European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00129.15H.0929.000
Spruch:
Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.
Begründung:
Die Beklagte absolvierte im Rahmen eines vom 15. 9. 2006 bis 14. 9. 2009 bestehenden Ausbildungsverhältnisses zur Klägerin eine Ausbildung zur diplomierten Gesundheits‑ und Krankenschwester (im Folgenden: Diplomkrankenschwester) in der von der Klägerin betriebenen Schule für allgemeine Gesundheits‑ und Krankenpflege am W*****.
Am 15. 9. 2006 trafen die Parteien eine schriftliche Ausbildungsvereinbarung, die auszugsweise wie folgt lautet:
„ Die Schülerin/der Schüler verpflichtet sich, nach positivem Abschluss der Ausbildung ein dreijähriges Dienstverhältnis … zur S ***** innerhalb von sechs Monaten, als diplomierte Gesundheits‑ und Krankenschwester … einzugehen.
Wird keine Anstellung von der Absolventin … eingegangen, bzw das Dienstverhältnis vor Ablauf der Drei‑Jahresfrist beendet, sind ein Teil der Ausbildungskosten nämlich in der Höhe von 24.000 EUR zurückzuzahlen. Dieser Betrag ist zur Gänze bzw aliquot je nach Dauer des Dienstverhältnisses zu entrichten.
…
Zusage:
Im Falle des positiven Abschlusses der Ausbildung und bei Vorliegen der von der S ***** geforderten allgemein gültigen Anstellungsbedingungen wird eine Anstellung als diplomierte Gesundheits‑ und Krankenschwester … in der Unternehmung - W***** zugesagt.
… .“
Die Ausbildung der Beklagten umfasste sowohl theoretischen Unterricht als auch eine praktische Ausbildung. Die Beklagte erhielt die Skripten kostenlos und konnte kostenlos Schulbücher ausleihen. Die Beklagte bekam auch die erforderliche Kleidung leihweise kostenlos von der Klägerin zur Verfügung gestellt und hatte für ihre Ausbildung kein Schulgeld zu leisten.
Die Beklagte schloss ihre Ausbildung am 14. 9. 2009 positiv ab. Sie kann mit den in der Ausbildung bei der Klägerin vermittelten Kenntnissen auch eine Anstellung als Krankenschwester außerhalb der Einrichtungen der Klägerin eingehen und diese Kenntnisse auch dort verwerten. Wäre die Beklagte ein Dienstverhältnis zur Klägerin nach Abschluss ihrer Ausbildung eingegangen, hätte sie monatlich zumindest 1.700 EUR netto bis 1.900 EUR netto, 14‑mal jährlich, verdienen können.
Die Beklagte ging jedoch nach Abschluss ihrer Ausbildung ohne Grund kein Dienstverhältnis mit der Klägerin ein, obwohl sie dazu gesundheitlich in der Lage gewesen wäre. Die Beklagte bewarb sich bereits im Zeitraum Mai bis Juli 2009 um eine Anstellung bei einem Krankenhaus in Deutschland. Sie ist dort auch seit 1. 10. 2009 als Diplomkrankenschwester vollzeitbeschäftigt und bezieht ein monatliches Einkommen von durchschnittlich rund 1.200 EUR netto, 13‑mal jährlich.
Die Klägerin betrieb in den Jahren 2006 bis 2009 insgesamt zehn Schulen unterschiedlicher Größe für allgemeine Gesundheits‑ und Krankenpflege. Für sämtliche dieser Schulen wandte die Klägerin in den Jahren
• 2006 Kosten in Höhe von insgesamt 37.080.195 EUR netto,
• 2007 Kosten in Höhe von insgesamt 36.319.521 EUR netto,
• 2008 Kosten in Höhe von insgesamt 36.394.943 EUR netto und
• 2009 Kosten in Höhe von insgesamt 35.663.403 EUR netto auf.
Diese Kostenbeträge umfassen sowohl jene Aufwendungen, die aus den an die Schülerinnen und Schüler dieser Ausbildungseinrichtungen geleisteten Taschengeldern, Verpflegungskostenersätzen und Nachtdienstentschädigungen herrühren, als auch jene Aufwendungen, die aus Personalkosten, Honorarkosten für die Fremddozenten, Gebäudeerhaltungskosten etc herrühren. In den Schulen der Klägerin stehen insgesamt 2.100 Ausbildungsplätze zur Verfügung. Tatsächlich bildet die Klägerin im Durchschnitt jeweils 1.860 Schüler pro Kalenderjahr aus, weil Schüler während des Jahres die Ausbildung auch wieder verlassen bzw Repetenten behalten werden können.
