OGH 5Ob134/16s

OGH5Ob134/16s4.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. H* G*, 2. R* M* G*, beide vertreten durch die Summer Schertler Stieger Kaufmann Droop Rechtsanwälte GmbH in Bregenz, wegen Grundbuchseintragungen in EZ 1876, 4031, 4032, 2112 und 392, jeweils GB * und EZ 418 GB *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Einschreiters D* G*, vertreten durch Dr. Herwig Mayrhofer, Dr. Karl‑Heinz Plankel, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 2. Juni 2016, AZ 1 R 123/16w, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom 15. März 2016, TZ 2129/2016, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E118382

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das auf Grundbuchseintragungen in den EZ 1876, 4031, 4032, 2112 und 392, jeweils GB * und EZ 418 GB * gerichtete Begehren der Antragsteller zur TZ 2129/2016 des Bezirksgerichts Bregenz abgewiesen wird.

 

Begründung:

Die Antragsteller sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 1876 GB *, bestehend aus den Grundstücken 2629/1, 2630/2 und 2630/3. Der Erstantragsteller ist überdies Eigentümer der EZ 1877 GB * mit dem Grundstück 2629/7.

Der Einschreiter ist Eigentümer der Liegenschaften EZ 2112 GB * mit dem Grundstück 2624/2 und EZ 392 GB * mit den Grundstücken .226/1, .226/2 und 2629/3.

Aufgrund eines Urteils des Bezirksgerichts Bregenz vom 29. 8. 2012 ist (unter anderem) der Einschreiter verpflichtet, als (damals) Miteigentümer des Grundstücks 2624/2 in EZ 2112 GB * und als Alleineigentümer des Grundstücks .226/1 in EZ 392 GB * in die Einverleibung der Dienstbarkeit des Geh‑ und Fahrrechts über den Hofraum des Grundstücks .226/1 (früher GP .226) in EZ 392 GB * und den an der Westgrenze des Grundstücks 2624/2 (früher GP 2624) in EZ 1875 GB * entlang führenden Schießstandweg zu Gunsten der jeweiligen Eigentümer der Grundstücke 2629/1, 2630/2 und 2630/3 in EZ 1876 GB *, des Grundstücks .550 in EZ 2623 GB * „samt dem darauf erbauten Haus“ und 2629/7 in EZ 1877 GB * sowie in die Ersichtlichmachung beim herrschenden Gut einzuwilligen. Auf den Grundstücken 2624/2 der EZ 2112 (zu C‑LNR 5) und .226/1 der EZ 392 (zu C‑LNR 7), jeweils GB * lastet daher die Dienstbarkeit des Geh‑ und Fahrrechts gemäß Punkt 1. des Urteils 2012‑08‑29 für GST‑NR 2629/1, 2630/2, 2630/3 in EZ 1876, GST‑NR .550 samt darauf erbautem Haus in EZ 2923 und GST‑NR 2629/7 in EZ 1877 jeweils GB *.

Aufgrund des Teilungs‑ und Schenkungsvertrags vom 14. 8. 2013, eines Nachtrags zu diesem Teilungs- und Schenkungsvertrag vom 4. 3. 2016, eines Teilungsplans vom 6. 10. 2012 samt Genehmigungsvermerken der Marktgemeinde W* vom 27. 8. 2015 und der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 21. 1. 2016, einer Zustimmungserklärung des Landes Vorarlberg vom 20. 9. 2013, einer Trennstücktabelle vom 7. 3. 2016, eines Bescheids des Vermessungsamtes Bregenz vom 7. 7. 2015 sowie weiterer Urkunden begehrten die Antragsteller die grundbücherliche Durchführung einer Liegenschaftsteilung und ‑schenkung. Neben den Grundstücksveränderungen und der Eigentumsübertragung im Sinne des Teilungs‑ und Schenkungsvertrags begehrten die Antragsteller in den (jeweils im Eigentum des Einschreiters stehenden) Liegenschaften EZ 2112 GB * in C‑LNR 5 und EZ 392 GB * in C‑LNR 7 die Ersichtlichmachung, dass sich die dort eingetragene Dienstbarkeit des Geh‑ und Fahrrechts nunmehr auch auf die Grundstücke 2629/8 (in EZ 1876), 2629/1 (in EZ 4032) und 2629/9 (in EZ 4031) bezieht.

