European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0170OS00021.16S.1003.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Aus ihrem Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Subsumtion der von den Schuldsprüchen I/B, III/B und IV erfassten Taten nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB sowie in den Schuldsprüchen III/C und V, demgemäß auch in allen Strafaussprüchen, aufgehoben.
Es werden sämtliche Angeklagte für die ihnen nach den unberührt gebliebenen Schuldsprüchen zur Last liegenden Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt und Vergehen des Betrugs unter Anwendung von § 28 Abs 1 und § 37 Abs 1 StGB nach § 302 Abs 1 StGB zu Geldstrafen verurteilt, nämlich
Christoph S***** von
600 Tagessätzen zu je 25 Euro,
für den Fall deren Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von
300 Tagen;
Reinhard Sa***** von
480 Tagessätzen zu je 35 Euro,
für den Fall deren Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von
240 Tagen;
Brigitte Sa***** von
420 Tagessätzen zu je 4 Euro,
für den Fall deren Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von
210 Tagen.
Gemäß § 43a Abs 1 StGB wird bei sämtlichen Angeklagten die Hälfte der Geldstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Reinhard Sa***** und Brigitte Sa***** werden mit ihren gegen den Strafausspruch gerichteten Berufungen auf die Strafneubemessung verwiesen.
Der Berufung der Brigitte Sa***** gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche wird nicht Folge gegeben.
Reinhard Sa***** und Brigitte Sa***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung – Christoph S***** (zu I/A), Reinhard Sa***** (zu II [auch nach § 12 zweiter Fall StGB]) und Brigitte Sa***** (zu III/A [auch nach § 12 dritter Fall StGB]) jeweils des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB und des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 (fünfter Fall) StGB (III/B, Christoph S***** [zu I/B] und Reinhard Sa***** [zu IV] jeweils auch nach § 12 dritter Fall StGB) sowie Christoph S***** (zu V auch nach § 12 dritter Fall StGB) und Brigitte Sa***** (zu III/C) des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und 4 StGB schuldig erkannt.
Danach haben
I/ Christoph S*****
A/ am 21. März 2015 in N***** (und an anderen Orten) als Polizeibeamter mit dem Vorsatz, dadurch „den Staat an seinem Recht auf Durchsetzung der strafrechtlichen Verfolgung gegen Christoph S***** und die Opfer 'g*****' und U***** AG an ihrem Recht auf effiziente Untersuchung an ihnen begangener strafbarer Handlungen“ zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich missbraucht, dass er „sich die Bearbeitung eines Einbruchsdiebstahls hinsichtlich unbekannter Täter am 21. 3. 2015 ins Gasthaus 'Z*****' trotz mangelnder behördeninterner Zuständigkeit zuteilte, Brigitte Sa***** am 22. 3. 2015 als Zeugin zu dem Einbruchsdiebstahl unvollständig und inhaltlich unrichtig einvernahm, dies protokollierte und anschließend einen inhaltlich unrichtigen Abschlussbericht und eine inhaltlich unrichtige Anzeigebestätigung“ verfasste, in denen er festhielt, dass unbekannte Täter einen Musikautomaten von der Wand gerissen hätten, obwohl er selbst diesen – wenn auch nur fahrlässig – beschädigt hatte;
B/ am 22. März 2015 in H***** zu der von Punkt III/B erfassten strafbaren Handlung beigetragen, indem er die zu Punkt I/A angeführte „inhaltlich unrichtige Anzeigebestätigung“ verfasste und diese anschließend Brigitte Sa***** zur Geltendmachung der Versicherungsleistung in Höhe von 4.500 Euro bei der U***** AG zur Verfügung stellte;
II/ Reinhard Sa***** mit dem Vorsatz, dadurch „den Staat an seinem konkreten Recht auf Durchsetzung der strafrechtlichen Verfolgung gegen Christoph S***** und die Opfer 'g*****' und U***** AG an ihrem Recht auf effiziente Untersuchung an ihnen begangener strafbarer Handlungen“ zu schädigen, den Polizeibeamten Christoph S***** durch die Aufforderung zu den zu Punkt I/A genannten Handlungen wissentlich bestimmt, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, zu missbrauchen;
III/ Brigitte Sa*****
