Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Eine Freundin der Klägerin fertigte im Mai 2013 ein Lichtbild exklusiv für die Klägerin an, an dem sie der Klägerin am 11. 11. 2013 ein umfassendes (weder sachlich noch örtlich noch zeitlich eingeschränktes), ausschließliches und übertragbares Werknutzungsrecht einräumte; außerdem trat die Urheberin der Klägerin alle Ansprüche ab, die sich aus der Verletzung der Rechte an diesem Lichtbild ergeben. Die Klägerin veröffentlichte dieses Lichtbild auf www.facebook.com . Die beklagte Medieninhaberin veröffentlichte dieses Lichtbild ohne Urheberbezeichnung auf ihren Websites. Vom 25. 9. 2013 bis 9. 12. 2013 hielt die Beklagte dieses Lichtbild darüber hinaus in manipulierter Form mit Einbettung in ein Video abrufbar, wobei der Klägerin im Begleittext eine bestimmte sexuelle Ausrichtung unterstellt wurde.
Die Klägerin begehrt ‑ soweit für das Revisionsverfahren von Belang ‑ die Unterlassung der Vervielfältigung und Zurverfügungstellung sowie ein angemessenes Entgelt und Schadenersatz.
Das Erstgericht gab diesem Klagebegehren statt und verpflichtete die Beklagte zur Unterlassung, zur Zahlung von 600 EUR als angemessenem Entgelt und 1.500 EUR an Schadenersatz. Die Veröffentlichung des Lichtbildes auf Facebook enthalte keine Zustimmung der Klägerin zur Veröffentlichung des Lichtbildes, insbesondere nicht in manipulierter Form und mit einem Begleittext, der der Klägerin eine bestimmte sexuelle Ausrichtung unterstellt.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung abgesehen von einem ‑ nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens bildenden ‑ Veröffentlichungs-begehren. Die Ansprüche der Klägerin seien bereits auf Grundlage des § 78 UrhG berechtigt. Die Erklärungen der Klägerin gegenüber Facebook änderten an diesem Ergebnis nichts, weil sich daraus nicht ergebe, dass dritte Personen bestimmte Inhalte verwenden dürften. Auch aus dem Vorbringen der Beklagten, dass die Klägerin ihre sexuelle Ausrichtung öffentlich auslebe, lasse sich keine Einwilligung iSd § 7 Abs 2 Z 3 MedienG ableiten.
Rechtliche Beurteilung
Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
1.1. Bei dem durch § 78 UrhG geschützten Recht am eigenen Bild handelt es sich um ein Persönlichkeitsrecht iSd § 16 ABGB (RIS‑Justiz RS0123001). Durch diese Bestimmung soll jedermann gegen einen Missbrauch seiner Abbildung in der Öffentlichkeit geschützt werden, also insbesondere auch dagegen, dass er durch Verbreitung seines Bildnisses bloßgestellt, dass dadurch sein Privatleben der Öffentlichkeit preisgegeben oder sein Bildnis auf eine Art benützt wird, die zu Missdeutungen Anlass geben kann oder entwürdigend oder herabsetzend wirkt (RIS‑Justiz RS0078161).
1.2. Die Einbindung eines Bildnisses in eine Website erfüllt den Tatbestand des „Verbreitens“ ( A. Kodek in Kucsko , Urheber.recht 1062 mwN).
1.3. Der Schutz des § 78 UrhG greift insbesondere dann ein, wenn der Abgebildete ein berechtigtes Interesse am Unterbleiben der Veröffentlichung seines Bildnisses hat (4 Ob 20/08d). Schutzgegenstand dieser Bestimmung ist nicht die Abbildung an sich, sondern die damit verbundenen Interessen des Abgebildeten ( Walter , Urheber‑ und Verwertungsgesellschaftenrecht 15 [2015] 344).
2.1. Das Interesse am Unterbleiben einer Bildnisveröffentlichung kann jedoch mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung sowie dem Informationsinteresse der Allgemeinheit in Konflikt geraten. Daher ist zwischen dem Persönlichkeitsschutz des Abgebildeten und dem Veröffentlichungsinteresse des Mediums als Ausfluss der freien Meinungsäußerung eine Interessenabwägung vorzunehmen, welche bei einem im Kern wahren Sachverhalt regelmäßig zugunsten des Mediums ausschlägt (RIS‑Justiz RS0122489). Die vorzunehmende Interessenabwägung hat sich dabei stets am Einzelfall zu orientieren (4 Ob 162/13x), sodass es sich dabei in der Regel um keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO handelt.
2.2. Im Rahmen der hier gebotenen Interessenabwägung ist das betreffende Bildnis nicht isoliert zu beurteilen, sondern auch die Art der Verbreitung und der Rahmen, in welchem das Bild gestellt wurde, zu berücksichtigen (RIS‑Justiz RS0078077).
