European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00060.16P.0726.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Die Revisionswerber (9.‑, 17.‑, 20.‑, 23.‑, 24.- und 27.‑klagende Partei) waren Dienstnehmer der Beklagten in Führungsposition und hatten Anspruch auf eine Altersvorsorge in Form einer direkten Leistungszusage. Im Zuge des im Jahr 1998 bei der Beklagten neu gestalteten Pensionssystems wurden die einzelvertraglichen Pensionsansprüche mit ihrer Zustimmung auf eine Pensionskasse (beitragsorientiertes System) übertragen. Die Revisionswerber gingen zwischen 2005 und 2008 in Pension und erhalten seither Leistungen aus der Pensionskasse, die entgegen ihren Erwartungen keiner jährlichen Valorisierung von zumindest 1,5 % unterliegen.
Die Vorinstanzen konnten keine entsprechende vertragliche Zusage der Beklagten erkennen und wiesen die von den Revisionswerbern jeweils begehrte Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Differenz zu den Pensionskassenleistungen, in eventu zur Leistung der erforderlichen Nachschüsse an die Pensionskasse, in eventu der Nachzahlung von Differenzbeträgen für die Vergangenheit ab. Diese Beurteilung entspricht auch den Ergebnissen der den Entscheidungen 8 ObA 83/11f und 8 ObA 9/14b zugrunde liegenden Verfahren, die ebenfalls den Umstieg auf das beitragsorientierte Pensionskassenmodell der Beklagten betrafen und in denen auch erkannt wurde, dass nach Ablauf der bis 2003 befristeten jährlichen Wertanpassung durch die Beklagte nur ein vom Veranlagungserfolg abhängiges, ausschließlich beitragsorientiertes System, nicht aber eine Valorisierung kommuniziert und vereinbart worden war.
Rechtliche Beurteilung
In der Zulassungsbeschwerde ihrer außerordentlichen Revision stellen die Revisionswerber nicht in Frage, dass sich die Vorinstanzen eingehend mit dem von der Beklagten übermittelten Informationsmaterial auseinander gesetzt haben und behaupten auch nicht, dass daraus ein anderes Verständnis abzuleiten gewesen wäre. Sie meinen aber, dass das Altrecht ein verbindliches Valorisierungssystem enthalten habe, aufgrund dessen höhere Anforderungen an die Aufklärungspflicht des Arbeitgebers anlässlich der Umstellung bestanden hätten. Für die Verbindlichkeit der Valorisierung berufen sie sich auf deren vorbehaltlose Gewährung vor der Umstellung – der die Valorisierung verhandelnde Betriebsrat habe die Führungskräfte nicht vertreten – sowie auf § 10 BPG. Damit zeigen sie jedoch keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:
Aus den Feststellungen lässt sich nicht ableiten, dass die Leistungen aus den direkten Leistungszusagen in regelmäßigen Zeitabständen „automatisch“ valorisiert worden wären. Unabhängig davon wäre selbst bei Annahme einer verbindlich wertgesicherten direkten Leistungszusage die Ansicht der Vorinstanzen, dass die Beklagte anlässlich der Umstellung ihres Pensionssystems ihren Aufklärungspflichten noch hinreichend nachgekommen ist, nicht weiter korrekturbedürftig, sodass es auch auf die Bedeutung von § 10 BPG (Wertanpassung bei Leistungen aus direkten Leistungszusagen) nicht weiter ankommt.
Hinsichtlich der Aufklärungspflichten ist der Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem Wechsel von einer einzelvertraglichen Pensionszusage zu einer Pensionskasse, die den Arbeitgeber von einer Leistungspflicht befreit, zu einer ausgewogenen Information verpflichtet, durch die nicht nur die zu erwartenden Vorteile, sondern insbesondere auch die allenfalls drohenden Risiken – im Rahmen des Zumutbaren und im Sinne einer ex ante-Betrachtung – aufzuzeigen sind (RIS‑Justiz RS0017049 [T29, T54]). Entscheidend ist, welches Gesamtbild die (schriftlichen) Informationen den Betroffenen von den Chancen und Risiken vermittelten (RIS‑Justiz RS0017049 [T30]). Ob der Arbeitgeber diese ihn treffende Aufklärungspflicht erfüllt hat, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab und begründet im Regelfall keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0017049 [T40]; allgemein zur Einzelfallbezogenheit von Aufklärungspflichten: RIS‑Justiz RS0111165; RS0016390 [T9]; RS0014811 [T12]).
Schon das Erstgericht legte unter Auswertung des von der Beklagten übermittelten Informationsmaterials mit umfassenden und differenzierten Erwägungen dar, warum der Beklagten in einer Gesamtbetrachtung der den Revisionswerbern gebotenen Informationen unter Berücksichtigung ihres damaligen Empfängerhorizonts als Führungskräfte keine mangelhafte Aufklärung über die Risiken eines rein beitragsorientierten Pensionskassensystemen vorgeworfen werden kann (Ersturteil S 83 ff). Notwendige Gründe dafür, warum das Berufungsgericht der dagegen gerichteten Berufung der Revisionswerber in diesem Punkt nicht folgen hätte dürfen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist für die Revisionswerber mit dem Verweis auf die Entscheidung 9 ObA 140/12x nichts zu gewinnen, weil bei jenem Kläger kein vergleichbarer Informationsstand zur künftigen Pensionsentwicklung erzeugt worden war. Im Übrigen wurde auch dort ausdrücklich auf die Einzelfallbezogenheit hingewiesen.
Im Hinblick auf die 27.‑Klägerin haben die Vorinstanzen die Schadenersatzansprüche überdies als verjährt erachtet. Diese Rechtsansicht wird nicht bekämpft (vgl RIS‑Justiz RS0118709).
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision daher zurückzuweisen.
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