitute Markowetz, ÖJZ 2001, 585 ff; aA Holzner, JBl 1995, 401 f).
5.6.4. Beim Argument, der Zessus habe sich den Zedenten ausgesucht und müsse daher dessen Insolvenzrisiko tragen, wird übersehen, dass sich genauso der Zessionar den Zedenten als Vertragspartner ausgesucht und damit dessen Insolvenzrisiko übernommen hat (Karollus, JBl 1994, 584). Die Auswahl des Vertragspartners kann daher nicht begründen, dass die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung unbedingt im Dreieck unter Nachvollziehung der abgeschlossenen Verträge vorzunehmen wäre.
5.6.5. Letztlich überzeugt auch das Argument nicht, dass der Zessus sich den Zedenten als Vertragspartner ausgesucht habe und es daher nicht gerechtfertigt wäre, müsste er bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung das Insolvenzrisiko des Zessionars, den er sich gerade nicht ausgesucht habe, tragen. Das Verbot der Verschlechterung des Zessus betrifft nach herrschender Auffassung allein dessen rechtliche Stellung (Neumayr in KBB5 § 1394 Rz 2; Thöni Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 1394 Rz 1, 3; Heidinger in Schwimann/Kodek 4 § 1394 Rz 2; Welser/Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht14 II Rz 544; Lukas in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1,02 § 1394 Rz 2). Deshalb kann anerkanntermaßen die Zession durchaus für den Zessus zu anderen („faktischen“, „tatsächlichen“, „wirtschaftlichen“) Nachteilen führen, etwa weil der neue Gläubiger strenger als der alte ist. Das Risiko, dass der neue Gläubiger womöglich eher insolvent wird als der alte, ist – genauso wie die Gefahr, dass der neue Gläubiger mit dem Zessus weniger nachsichtig ist – nicht rechtlicher, sondern bloß faktischer (wirtschaftlicher) Natur und daher nicht vom Verschlechterungsverbot erfasst (F. Bydlinski, System 261; Karollus, JBl 1994, 583; Heidinger in Schwimann/Kodek 4 § 1394 Rz 2 [„ungünstigere wirtschaftliche Position des Zessionars“]). Aus der Bestimmung des § 1405 ABGB über den Schuldnerwechsel kann keine rechtlich gesicherte Position des Zessus, sich im Falle der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung an den Zedenten halten zu dürfen, abgeleitet werden, weil der Bereicherungsanspruch frühestens mit der Zahlung an den Zessionar entsteht und daher der Zedent zum Zeitpunkt der Abtretung noch gar nicht Kondiktionsschuldner des Zessus sein kann (aA Beclin, JAP 1993/94, 138 und Markowetz, ÖJZ 2001, 589, welcher unter Bezugnahme auf das römische und das gemeine Recht darüber hinaus zum von der hA abweichenden Ergebnis gelangt, die Väter des ABGB hätten den Schuldner umfassend und daher auch vor wirtschaftlichen Nachteilen durch die Abtretung schützen wollen [587 ff]).
6. Das Berufungsgericht vertritt unter Zugrundelegung der (erstmaligen) Ausführung des Klägers in der Berufung, es habe sich um eine Inkassozession gehandelt, die Ansicht, hier sollte nicht dem Zessionar, sondern dem Zedenten die Passivlegitimation zukommen, was es damit begründet, dass sich bei einer Inkassozession die Stellung des Zessionars jener einer bloßen Zahlstelle annähere.
Ob hier Inkassozessionen vorlagen, kann mangels diesbezüglicher Feststellungen nicht beurteilt werden, läge aber nahe (vgl 1 Ob 244/02t; Hasberger, Mehrwertdienste und das Inkasso der Netzbetreiber, ÖJZ 2003, 838; Kronegger in Ruhle/Freund/Kronegger/Schwarz, Das neue österreichische Telekommunikations- und Rundfunkrecht [2004] 522 f; Zanger/Schöll, Telekommunikationsgesetz – Kommentar zum TKG 20032 [2004] § 97 Rz 24; Schilchegger in Riesz/Schilchegger, TKG [2016] § 24a Rz 1). Dem kommt letztlich aber keine Relevanz zu.