A/ mit dem Vorsatz, dadurch „den Staat an seinem Recht auf Durchsetzung der strafrechtlichen Verfolgung gegen Christoph S***** und die Opfer 'g*****' und U***** AG an ihrem Recht auf effiziente Untersuchung an ihnen begangener strafbarer Handlungen“ zu schädigen, zur von Punkt I/A erfassten strafbaren Handlung beigetragen, indem sie am 22. März 2015 in (richtig [vgl US 9]) N***** vor Christoph S***** im Zuge des gegen unbekannte Täter wegen Einbruchsdiebstahls geführten Ermittlungsverfahrens als Zeugin bei ihrer förmlichen Vernehmung zur Sache durch die sinngemäßen Angaben, der Musikautomat der „g*****“ im Gasthaus Z***** sei im Zuge des Einbruchsdiebstahls von den unbekannten Tätern beschädigt worden, falsch aussagte;
B/ am 22. März 2015 in N***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch eine Sachverhaltsdarstellung im Sinn des Punktes III/A, „unter Benützung eines falschen Beweismittels, durch Übermittlung einer inhaltlich unrichtigen Schadensmeldung und die inhaltlich unrichtige“, von Christoph S***** ausgestellte Anzeigebestätigung als Beilage, die U***** AG zu einer diese schädigenden Handlung, nämlich zur Auszahlung einer Versicherungsleistung in Höhe von 4.500 Euro an die „g*****“, verleitet;
C/ am 22. März 2015 in H***** durch die zu Punkt III/A bezeichnete Handlung in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung vor der Kriminalpolizei falsch ausgesagt;
IV/ Reinhard Sa***** zu der von Punkt III/B erfassten strafbaren Handlung beigetragen, indem er Christoph S***** dazu bestimmte, „Brigitte Sa***** selbst unrichtig und unvollständig als Zeugin einzuvernehmen, dies zu protokollieren und die von Christoph S***** am Musikautomaten – wenn auch nur fahrlässig begangene – Sachbeschädigung in die Anzeigebestätigung und“ den „Abschlussbericht über den Einbruchsdiebstahl mitaufzunehmen“;
V/ Christoph S***** zu der von Punkt III/C erfassten strafbaren Handlung beigetragen, „indem er Brigitte Sa***** unrichtig und unvollständig als Zeugin einvernahm und dies protokollierte“.
Rechtliche Beurteilung
Reinhard Sa***** und Brigitte Sa***** bekämpfen die sie betreffenden Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerden, wobei sich Ersterer auf die Z 5, 5a, 9 lit a und 10, Letztere auf die Z 5 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO stützt. Keiner von beiden kommt Berechtigung zu.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Reinhard Sa*****:
Die Kritik der Mängelrüge (nominell Z 5 erster und zweiter Fall), das Urteil enthalte keine Ausführungen zu einem Motiv des Beschwerdeführers für die ihm vorgeworfenen Taten, spricht keine entscheidende Tatsache an (RIS‑Justiz RS0088761); nur solche sind aber (zulässiger) Gegenstand einer Mängelrüge (RIS‑Justiz RS0117499).
Das Erstgericht hat den Beschwerdeführer vom Vorwurf freigesprochen, er habe Brigitte Sa***** zur falschen Beweisaussage bestimmt, weil „er gar nicht sicher sein konnte, dass sie überhaupt als Zeugin aussagen müsse und es auch gar keiner Überredung der Drittangeklagten zur Teilnahme am Tatplan bedurfte“ (US 11 und 18; vgl RIS‑Justiz RS0109797). Dies steht entgegen der weiteren Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) keineswegs im „inneren Widerspruch“ zu den übrigen, Bestimmung zu Missbrauch der Amtsgewalt (Punkt II) und Beitrag zum Betrug (IV) tragenden Feststellungen, ist mit diesen also nach Maßgabe von Denkgesetzen und grundlegenden Erfahrungssätzen durchaus vereinbar (RIS‑Justiz RS0117402).
Der Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall), weil die den Beschwerdeführer betreffenden Feststellungen bloß mit der Aussage des Zeugen Otmar Sc***** begründet seien, der dazu in der Hauptverhandlung jedoch nicht befragt worden sei, berücksichtigt zum einen nicht die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS‑Justiz RS0119370), die sich insoweit etwa auch auf die Aussage des Zeugen David K***** stützen (US 14 iVm ON 26 S 68 ff). Zum anderen hat sich der Zeuge Sc*****, teils durch Berufung auf seine – im Urteil herangezogenen – Angaben vor der Kriminalpolizei (ON 2 S 29 ff), sehr wohl dazu geäußert, dass ihm der Beschwerdeführer vom Plan, die Beschädigung des Musikautomaten als Folge des Einbruchs darzustellen, erzählt habe (ON 26 S 48 ff).
