OGH 11Os33/07y

OGH11Os33/07y22.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Mai 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Kurz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Murat C***** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 8 U 620/06s des Bezirksgerichtes Innsbruck, über die vom Generalprokurator gegen das Urteil dieses Gerichtes vom 7. Dezember 2006 (ON 36) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, und des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In der Strafsache gegen Murat C*****, AZ 8 U 620/06s des Bezirksgerichtes Innsbruck, verletzt das Urteil dieses Gerichtes vom 7. Dezember 2006 (ON 36) in seinem Strafausspruch das Gesetz in der Bestimmung des § 293 Abs 3 StPO iVm § 447 zweiter Satz StPO. Es werden dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch sowie demzufolge auch der unter einem gefasste Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht aufgehoben und wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst

(1) zu Recht erkannt:

Murat C***** wird unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB nach § 83 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 13 Euro, im Fall deren Uneinbringlichkeit zu dreißig Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

(2) der Beschluss gefasst:

Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO wird vom Widerruf der zum AZ 28 Hv 87/02s des Landesgerichtes Innsbruck gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 8. Mai 2006 (ON 25) wurde Murat C***** wegen der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und des Hausfriedensbruchs nach § 109 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt. Mit Urteil vom 13. Oktober 2006 (ON 33) gab das Landesgericht Innsbruck der dagegen erhobenen Berufung des Beschuldigten wegen Nichtigkeit teilweise Folge, hob die erstgerichtliche Entscheidung im Schuldspruch wegen des Vergehens des Hausfriedensbruchs sowie im Strafausspruch auf und verwies die Sache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Bezirksgericht Innsbruck zurück. Am 6. November 2006 brachte der öffentliche Ankläger wegen des von der (Teil-)Kassation umfassten Sachverhalts - zulässigerweise (Danek, WK-StPO § 227 Rz 6) - unter gleichzeitiger Zurückziehung des wegen § 109 StGB erhobenen gemäß § 227 Abs 2 StPO (zu ergänzen:) iVm § 447 zweiter Satz StPO einen Bestrafungsantrag wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB ein (letzte Seite der ON 1, ON 34). Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 7. Dezember 2006 (ON 36) wurde Murat C***** dieser ihm nunmehr angelasteten strafbaren Handlung schuldig erkannt und hiefür unter Einbeziehung des in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruchs wegen des Vergehens der Körperverletzung (ON 25) zu einer Geldstrafe von 250 Tagessätzen zu je 15 Euro, für den Fall deren Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 125 Tagen verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in der gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht dieser Strafausspruch mit dem Gesetz nicht im Einklang. Im Fall der Aufhebung des Strafausspruchs infolge einer lediglich zugunsten des Beschuldigten ergriffenen Berufung wegen Nichtigkeit gilt nämlich gemäß § 293 Abs 3 StPO iVm § 447 zweiter Satz StPO das Verschlechterungsverbot des § 290 Abs 2 StPO. Demgemäß ist im zweiten Rechtsgang die Verhängung einer Geldstrafe anstelle einer Freiheitsstrafe nur mit der Maßgabe zulässig, dass die nach § 19 Abs 3 StGB festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe die Höhe der vorangegangenen Freiheitsstrafe nicht übersteigen darf (Ratz, WK-StPO § 290 Rz 45), welchem Erfordernis der Strafausspruch des Urteils vom 7. Dezember 2006 (S 180) nicht entspricht.

Da dieser Ausspruch dem Verurteilten zum Nachteil gereicht, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, die Feststellung der Gesetzesverletzung gemäß § 292 letzter Satz StPO mit konkreter Wirkung zu verknüpfen.

Bei der sohin vorzunehmenden Strafneubemessung waren das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen (§ 33 Z 1 StGB), zwei auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorverurteilungen (§ 33 Z 2 StGB), der rasche Rückfall in einschlägige Delinquenz sowie die teils während eines anhängigen Strafverfahrens, teils innerhalb offener Probezeit erfolgte Tatbegehung (s ON 31) erschwerend, hingegen war kein Umstand mildernd.

Hievon ausgehend sowie unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich der Beschuldigte weder durch empfindliche Geldstrafen, noch durch die Androhung einer viermonatigen Freiheitsstrafe von weiteren strafbaren Handlungen abhalten ließ, sondern während eines gegen ihn wegen der Vergehen der schweren Körperverletzung, der Körperverletzung und der Sachbeschädigung geführten Strafverfahrens sowie nur etwa zwei Monate nach dessen (kondemnierender) Beendigung (ON 31) erneut die Tatbestände des § 83 Abs 1 StGB und des § 125 StGB erfüllte, steht dem Ausspruch einer strengeren als der aus dem Spruch ersichtlichen Sanktion nur das Verbot der reformatio in peius (§ 290 Abs 2 StPO) entgegen.

Basis für die Berechnung der Tagessatzhöhe ist ein monatliches Nettoeinkommen von 1.200 Euro, dem anteilig die Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsgehalt) hinzuzurechnen sind. Hievon ist - dem Einbußeprinzip folgend - der Betrag abzuziehen, den der Täter für eine bescheidene Lebensführung unbedingt benötigt, wobei die durch die vom Bundesministerium für Justiz erlassenen Existenzminimum-Tabellen determinierten Freibeträge des § 291a EO als Orientierungshilfe dienen (Lässig in WK² [2007] § 19 Rz 9, 29 [im Druck]). Fallbezogen errechnet sich somit ein täglich abschöpfbarer Betrag von 13 Euro.

Die Frage des Widerrufs der zum AZ 28 Hv 87/02s des Landesgerichtes Innsbruck gewährten bedingten Strafnachsicht war aufgrund der insoweit absehenden Entscheidung des Bezirksgerichtes Innsbruck (S 131) nicht inhaltlich zu prüfen (§ 290 Abs 2 StPO).

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