European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0110OS00075.16P.0913.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Patrick H***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG (I./) und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (II./) und (mehrerer) Vergehen nach § 50 (Abs 1 Z 3) WaffG (III./) schuldig erkannt.
Danach hat er – soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz – in G*****
I./ vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er in der Zeit von 1. Juli 2014 bis 10. November 2015 insgesamt zumindest 1.850 Gramm Amphetamin mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 10 % (185 Gramm Amphetamin‑Sulfat, 135,79 Gramm Amphetamin‑Base), zumindest 30 Gramm Cannabiskraut und zumindest 128 Stück MDMA‑hältige Ecstasy‑Tabletten der Nicole E***** unentgeltlich, 11 im Urteil namentlich genannten und weiteren unbekannten Abnehmern gewinnbringend weiter veräußerte, wobei er in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung solcher Suchtgiftgeschäfte längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, mehr als zwei solche Taten beging und schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war;
...
III./ am 10. November 2015 wenn auch nur fahrlässig Waffen besessen, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG verboten ist, indem er eine Steinschleuder mit 40 Stahlkugeln, ein Wurfmesser und ein großes Klappmesser bis zur Sicherstellung durch die Polizei innehatte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Insoweit die Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) Abweichungen der vom Erstgericht im Urteil festgestellten Amphetaminmengen (1.850 Gramm bzw 1.800 Gramm) kritisiert, spricht sie mit Blick auf das (nach den Feststellungen) davon unabhängige
Überschreiten der Grenzmenge keine entscheidende Tatsache an (RIS‑Justiz RS0117499).
Die weiteren Ausführungen der Mängelrüge nehmen nicht wie geboten Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS‑Justiz RS0119370, RS0116504), indem sie die – zu sämtlichen Beweisergebnissen ausführlichen (US 8 bis 12) – Erwägungen des Erstgerichts zur Menge des Amphetamins (US 7) und zum Aussageverhalten der Zeugin E***** (US 9) übergehen. Mit spekulativen Erwägungen zur Motivation dieser Zeugin, den Beschwerdeführer zu belasten, wird bloß die Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld bekämpft (RIS‑Justiz RS0106588). Die Erwägungen der Tatrichter zur subjektiven Tatseite – auch in Richtung § 28a Abs 3 SMG – finden sich in US 8 und 12.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) will nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld‑ und subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern (RIS‑Justiz RS0119583). Indem der Beschwerdeführer (neuerlich) lediglich die Aussagen der Nicole E*****, von der er sich in „gravierendem Streit“ getrennt und die ein „auffälliges Motiv“ zur Falschbezichtigung hätte, thematisiert, vermag er keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt (hier US 5) zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0099810; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 581). Indem der Beschwerdeführer Berechnungen zu seinen Einkommensverhältnissen anstellt und argumentiert, nach Abzug der Kosten für den Ankauf der verbotenen Substanzen vom Verkaufserlös wären „ohnehin nur wenige hundert Euro pro Monat [verblieben], die sozusagen als Gewinn anzusehen sind“, verfehlt die in Richtung § 28a Abs 3 SMG erhobene Beschwerde (nominell Z 10) den vom Gesetz verlangten Bezugspunkt (vgl überdies RIS‑Justiz RS0123175).
Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO bleibt anzumerken, dass § 50 Abs 1 Z 3 WaffG, wonach sich strafbar macht, wer, wenn auch nur fahrlässig, „
Waffen oder Munition besitzt, obwohl ihm dies gemäß § 12 [WaffG] verboten ist“, auf die Gesamtmenge solcher von einer Person im Tatzeitraum unbefugt besessenen Gegenstände abzielt (RIS‑Justiz RS0130142).
Mit der demnach auf Basis des Urteilssachverhalts rechtsirrigen Annahme mehrerer Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG ist kein Nachteil iSd § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO für den Angeklagten verbunden, weil dieser Subsumtionsfehler den hier zur Anwendung gelangenden Strafrahmen unberührt lässt und sich auch bei der Strafzumessung nicht nachteilig auswirkte (US 13).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts – das an die aufgezeigte Fehlsubsumtion nicht gebunden ist (RIS‑Justiz RS0118870) – zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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