Während des Ausbildungsverhältnisses bezahlte die Klägerin an die Beklagte insgesamt 12.894 EUR an Taschengeld im Sinne des § 49 Abs 5 Gesundheits‑ und Krankenpflegegesetzes, BGBl I 1997/108 (GuKG), sowie einen Verpflegungskostenersatz in Höhe von monatlich 97,50 EUR, insgesamt 3.510 EUR. Anlässlich der Verrichtung von insgesamt acht Nachtdiensten erhielt die Beklagte Nachtdienstentschädigungen von insgesamt 100 EUR. Des weiteren führte die Klägerin für die Beklagte Sozialversicherungsbeiträge in der Gesamthöhe von 6.079,05 EUR ab.
Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage von der Beklagten die Rückzahlung vereinbarter Ausbildungskosten von 24.000 EUR samt 11,19 % Zinsen seit 1. 9. 2009 aufgrund der Nichteinhaltung der getroffenen Vereinbarung vom 15. 9. 2006 durch die Beklagte. Die tatsächlichen Ausbildungskosten wären weit höher gewesen und hätten zwischen 56.000 und 60.000 EUR pro Schüler bzw Schülerin betragen. An die Beklagte habe die Klägerin Individualzahlungen von 12.894 EUR an Taschengeld, 3.510 EUR an Verpflegungskostenersätzen und 100 EUR Entschädigung für acht Nachtdienste bezahlt. Sie habe weiters Sozialversicherungsleistungen von 6.079,05 EUR für die Beklagte erbracht. Diese Kosten von insgesamt 22.583,05 EUR seien zu den sonstigen Ausbildungskosten für Ausbildungspersonal, Gebäudeerhaltung etc hinzuzurechnen. Die tatsächliche Höhe der Kosten der Ausbildung der Beklagten ergebe sich sohin aus den gesamten von der Klägerin für die Schülerausbildung aufgewandten Kosten, geteilt durch die Gesamtschüleranzahl von jährlich laufend jeweils 1.860 Schülern. Die mit der Beklagten getroffene Vereinbarung sei entgegen deren Behauptung nicht sittenwidrig. Der vereinbarte und nun geltend gemachte Betrag von 24.000 EUR liege deutlich unter den tatsächlichen Kosten für die Ausbildung der Beklagten. Die Klägerin würde regelmäßig alle von ihr ausgebildeten Schüler in ein Dienstverhältnis übernehmen. Ihr wäre es daher auch möglich gewesen, der Beklagten einen Arbeitsplatz an rund 20 verschiedenen Spitälern anzubieten. Diese habe sich jedoch anderweitig entschieden.
Die Beklagte wandte dagegen ein, dass die Ausbildungskostenvereinbarung vom 15. 9. 2006 sittenwidrig sei und gegen § 879 ABGB verstoße. Die Zahlung von 24.000 EUR sei für die Beklagte unzumutbar. Mit dieser Vereinbarung werde ihr das alleinige finanzielle Risiko der Ausbildung aufgebürdet. Die Rückforderung von Entgelten sei in Analogie zu § 2d AVRAG nicht zulässig. Die weiteren von der Klägerin aufgewandten Kosten seien „Sowieso‑Kosten“, die ihr auch unabhängig von der Ausbildung der Beklagten entstanden wären. Die der Klägerin entstandenen Gesamtkosten seien nicht durch 1.860, sondern durch die Zahl an 2.100 vorhandenen Ausbildungsplätzen zu dividieren.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 22.583,05 EUR samt 8,38 % Zinsen seit dem 23. 7. 2010 statt. Hingegen wies es das Mehrbegehren von 1.416,95 EUR sowie das Zinsenmehrbegehren ab.