Das Erstgericht bewilligte die begehrten Eintragungen antragsgemäß.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Einschreiters nicht Folge. Dieser mache zu Unrecht geltend, die vorgenommene Grundbuchseintragung, insbesondere die Mitübertragung der Rechte zu Gunsten der neu gebildeten, aus dem Grundstück 2629/1 abgeschriebenen Grundstücke sei durch die vorgelegten Titelurkunden nicht gedeckt und bewirke eine unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit. Die Mitübertragung der Dienstbarkeit bei Teilung des herrschenden Grundstücks könne nämlich nur unterbleiben, wenn sich die räumliche Beschränkung aus der Eintragung beim dienenden Gut oder aus dem ursprünglichen Vertrag zweifelsfrei ergebe. Im vorliegenden Fall könne eine solche räumliche Beschränkung der Dienstbarkeit weder aus der Grundbuchseintragung selbst noch aus dem zu Grunde liegenden Urteil des Bezirksgerichts Bregenz entnommen werden. Die Dienstbarkeit des Geh‑ und Fahrrechts bestehe vielmehr zu Gunsten aller genannten Grundstücke. Durch die bewilligte Grundbuchseintragung werde der Grundbuchsstand bloß an die neue Bezeichnung der Grundstücke nach den erfolgten Ab‑ und Zuschreibungen angepasst. Weiters argumentiere der Rekurswerber, die Teilungsgenehmigung der Marktgemeinde W* gemäß § 39 Abs 3 des Voralberger Raumplanungsgesetzes (RPG) erweise sich als rechtswidrig, da die Grundstücksteilung zur Bildung der Grundstücke 2629/1 neu und 2629/9 so vorgenommen worden sei, dass die Grundstücksgrenze entgegen den Bestimmungen des Vorarlberger Baugesetzes durch ein bestehendes Garagengebäude verlaufe. Auch liege für die teilweise als Wald ausgewiesenen Grundstücke 2630/2 und 2630/3 die gemäß § 15 ForstG erforderliche Bewilligung der Forstbehörde nicht vor. Aus den auf der Planurkunde angebrachten Genehmigungsvermerken gehe jedoch hervor, dass für die beantragten Grundstücksteilungen die entsprechenden rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen Bewilligungen nach § 39 Abs 3 RPG und §§ 15, 15a ForstG vorliegen. Das Grundbuchsgericht sei an diese verwaltungsbehördliche Genehmigung gebunden und habe die verwaltungsrechtliche Zulässigkeit derartiger Bescheide nicht zu prüfen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Einschreiters wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, diese dahin abzuändern, dass seinem Rekurs stattgegeben und das Grundbuchsgesuch abgewiesen werde. Hilfsweise stellt er einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.1 Die Folgen der Teilung eines herrschenden Guts für Grunddienstbarkeiten sind in § 844 Satz 4 und 5 ABGB geregelt. Demnach stehen die Grunddienstbarkeiten den Eigentümern der Teile der geteilten herrschenden Liegenschaft zu; bestanden aber Grunddienstbarkeiten schon ursprünglich nur zu Gunsten bestimmter Teile des herrschenden Guts, so erlöschen diese hinsichtlich anderer Teilstücke, die vom herrschenden Gut abgeschrieben werden (5 Ob 1/10y; RIS‑Justiz RS0013870, RS0013868, RS0011665).

