OGH 5Ob56/17x

OGH5Ob56/17x27.6.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. K* S*, 2. A* S*, 3. B* S*, 4. F* R*, alle vertreten durch Dr. Bernhard Steinbüchler, Mag. Harald Mühlleitner, Mag. Georg Wageneder, MA, Rechtsanwälte in St. Florian, wegen Anmerkung einer Benützungsregelung (§ 828 Abs 2 ABGB) ob EZ * GB *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 11. Jänner 2017, AZ 23 R 139/16d, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Grieskirchen vom 9. November 2016, TZ 2946/2016, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E118676

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

Die Antragsteller sind die Miteigentümer der Liegenschaft EZ * GB *. Im Grundbuch ist zu C‑LNr 9 eine Benützungsregelung („Benützungsregelung gemäß § 828 Abs 2 ABGB gemäß VP IV. des Kaufvertrages vom 15. Februar 2008“) angemerkt.

Mit dem als „Nachtrag zum Kaufvertrag vom 15. Februar 2008“ bezeichneten Vertrag vom 9. September 2016 vereinbarten die Antragsteller in dessen Punkt II eine „Ergänzende Vereinbarung zur Benützungsregelung“ folgenden Inhalts:

„1. Jegliche Verfügung über die aufgrund der Benützungsregelung den Ehegatten S* zukommenden Teile der vertragsgegenständlichen Liegenschaft sind ausschließlich von den Ehegatten K* und A* S* zu treffen.

2. Der Miteigentümerschaft B* S* und F* R* kommt bei Entscheidungen über die den Ehegatten S* zugewiesenen Flächen der vertragsgegenständlichen Liegenschaft keine Entscheidungsbefugnis zu.

3. Demgemäß sind B* S* und F* R* verpflichtet, zu allen Handlungen, welche die den Ehegatten S* zugewiesenen Flächen der vertragsgegenständlichen Liegenschaft betreffen, ihre Zustimmung in der dafür jeweils notwendigen Form zu geben.

4. Jegliche Verfügung über die aufgrund der Benützungsregelung der B* S* und dem F* R* zukommenden Teile der vertragsgegenständlichen Liegenschaft sind ausschließlich von B* S* und F* R* zu treffen.

5. Den Ehegatten S* kommt bei Entscheidungen über die B* S* und F* R* zugewiesenen Flächen der vertragsgegenständlichen Liegenschaft keine Entscheidungsbefugnis zu.

6. Demgemäß sind die Ehegatten S* verpflichtet, zu allen Handlungen, welche B* S* und F* R* zugewiesenen Flächen der vertragsgegenständlichen Liegenschaft betreffen, ihre Zustimmung in der dafür jeweils notwendigen Form zu geben.

7. Demgemäß sind auch allfällige liegenschaftsbezogene Lasten von jenen Personen zu tragen, denen die ausschließliche Benutzung der die jeweilige Last betreffenden Fläche zukommt.

8. Dasselbe gilt für liegenschaftsbezogene Vorteile, diese kommen ebenfalls ausschließlich jenen Personen zugute, denen die ausschließliche Benutzung der den jeweiligen Vorteil betreffenden Fläche zukommt.

9. Dies betrifft insbesondere auch allfällige Verkaufserlöse von Grundstücks- oder Anteilsverkäufen. Diese Verkaufserlöse kommen auch wiederum nur ausschließlich jenen Personen zugute, die die verkaufte Fläche entsprechend den getroffenen Vereinbarungen ausschließlich zu benützen berechtigt waren. ...“.

Die Antragsteller beantragten die Anmerkung der mit diesem Nachtrag vom 9. 9. 2016 getroffenen ergänzenden Vereinbarungen hinsichtlich der Benützungsvereinbarung.