Zwischen den Streitteilen habe kein Arbeits‑, sondern ein Ausbildungsverhältnis bestanden, sodass § 2d AVRAG nicht anzuwenden sei. Die Vereinbarung vom 15. 9. 2006 verstoße nicht gegen § 879 ABGB, weil keine Rede davon sein könne, dass die der Beklagten überbundene Verpflichtung zum Rückersatz von Ausbildungskosten deren Interessen grob benachteilige. Die Beklagte habe von der Klägerin eine entsprechende, über eine bloße Einschulung hinausgehende Ausbildung erhalten, die auch bei anderen Arbeitgebern verwendet werden könne und der Beklagten bessere Verdienstmöglichkeiten verschaffe. Mit der Rückzahlung seien keine unverhältnismäßigen Belastungen für die Beklagte verbunden. Schon bei Abschluss der Vereinbarung sei für die Beklagte abschätzbar gewesen, unter welchen Konditionen sie nach Abschluss der Ausbildung bei der Klägerin arbeiten könne, um keine Rückzahlungsverpflichtung zu haben. Sie habe aber von der Möglichkeit, nach Abschluss der Ausbildung bei der Klägerin einen überdurchschnittlichen, gehobenen Verdienst zu erzielen, ohne wichtigen Grund keinen Gebrauch gemacht. Weder habe die Beklagte unter der von ihr behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigung gelitten, noch sei ein Verhalten anderer Mitarbeiter der Klägerin hervorgekommen, das objektiv einen Vertrauensverlust der Beklagten zur Klägerin rechtfertigen könnte.
Allerdings müsse die Beklagte nur solche Ausbildungskosten ersetzen, die der Klägerin tatsächlich für ihre Ausbildung entstanden seien. „Sowieso‑Kosten“, die der Klägerin auch ohne den die Beklagte unmittelbar betreffenden Ausbildungsaufwand entstanden wären, seien nicht ersatzfähig. Daher habe die Beklagte nur die für sie individuell aufgewendeten, der Höhe nach nicht weiter strittigen Beträge für Taschengeld, Verpflegungskosten und Nachtdienstentschädigungen, sowie die diesbezüglichen Sozialversicherungsbeiträge zu ersetzen. Weder § 2d AVRAG noch § 879 ABGB stehen der Verpflichtung, das Taschengeld zurückzubezahlen, entgegen. Abgesehen davon, dass selbst § 2d AVRAG einer Rückforderung von Entgelt nicht entgegenstünde, habe zwischen den Streitteilen gar kein Arbeitsverhältnis bestanden, weshalb das Taschengeld im Sinne des § 49 Abs 5 GuKG auch nicht als Entgelt anzusehen sei. Dessen Zweck bestehe vielmehr darin, Anreize für die Ausbildung zu schaffen.
Da die weiteren, von der Klägerin begehrten Schulungskosten nicht rechnerisch konkret der Ausbildung der Beklagten zugeordnet werden können, sei das den Betrag von 22.583,05 EUR übersteigende Mehrbegehren der Klägerin abzuweisen.
Das Berufungsgericht gab den von beiden Parteien gegen diese Entscheidung erhobenen Berufungen nur teilweise Folge. Es änderte das Ersturteil dahin ab, dass es dem Klagebegehren mit 24.000 EUR samt 4 % Zinsen ab dem 23. 7. 2010 stattgab. Hingegen wies es das Zinsenmehrbegehren ab. Im Umfang der Abweisung des Zinsenmehrbegehrens erwuchs die Entscheidung des Berufungsgerichts unangefochten in Rechtskraft.
Auch das Berufungsgericht ging davon aus, dass zwischen den Parteien ein Ausbildungsvertrag vereinbart gewesen sei und die darin enthaltene Ausbildungskostenrückzahlungsvereinbarung nicht sittenwidrig gemäß § 879 ABGB sei. Die Beklagte habe keinen wichtigen Grund geltend machen können, der nach Abschluss der Ausbildung gegen den Antritt eines Dienstverhältnisses zur Klägerin gesprochen hätte, sodass sie zur vereinbarten Rückzahlung von Ausbildungskosten verpflichtet sei. Der Beklagten sei die Rückzahlung auch nicht unzumutbar. Der vereinbarte und geltend gemachte Ausbildungskostenersatz liege deutlich unter den der Klägerin tatsächlich entstandenen Kosten.
Dem Erstgericht sei nicht darin zu folgen, dass nur die individuellen Ausbildungskosten der Beklagten ersetzbar seien. Die tatsächlichen Kosten der Klägerin für die Ausbildung seien deutlich höher gewesen. Die Klägerin unterhalte besondere Schulen für die Ausbildung, deren Kosten ausbildungsabhängig seien. Dass diese Kosten nicht jedem Schüler und jeder Schülerin individuell zugeordnet werden können, schade nicht, weil die Klägerin ohnehin nur den vereinbarten Pauschalbetrag eingeklagt habe. Die tatsächlich entstandenen Kosten seien jedenfalls zu ersetzen, auch wenn sie – wie hier – als Pauschalbetrag geltend gemacht werden. Es handle sich nicht bloß um fiktive Kosten.
