OGH 5Ob240/10w

OGH5Ob240/10w29.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragstellerin Gabriela S*****, vertreten durch MMag. Dr. Walter Mühlbacher, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner Helmut W*****, vertreten durch Engin-Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG in Wien, wegen §§ 16, 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 6. Oktober 2010, GZ 39 R 179/10b-23, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Bei der Verfolgung ihrer rechtspolitischen Ziele auf dem Gebiet des Wohnrechts, dem in modernen Gesellschaften eine besondere soziale und wirtschaftliche Bedeutung zukommt, haben die Staaten nach Ansicht des EGMR namentlich im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz einen weiten Ermessensspielraum (EGMR 19. 12. 1989, 13/1988/157/211-213 = ÖJZ 1990/150). Die Differenzierung zwischen befristeten und unbefristeten Mietverhältnissen erscheint gerade wegen des mit einem (häufigeren) Wechsel des Bestandobjekts für den Mieter idR verbundenen (wirtschaftlichen) Aufwands sachlich plausibel. Die beim Befristungsabschlag bestehende unterschiedliche Rechtslage im Voll- und Teilanwendungsbereich des MRG folgt aus der grundsätzlichen Differenzierung dieser Rechtsbereiche, die sich insgesamt als Ausdruck einer sozial- und wirtschaftspolitischen Interessenabwägung zwischen Vermieter und Mieter erweist. Dass der Befristungsabschlag einen starren Prozentsatz darstellt und nicht nach der Dauer des Bestandverhältnisses differenziert, ist im vorliegenden Fall angesichts der vereinbarten vergleichsweise kurzen Bestanddauer unbedenklich. Der vom Rechtsmittelwerber angesprochenen Entscheidung des EGMR 19. 6. 2006, Bsw 35014/97, Hutten-Czapska gegen Polen, liegt kein auch nur annähernd vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Es besteht daher insgesamt kein Anlass den vom Rechtsmittelwerber geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den in § 16 Abs 7 MRG vorgesehenen Befristungsabschlag durch Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens gemäß Art 89 Abs 2 iVm Art 140 Abs 1 B-VG näherzutreten (so auch 5 Ob 29/11t).

2. Die Frage, ob und in welcher Höhe Ab- bzw Zuschläge vom bzw zum Richtwertmietzins gerechtfertigt sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und unterliegt deshalb grundsätzlich keiner Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof (RIS-Justiz RS0116132). Die Beurteilung der Angemessenheit des Mietzinses ist überdies eine vom Richter - und nicht vom Sachverständigen - zu lösende Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0111105). Mit der Behauptung, dass für den Erstbezug nach Sanierung anstatt des von den Vorinstanzen gewährten Zuschlags von 10 % ein solcher von zumindest 15 % gerechtfertigt sei, zeigt der Rechtsmittelwerber im vorliegenden Einzelfall jedenfalls keine unvertretbare und damit korrekturbedürftige Ermessensübung auf.

Eine Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG liegt insgesamt nicht vor; der Revisionsrekurs ist daher unzulässig und zurückzuweisen.

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