OGH 8ObA9/14b

OGH8ObA9/14b25.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Brigitte Augustin und Dr. Gerda Höhrhan‑Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1. DI M***** K*****, 2. Ing. Dkfm. J***** W*****, 3. DI H***** G*****, alle vertreten durch Mag. Michael Lang, Rechtsanwalt in Wien, und 4. Dr. V***** W*****, vertreten durch Dr. Roland Gerlach LLM ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei S***** AG *****, vertreten durch CMS Reich‑Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 1. Feststellung, 2. 18.010,08 EUR sA (Erstkläger), 14.655,14 EUR sA (Zweitkläger), 20.300,27 EUR sA (Drittkläger) 38.949,99 EUR sA (Viertkläger), über die außerordentlichen Revisionen der zweit‑ bis viertklagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 28. Oktober 2013, GZ 7 Ra 52/13p‑27, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:008OBA00009.14B.0825.000

 

Spruch:

Die Revisionen werden gemäß § 2 ASGG, § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Alle Revisionswerber verfügten als Dienstnehmer der Beklagten in Führungspositionen über eine direkte Pensionszusage ihrer Arbeitgeberin. Mit 1. 9. 1998 wurden ihre Pensionsansprüche jeweils mit ihrer Zustimmung auf eine Pensionskasse (beitragsorientiertes System) übertragen. Die Kläger traten zwischen 2005 und 2008 in Pension und erhielten seither jeweils Leistungen aus der Pensionskasse.

Mit den verbundenen Feststellungs‑ und Leistungsklagen verfolgen die Kläger den Anspruch auf jährliche Valorisierung ihrer Pensionsleistung um mindestens 1,5 %. Sie begehren die Verpflichtung der Beklagten zur Aufzahlung der Differenz zu den Pensionskassenleistungen festzustellen, in eventu zur Leistung der zur Erzielung der Valorisierungshöhe erforderlichen Nachschüsse an die Pensionskasse, verbunden mit der Nachzahlung von Differenzbeträgen für die Vergangenheit. Die Kläger stützen ihr Begehren auf einen Passus in der Informationsbroschüre zur Neuregelung der Altersvorsorge der Mitarbeiter im Führungskreis („Die laufenden Pensionen werden in Abhängigkeit zum Veranlagungserfolg aufgewertet. Diese Aufwertung wird in jedem Fall 1,5 Prozent pro Jahr betragen, bei größerem Veranlagungserfolg ist die Aufwertung entsprechend höher“), aus dem sie eine Valorisierungsgarantie der Beklagten ableiten. Eventualiter begehren sie Schadenersatz wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten.

Die Klagebegehren blieben in beiden Vorinstanzen erfolglos.

Rechtliche Beurteilung

Die von den Zweit‑ bis Viertklägern erhobenen, außerordentlichen Revisionen sind mangels Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Da die beiden Revisionsschriften von den Klagevertretern inhaltlich aufeinander abgestimmt wurden, können sie im Folgenden gemeinsam behandelt werden.

1. Erfüllungsanspruch

Die Frage, welche Vereinbarungen zur Wertanpassung einer Versorgungsleistung getroffen wurden, betrifft die Auslegung der Vertragsgrundlagen, die in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage begründet (RIS‑Justiz RS0042936; RS0042776). Ebenso kann die Frage, ob eine vorvertragliche Mitteilung eines Vertragsteils für den anderen bei objektiver Betrachtung als rechtsgeschäftliche Willenserklärung oder nur als Wissenserklärung aufzufassen war, nur anhand der Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Mangels einer über den Anlass hinausreichenden Aussagekraft von Einzelfallentscheidungen steht die Revision zu ihrer Überprüfung nach § 502 Abs 1 ZPO nicht offen, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre bei seiner Entscheidung eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen, die ausnahmsweise zur Wahrung der Rechtssicherheit eine Korrektur bedürfte.

Diese Voraussetzungen zeigen die Revisionsschriften nicht auf.