3.1. Die Veröffentlichung von Bildnissen in sozialen Netzwerken wie Facebook bewirkt regelmäßig nur eine bestimmte, vom Betroffenen gewünschte Öffentlichkeit (vgl auch RIS‑Justiz RS0125180; Esztegar , Zur Zulässigkeit der Verwendung von Facebook‑Profilinhalten in der medialen Berichterstattung lex:itec 2010, 16 [20]). Die Veröffentlichung durch ein Massenmedium setzt sich über diese Begrenztheit hinweg und vermag eine potentielle unbeschränkte raum‑ und zeitüberwindende Publizität herzustellen. Mit einer derartigen Veröffentlichung ist ein „Sphärensprung“ verbunden, der die Grenzen unterschiedlicher Sichtbarkeit der Person aufhebt (15 Os 81/09i SSt 2009/56 ‑ Kampusch/Diskothek III).
3.2. Dem bloßen Umstand, dass die Klägerin ihre Fotos auf Facebook öffentlich gepostet hat, ist aus Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers nicht der Erklärungswert zu entnehmen, dass sich die Klägerin auch mit der Verwendung ihrer Fotos in einem anderen Medium, das sich zwangsläufig zumindest teilweise an einen anderen Personenkreis richtet, und versehen mit Kommentaren zu ihrer sexuellen Einstellung sowie unter Manipulation eines der Fotos dadurch, dass eine die Klägerin küssende weitere weibliche Person hinzukopiert wurde, einverstanden erklärte.
3.3. Selbst wenn die Klägerin zu ihrer sexuellen Orientierung steht, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass sie auch mit der Verwendung ihrer Fotos in einem anderen Medium, noch dazu in teilweise manipulierter Form und mit Kommentaren über ihre sexuellen Präferenzen, einverstanden ist. Daher kann auch entgegen dem Vorbringen der beklagten Partei keine Rede davon sein, dass das Begehren der Klägerin als schikanös einzustufen wäre.
3.4. So hat das Oberlandesgericht Wien eine Veröffentlichung auf Facebook, viele Jahre zurückliegend eine lesbische Beziehung gehabt zu haben, noch nicht als Einwilligung zu einem Medienbericht, wonach die Betroffene lesbisch sei, qualifiziert (OLG Wien 17 Bs 125/14b MuR 2014, 181 ‑ Lesbe ).
3.5. Das Oberlandesgericht Köln (15 U 107/09) hat zwar im Hochladen eines Selbstbildnisses auf eine öffentliche Internetplattform eine zumindest konkludente Einwilligung in den Zugriff von Personensuchmaschinen erblickt; diese Auffassung kann aber jedenfalls nicht auf die Veröffentlichung geposteter Bildnisse in einem anderen Medium mit Manipulation einzelner Fotos und Hinzufügen eines die sexuelle Orientierung kommentierenden Begleittextes übertragen werden.
3.6. Mit der Veröffentlichung von Bildnissen in sozialen Netzwerken nimmt der Nutzer zwar in Kauf, dass die betreffenden Inhalte ‑ je nach über die Privatsphäre‑Einstellungen selbst modifizierbarer Reichweite der Einwilligung ‑ einer größeren Personenzahl aus dem Kreis der Nutzer der Plattform zugänglich sind. Darüber hinaus wird der Nutzer auch mit einer Verwendung im Rahmen von Vorschaubildanzeigen auf Suchmaschinen und ähnlichem rechnen, soweit dagegen keine technischen Vorkehrungen getroffen werden. Keinesfalls muss der Betroffene aber mit der Weiterverbreitung des Bildnisses auf anderen Medien rechnen.
3.7. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass gerade bei einem Eingriff in die Privat‑ oder Intimsphäre und bei Fällen von Selbstentblößung erhöhte Anforderungen an die Einwilligung in die Bildnisveröffentlichung zu stellen sind ( Rixecker in MünchKomm BGB 7 [2015] Anhang § 12 Rz 66). Für eine derartige Einwilligung hinsichtlich der Veröffentlichung in einem vom sozialen Netzwerk verschiedenen Drittmedium fehlt jede Grundlage.
4.1. An dieser Beurteilung können auch die vom Rechtsmittelwerber eingewendeten Geschäftsbedingungen von Facebook (Beil ./3) nichts ändern. Dort ist zwar auch davon die Rede, dass eine „nicht‑exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, gebührenfreie, weltweite Lizenz für die Nutzung jedweder IP‑Inhalte“ an Facebook übertragen wird. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass, wenn der Nutzer die Einstellung „öffentlich“ bei der Veröffentlichung von Inhalten verwendet, alle Personen einschließlich solcher, die Facebook nicht nutzen, auf diese Informationen zugreifen, sie verwenden und sie mit dem Namen und Profilbild des Nutzers assoziieren können. Im Hinblick auf diese Formulierung lässt sich die zu den deutlich anders formulierten Geschäftsbedingungen von YouTube ergangene Entscheidung 4 Ob 82/14h auf den vorliegenden Fall nicht unmittelbar übertragen.