Das Erstgericht wies den Antrag ab, weil diese ergänzenden Vereinbarungen über das Wesen einer Benützungsregelung nach § 828 Abs 2 ABGB hinausgingen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Eine Benützungsvereinbarung betreffe den Inhalt des Anteilsrechts des einzelnen Miteigentümers und begründe zwischen den Teilhabern ein Dauerschuldverhältnis. Inhaltlich würden allgemeine Gebrauchsbefugnisse eines Miteigentümers in Sondernutzungsrechte an bestimmten Teilen der gemeinsamen Sache umgewandelt. Dem gebrauchenden Miteigentümer würden dadurch aber keine Rechte eingeräumt, die ihm nicht schon kraft seines dinglichen Rechts (§§ 354, 828 Satz 1 ABGB) zustünden. Die Ergänzungsvereinbarung vom 9. 9. 2016 beinhalte keine solche Gebrauchsrechtsregelung. Sie ziele vielmehr darauf ab, Minderheitsrechte (§§ 834, 835 ABGB) zu beschneiden und den zwei im Vertrag genannten Miteigentümergruppen im Ergebnis eine Rechtsstellung zu verschaffen, wie sie ansonsten nur durch Teilung der Liegenschaft samt Begründung von Alleineigentum erreicht werden könnte. Die Ergänzungsvereinbarung gehe damit weit über jene rechtlichen Befugnisse hinaus, die einem Wohnungseigentümer zustehen würden. Für eine bücherliche Anmerkung einer Benützungsregelung, die eine rechtliche Gleichstellung (Gleichwertigkeit) von Miteigentum mit angemerkter Benützungsregelung und Wohnungseigentum anstrebe, fehle die rechtliche Grundlage. Das müsse umso mehr für die hier zu beurteilende Ergänzungsvereinbarung gelten, würde sie doch den Miteigentümern mehr Rechte einräumen als einem Wohnungseigentümer zustehen könnten. Eine solche Vereinbarung sei damit inhaltlich keine Benützungsregelung. Anmerkungen nach § 20 lit b GBG bedürften einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage, wofür hier nur § 828 Abs 2 ABGB betreffend Benützungsregelungen unter Miteigentümern in Betracht komme. Da der anzumerkenden Ergänzungsvereinbarung der Charakter einer bloßen Benützungsregelung fehle, bestehe keine Eintragungsgrundlage.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, diese dahingehend abzuändern, dass die beantragte Anmerkung bewilligt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung des Prüfungsumfangs nach § 94 Abs 1 Z 3 GBG im Zusammenhang mit Anmerkungen nach § 828 Abs 2 ABGB zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

1. Grundbücherliche Anmerkungen können zur Ersichtlichmachung persönlicher Verhältnisse (§ 20 lit a GBG), oder zur Begründung bestimmter, nach den Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes damit verbundener Rechtswirkungen eingetragen werden (§ 20 lit b GBG). Anmerkungen nach § 20 lit b GBG bedürfen also einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage (RIS‑Justiz RS0060628, RS0060679). Anmerkungen, die in keinem Gesetz vorgesehen sind und deren Wirkungen auch gesetzlich nicht geregelt sind, sind unzulässig (5 Ob 10/09w mwN = RIS‑Justiz RS0060628 [T2], RS0060679 [T2]).

2. Von der Einverleibung oder Vormerkung unterscheiden sich die Anmerkungen generell dadurch, dass sie zur Feststellung von Tatsachen dienen, die gewisse rechtliche Folgen nach sich ziehen. Sie können keine dinglichen Rechte begründen, abändern oder aufheben, sondern haben den Zweck, im Interesse Dritter bestimmte tatsächliche und für den Realverkehr interessante Verhältnisse bekannt zu machen oder bestimmte gesetzlich besonders geregelte Rechtswirkungen herbeizuführen (5 Ob 189/16d,5 Ob 10/09w). Anmerkungen publizieren Tatsachen, aus denen sich Rechtsfolgen ergeben können, sie verschaffen aber für sich allein keine dinglichen Rechte (5 Ob 189/16d,5 Ob 233/09i = RIS-Justiz RS0060679 [T4]).

