OGH 5Ob173/12w

OGH5Ob173/12w20.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin M***** S*****, vertreten durch Mag. Walter Krauß, dieser vertreten durch Mag. Nadja Shah, beide Mietervereinigung Österreichs, Reichsratsstraße 15, 1010 Wien, gegen den Antragsgegner H***** W*****, vertreten durch Mag. Rudolf Siegel, Rechtsanwalt in Wien, wegen §§ 16, 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. April 2012, GZ 39 R 39/12t‑25, womit infolge Rekurses des Antragsgegners der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 15. November 2011, GZ 5 Msch 9/11t‑16, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht stellte fest, dass durch die Mietzinsvorschreibung von monatlich 242,55 EUR exklusive USt der zulässige Hauptmietzins in der Zeit von 10/2007 bis 01/2011 um monatlich 107,30 EUR überschritten worden sei, erklärte die Mietzinsvereinbarung im Vertrag vom 27. 9. 2007 insoweit für unwirksam und verpflichtete den Antragsgegner zur Rückzahlung von 4.721,20 EUR. Die Wohnung weise keinen Vorraum auf, weil man vom Gang aus unmittelbar in die Küche gelange und sei daher keine solche der Kategorie A. Im Hinblick auf die übrigen Ausstattungsmerkmale liege jedoch eine Wohnung der Kategorie B vor, sodass unter Berücksichtigung von Zu‑ und Abschlägen der zulässige Hauptmietzins monatlich 135,25 EUR betrage.

Das Rekursgericht änderte die Leistungsverpflichtung teilweise ab, gab dem Rechtsmittel des Antragsgegners im Übrigen jedoch nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, welche Voraussetzungen ein in § 15a Abs 1 Z 1 und 2 MRG als Ausstattungsmerkmal von Wohnungen der Kategorie A oder B genannter Vorraum zu erfüllen habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG) nicht zulässig.

Richtig ist, dass das MRG selbst keine Aussage dazu enthält, wann ein Vorraum als Ausstattungsmerkmal von Wohnungen der Kategorie A und B (§ 15a Abs 1 Z 1 und 2 MRG) vorliegt. Dazu ergibt sich aber bereits aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, dass für einen Vorraum die räumliche Abtrennung dergestalt vorausgesetzt ist, dass man von der Eingangstüre nicht direkt in einen der übrigen (im Sinne der Kategoriemerkmale erforderlichen) Räume tritt. Vorraum in diesem Sinn kann daher nur ein Raum sein, über den die Wohnung betreten wird (T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 15a MRG Rz 16; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht22 § 15a MRG Rz 20). Ausgehend davon hat der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung 5 Ob 304/99p (RIS-Justiz RS0113013) ausgesprochen, dass dieses nach § 15a Abs 1 Z 1 und 2 MRG geforderte Ausstattungsmerkmal nicht erfüllt ist, wenn ein unmittelbar vom Stiegenhaus betretbarer Raum auch mit einer „Küchenzeile“ eingerichtet ist. Diese Auffassung wurde vom erkennenden Fachsenat erst jüngst in den Entscheidungen 5 Ob 1/12a und 5 Ob 193/12m aufrecht erhalten, sodass zu der dem Zulassungsausspruch des Rekursgerichts zugrundeliegenden Frage, ob bei einer räumlichen Einheit von Küche/Kochnische und Vorraum das in § 15a Abs 1 Z 1 und 2 MRG geforderte Ausstattungsmerkmal vorliegt, bereits gesicherte höchstgerichtliche Rechtsprechung gegeben ist. Die von den Vorinstanzen in diesem Zusammenhang getroffenen Wertungen sind durch diese Rechtsprechung gedeckt und daher nicht korrekturbedürftig. Auch sonst zeigt der Antragsgegner in seinem Rechtsmittel keine Rechtsfragen von der Erheblichkeit des § 62 Abs 1 AußStrG auf.

Die Frage, ob und in welcher Höhe Zu‑ und Abschläge vom bzw zum Richtwert gerechtfertigt sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich deshalb grundsätzlich einer Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof (RIS‑Justiz RS0116132 [T2]; RS0117881; zuletzt 5 Ob 253/11h; 5 Ob 1/12a). Die Vornahme der Zuschläge oder Abstriche hat sich an der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens zu orientieren (5 Ob 133/10k = immolex 2011, 207/62 [Cerha]). Hier steht fest, dass der Hauptaufenthaltsraum der Wohnung straßenseitig gelegen und damit einer durchschnittlichen Lärmbeeinträchtigung ausgesetzt ist. Ausgehend davon bedarf es keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof, wenn die Vorinstanzen allein wegen des Umstands, dass das 8 m2 große Kabinett zum Hof hin ausgerichtet ist, keinen Ruhezuschlag anerkannten, mag es der Antragstellerin auch als Schlafraum dienen.

Indem der Revisionsrekurswerber die Erörterung von den Rückforderungsanspruch hindernden Umständen vor Schaffung eines Titels gemäß § 37 Abs 4 MRG vermisst, behauptet er eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens, die im Revisionsrekursverfahren nicht mehr geltend gemacht werden kann (RIS‑Justiz RS0050037). Seinem Einwand, dass der Mietzins für Oktober 2011 von der Antragsgegnerin nicht bezahlt worden sei, hat das Rekursgericht Rechnung getragen, indem es seine Rückzahlungsverpflichtung entsprechend minderte. Darüber hinausgehende Gründe, die der Schaffung eines Titels zur Rückzahlung der Differenz auf den zulässigen Hauptmietzins entgegengestanden wären, macht der Antragsgegner auch im Revisionsverfahren nicht geltend.

Wie der Revisionsrekurswerber selbst erkennt, hat sich der Oberste Gerichtshof bereits in den Entscheidungen 5 Ob 240/10w und 5 Ob 29/11t mit den auch von ihm vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den in § 16 Abs 7 MRG vorgesehenen Abschlag für eine Befristung des Mietverhältnisses auseinandergesetzt und gelangte dabei zum Ergebnis, dass es keine sachliche Ungleichbehandlung begründe, wenn der Gesetzgeber im Interesse des Mieters auf Ausgleich der Nachteile aus der Befristung eine Regelung schaffe, die dem Vermieter einen Anreiz dafür bieten solle, unbefristet zu vermieten. Die Ausführung im Revisionsrekurs geben keinen Anlass, von dieser Einschätzung abzugehen, zumal es auch im Verfahren außer Streit nicht zulässig ist, bei der Ausführung des Revisionsrekurses auf den Inhalt eines anderen Schriftsatzes zu verweisen (RIS‑Justiz RS0043616 [T12]; RS0043579 [T21]).

Der Revisionsrekurs ist damit zurückzuweisen, ohne dass dieser Beschluss noch einer weiteren Begründung bedarf (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Die Antragstellerin hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht hingewiesen, sodass ihr auch kein Kostenersatz für die Revisionsrekursbeantwortung gebührt (RIS‑Justiz RS0035979; RS0035962).

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