Auch eine Inkassozession ist nämlich eine Zession, weshalb der Schuldner sich einem neuen – und als solchem klageberechtigten – Gläubiger gegenüber zur Zahlung verpflichtet sieht; die Klagebefugnis wird vom materiellrechtlichen Anspruch nicht getrennt (RIS‑Justiz RS0102353; Lukas in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1,02 § 1392 Rz 35; Neumayr in KBB5 § 1392 Rz 10). Durch seine Klageberechtigung unterscheidet sich der Inkassozessionar wesentlich von der bloßen Zahlstelle. Es ist daher gerechtfertigt, dass sich der Schuldner, wenn sich seine Zahlung an den klageberechtigten Inkassozessionar als rechtsgrundlos herausstellt, mit seiner bereicherungsrechtlichen Klage an diesen hält.
Die Frage der Passivlegitimation für den Rückforderungsanspruch des Zessus kann bei der Inkassozession nicht anders als bei einer gewöhnlichen Zession behandelt werden. Im Übrigen wäre eine Ungleichbehandlung von Zession und Inkassozession bei der Passivlegitimation für einen Rückzahlungsanspruch problematisch, weil diesfalls die Information an den Zessus, dass die ihm gegenüber bestehende Forderung zediert wurde (wobei offengelassen wird, ob es sich um eine Inkassozession handelt), nicht mehr ausreichen würde, damit der Zessus beurteilen kann, gegen wen er seinen Rückzahlungsanspruch richten muss.
Aus diesen Erwägungen ist die Passivlegitimation der Beklagten, gleichgültig, ob man von einer „gewöhnlichen“ Zession oder von einer Inkassozession ausgeht, jedenfalls zu bejahen. Dies führt zur Zurückverweisung in die erste Instanz.
7. Ob sich bei der Inkassozession – wie von Karollus (JBl 1994, 586) vertreten – der Zessus wahlweise an den Zedenten halten kann, ob – wie von Beclin (JAP 1993/94, 138 ff) vorgeschlagen – bei Zessionen generell eine solidarische Mithaftung des Zedenten für den Rückforderungsanspruch des Zessus besteht, ob – wie von Avancini (ÖBA 1988, 1230; ders, ÖBA 1989, 463) zur Diskussion gestellt – bei Zessionen generell der Zedent subsidiär zum Zessionar haftet, und ob– wie von Karollus (JBl 1994, 585) vertreten – eine Belastung des Zedenten mit dem Rückabwicklungsrisiko dann gerechtfertigt ist, wenn er einen erkennbar unzuverlässsigen Zessionar ausgewählt hat, muss mangels Vorliegens einer entsprechenden Klage hier nicht beantwortet werden.
Zumal unstrittig von einer Zession auszugehen war und daher die Beklagte als Zessionarin jedenfalls passivlegitimiert ist, konnte auch unerörtert bleiben, ob und welche zivilrechtlichen Implikationen mit der Vorschrift des § 3 Z 16 lit g KEM-V („Das Entgelt wird vom Betreiber des Kommunikationsdienstes, der vom Teilnehmer für den Zugang zum Dienst genutzt wurde, nicht im eigenen Namen als Kommunikationsdienstebetreiber verrechnet, sondern die Verrechnung wird mittels Inkasso in fremdem Namen vorgenommen.“) verbunden sein könnten. Angemerkt sei lediglich, dass ihrem Wortlaut eine Verpflichtung des Betreibers des Kommunikationsdienstes zum Inkasso nicht zwingend zu entnehmen ist, weil es sich bei lit g um keine Rechtsfolgenanordnung, sondern – wie aus dem lit g bis j einleitenden Satz „Ausgenommen davon sind Nachrichtendienste und Sprachdienste, die zusätzlich zu den Merkmalen a bis f auch alle nachstehenden Merkmale erfüllen.“ ersichtlich – bloß um ein Merkmal im Rahmen der Legaldefinition von „Mehrwertdienst“ handelt (vgl – zur Rechtslage vor der KEM-V – Hasberger, ÖJZ 2003, 839 f).
8. Im fortgesetzten Verfahren ist die Behauptung des Klägers, er habe „krankheitsbedingt“ („zwanghaft“) die Telefonanrufe nicht unterlassen können, inhaltlich zu prüfen. Für seine Geschäftsunfähigkeit trifft den Kläger die Beweislast (8 Ob 146/10v; RIS-Justiz RS0014645 [T5]). Zumal die Entscheidungserheblichkeit der Frage der Geschäftsfähigkeit von den Vorinstanzen nicht erkannt und mit den Parteien nicht erörtert wurde, wird dem Kläger Gelegenheit zu geben sein, ein entsprechendes Beweisanbot zu unterbreiten.
9. Der Kostenvorbehalt ist Folge der Urteilsaufhebung (Fucik in Rechberger, ZPO4 § 52 Rz 6).
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