European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00010.17T.0607.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Kosten der betreibenden Partei für ihre Revisionsrekursbeantwortung werden mit 3.741,95 EUR (darin enthalten 623,66 EUR USt) als weitere Exekutionskosten bestimmt.
Begründung:
Die Vorinstanzen gaben dem Antrag der Betreibenden auf Vollstreckbarerklärung eines amerikanischen Schiedsspruchs sowie auf Bewilligung der Fahrnis- und Forderungsexekution statt.
Dem Schiedsverfahren lag eine Streitigkeit über eine Anwaltshonorarvereinbarung zugrunde. Die Betreibende (eine in den USA situierte Anwaltskanzlei) vertrat die Verpflichteten als Beklagte in einem Prozess wegen Missbrauchs von Geschäftsgeheimnissen in den USA und legte über ihre Leistungen fünf Rechnungen in Höhe von gesamt 381.604,15 USD. Die verpflichteten Parteien verweigerten die Zahlung. Nach Erhebung einer Schiedsklage durch die (hier) Betreibende im Dezember 2013 fand vor dem Internationalem Zentrum für Streitbeilegung (International Centre for Dispute Resolution, im Weiteren ICDR), einer Abteilung der US-Amerikanischen Vereinigung für Schiedsgerichtsbarkeit (American Arbitration Association, im Weiteren AAA), ein Schiedsverfahren gegen die (hier) Verpflichtete als Schiedsbeklagte statt. Der Schiedsrichter erließ am 21. Juli 2014 einen Zwischenschiedsspruch (Beilage ./K), in dem er ua entschied, dass die Frist von sechs Monaten laut Schiedsabrede mit dem Tag zu laufen beginnt, an dem die Sache zum ersten Mal dem Schiedsrichter vorgelegt wurde (3. Juni 2014), und dass der Umfang des Schiedsspruchs („Arbitrator's Award“) die Wortanzahl von 3.000 nicht überschreiten darf. Mit dem (End-)Schiedsspruch vom 5. September 2014 (Beilage ./C) verurteilte der Schiedsrichter die Verpflichteten zur Zahlung von 676.521,77 USD (darin enthalten Zinsen und Kosten) zuzüglich Zinsen von 1 % pro Monat.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Verpflichteten ist ungeachtet des nicht bindenden gegenteiligen Ausspruchs des Rekursgerichts nicht zulässig, weil weder die vom Rekursgericht noch jene von den Verpflichteten aufgeworfenen Rechtsfragen erheblich sind. Die Zurückweisung ist wie folgt zu begründen (§ 78 EO iVm §§ 510 Abs 3, 528a ZPO).
1. Die Verpflichteten machten in ihrem Rekurs ua als Verfahrensmängel erster Instanz geltend, es sei ihr erstinstanzliches Antragsrecht nach Art V Abs 1 NYÜ missachtet worden; der von der Betreibenden vorgelegte Schiedsspruch sei wegen bloßer Verweise auf ein E-Mail des Schiedsrichters und den Zwischenschiedsspruch unvollständig geblieben und unvollständig übersetzt worden. Das Rekursgericht verwarf diese Mängelrügen mit aktenkonformer Begründung. Bereits vom Gericht zweiter Instanz verneinte Verfahrensmängel können aber im Revisionsrekurs nicht mehr geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0042963 [T49]; 3 Ob 147/16p).
Schon deshalb stellen sich die (nur) im Revisionsrekurs als erheblich angesehenen Rechtsfragen in dritter Instanz nicht mehr.
2. Die vorliegende Entscheidung hängt auch nicht von der Lösung der Rechtsfrage nach der Präklusion von Versagungsgründen im Vollstreckbarerklärungsverfahren ab, sodass diese nicht präjudiziell ist (RIS‑Justiz RS0088931; 3 Ob 147/16p). Daher kann auch eine allfällige Aktenwidrigkeit in diesem Zusammenhang nicht wesentlich sein.
Jene Einwände, die nach Ansicht des Rekursgerichts präkludiert waren, wurden nämlich nicht mehr inhaltlich zum Gegenstand des Revisionsrekurses gemacht; die Verpflichteten beschränkten sich vielmehr auf ihre Argumentation gegen die Annahme der Präklusion (samt Geltendmachung einer Aktenwidrigkeit dazu). Verweise auf Punkte in der Begründung des Rekursgerichts vermögen das notwendige Vorbringen ebensowenig zu ersetzen, wie Verweise auf frühere (Rechtsmittel‑)Schriftsätze (RIS‑Justiz RS0043579).
3. Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche erfolgt nach § 614 Abs 1 Satz 1 ZPO nach den Bestimmungen der EO, soweit nicht nach Völkerrecht oder in Rechtsakten der Europäischen Union anderes bestimmt ist. Eine entsprechende Subsidiaritätsklausel enthält auch § 416 Abs 1 EO (idF EO‑Novelle 2016 BGBl I Nr 100/2016, in Kraft seit 2. Jänner 2017 [§ 447 Abs 2 EO]), weshalb zwischenstaatlichen Vereinbarungen der Vorrang zukommt. Hier kommt (unstrittig) das NYÜ zur Anwendung, zu dessen Mitgliedstaaten auch die USA und Österreich zählen (vgl http://www.uncitral.org/uncitral/en/ uncitral_texts/arbitration/ NYConvention_status.html).
Art V NYÜ listet die Gründe für die Versagung der Anerkennung/Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs taxativ auf. Die Regelung unterscheidet zwischen Gründen, die vom Antragsgegner/Verpflichteten geltend gemacht werden müssen (Abs 1), und von Amts wegen zu beachtenden Versagungsgründen (Abs 2). Die Prüfung der Versagungsgründe darf nicht auf eine Überprüfung des ausländischen Titels in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht hinauslaufen (Verbot der révision au fond), sondern nur dahin, ob die Annahmen des Schiedsgerichts in seinem Schiedsspruch einen Verstoß gegen den ordre public des Vollstreckungsstaats begründen; es ist nämlich nicht Aufgabe des Anerkennungs‑ oder Exequaturgerichts, die inhaltliche Richtigkeit des Schiedsspruchs zu überprüfen. Zulässig und notwendig ist somit eine sachliche Nachprüfung der Entscheidung, allerdings nur im Rahmen der Vorbehaltsklausel des ordre public, ohne dass das Gericht des Vollstreckungsstaats zu überprüfen hätte, wie der Streitfall richtig zu entscheiden gewesen wäre ( Koller in Angst/Oberhammer EO³ Vor § 79 Rz 596 und 600 mwN; Czernich in Burgstaller/Neumayr/Geroldinger/Schmaranzer IZVR Art V NYÜ Rz 1 f; RIS‑Justiz RS0002409). Bei dieser Vorbehaltsklausel handelt es sich um eine Ausnahmeregel, von der nur sparsamster Gebrauch gemacht werden darf, um den internationalen Entscheidungseinklang nicht unverhältnismäßig zu stören. Nicht ausreichend ist es, dass das Recht oder Rechtsverhältnis selbst dem ordre public widerspricht, es muss auch die Durchsetzung für die inländische Rechtsordnung untragbar sein (3 Ob 65/11x [P I.3.6.], RIS‑Justiz RS0110743, RS0058323, RS0002402; RS0002409). Als vom ordre public erfasste Grundwertungen werden vor allem die tragenden Grundsätze der Bundesverfassung, aber auch des Strafrechts, des Privatrechts und des Prozessrechts verstanden werden müssen, wobei für die Vereinbarkeit nicht der Weg oder die Begründung, sondern das Ergebnis des Schiedsspruchs maßgeblich ist (3 Ob 65/11x mwN = SZ 2011/106).
3.1. Die naheliegende, vom Schiedsrichter vorgenommene Auslegung der Schiedsabrede zur darin vorgesehenen, gegenüber dem Schiedsrichter geltenden Frist von sechs Monaten für den Abschluss des Schiedsverfahrens im Zwischenschiedsspruch dahin, diese Frist beginne erst mit dem Tag, an dem die Sache zum ersten Mal dem Schiedsrichter vorgelegt wurde (3. Juni 2014), bekämpfen die Verpflichteten gar nicht inhaltlich.
Ihr Argument für den Verlust der Kompetenz des Schiedsrichters bereits im Juni 2014 lautet unter Hinweis auf die vom Vertreter der Betreibenden im Schiedsverfahren vertretene Ansicht, dessen Beendigung sei bis 5. Juni 2014 erforderlich, bei richtiger Anwendung der Regel des „venire contra factum proprium“ wäre vom Zeitablauf der Kompetenz des Schiedsgerichts zu diesem Zeitpunkt auszugehen gewesen.
