OGH 5Ob182/14x

OGH5Ob182/14x16.12.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr.

Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Lovrek, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers DI E***** S*****, vertreten durch Dr. Gabriele Krenn, Rechtsanwältin in Graz, gegen die Antragsgegner 1. Mag. J***** G*****, 2. Mag. B***** B*****, beide vertreten durch Dr. Gerhard Hackenberger, Mag. Jürgen Greilberger, Rechtsanwälte in Graz, 3. Verlassenschaft nach dem am ***** verstorbenen DI F***** K*****, vertreten durch die Verlassenschaftskuratorin M***** K*****, 4. M***** H*****, 5. S***** R*****, 6. W***** G*****, 7. S***** G*****, 8. DDr. R***** P*****, 9. S***** L*****, G*****, vertreten durch Dr. Hanspeter Pausch, Rechtsanwalt in Graz, wegen §§ 17, 52 Abs 1 Z 3 WEG, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 16. Juni 2014, GZ 7 R 19/14m‑31, mit dem über Rekurs des Antragstellers der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Graz‑Ost vom 15. Oktober 2013, GZ 220 Msch 18/12s‑26, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0050OB00182.14X.1216.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Erst‑ und Zweitantragsgegner und die Neuntantragsgegnerin haben die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortungen selbst zu tragen.

Begründung

Sämtliche Parteien sind Miteigentümer der Liegenschaft EZ 547 KG *****. Mit den Miteigentumsanteilen des Antragstellers ist Wohnungseigentum an zwei Wohnungen verbunden, die sich im dritten Stock sowie im darüber liegenden Dachgeschoss befinden. Der Erstantragsgegner und die Zweitantragsgegnerin sind Wohnungseigentümer einer im Dachgeschoss gelegenen Wohnung. Der Fünftantragsgegner ist schlichter Miteigentümer der Liegenschaft. Mit den Miteigentumsanteilen der übrigen Antragsgegner ist ebenfalls Wohnungseigentum verbunden.

Der Erstantragsgegner und die Zweitantragsgegnerin ließen in den Jahren 2004/2005 im Innenhof des Hauses auf ihre Kosten einen Lift einbauen, der vom Erdgeschoss des Hauses bis in das Dachgeschoss führt. Der Lift ist mit einem Schlüsselsystem versehen und so konzipiert, dass sich Haltestellen in allen Geschossen befinden. Derzeit haben nur die Erst‑ und Zweitantragsgegner einen Schlüssel zur Benutzung des Liftes.

Das Erstgericht wies das Begehren des Antragstellers auf Feststellung der angemessenen Lifterrichtungskosten mit 100.000 EUR sowie Erlassung einer Benützungsregelung hinsichtlich des Liftes ab.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig, weil zur Frage der Durchsetzung von Rechten eines Mit‑ und Wohnungseigentümers aus einem Beschluss nach § 29 WEG im Wege einer gerichtlichen Benützungsregelung nach § 17 WEG höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers, der entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG) nicht zulässig ist.

1. Nach § 56 Abs 12 WEG gelten alle Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes 2002, die auf Wohnungseigentümer Bezug nehmen, sinngemäß auch für schlichte Miteigentümer, soweit die ihnen entsprechenden Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 auch für die schlichten Miteigentümer galten. § 17 WEG ist daher auch im Fall des hier vorliegenden „Mischhauses“ anzuwenden (vgl Vonkilch in Hausmann / Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht²² § 17 WEG Rz 8).

2. Der Antrag auf Benützungsregelung zielt auf die rechtsgestaltende Zuweisung ausschließlicher Benützungsrechte ab (5 Ob 147/02g wobl 2003/11 [ Call ] = MietSlg 54.475; Würth/Zingher/Kovanyi , Miet‑ und Wohnrecht 22 § 17 WEG Rz 7). Ein Begehren, das auf eine gleichartige Nutzung von allgemeinen Teilen durch alle Mit- und Wohnungseigentümer gerichtet ist, ist von § 17 Abs 2 WEG nicht erfasst. Diese Folgerung ergibt sich schon aus dem Zweck des § 17 Abs 2 WEG, wonach jeder Wohnungseigentümer eine gerichtliche Regelung über die Benützung verfügbarer allgemeiner Teile einer Liegenschaft beantragen kann. Allgemeinflächen, die notwendig oder nach ihrer Zweckbestimmung (Widmung) der Allgemeinbenutzung dienen, können demnach nicht Gegenstand einer Benützungsregelung sein (vgl RIS‑Justiz RS0105691; 5 Ob 264/08x; 5 Ob 201/09h; 5 Ob 83/12k).

