OGH 8Ob146/10v

OGH8Ob146/10v22.2.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** W*****, vertreten durch Huainigg Dellacher & Partner Rechtsanwälte OG in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei C***** AG, *****, vertreten durch Dr. Thomas Schröfl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1.964.161 EUR sA (Revisionsinteresse 711.577 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. August 2010, GZ 1 R 246/09t-65, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Dass das Erstgericht den ihm im ersten Rechtsgang erteilten Aufträgen zur Ergänzung des Beweisverfahrens in erheblichem Umfang nicht nachgekommen ist, hat das Berufungsgericht ohnedies erkannt. Es hat aber nach Würdigung ua der Ergebnisse des vom Erstgericht im zweiten Rechtsgang aufgenommenen Beweises (ergänzende Vernehmung des schon im ersten Rechtsgang beigezogenen Sachverständigen) die im nunmehr angefochtenen Ersturteil zur Frage der Geschäftsfähigkeit des Klägers getroffenen Feststellungen als Ergebnis eines mangelfreien Verfahrens übernommen. Danach war die Geschäftsfähigkeit des Klägers nicht durchgehend aufgehoben. Zwar kam es während des aktiven Glückspielvorgangs in Casinos der Beklagten regelmäßig, aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten, zu einer Aufhebung der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit. Bei welchen mit der Beklagten geschlossenen Glücksspielverträgen der Kläger geschäftsunfähig war, erachtete das Erstgericht allerdings als nicht feststellbar.

2. Der Revisionswerber hat die Nichtbefolgung der dem Erstgericht im ersten Rechtsgang erteilten Aufträge als Verfahrensmangel geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens verneint. Vom Berufungsgericht verneinte Mängel des Verfahrens erster Instanz können im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden (E. Kodek in Rechberger, ZPO³ § 503 Rz 9 mwN). Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung umgangen werden, das Berufungsverfahren sei - weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei - selbst mangelhaft geblieben (6 Ob 23/10s). Auch die Würdigung der aufgenommenen Beweise durch das Berufungsgericht ist im Revisionsverfahren nicht anfechtbar (E. Kodek in Rechberger, ZPO³ § 503 Rz 1 mwN).

3. Da grundsätzlich von der Handlungsfähigkeit einer natürlichen Person auszugehen ist, trifft denjenigen, der sich auf eine Geschäftsunfähigkeit beruft, die Behauptungs- und Beweislast für die Umstände, aus denen auf die Geschäftsunfähigkeit geschlossen werden kann (RIS-Justiz RS0014645). Der Kläger hätte daher nachweisen müssen, dass er im Zeitpunkt der Abschlüsse der einzelnen Glücksspielverträge außerstande war, die Tragweite des konkreten Vertrags zu beurrteilen (RIS-Justiz RS0014620). Anders ist dies nur dann, wenn erwiesen ist, dass eine Person dauernd handlungsunfähig ist; dann ist es Sache der Gegenseite, zu beweisen, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein lichter Moment bestand (RIS-Justiz RS0014545). Da hier feststeht, dass der Kläger nicht dauernd handlungsunfähig war, lag es daher an ihm, die die Annahme seiner Geschäftsunfähigkeit zum Zeitpunkt des Abschlusses der einzelnen Glückspielverträge rechtfertigenden Umstände zu beweisen. Dass die Erbringung des Beweises im Einzelfall schwierig oder gar unmöglich ist, führt für sich allein zu keiner Beweislastumkehr (9 ObA 7/98i; 7 Ob 26/05g). Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass die oben erörterte Negativfeststellung zur Verneinung des auf den Rechtsgrund der Bereicherung gestützten Anspruchs des Klägers führt, ist daher keineswegs unvertretbar.

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