3. Gesetzliche Grundlage für die von den Antragstellern begehrte Anmerkung ist die mit dem Wohnungseigentumsbegleitgesetz 2002 (BGBl I 2002/71) geschaffene Bestimmung des § 828 Abs 2 ABGB. Danach wirkt eine gerichtliche oder vertraglich vereinbarte Benützungsregelung zwischen den Teilhabern einer unbeweglichen Sache auch für deren Rechtsnachfolger, wenn sie im Grundbuch angemerkt ist. Zweck der Anmerkung der Benützungsregelung ist die Sicherung des Bestands einer Benützungsregelung (auch) im Fall des Eintritts einer Singularsukzession bei einem Miteigentümer (ErläutRV 989 BlgNR XXI. GP  31). Dem Wortlaut des § 828 Abs 2 ABGB und den Gesetzesmaterialien ist weder ein Anhaltspunkt für eine erschwerte Möglichkeit einer Aufhebung einer angemerkten Benützungsregelung noch für eine Änderung ihrer rechtlichen Qualität im Sinn einer „Verdinglichung“ der darin festgelegten Befugnisse zu entnehmen; die Bedeutung der bücherlichen Anmerkung besteht also (nur) in der Bindung neu hinzukommender Miteigentümer (5 Ob 189/16d; 5 Ob 89/08m = RIS-Justiz RS0118532 [T1], RS0013593 [T15], RS0013602 [T5]). Am weiterhin bloß obligatorischen Charakter von Benützungsregelungen ändert dieser Umstand freilich nichts. Die Anmerkung bewirkt auch in diesen Fällen nicht den grundbücherlichen Erwerb, Umänderung oder Aufhebung eines dinglichen Rechts.

4. Die Eintragung einer Benützungsregelung im Grundbuch hat demnach keine konstitutive Wirkung. Der Zweck der Anmerkung, den Einzelrechtsnachfolger auch ohne ausdrückliche Überbindung oder stillschweigende Unterwerfung (vgl RIS-Justiz RS0013614 [T8], RS0013602 [T3], RS0013598 [T3]) an (rechtswirksam) bestehende Benützungsregelungen im Sinne des § 828 ABGB zu binden, erfordert keine substanzielle Prüfung des Vereinbarungsinhalts durch das Grundbuchgericht. Diesem ist zum Zweck der Anmerkung vielmehr grundsätzlich nur der formal wirksame Abschluss einer Benützungsvereinbarung im Sinn des § 828 Abs 2 ABGB durch beweiswirkende Urkunden nachzuweisen (vgl 5 Ob 47/16x [Vereinbarung eines abweichenden Aufteilungsschlüssels], 5 Ob 162/12b = RIS‑Justiz RS0128560 [Vereinbarung abweichender Abrechnungs- und Abstimmungseinheiten]). Ungeachtet der Entbehrlichkeit einer weitergehenden substanziellen Prüfung ist es also eine nach § 94 Abs 1 Z 3 GBG zu prüfende Voraussetzung, dass die Vereinbarung, deren Anmerkung nach § 828 Abs 2 ABGB beantragt wird, überhaupt als eine vertraglich vereinbarte Benützungsregelung im Sinne dieser gesetzlichen Eintragungsgrundlage zu qualifizieren ist.

5. Nach allgemeinen Grundsätzen steht der Gebrauch einer im Miteigentum stehenden Sache jedem Teilhaber grundsätzlich soweit zu, als dadurch der konkrete Gebrauch der anderen nicht gestört wird. Eine Benützungsvereinbarung bezweckt die vertragliche Zuweisung der gemeinschaftlichen Sache oder körperlich begrenzter Teile dieser Sache zur ausschließlichen Benutzung durch einzelne Teilhaber dauernd oder zumindest für eine bestimmte (längere) Zeit (5 Ob 189/16d; RIS-Justiz RS0009664, RS0013577, RS0013635). Zum Wesen einer Benützungsregelung gehört es daher, diese allgemeinen Gebrauchsbefugnisse eines Miteigentümers (und nur diese) in Sondernutzungsrechte an bestimmten Teilen der gemeinsamen Sache umzugestalten (5 Ob 182/14x, 5 Ob 205/03p; RIS‑Justiz RS0029352).

6. Wie schon die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, enthält die die (im Kaufvertrag vom 15. 2. 2008 vertraglich vereinbarte und bereits angemerkte) eigentliche Benützungsregelung ergänzende Nachtragsvereinbarung vom 9. 9. 2016 keine Regelung der Gebrauchsbefugnisse im dargestellten Sinn. Gegenstand dieser – im gegebenen Zusammenhang eigenständigen und daher auch isoliert zu beurteilenden – Vereinbarung sind vielmehr darauf aufbauende, weitergehende Anteils- und Sachverfügungen. Für die Anmerkung derartiger Vereinbarungen besteht– losgelöst von der Frage ihrer Rechtswirksamkeit – keine gesetzliche Grundlage.

7. Der Revisionsrekurs ist demnach nicht berechtigt.

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