OGH 8Ob94/13a

OGH8Ob94/13a28.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch die Dr. Reinizer Rechtsanwalts KG in Wien, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Clemens Lintschinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 76.025,75 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. Juli 2013, GZ 2 R 85/13d‑27, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0080OB00094.13A.1028.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der Ansicht der Vorinstanzen, dass auf den vorliegenden Rechtsstreit österreichisches Recht anzuwenden ist, tritt die Klägerin nicht entgegen. Dementsprechend argumentiert sie ausschließlich auf dem Boden österreichischen Rechts. Mit dem Hinweis auf angebliche sekundäre Feststellungsmängel zum „General Agreement“ (Handelsvertretervertrag) zeigt sie keine erhebliche Rechtsfrage auf.

2. Im Anlassfall ist unstrittig, dass die Beklagte als direkte Stellvertreterin der Fluglinie „W*****“ tätig war, sie die von der Klägerin bezahlten Ticketpreise im Namen der Fluglinie entgegengenommen hat und somit als Zahlstelle fungierte, sie nach dem Handelsvertretervertrag diesen Geldbetrag an die Fluglinie weiterzuleiten hat, dies mangels entsprechender Erklärung der Fluglinie aber noch nicht getan, sondern den Betrag auf ein Fremdgeldkonto ihres Rechtsvertreters transferiert hat, sie aber verpflichtet und willens ist, diesen Betrag an die Fluglinie abzuführen, weiters dass der Vertrag zwischen der Klägerin und der Fluglinie hinsichtlich der ab 16. 3. 2011 durchzuführenden Flüge als Fixgeschäft gemäß § 919 ABGB aufgelöst wurde sowie, dass die Klägerin keine Leistungskondiktion, sondern einen Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB gegen die Beklagte als „autorisierte Vertreterin“ geltend macht.

3.1 Das von der Klägerin behauptete dreipersonale Verhältnis setzt einen Vertrag zwischen dem Verkürzten und einer (selbständig handelnden) Mittelsperson sowie einen Vertrag dieser Mittelsperson mit dem (in der Regel verwendungsbeklagten) Dritten voraus. Hier liegt aber kein Vertrag zwischen der Klägerin und der Mittelsperson (Beklagte als Zahlstelle) vor; die Fluglinie ist dementsprechend Vertragspartnerin der Klägerin und nicht Dritte. Die Beklagte war somit als rechtsgeschäftliche Vertreterin nicht Leistungsempfängerin, vielmehr fungierte sie nur als Zahlstelle. Die Beklagte hat die Zahlung auf Basis des Handelsvertretervertrags wirksam für die Fluglinie in Empfang genommen. Die Bereicherung ist daher bei der Fluglinie als Leistungsempfängerin eingetreten (vgl 8 Ob 194/01i; 1 Ob 120/01f).

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist auch in der Erfüllungsphase kein dreipersonales Verhältnis dadurch entstanden, dass die Beklagte über die Gutschrift auf ihrem Konto die rechtliche Verfügungsmacht erhalten habe. Tatsächlich ist diese Verfügungsmöglichkeit zur widmungsgemäßen Verwendung zweckgebunden und erstreckt sich daher nur auf die Weiterleitung des für die Fluglinie entgegengenommenen Geldbetrags. Die Verfügungs-möglichkeit ist demnach nach Maßgabe des Handelsvertretervertrags beschränkt. Unrichtig ist auch, dass die Beklagte mit der Einstellung des Flugverkehrs den Betrag nicht mehr an die Fluglinie weiterleiten dürfe, weil sie sonst eine sittenwidrige oder sogar strafrechtlich bedenkliche Vermögensverschiebung bewirke. Die (wirksame) Entgegennahme der Geldsumme für die Fluglinie erfolgte im Einklang mit der rechtlichen Zweckbestimmung des Handelsvertretervertrags. Eine den Vertragspflichten entsprechende Weiterleitung ist weder rechts- noch sittenwidrig. Eine Disposition der Beklagten, die einen Eingriff in fremde Forderungsrechte darstellen könnte, hat die Klägerin nicht behauptet. Dafür bestehen auch keine Anhaltspunkte.

3.2 Der Klägerin steht ein Bereicherungsanspruch somit nur gegenüber der Fluglinie zu. Im zweipersonalen Verhältnis schließt eine mögliche Leistungskondiktion einen Verwendungsanspruch aufgrund dessen Subsidiarität aus (RIS‑Justiz RS0019922; 1 Ob 353/97m).

Ein Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB würde überdies die ungerechtfertigte Verwendung eines Vermögenswerts zum Nutzen eines anderen als des Berechtigten voraussetzen. Nach den Feststellungen hat die Beklagte die Zahlung aber nicht im eigenen Namen, sondern als direkte Vertreterin der Fluglinie eingehoben. Nach der Zweckvereinbarung sollte die Zahlung daher der Beklagten niemals selbst zukommen. Dementsprechend ist auch der Nutzen im Sinn des § 1041 ABGB nicht bei der Beklagten, sondern bei der Fluglinie eingetreten, der das endgültige Verfügungsrecht zukommt. Die Erhöhung des Kontostands der Beklagten durch die Gutschrift stellt keinen Nutzen im Sinn des § 1041 ABGB dar, weil der Überweisungsbetrag nicht der Beklagten zusteht und daher nicht endgültig ihrem Vermögen zugekommen ist (vgl 8 Ob 194/01i). Mit diesem Ergebnis steht wiederum im Einklang, dass der Verkürzte seine Leistung auch nach § 1041 ABGB nur von dem nach der rechtlichen Zweckbeziehung zu ermittelnden Leistungsempfänger zurückfordern kann (8 Ob 129/03h).

4. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht mit diesen Grundsätzen im Einklang. Die Beurteilung, dass im Anlassfall kein dreipersonales Verhältnis vorliege, die Beklagte die Leistung im Namen des Geschäftsherrn empfangen habe, sie den überwiesenen Geldbetrag für die Fluglinie innehabe und sie daraus nicht durch Gebrauch, Verbrauch, Verfügung oder Erwerb einen Nutzen ziehe, ist nicht korrekturbedürftig.

Mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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