Die Tatsachenrüge (Z 5a) bekämpft mit dem Verweis auf – vom Erstgericht ohnehin gewürdigte (US 14 f) – Widersprüche und Unsicherheiten in den Angaben des Zeugen Sc***** bloß die Annahme der Tatrichter von dessen Glaubwürdigkeit nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung (RIS‑Justiz RS0099649).
Die Behauptung der Rechtsrüge (Z 9 lit a), es fehlten Feststellungen „zur Bestimmung und den subjektiven Tatbestandsmerkmalen“, übergeht die genau dazu – keineswegs bloß unter substanzlosem Gebrauch der verba legalia – getroffenen Konstatierungen (US 9 und 11). Die Annahme, der Beschwerdeführer habe um die Beschädigung des Musikautomaten durch den Angeklagten Christoph S***** gewusst, haben die Tatrichter übrigens eingehend begründet (US 9 iVm US 13).
Entgegen der von der Subsumtionsrüge (Z 10) – auch von der Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme – vertretenen Ansicht findet die Rechtsprechung, derzufolge Missbrauch der Amtsgewalt als Sonderdelikt eine – nicht strenger bedrohte – allgemeine strafbare Handlung verdrängt, wenn diese durch ein Verhalten verwirklicht wird, das wenigstens phasenweise Ausübung der (damit missbrauchten) Befugnis zur Vornahme von Amtsgeschäften darstellt (RIS‑Justiz RS0090968, RS0096344; Kirchbacher in WK 2 StGB § 146 Rz 178), auf den vorliegenden Sachverhalt keine Anwendung. Scheinkonkurrenz nach diesem Ansatz setzt nämlich (zumindest teilweises) Zusammentreffen der durch eine Verhaltensweise erfüllten Tatbilder voraus (vgl Ratz in WK 2 StGB Vor §§ 28–31 Rz 11 ff und 54). Vorliegend wurde das Tatbild des Betrugs jedoch von Brigitte Sa***** verwirklicht. Die – den Betrug fördernden – Amtsgeschäfte, zu denen der Beschwerdeführer Christoph S***** nach dem Urteilssachverhalt bestimmte, basierten zwar (tatplangemäß) auf einem einheitlichen Willensentschluss, stellten ihrerseits aber keine Realisierung des Betrugstatbestands dar (vgl 14 Os 80/07g; 15 Os 95/08x).
Im Übrigen trägt der Urteilssachverhalt ohnehin die (gleichwertige) rechtliche Annahme von (zumindest versuchter) Bestimmungstäterschaft des Beschwerdeführers und von Beitragstäterschaft des Christoph S***** im Hinblick auf den von Brigitte Sa***** als unmittelbarer Täterin begangenen Betrug, indem sie diese vom zuvor (zu zweit) geschmiedeten Tatplan informierten.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Brigitte Sa*****:
Der Mängelrüge (nominell Z 5 zweiter [der Sache nach vierter] Fall) zuwider stützte das Erstgericht die kritisierte Feststellung, die Beschwerdeführerin habe bereits am Abend des 20. März 2015 von der Beschädigung des Musikautomaten durch Christoph S***** erfahren, ohne Verstoß gegen die Denkgesetze oder grundlegende Erfahrungssätze (vgl RIS-Justiz RS0118317) auf die Aussage der Zeugin Bettina M***** (US 13 und 16). Dass diese Aussage auch andere, für die Beschwerdeführerin günstigere Schlussfolgerungen zulässt, stellt keinen Begründungsmangel dar (RIS-Justiz RS0114524).
Die Einbindung der Beschwerdeführerin in den Tatplan begründeten die Tatrichter mit deren Kenntnis von der Beschädigung des Musikautomaten durch Christoph S***** im Zusammenhalt mit der Aussage des Zeugen Otmar Sc***** (US 14 ff). Von der weiteren Mängelrüge reklamierte Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) ist darin nicht zu erblicken, ebenso wenig ein Verstoß gegen Denkgesetze.
Auch diese Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Eine Erörterung des zum Schuldspruch III/C erstatteten Vorbringens (nominell Z 9 lit b) erübrigt sich im Hinblick auf die darauf bezogene amtswegige Maßnahme.