Das Berufungsgericht hat überhaupt nicht in Frage gestellt, dass auch den Angaben in erläuternden Broschüren unter Umständen für die Auslegung des Vertrags Bedeutung zukommt, es hat aber schlüssig begründet, weshalb es bei seiner Auslegung zu einem anderen Ergebnis als die Kläger gelangt ist. Es steht fest, dass die Kläger wussten, dass sie in ein beitragsorientiertes Pensionskassensystem eintreten und die Pension sich in diesem System entsprechend den „Verhandlungsergebnissen“ (gemeint offenkundig: Veranlagungsergebnissen) bzw dem „versicherungstechnischen Ergebnis“ der Veranlagungs‑ und Risikogemeinschaft entwickelt. Das Revisionsvorbringen, die Kläger hätten der Übertragung ihrer Ansprüche auf die Pensionskasse nur im Vertrauen auf die von den Vorinstanzen für unverbindlich erachteten Angaben zugestimmt, steht mit diesen für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen im Widerspruch, weil die Erwartung einer garantierten jährlichen Erhöhung mit dem festgestellten Wissensstand unvereinbar wäre.

Nach der Übertragung der Pensionsanwartschaften in ein beitragsorientiertes Pensionskassensystem ist eine Nachschusspflicht des Arbeitgebers grundsätzlich nicht vorgesehen; Ausnahmen bedürfen daher einer eigenständigen Regelung. Im vorliegenden Fall lag eine solche Vereinbarung in der ausdrücklichen Garantie einer jährlichen Wertanpassung durch die Beklagte, die aber befristet war und mit Ablauf des Jahres 2003 endete. Die Rechtsansicht, dass ein objektiver Erklärungsempfänger aufgrund der strittigen Formulierung nicht ernsthaft annehmen konnte, dass die Beklagte das gesamte Konzept ihrer Pensionskasse praktisch mit einem einzigen Satz, enthalten in einer bloßen Informationsbroschüre, wieder umstoßen und eine unabhängige eigene Leistungszusage abgeben wollte, ist unter diesen Umständen jedenfalls nicht unvertretbar.

Aufgrund dieses Ergebnisses ist aber auch die Berufung auf die Unklarheitenregel des § 915 ABGB nicht zielführend, ist diese doch nur subsidiär anwendbar, wenn mit den Auslegungsregeln des § 914 ABGB nicht das Auslangen gefunden werden kann (Rummel in Rummel³, § 915 Rz 1; Binder in Schwimann, ABGB³ IV § 915 Rz 19; RIS‑Justiz RS0109295; RS0017951; RS0017957; RS0017752).

2. Schadenersatz

Entgegen den Revisionsausführungen hat das Berufungsgericht nicht unberücksichtigt gelassen, dass die Revisionswerber in erster Instanz ein umfangreiches Vorbringen über den Rechtsgrund für ihren Schadenersatzanspruch und auch die Höhe des behaupteten Vertrauensschadens erstattet haben. Die Kläger gehen in ihrer Revision aber nicht auf die Gründe ein, weshalb das Berufungsgericht dieses Vorbringen für nicht schlüssig erachtet hat.

Zur Darlegung eines Vertrauensschadens wären den tatsächlichen Leistungen aus der Pensionskasse jene Beträge gegenüberzustellen, die den Klägern von der Beklagten bei Weitergeltung der Direktpensionszusagen zu bezahlen gewesen wären. Diese fiktiven Pensionen decken sich aber keinesfalls mit dem von den Klägern geltend gemachten Erfüllungsanspruch, weil die Direktpensionen zwar in der Vergangenheit periodisch valorisiert wurden, dies aber weder jährlich, noch zu einem fixen Prozentsatz. Die Prämisse des Berufungsgerichts, dass die Kläger zu den Parametern der fiktiven Aufwertung der Direktpensionen nichts vorgebracht haben und ihre Vergleichsberechnungen nicht von diesen, sondern nur von ihrer Wunschvereinbarung ausgehen, lassen die Revisionswerber unbekämpft. Auf die Frage, ob die Arbeitnehmer der Beklagten seinerzeit einen Anspruch auf Valorisierung der Direktpensionszusagen aufgrund betrieblicher Übung hatten, kommt es daher nicht an.

Stichworte