1.2 Als „Teilung“ iSd § 844 ABGB ist dabei jede Abschreibung einzelner Bestandteile eines Grundbuchskörpers anzusehen, ohne Rücksicht darauf, welches Schicksal die abgeschriebene Parzelle dann erleidet. Es ist also gleichgültig, ob von einem Grundbuchskörper ganze Grundstücke oder Teile von Grundstücken abgetrennt werden bzw ob für das Teilstück eine neue Einlage errichtet oder dieses einem anderen Grundbuchskörper zugeschrieben wird (RIS‑Justiz RS0011662 [T3]). Für den Fall, dass das Teilstück einem bereits bestehenden Grundbuchskörper zugeschrieben wird, besteht die Servitut nur zugunsten dieses Teilstückes weiter (RIS‑Justiz RS0011662 [T7]).

1.3 Die Dienstbarkeit steht den Eigentümern der Teile des geteilten herrschenden Grundstücks auch dann zu, wenn keine bücherliche Übertragung stattgefunden hat (RIS‑Justiz RS0013871). Die Teilung des herrschenden Grundstücks ist beim dienenden Grundstück lediglich ersichtlich zu machen (RIS‑Justiz RS0011726 [T4]).

2.1 Der Revisionsrekurswerber macht geltend, dass die seine Liegenschaften belastende Dienstbarkeit des Geh‑ und Fahrrechts schon ursprünglich nur zu Gunsten bestimmter Teile des nun geteilten herrschenden Guts und insbesondere nicht zu Gunsten der neu gebildeten Grundstücke begründet worden sei. Hinsichtlich dieser Teilstücke sei die Dienstbarkeit daher durch deren Abschreibung vom herrschenden Gut erloschen.

2.2 Nach der grundbuchsrechtlichen Vorgabe des § 12 Abs 1 GBG muss bei Dienstbarkeiten der Inhalt und der Umfang des einzutragenden Rechts zwar möglichst bestimmt angegeben werden. Ein dingliches Recht kann aber dennoch nur in dem Umfang entstehen, als es durch den zugrundeliegenden Titel gedeckt ist. Eine bücherliche Eintragung allein ist nicht in der Lage, dem Servitutsberechtigten ein (erweitertes) Sachenrecht zu verschaffen (5 Ob 1/10y). Geht der Wortlaut einer Eintragung umfänglich über das zwischen den Parteien Vereinbarte hinaus, so wird das Sachenrecht daher trotz des bücherlichen Wortlauts nur im vereinbarten Umfang begründet (RIS‑Justiz RS0013867 [T2, T3]).

2.3 Im vorliegenden Fall ist weder der bücherlichen Eintragung der Dienstbarkeit des Geh‑ und Fahrrechts noch dem Titel, der dieser Eintragung zu Grunde liegt, nämlich dem Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom 29. 8. 2012, AZ 3 C 1655/10z (bestätigt mit Entscheidung des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 16. 10. 2012, AZ 1 R 253/12g) die vom Revisions-rekurswerber behauptete Beschränkung auf bestimmte Teile des herrschenden Guts zu entnehmen. Weder der Titel noch die Eintragung ist in der gebotenen wörtlichen und grammatikalischen Interpretation dahin auszulegen, dass die Dienstbarkeit in Bezug auf die hier interessierenden Grundstücke 2629/1 und .550 nur hinsichtlich jener Grundstücksteile begründet worden sei, auf denen das genannte Haus erbaut werden sollte bzw erbaut wurde. Die Dienstbarkeit bezieht sich auf das Grundstück .550 „samt dem darauf erbauten Haus“. Die Präposition „samt“ bringt „zusammen mit“ im Sinn von „einschließlich“ und gerade nicht im Sinn von „ausschließlich“ zum Ausdruck; demnach umfasste die Dienstbarkeit auch die unbebauten Teilflächen des als herrschend bezeichneten Grundstücks (bzw auch das „Grundstück, auf welcher sich kein Haus befindet“).

2.4 Im Falle der Durchführung der entsprechenden Grundstücksveränderungen wäre daher die Teilung des herrschenden Grundstücks bei den dienenden Grundstücken – wie beantragt – ersichtlich zu machen.