Mit dem „venire contra factum proprium“ (widersprüchliches Verhalten) sprechen die Verpflichteten allerdings einen Anwendungsfall des Rechtsmissbrauchs (s RIS‑Justiz RS0128483) durch eine Schiedspartei (hier die Betreibende) an, der sich nicht unter die Versagungsgründe des Art V Abs 1 NYÜ subsumieren lässt, sondern allenfalls unter Art V Abs 2 lit b NYÜ. Es geht dabei um die Lösung der Rechtsfrage, ob die Akzeptanz des nach dem 5. Juni 2014 ergangenen Schiedsspruchs durch die Betreibende wegen der Aufgabe ihrer früheren Rechtsansicht dazu als schikanös iSd § 1295 Abs 2 ABGB anzusehen ist. Allerdings entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass schikanöse Rechtsausübung nicht von Amts wegen aufgegriffen werden kann (RIS‑Justiz RS0026717). Damit nimmt aber die österreichische Rechtsordnung in Kauf, dass ohne einen solchen Einwand ein Verstoß gegen § 1295 Abs 2 ABGB unbeachtet bleibt. In einer dennoch erfolgten Verurteilung einer Partei zur Leistung kann daher kein Verstoß gegen elementare Grundwerte der österreichischen Rechtsordnung erblickt werden (3 Ob 65/11x). Die Prüfung, ob der Betreibenden tatsächlich rechtsmissbräuchliches Vorgehen zu unterstellen ist, hat daher zu unterbleiben.
3.2. In der Schiedsabrede ist vorgesehen: „Die schriftliche Stellungnahme des Schiedsrichters ['arbitrators written opinion'] wird auf 3.000 Wörter oder weniger begrenzt.“ Im Schiedsspruch wurde die Zählung auf Punkt IV. (Schriftliche Stellungnahme/„written opinion“) beschränkt, die 2.996 Wörter umfasst.
3.2.1. Die Verpflichteten erblicken darin eine Beschränkung der Kompetenz des Schiedsgerichts (offensichtlich angesprochen Art V Abs 1 lit c NYÜ) und verlangen dazu die Einbeziehung auch der Darstellung des Verfahrensablaufs und jener Dokumente in die Zählung der Wörter, die „ausdrücklich und nur zur Entscheidungsfindung und spezifisch zur Vorbereitung des Schiedsspruchs erzeugt“ worden seien.
Sie übersehen dabei, dass das Rekursgericht primär davon ausgegangen ist, bei diesem Limit handle es sich nicht um eine Begrenzung der Kompetenz des Schiedsgerichts, sondern um eine bloße Ordungsvorschrift. Dieses Auslegungsergebnis ist nicht nur wegen des Umstands jedenfalls vertretbar, dass die Schiedsabrede keine Sanktion für das Überschreiten des Wörterlimits vorsieht. Die Beurteilung als „absolute Einschränkung der Kompetenz des Schiedsgerichts“ hätte auch die völlig unökonomische Konsequenz, dass erst bei Verfassen des Schiedsspruchs, also nachdem der gesamte Verfahrensaufwand bereits angefallen ist, die Einhaltung des Limits festgestellt werden könnte; sollte also der Schiedsrichter mit 3.000 Worten nicht das Auslangen finden, wäre der gesamte Schiedsverfahrensaufwand frustriert.
3.2.2. In diesem Zusammenhang rügen die Verpflichteten als Mangel des Rekursverfahrens die Unterlassung der Ermittlung „des anzuwendenden Rechts“, weil „davon die Rechtsmäßigkeit der Vollstreckbarerklärung“ abhänge. Nicht nur, dass sie dabei nicht einmal offenlegen, welches fremde Recht ermittelt hätte werden sollen, sprechen sie dazu konkret nur das 3.000 Wörter-Limit an, zu dem Sittenwidrigkeit, „sonstige Inadäquanz und fehlende Aufklärung“ vorgetragen worden sei. Da der Revisionsrekurs nicht darlegt, worin eine Inadäquanz bestehen soll und worüber die Verpflichteten aufgeklärt hätten werden sollen, ist darauf nicht weiter einzugehen.
Das Schiedsgericht verneinte die Anfechtbarkeit der Schiedsabrede wegen dieses Limits, also deren darin begründete Sittenwidrigkeit, unter Anwendung texanischen Rechts, dessen Geltung in der Schiedsabrede vorgesehen ist. Einer Nachprüfung dieser Rechtsansicht steht aber das Verbot der révision au fond entgegen, zumal dazu nicht einmal die Verpflichteten eine ordre public Widrigkeit geltend machen und eine solche auch nicht erkennbar ist. Es bedarf somit der Ermittlung texanischen Rechts dazu im vorliegenden Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht.