Zu den amtswegigen Maßnahmen:
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden überzeugte sich der Oberste Gerichtshof von Rechtsfehlern (Z 10) zum Nachteil der Angeklagten, die von diesen nicht geltend gemacht und daher von Amts wegen aufzugreifen waren (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).
Das Erstgericht hat die von den Schuldsprüchen I/B, III/B und IV erfassten Taten zu Unrecht (auch) § 147 Abs 1 Z 1 StGB subsumiert (Z 10). Nach den Feststellungen habe Brigitte Sa***** den aus dem Einbruchsdiebstahl entstandenen Schaden ihrer Versicherung, der U***** AG, gemeldet und als Beilage die von Christoph S***** ausgestellte Anzeigebestätigung mit der Anführung der Beschädigung des Musikautomaten als Folge dieser Straftat übermittelt (US 10). Diese Urkunde qualifizierte das Erstgericht als „falsches Beweismittel“ im Sinn des § 147 Abs 1 Z 1 fünfter Fall StGB (US 20). Als solches kommt eine echte, inhaltlich unrichtige Urkunde („Lugurkunde“) aber nur in Betracht, wenn ihr ein eigener Beweiswert, der über die unwahren Sachverhaltsbehauptungen des Täuschenden hinausgeht, zukommt (RIS‑Justiz RS0103663 [T5 ff und T13 ff]; Kirchbacher in WK 2 StGB § 147 Rz 36; vgl auch RIS‑Justiz RS0094513 [T3 ff]). Dies ist weder bei der Schadensmeldung noch bei der von der Kriminalpolizei ausgestellten Anzeigebestätigung der Fall, denn diese dokumentierte bloß (richtig) die Tatsache der Anzeigeerstattung durch Brigitte Sa*****, ohne – wie aus der Urkunde selbst hervorgeht (ON 6 S 253) – eine Aussage über die Richtigkeit deren Angaben zu treffen (RIS‑Justiz RS0104980 [T2]; vgl auch RS0119212 [zu Meldebestätigungen] sowie Kienapfel/Schroll in WK 2 StGB § 228 Rz 17 und Bertel ebd § 311 Rz 3).
Die Subsumtion nach § 147 Abs 1 Z 1 fünfter Fall StGB war daher aufzuheben, ebenso sämtliche Strafaussprüche. Da nach der Aktenlage keinesfalls zu erwarten ist, dass in einem weiteren Rechtsgang die dafür notwendigen Feststellungen (mängelfrei begründet) getroffen werden könnten, hat es mit der ersatzlosen Aufhebung sein Bewenden (vgl RIS‑Justiz RS0100239; Ratz , WK‑StPO § 288 Rz 21 und 24).
Verfehlt sind auch die Schuldsprüche III/C und V. Denn das Sonderdelikt des Vergehens der falschen Beweisaussage (vgl dazu Plöchl in WK 2 StGB § 288 Rz 1) wird in der vorliegenden Konstellation vom – jeweils tateinheitlich in unterschiedlichen Beteiligungsformen verwirklichten (vgl US 11 f) – Missbrauch der Amtsgewalt verdrängt. Begeht der (wie hier befangene) Beamte Missbrauch der Amtsgewalt durch die (wissentliche) Aufnahme und Protokollierung einer falschen Beweisaussage, erfüllt er regelmäßig auch den Tatbestand des § 288 Abs 1 und 4 StGB (als Beitragstäter), der keinen zusätzlichen Unwertgehalt aufweist. Ist der von diesem verfolgte Schutzzweck, die Wahrheitsfindung durch das Gericht (oder– nach Abs 4 – die Strafverfolgungsbehörden im Ermittlungsverfahren) strafrechtlich abzusichern (so Plöchl in WK 2 StGB § 288 Rz 1; ähnlich Tipold , SbgK § 288 Rz 7 [der primär den Schutz der Rechtspflege vor Irreführung durch falsche Aussagen betont]), (zumindest implizit) vom Schädigungsvorsatz des Beamten erfasst, ist Konsumtion anzunehmen (dazu allgemein Geerds , Zur Lehre von der Konkurrenz im Strafrecht, 161 ff und 216 ff; Burgstaller , Die Scheinkonkurrenz im Strafrecht, in JBl 1978, 393 [459 f]; Ratz in WK 2 StGB Vor §§ 28–31 Rz 26 und 57 ff). Gleiches gilt für denjenigen, der durch seine falsche Beweisaussage (wissentlich) einen Beitrag zu einem solcherart begangenen Missbrauch der Amtsgewalt des vernehmenden Beamten leistet.