3. Das Rekursgericht leitete aus dem von den Erst‑ und Zweitantragsgegnern eingeleiteten Beschlussverfahren und dem Umstand, dass der von ihnen errichtete Personenaufzug Haltestellen in allen Etagen aufweist, sodass die Mitbenützungsmöglichkeit aller Mit‑ und Wohnungseigentümer gegen Kostenbeteiligung bestünde, ab, dass die Lifterrichtung eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung nach § 29 WEG darstellte. Der Revisionsrekurswerber tritt dieser Auffassung nicht entgegen, sondern verweist ausdrücklich auf seine aus dem Miteigentum entspringenden Rechte, die als nützliche Verbesserung (§ 29 Abs 1 WEG) geschaffene, im Eigentum aller Teilhaber stehenden Baulichkeit bei entsprechender Kostenbeteiligung zu benützen.

4. Nach allgemeinen Grundsätzen steht der Gebrauch einer im Miteigentum stehenden Sache jedem Teilhaber grundsätzlich soweit zu, als dadurch der konkrete Gebrauch der anderen nicht gestört wird ( Vonkilch aaO § 17 WEG Rz 1 mwN). Zum Wesen einer

Benützungsregelung gehört es daher, die allgemeinen Gebrauchsbefugnisse eines Mit- und Wohnungseigentümers (und nur dieser) in Sondernutzungsrechte an bestimmten Teilen der gemeinsamen Sache umzugestalten (5 Ob 205/03p

wobl 2004, 102 [Call]).

5. Das Begehren des Antragstellers ist auf Erlassung einer Benützungsregelung gemäß § 17 Abs 2 WEG gerichtet. Dass darüber im Verfahren außer Streitsachen abzusprechen ist, steht daher nicht in Frage. Was der Antragsteller mit seinem auf § 17 Abs 2 WEG gestützten Antrag durchsetzen will, ist aber nicht die Zuweisung von Sondernutzungsrechten. Er strebt nämlich nicht eine rechtsgestaltende Zuweisung ausschließlicher Benützungsrechte an dem von den Erst‑ und Zweitantragsgegnern auf deren Kosten errichteten Lift an, sondern fordert generell für sich und (einschließlich der Erst- und Zweitantragsgegner) alle übrigen Miteigentümer, sofern sie sich an den Kosten der Errichtung des Betriebs beteiligen wollen, Rechte aus der beschlossenen Verbesserung ein. Damit zielt er im Ergebnis auf eine Regelung ab, die dem aus dem Miteigentum herrührenden Recht zum Gebrauch der gemeinschaftliche Sache durch alle Teilhaber entspricht. Zutreffend hat daher bereits das Rekursgericht darauf hingewiesen, dass ein solches Begehren der Rechtsnatur einer Benützungsregelung nach § 17 Abs 2 WEG 2002 widerspricht. Ein Begehren, das den materiellen Erfordernissen einer Benützungsregelung nicht Rechnung trägt, ist abzuweisen (vgl 5 Ob 47/97s), wobei es hier auch keiner weiteren Erörterung des Antrags bedurfte. Der vom Rekursgericht als erheblich erachteten Frage nach der Durchsetzung von Rechten eines Mit‑ und Wohnungseigentümers aus einem Beschluss nach § 29 WEG 2002 im Wege einer gerichtlichen Benützungsregelung nach § 17 WEG 2002 kommt damit nur noch theoretische Bedeutung zu. Auf sie muss ebenso wenig eingegangen werden, wie auf die vom Antragsteller aufgeworfenen Fragen nach der Verfahrensart zur Durchsetzung einer Liftbenutzung unter den vorliegenden Bedingungen oder der Feststellung der Höhe der vom finanzierenden Miteigentümer getragenen Kosten.

7. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG (iVm § 52 Abs 2

WEG 2002). Die Antragsgegner haben auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nicht hingewiesen (5 Ob 169/12g; 5 Ob 173/12w uva). Die bloße Erwähnung im Schlussantrag des Rechtsmittels der Neuntantragsgegnerin, den Revisionsrekurs

„zurück‑ bzw abweisen“, ohne inhaltlich die Unzulässigkeit des Rechtsmittels geltend zu machen, ist kein Hinweis auf den wahren

Zurückweisungsgrund (vgl RIS‑Justiz RS0035979 [T12]).

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