Daher kann auch dahingestellt bleiben, ob die analoge Anwendung der Judikatur zu den Anforderungen an die Rechtsrüge, mit der das Unterlassen der Ermittlung fremden Rechts geltend gemacht wird (RIS‑Justiz RS0040045 [T4]; RS0113594 [T5]), auf den Rekurs im Vollstreckbarerklärungsverfahren angebracht ist (vgl aber § 520 Abs 2 ZPO, der auf § 506 Abs 2 ZPO verweist).
3.3. Die Verpflichteten beharren darauf, die Bestellung des Schiedsrichters, der ua die US‑Staatsbürgerschaft besitzt, verstoße gegen R‑15 der AAA‑Regeln, die – auch in der Übersetzung durch die Verpflichteten – lautet: „Sofern die Parteien Angehörige unterschiedlicher Staaten sind, kann ['may'] die AAA über Verlangen einer Partei oder aus eigener Initiative als Schiedsrichter einen Angehörigen eines dritten Staates bestellen.“ Das Erfordernis des fairen Verfahrens verlange nicht nur, dass das Wort „may“ als „muss“ verstanden werde, sondern auch, dass nach entsprechendem Antrag der Verpflichteten ein Schiedsrichter ohne staatsbürgerschaftliche Überschneidung bestellt werde; es sei auch übergangen worden, dass der Schiedsrichter von den Verpflichteten abgelehnt worden sei.
Aus den vorliegenden Urkunden ergibt sich zwar eine zweifache Ablehnung des Schiedsrichters durch die Verpflichteten. In der Entscheidung durch einen erfolglos abgelehnten Schiedsrichter kann aber per se kein unfaires Verfahren iSd Art V Abs 1 lit b NYÜ erblickt werden. Dass ein Schiedsverfahren mit einem Schiedsrichter, der (ua) die Staatsangehörigkeit einer der beiden Schiedsparteien aufweist, jedenfalls ein unfaires Verfahren bedeute und Zweifel an der Unbefangenheit des Schiedsrichters erwecke, trifft weder zu noch entspräche dies der Rechtslage in Österreich: Der österreichische Gesetzgeber sah nämlich bewusst von einer Übernahme der Regelung des Art 11 Abs 5 ModG und § 1035 Abs 5 letzter Satz dZPO ab, wonach bei der Bestellung eines Einzelschiedsrichters oder des Vorsitzenden eines mit drei Schiedsrichtern besetzten Schiedsgerichtes das Gericht auch zu berücksichtigen hat, ob es (in der Praxis: wenn die Parteien unterschiedlicher Staatsangehörigkeit sind) zweckmäßig ist, einen Schiedsrichter mit einer anderen Staatsangehörigkeit als derjenigen der Parteien zu bestellen ( Hausmaninger in Fasching/Konecny ³ IV/2 § 587 ZPO Rz 178). Es fehlt daher ein zwingender Grund, das Wort „may“/„kann“ entgegen seiner Bedeutung, also sinnwidrig, als Ausdruck einer Verpflichtung zu verstehen. Ein Verstoß gegen R‑15 der AAA-Regeln und damit die Verwirklichung des Versagungsgrundes nach Art V Abs 1 lit d NYÜ durch die konkret erfolgte Schiedsrichterbestellung ist somit zu verneinen. Darauf, ob die Behauptung des Einflusses eines allfälligen Verstoßes auf den Inhalt des Schiedsspruchs erforderlich gewesen wäre, kommt es daher nicht an.
Mit Rücksicht auf die dargestellte Rechtslage in Österreich ist auch der behauptete Verstoß gegen den österreichischen ordre public auszuschließen.
3.4. Im Rekurs machten die Verpflichteten der Betreibenden pflichtwidriges Hinauszögern der Abrechnung, die vertragsgemäß (gemäß Art 11 des Agreements) unverzüglich zu legen gewesen wäre, zum Vorwurf, wodurch sie über das tatsächliche Ausmaß der Aufwendungen der Betreibenden im Unklaren gelassen worden seien; der Schiedsrichter habe der Betreibenden dennoch zugestanden, „angesichts angenommener umfangreicher Arbeitsbelastung und Urlaubszeit“ den Verpflichteten jede Chance zu nehmen, die Aufwandsentwicklung zu überblicken, wodurch die Honorare für die Verpflichteten völlig unabschätzbar geworden seien. Der Revisionsrekurs erblickt darin ein „massiv ordre public relevantes Verhalten“ der Betreibenden und kritisiert, dass sich das Rekursgericht damit nicht auseinandersetzte.