Die Revision sei zulässig, weil keine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage vorliege, ob von der Ausgebildeten sogenannte „Sowieso‑Kosten“ im Rahmen einer Vereinbarung über den Rückersatz von Ausbildungskosten verlangt werden können.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie die Abweisung der Klage anstrebt.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig (§ 508a Abs 1 ZPO).
Schon vorweg ist darauf hinzuweisen, dass es sich beim Fachbegriff der „Sowieso‑Kosten“ um einen Begriff aus dem Gewährleistungsrecht handelt. Kurz gesagt, stellt sich das Problem des etwaigen Ersatzes der Sowieso‑Kosten im Gewährleistungsrecht dort, wo ein Werk einen bestimmten Erfolg aufweisen soll, dieser Erfolg aber nicht erreicht wird, weil mit den laut Vertrag qualitativ und/oder quantitativ einzusetzenden Mitteln dieser Erfolg nicht erreichbar ist (Reischauer in Rummel, ABGB³ § 932 Rz 20l ff; 1 Ob 132/15s; RIS‑Justiz RS0115106, RS0117792 ua). Von Sowieso‑Kosten in diesem Sinn kann bei Beurteilung eines vertraglich vereinbarten Ausbildungskostenersatzes natürlich keine Rede sein. Damit im Zusammenhang können sich daher auch keine erheblichen Rechtsfragen stellen, die die Zulässigkeit der Revision der Beklagten tragen können. Was die Beklagte offenbar meint – und auch die Vorinstanzen in diesem Sinn als Beklagtenvorbringen verstanden haben –beruht auf der Überlegung, dass vom Ausgebildeten nicht die Kosten ersetzt verlangt werden können, die der Ausbildner im Zuge der Ausbildung „sowieso“ (im Sinne von ohnehin) gehabt habe, sondern nur die dem Ausgebildeten höchstpersönlich zuzurechnenden Ausbildungskosten. Dieser Ansatz ist jedoch nicht zielführend, verkennt er doch die Rechtsprechung zum Ausbildungskostenersatz im Allgemeinen und die von den Parteien getroffene Ausbildungsvereinbarung im Besonderen, worauf im Folgenden näher einzugehen sein wird.
1. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass zwischen den Parteien kein Arbeitsvertrag, sondern lediglich ein Ausbildungsverhältnis bestanden hat, sodass § 2d AVRAG nicht anzuwenden ist, sondern die Einwände der Beklagten gegen den Ausbildungskostenrückersatz aufgrund der Vereinbarung vom 15. 9. 2006 primär nach § 879 ABGB zu beurteilen sind, ist zutreffend und wird von der Revisionswerberin nicht in Frage gestellt.
2.1 Die Vereinbarung einer Verpflichtung zur allfälligen Rückzahlung der Ausbildungskosten ist nach herrschender Rechtsprechung und Lehre grundsätzlich zulässig, wenn die Rückzahlung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Treu und Glauben dem Auszubildenden zuzumuten ist und vom Standpunkt eines verständigen Betrachters einem begründeten und zu billigenden Interesse des Ausbildenden entspricht. Eine Vereinbarung, die Kosten einer zunächst unentgeltlich zugesicherten Ausbildung nachträglich bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen doch geltend machen zu können, ist daher nicht schon per se sittenwidrig. Vielmehr muss geprüft werden, ob die Interessenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen ergibt und ob dem Ausgebildeten die Erfüllung einer solchen Vereinbarung zugemutet werden kann und nicht eine unverhältnismäßig große Belastung bedeutet (vgl RIS‑Justiz RS0016706 ua). Die dazu ergangene, von den Vorinstanzen zutreffend dargestellte Rechtsprechung, ist nicht nur auf Arbeitsverhältnisse, sondern auch auf Rückzahlungsvereinbarungen im Rahmen bloßer Ausbildungsverhältnisse anwendbar (8 ObA 144/00k; 9 ObA 39/01b). Auch das wird von der Revisionswerberin nicht weiter in Frage gestellt.