Amtswegige Aufhebung dieser Schuldsprüche war die Konsequenz dieses Rechtsfehlers.
Bleibt anzumerken, dass das angefochtene Urteil – entgegen der Stellungnahme der Generalprokuratur – eine ausreichende Sachverhaltsgrundlage für die rechtliche Annahme eines von § 302 Abs 1 StGB verlangten Schädigungsvorsatzes aller Angeklagten enthält. Das Erstgericht ist zwar „im Zweifel“ davon ausgegangen, Christoph S***** habe den im Gasthaus Z***** aufgestellten Musikautomaten bloß fahrlässig beschädigt (US 8 und 16), weshalb es ihn vom Vorwurf der Sachbeschädigung freisprach (US 7). Davon ausgehend war aber – im Hinblick auf das konstatierte Wissen der Angeklagten um diesen Vorfall – nach der maßgeblichen (ex-ante) Sicht im (jeweiligen) Tatzeitpunkt keineswegs unter allen Umständen auszuschließen (vgl 10 Os 117/77 [verst Senat]; RIS‑Justiz RS0095844 [T10]), dass die inkriminierten Amtsgeschäfte des Christoph S***** zu einer Beeinträchtigung des – im Sinn des § 302 Abs 1 StGB beachtlichen (RIS-Justiz RS0093070; 17 Os 47/14m, EvBl 2015/71, 477; 11 Os 87/10v) – staatlichen Rechts „auf Durchsetzung der strafrechtlichen Verfolgung“, also der Aufklärung des (Anfangs‑)Verdachts einer Straftat in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung, führen werde. Gleiches gilt für das – auch von der Kriminalpolizei zu berücksichtigende (vgl § 10 Abs 2 StPO) – Recht von Opfern einer Straftat, als Privatbeteiligte Ersatz des durch die Straftat erlittenen Schadens zu erlangen (§ 67 Abs 1 StPO).
Zu den weiteren Aussprüchen:
Bei der durch die amtswegigen Maßnahmen erforderliche Strafneubemessung war bei sämtlichen Angeklagten das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) erschwerend und der bisher ordentliche Lebenswandel (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB) mildernd zu werten. Davon ausgehend war unter Beachtung des Verschlechterungsverbots (§ 290 Abs 2 StPO) die vom Erstgericht verhängte Geldstrafe geringfügig zu reduzieren, weil dem Erschwerungsgrund des § 33 Abs 1 Z 1 StGB durch die Aufhebung von Subsumtionen geringeres Gewicht beizumessen ist. Die bedingte Nachsicht jeweils der Hälfte der Geldstrafen war beizubehalten; darüber hinausgehender bedingter Nachsicht (vgl § 43a Abs 1 StGB idF BGBl I 2015/112) stehen spezial‑ und generalpräventive Erfordernisse entgegen.
Basis für die Berechnung der Höhe der jeweiligen Tagessätze waren für den Zeitpunkt der Strafneubemessung ( Ratz , WK‑StPO § 288 Rz 33) ermittelte Nettoeinkommen von 1.700 Euro bei Christoph S***** und 2.100 Euro bei Reinhard Sa***** (zuzüglich anteiliger Sonderzahlungen). Von diesen wurde – dem Einbußeprinzip folgend – jeweils der Betrag abgezogen, den die Angeklagten für eine bescheidene Lebensführung unbedingt benötigen (vgl die vom Bundesministerium für Justiz herausgegebenen „Existenzminimum-Tabellen“), woraus sich die täglich abschöpfbaren Beträge (wie im Spruch ersichtlich) errechneten (11 Os 33/07y). Die von Reinhard Sa***** ins Treffen geführte (aus der Anschaffung eines Einfamilienhauses resultierende) Kreditbelastung war dabei nicht zu berücksichtigen (zum Ganzen Lässig in WK 2 StGB § 19 Rz 9, 17 f und 29). Bei Brigitte Sa***** war von einem Nettoeinkommen auszugehen, das die Abschöpfung eines die gesetzliche Mindesttagessatzhöhe übersteigenden Betrags nicht zulässt.
Entgegen der gegen den Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche gerichteten Berufung der Brigitte Sa***** ist diese in der Hauptverhandlung sehr wohl zu den gegen sie von der U***** AG erhobenen Ansprüche gehört worden und hat diese nicht anerkannt (ON 26 S 18 [vgl Kirchbacher , WK‑StPO § 245 Rz 23]).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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