Darauf kommt es jedoch nicht an, weil die Verpflichteten übergehen, dass sich der Schiedsspruch sehr eingehend mit diesem Einwand der Verpflichteten auseinandersetzt und seine Unbeachtlichkeit nicht nur damit (durchaus schlüssig) begründete, dass darin kein Vertragsverstoß zu erblicken sei, sondern auch mit dem Umstand, dass die Verpflichteten als Schiedsbeklagte einen Verstoß der Betreibenden gegen Art 11 des Agreements gar nicht geltend machten. Da auch in Österreich gilt, dass in einem vom Verhandlungsgrundsatz beherrschten Verfahren die Parteien den Inhalt und die Auswirkungen ihrer Sachanträge bestimmen, also damit nicht nur über welche Ansprüche sie ein Urteil des Gerichts begehren, sondern auch, aufgrund welcher Tatsachen die Entscheidung gefällt werden soll (RIS‑Justiz RS0037331), kann auch im vergleichbar begründeten Ergebnis des Schiedsspruchs jedenfalls kein Verstoß gegen den ordre public erkannt werden.
3.5. Als Versagungsgrund nach Art V Abs 2 lit b NYÜ machten die Verpflichteten im Rekurs schließlich zusammengefasst geltend, ihr Vertreter im Schiedsverfahren habe entgegen den Vorgaben der Repräsentanten der Verpflichteten den bereits gestellten Beweisantrag auf Durchführung von Zeugeneinvernahmen zurückgezogen, weil die Betreibende massiv Druck auf ihn ausgeübt und ihm mit gravierenden berufsrechtlichen Konsequenzen gedroht habe.
Es kann dahinstehen, ob Vorgänge während des Schiedsverfahrens, die nicht dem Schiedsgericht anzulasten sind, überhaupt eine ordre public‑Widrigkeit des Verfahrens begründen können. Schon das Rekursgericht kritisierte nämlich zutreffend die mangelnde Konkretisierung dieses Vorbringens. Es ist nicht erkennbar, was dem Vertreter der Verpflichteten zum Vorwurf gemacht wurde (die dazu im Revisionsrekurs vorgetragenen Ergänzungen stellen unzulässige Neuerungen dar [RIS‑Justiz RS0116742]), und auch nicht, ob ein bestimmtes Verhalten (bzw welches) von ihm gefordert wurde. Der Vortrag der Verpflichteten enthält somit weder einen Hinweis auf ein Verlangen der Betreibenden, bereits gestellte Beweisanträge zurückzuziehen, noch auf eine Absicht der Betreibenden und/oder des Vertreters der Verpflichteten, bewusst zum Nachteil der Verpflichteten zu handeln. Als relevantes Substrat des Vorwurfs verbleibt also „nur“ die Abgabe von den Absprachen mit den Verpflichteten widersprechenden Prozesserklärungen durch den Verpflichtetenvertreter (deren Zulässigkeit für sich gesehen auch von den Verpflichteten nicht bestritten wird), das kausal für den negativen Ausgang des Schiedsverfahrens für die Verpflichteten gewesen sein soll.
Wenn das pflichtwidrige Verhalten eines Rechtsvertreters einer Prozesspartei im Ergebnis möglicherweise zu deren Prozessverlust führt, kann darin jedoch kein Verstoß gegen den ordre public erkannt werden: wirken doch auch nach der österreichischen Rechtsordnung sowohl Rechtshandlungen als auch Unterlassungen des mit Prozessvollmacht ausgestatteten Vertreters gegen den Vertretenen (§ 34 ZPO; Fucik in Rechberger 4 § 34 ZPO Rz 1; Zib in Fasching/Konecny ³ II/1 § 34 ZPO Rz 4 f), der auf allfällige Schadenersatzansprüche gegen den Vertreter verwiesen ist.
4. Die Betreibende hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen und deshalb Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung. Bei der richtigen Bemessungsgrundlage von 601.352,68 EUR beträgt der Ansatz aber nur 1.888,60 EUR.
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