European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00073.16P.0830.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Kläger sind schuldig, den Beklagten die mit 958,58 EUR (darin 159,76 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Das Berufungsgericht wies die Klage auf Duldung und Anerkennung des von einem Geometer 2013 vermessenen Grenzverlaufs, Zustimmung zur Vermessungsurkunde und Unterzeichnung ab. Die im Jahr 1998 getroffene Einigung habe sich nur auf eine im Rahmen eines (längst verwirklichten) Güterwegprojekts durchzuführende Grenzvermessung bezogen, die von einem anderen Geometer als 2013 begonnen und 2003 erfolglos abgebrochen worden sei, weil sich die Streitteile nicht auf gemeinsame Vermessungspunkte einigen konnten. Die Revision ließ das Berufungsgericht nachträglich mit der Begründung zu, es sei nicht auszuschließen, dass es zu einem unvertretbaren Auslegungsergebnis gelangt sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Kläger ist ungeachtet des – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden –berufungsgerichtlichen Zulassungsausspruchs aus Mangel an erheblichen Rechtsfragen iSv § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
1. Die Auslegung einer nach Form und Inhalt unbestrittenen Urkunde ist eine Frage rechtlicher Beurteilung (RIS‑Justiz RS0043422 [T1]). Die Erforschung der wahren Absicht der Parteien ist dagegen eine Beweisfrage, wenn andere Beweismittel als die Urkunde herangezogen werden. Insoweit werden Tatsachenfeststellungen getroffen (RIS‑Justiz RS0017849 [T4]; RS0017842 [T2]; RS0043418). Die Auslegung gemäß § 914 ABGB hat erst dann einzusetzen, wenn die behauptetermaßen vom klaren Wortlaut der Urkunde abweichende Parteienabsicht durch Aufnahme der hiefür angebotenen Beweismittel zu erforschen versucht und diesbezügliche Feststellungen getroffen wurden. Erst wenn eine übereinstimmende Parteienabsicht nicht als erwiesen gilt, darf der Gehalt der schriftlichen Willenserklärung im Wege der rechtlichen Beurteilung durch Auslegung ermittelt werden (RIS‑Justiz RS0017783).
2. Die Revisionswerber versuchen, aus einer Vielzahl von Zeugenaussagen und Passagen der Beweiswürdigung sowie der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts eine dahingehende Parteiabsicht zu konstruieren, dass von der gegenständlichen Vereinbarung auch die Bestellung eines weiteren Geometers erfasst sein hätte sollen. Dies ergibt sich jedoch weder aus ihrem Vorbringen in erster Instanz, noch entspricht es den Feststellungen des Erstgerichts. Eine übereinstimmende Parteiabsicht ist lediglich dahingehend festgestellt, dass mit der „im Rahmen des Güterwegprojekts“ durchzuführenden Grenzfestlegung eine endgültige Bereinigung der Grenzstreitigkeiten erfolgen sollte. Was für den Fall gelten solle, dass dieser Ansatz – wie dann tatsächlich geschehen – scheitert, bzw ob die Parteien diesen Fall überhaupt bedacht haben, ergibt sich hingegen weder aus den Feststellungen noch aus den Klagsbehauptungen.
3. Das Berufungsgericht ist daher nicht von den Feststellungen des Erstgerichts abgewichen, sondern hat diese zulässigerweise einer anderen rechtlichen Würdigung unterzogen. Aus diesem Grund ist auch der gerügte Verstoß gegen § 473a ZPO nicht zu erkennen.
4. Wie eine Erklärung aufzufassen ist und ob ein Vertrag richtig ausgelegt wurde, kann nur im Einzelfall beurteilt werden und stellt daher von Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung iSd § 502 ZPO dar (RIS‑Justiz RS0044298, RS0042776, RS0044358). Eine solche zeigt das Rechtsmittel aber nicht auf.
5. Eine erhebliche Rechtsfrage wird auch im Zusammenhang mit der gerügten Aktenwidrigkeit („Rechtsvorgänger der Beklagten“ anstelle der Kläger) nicht aufgezeigt, zumal es sich diesbezüglich bloß um eine offenbare Unrichtigkeit in Bezug auf eine nicht entscheidungsrelevante Tatsache (vgl RIS‑Justiz RS0043027; RS0043265 [T1, T7]) handelt.
6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Die Beklagten haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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