3.1 Die von den Antragstellern beabsichtigte Teilung der Grundstücke bedarf jedoch gemäß § 39 Abs 3 Vorarlberger Raumplanungsgesetz (RPG) der Bewilligung des Gemeindevorstands. Die Teilung der teilweise die Benützungsart „Wald“ aufweisenden Grundstücke 2630/2 und 2630/3 darf gemäß § 15a Abs 1 ForstG zudem nur bewilligt werden, wenn eine Bescheinigung der Behörde vorliegt, dass die Eintragung nicht gegen § 15 ForstG verstößt. Das hat das Rekursgericht zutreffend erkannt und ist im Revisionsrekursverfahren nicht strittig. Das Rekursgericht ging auch zu Recht davon aus, dass das Grundbuchsgericht an rechtskräftige Bescheide der Verwaltungsbehörden gebunden ist und diese Bindung der Gerichte auch die Prüfung ausschließt, ob diese durch das Gesetz gedeckt sind (RIS‑Justiz RS0036880, RS0036864, RS0036981, RS0036975).

3.2 Der hier als Eintragungsgrundlage vorgelegte Teilungsplan trägt einen Genehmigungsvermerk („gemäß § 39 Abs. 3 RPG“) der Marktgemeinde W* und eine Erklärung der (gemäß den §§ 170 ForstG und 35 Vorarlberger LandesforstG für die Bescheinigung iSd § 15a ForstG zuständigen) Bezirkshauptmannschaft B*, wonach dieser Teilungsplan Bestandteil eines durch Datum und Zahl konkretisierten Bescheides der Bezirkshauptmannschaft B* sei.

3.3 Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts stellt die Erklärung der Bezirkshauptmannschaft B* inhaltlich keine Bescheinigung iSd § 15a ForstG dar. Die Tatsache, dass der Teilungsplan Bestandteil eines Bescheids der Bezirkshauptmannschaft B* ist, lässt keinen Schluss über dessen Gegenstand und Inhalt zu.

3.4 Der Genehmigungsvermerk der Marktgemeinde W* nimmt zwar ausdrücklich auf § 39 Abs 3 RPG Bezug. Dieser enthält jedoch, wie der Revisionsrekurswerber zutreffend rügt, keine Erklärung zur Rechtskraft dieser Genehmigung. Genehmigungen von Verwaltungsbehörden, die Voraussetzung einer bücherlichen Eintragung sind, müssen mit der Bestätigung der Rechtskraft versehen sein (RIS‑Justiz RS0099943 [T5]); das unabhängig davon, ob entsprechende landesgesetzliche Regelungen über den Grundverkehr derartiges ausdrücklich vorschreiben (RIS‑Justiz RS0099943 [T9]). Es genügt dabei zwar eine auf dem die Eintragungsgrundlage bildenden Vertrag angebrachte Behördenerklärung, nach der – in einer jegliche Bedenken ausschließenden Art und Weise – bestätigt wird, dass der betreffende Genehmigungsbescheid keinem die Rechtskraft hemmenden Rechtszug mehr unterliegt (RIS‑Justiz RS0099943 [T6]). Der erteilte Genehmigungsvermerk der Marktgemeinde W* enthält jedoch keine solche Bestätigung. Bei Fehlen einer Rechtskraftbestätigung hat das Grundbuchsgericht von sich aus keine Erwägungenüber die Anfechtbarkeit eines verwaltungsbehördlichen Genehmigungsbescheids anzustellen (RIS‑Justiz RS0099943 [T12]). Das Grundbuchsgericht hat bei Fehlen einer Rechtskraftbestätigung von verwaltungsbehördlichen Genehmigungen vielmehr die Bewilligung zu versagen (RIS‑Justiz RS0099943 [T1]).

4. Der Revisionsrekurs erweist sich damit im Ergebnis als berechtigt. Die Beschlüsse der Vorinstanzen waren daher im Sinne der Abweisung des Antrags abzuändern.

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