2.2 Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach die Zulässigkeit von Rückersatzvereinbarungen für die Ausbildung diplomierten Gesundheits‑ und Krankenpflegepersonals gebilligt (noch zum Krankenpflegegesetz BGBl 1961/102 4 Ob 30/69 = Arb 8.622; 9 ObA 128/97g; 8 ObA 144/00k; ebenso zum GuKG 9 ObA 86/05w mwH; Weiss/Lust , GuKG 7 § 65 Anm 2). Entgegen der Rechtsansicht der Revisionswerberin folgt aus 8 ObA 144/00k nicht, dass der Besuch von (früher:) Krankenpflegeschulen zwingend „kostenlos“ zu sein habe. Vielmehr bejahte der Oberste Gerichtshof die grundsätzliche Zulässigkeit einer Rückersatzklausel unter Hinweis auf die bereits bestehende frühere Judikatur (insb auch auf Arb 8.622).
3.1 Richtig wies das Berufungsgericht darauf hin, dass die vorliegende Vereinbarung der pauschalierten Rückerstattung eines konkret bezifferten Teils der Ausbildungskosten vergleichbar ist mit dem zu 4 Ob 120/78 (= DRdA 1980/6, 145 [zust Apathy ]) entschiedenen Sachverhalt. Werden Ausbildungskosten in der Rückzahlungsverpflichtung in dieser Weise vereinbart, so ist diese Pauschalierung mangels abweichender Parteienabrede als im Interesse des Arbeitnehmers (hier: des Auszubildenden) vereinbart und damit als Höchstgrenze zu sehen, die aber nichts daran ändert, dass nur die tatsächlich aufgewendeten Ausbildungskosten zurückzuzahlen sind.
Welche Kosten nun durch eine entsprechende Ausbildung tatsächlich veranlasst wurden, kann stets nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (8 ObA 18/11x). Weitere Anforderungen, als dass es sich eben um tatsächliche Ausbildungskosten handeln muss, werden von der Rechtsprechung nicht gestellt. Der Ansatz der Beklagten, zwischen individuellen, sie höchstpersönlich betreffenden Ausbildungskosten, und anderen tatsächlichen Ausbildungskosten, die der Ausbildner „sowieso“ (ohnehin) gehabt habe, zu unterscheiden, findet in der Rechtsprechung keine Grundlage. Folgte man dieser Auffassung, hätten beispielsweise die sich später – nach der Buchung des Vortragenden und des Vortragslokals – Anmeldenden geringere Ausbildungskosten als die ersten, die die Buchung des Vortragenden und des Lokals erst ausgelöst haben. Dass ein derartiger Zugang nicht geeignet ist, für eine ausgeglichene Beteiligung der Ausgebildeten an den Ausbildungskosten zu sorgen, bedarf keiner besonderen Erklärung. Aus diesem Grund erachtete der Oberste Gerichtshof auch schon in der Vergangenheit die Pauschalierung der Ausbildungskosten gegenüber mehreren Arbeitnehmern als vertretbar (8 ObA 18/11x).
3.2 Die für die Beurteilung der Rückersatzpflicht der Beklagten maßgebliche einzelfallabhängige Auslegung der Vereinbarung vom 15. 9. 2006 durch das Berufungsgericht ist vertretbar. Schon nach dem Wortlaut der Vereinbarung war für die Beklagte klar, dass die Rückersatzpflicht einen Teil der Ausbildungskosten betrifft. Die Beklagte konnte und musste die Vereinbarung vom 15. 9. 2006 so auffassen, dass sich die tatsächlichen Ausbildungskosten der Klägerin, die die Beklagte allenfalls ersetzen muss, auf 24.000 EUR belaufen werden. Auch aus dem geschlossenen Vertrag ergibt sich nicht die der Beklagten nun im Prozess vorschwebende Differenzierung zwischen individuellen, sie höchstpersönlich betreffenden Ausbildungskosten und anderen tatsächlichen Ausbildungskosten, die der Ausbildner „sowieso“ (ohnehin) gehabt habe.