4.2. Mit der zitierten ‑ zudem terminologisch und sachlich offenbar an der deutschen, nicht an der österreichischen Rechtslage orientierten (vgl Mülleder , Datenschutz und Privatsphäre in Social Networks am Beispiel von Facebook, SPRW 2014, 471 [492 ff]) ‑ Formulierung wird nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass damit auch die Zustimmung zur Veröffentlichung geposteter Inhalte in einem anderen Medium erteilt wird.
4.3. Die Formulierung der Geschäftsbedingungen, dass Dritte auf die Inhalte zugreifen „ können “, kann auch als (zutreffender) Hinweis auf die diesbezügliche faktische Möglichkeit verstanden werden, bringt aber nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zum Ausdruck, dass Dritten eine derartige Nutzung auch gestattet ist. Der Verweis der beklagten Partei auf andere Sprachfassungen der Geschäftsbedingungen von Facebook ist in diesem Zusammenhang irrelevant, weil die Klägerin als Österreicherin nicht verpflichtet war, die unterschiedlichen Sprachfassungen der Geschäftsbedingungen von Facebook miteinander zu vergleichen.
4.4. Im Übrigen erstreckt sich die Zustimmung im Rahmen der AGB lediglich auf die Zurschaustellung der Bildnisse in den Ergebnisseiten von Suchmaschinen und ähnlichem. Die Veröffentlichung auf fremden Websites oder im Rahmen anderer Medien ist von dieser Zustimmung nicht gedeckt ( Specht in Dreier/Schulze , Urheberrechtsgesetz 5 KUG § 22 Rz 18; Fricke in Wandke/Bullinger , Praxiskommentar zum Urheberrechtsgesetz 4 § 22 Rz 17). Eine zu weite ‑ noch dazu unentgeltliche ‑ Rechteeinräumung in AGB in diesem Zusammenhang könnte zudem wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot unwirksam sein (vgl Lauber‑Ronsberg , Das Recht am eigenen Bild in sozialen Netzwerken, NJW 2016, 744 [749]).
5.1. Bei Unklarheiten über die Reichweite der erteilten Einwilligung ist nach herrschender Auffassung auf die urheberrechtliche Zweckübertragungstheorie abzustellen, nach welcher der Berechtigte im Zweifel nur jene Rechte erwirbt, welche für den praktischen Zweck der Veröffentlichung erforderlich sind. Entscheidend ist daher letztlich Zweck und Rahmen der Bildnisveröffentlichung ( Guggenbichler in Ciresa , Österreichisches Urheberrecht § 78 Rz 37; vgl auch RIS‑Justiz RS0077766, RS0078128; aus dem deutschen Schrifttum etwa Fricke in Wandke/Bullinger , Praxiskommentar zum Urheberrechtsgesetz 4 § 22 Rz 17).
5.2. Hierbei ist nach der Rechtsprechung ein strenger Maßstab anzulegen. So rechtfertigt selbst die Übergabe von Bildnissen an ein Medium noch nicht deren Veröffentlichung in jedweden Zusammenhang (4 Ob 102/14z). Auch wurde die Veröffentlichung von Bildnissen in Kombination mit nicht als Symbolfotos gekennzeichneten Nacktfotos dritter Personen als unzulässiger Eingriff qualifiziert (4 Ob 162/13x). Im Zweifel ist die Verwendung in einem anderen Kontext als dem ursprünglichen nicht von der Einwilligung umfasst ( Walter , Österreichisches Urheberrecht [2008] Rz 1707; Herrmann in Gersdorf/Paal , Beck´scher Online‑Kommentar Informations‑ und Medienrecht KunstUrhG § 22 Rz 25).
5.3. Auch bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe erweist sich sohin die gegenständliche Veröffentlichung jedenfalls als unzulässig. Daher bedarf es im vorliegenden Fall keines Eingehens auf die Frage, inwieweit die Rechtsprechung des BGH, wonach ein Berechtigter, welcher Texte und Bilder im Internet ohne Einschränkung frei zugänglich mache, mit den nach den Umständen üblichen Nutzungshandlungen rechnen müsse (BGH I ZR 69/08 - „ Vorschaubilder “), auch auf den (persönlichkeitsrechtlichen) Bildnisschutz zu übertragen ist (dazu Specht in Dreier/Schulze , Urheberrechtsgesetz 5 [2015] KUG § 22 Rz 18).
6.1. Aus den dargelegten Erwägungen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagten ein Werknutzungsrecht iSd § 18a UrhG eingeräumt wurde, fehlt doch jede Grundlage für die Annahme, dass mit dem Posten auch eine Einwilligung zur kommerziellen Nutzung der geposteten Inhalte durch Dritte verbunden war.
6.2. Unerheblich ist, ob die Klägerin mit dem Posten ihres Lichtbildes seinerzeit selbst eine Urheberrechtsverletzung begangen hat. Keinesfalls berechtigte dies die Beklagte, ihrerseits die Lichtbilder zu verwenden. Im Übrigen hat sich die Klägerin nachträglich erfolgreich um die Erlangung der Nutzungsrechte bemüht.
7. Zusammenfassend bringt die Beklagte sohin keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.
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