3.3 Nach Lage des Falls wäre es daher im Verfahren an der Beklagten gelegen, zu beweisen, dass die tatsächlichen Ausbildungskosten der Klägerin allenfalls den Betrag von 24.000 EUR nicht erreicht hätten. Die Beklagte hat zwar auf einige Positionen Bezug genommen, aber nicht behauptet, dass der Klägerin keine Ausbildungskosten entstanden wären, sondern nur gemeint, dass es sich bei den – vom Erstgericht als Gesamtkosten festgestellten – Kosten um solche handelt, die der Klägerin „sowieso“ entstanden wären und daher nicht individuell für die Ausbildung der Beklagten entstanden wären. Dass dieser Ansatz bei Beurteilung der „Tatsächlichkeit“ der Kosten nicht zielführend ist, wurde bereits vorstehend aufgezeigt. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass selbst dann, wenn man – wie von der Beklagten gefordert – die der Klägerin insgesamt entstandenen festgestellten Schulkosten auf die Gesamtzahl der vorhandenen Ausbildungsplätze (und nicht nur auf die Zahl der tatsächlich ausgebildeten Schüler) umlegt, sich jedenfalls ein den Betrag von 24.000 EUR (deutlich) übersteigender Betrag an tatsächlichen pro Kopf aufgewendeten Ausbildungskosten ergibt. Auch die Beklagte geht übrigens in ihren fiktiven Berechnungen in der Revision von Gesamtausbildungskosten von mehr als 50.000 EUR, und selbst noch nach dem ihrer Ansicht nach vorzunehmenden Abzug der vom Erstgericht festgestellten Kosten von 22.583,05 EUR, von Ausbildungskosten in der Höhe von 29.194 EUR, somit von mehr als 24.000 EUR, aus. Ausgehend davon begegnet die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die tatsächlichen Ausbildungskosten der Klägerin für die Beklagte den begehrten Rückzahlungsteilbetrag von 24.000 EUR wie vereinbart nicht unterschreiten, keinen Bedenken.
3.4 Das Berufungsgericht hat weiter zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin nicht die Rückzahlung bestimmter einzelner Positionen, sondern die Rückzahlung des von den Parteien vereinbarten Pauschalbetrags von 24.000 EUR geltend gemacht hat. Ausgehend davon, dass sich aus den Feststellungen gerade nicht ergibt, dass die tatsächlich von der Klägerin für die Beklagte aufgewendeten Ausbildungskosten unter diesem Betrag lägen, ist seine Rechtsansicht, dass es bei der erfolgten Pauschalierung auf einzelne Positionen der Ausbildungskosten hier nicht weiter ankommt, bei der Vertragsauslegung vertretbar.
4.1 Ob Sittenwidrigkeit, wie von Beklagtenseite behauptet, vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls, die nur dann aufzugreifen ist, wenn das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschritten hat (RIS‑Justiz RS0042881 [T8 ua]). Davon ist nach der Lage des Falls nicht auszugehen.
4.2 Der wesentliche Unterschied des vorliegenden Sachverhalts zu dem in 8 ObA 144/00k beurteilten liegt darin, dass dort keine Verpflichtung bestand, den Ausgebildeten nach Abschluss der Ausbildung tatsächlich einzustellen. Dieser war daher in seiner wirtschaftlichen Position nicht abgesichert; deshalb bejahte der Oberste Gerichtshof damals die Sittenwidrigkeit der getroffenen Vereinbarung. Demgegenüber enthält die vorliegende Vereinbarung der Streitteile vom 15. 9. 2006 eine ausdrückliche Zusage der Klägerin, nach positivem Abschluss der Ausbildung ein Dienstverhältnis mit der Beklagten einzugehen.
4.3 Das Argument der Beklagten, dass die Zahlung für sie schon deshalb nicht zumutbar sei, verdiene sie doch an ihrem nunmehrigen Arbeitsplatz in Deutschland noch weniger, als sie bei der Beklagten verdient hätte, übergeht den Umstand, dass die Beklagte bei Einhaltung der von ihr eingegangenen Verpflichtung gar nichts bezahlt hätte. Davon abgesehen ist nicht nachvollziehbar, weshalb aus nachträglichen Entscheidungen der Beklagten auf die Sittenwidrigkeit einer früheren Vereinbarung zu schließen ist. Die Behauptung der Beklagten, dass ihr die Klägerin das alleinige finanzielle Risiko der Ausbildung (RIS‑Justiz RS0016712) aufgebürdet habe, blieb unbewiesen. Nach dem Inhalt der Vereinbarung wurde kein Risiko überbunden. Abgesehen davon, dass die Beklagte die Ausbildung erfolgreich abschloss, sollte die Beklagte bei Einhaltung der zumutbaren Bedingungen gerade keine Kosten tragen müssen. In diesem Fall hätte die Klägerin die vollen Kosten getragen.
Mangels Vorliegens bzw mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision der Beklagten nicht hingewiesen, sodass sie die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen hat (RIS‑Justiz RS0035979).
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