OGH 3Ob213/15t

OGH3Ob213/15t20.1.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Dr. Klaus Dengg, Mag. Stefan Geisler und Mag. Markus Gredler, Rechtsanwälte in Zell am Ziller, wider die beklagte Partei L*****, vertreten durch Ullmann‑Geiler & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen (eingeschränkt) 73.544,10 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 11. August 2015, GZ 4 R 104/15y‑72, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 27. April 2015, GZ 15 Cg 239/07k‑66, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Der Kläger betreibt ein Malerunternehmen. Im Jahr 2004 ließ der Beklagte sein Hotel umbauen und um einen Zubau erweitern. Nach einer Ausschreibung schlossen die Parteien am 4. August 2004 einen Werkvertrag über die Vollwärmeschutz‑ und Malerarbeiten beim Bauvorhaben des Beklagten. Da es nach Arbeiten im Jahr 2004 im Frühjahr 2005 im Hotel zu Wassereintritten kam, wurden Sanierungsmaßnahmen vorgenommen. Der Kläger war daran insoweit beteiligt, als er den Vollwärmeschutz im Sockelbereich erneuerte und die von ihm ursprünglich verlegten Dämmplatten gegen andere austauschte. Der Wassereintritt ist nicht auf mangelhafte Arbeiten oder mangelhaftes Material des Klägers zurückzuführen.

Der Kläger arbeitete aber weder bei der Ausführung der ursprünglichen Arbeiten noch bei den Sanierungsarbeiten, die vom Erstgericht auf den Seiten 13 bis 18 des Urteils im Einzelnen detailliert festgestellt wurden, fachgerecht; die Mängel bestehen bis heute. Jeder dieser Mängel ist vom Kläger grundsätzlich verbesserbar. Der Behebungsaufwand für jene Mängel, die dem Kläger zuzuordnen sind, beträgt 33.600 EUR. Bei der Behebung der Mängel ist der Kläger davon abhängig, dass andere Professionisten entsprechende Vorarbeiten leisten. Lediglich bei der Anbringung von Anschlussfugen bei der Wärmedämmung ist keine Vor‑ oder Nachleistung eines anderen Professionisten notwendig, wobei der Verbesserungsaufwand in diesem Punkt (richtig [vgl ON 58 S 3 und 4]) 1.440 EUR brutto beträgt.

Auch wenn der Kläger seine Leistungen sach- und fachgerecht erbracht hätte, wären mit Sicherheit Schäden aufgrund der Ausführungsmängel bei anderen Gewerken entstanden.

Der Beklagte hat mittlerweile einen „Sanierungsarchitekten“ mit der Sanierung seines Hotels beauftragt. Dieser führte mit einem anderen, am Zu‑ und Umbau beteiligten Professionisten ein Gespräch, das ergab, dass er derzeit nicht daran interessiert ist, irgendwelche Vorleistungen für die Sanierungsmaßnahmen des Klägers zu erbringen. Der Beklagte will, dass der Kläger im Rahmen der nunmehr organisierten Gesamtsanierung des Hauses die ihn treffenden Mängel behebt. Der Kläger ist dazu im Rahmen der nunmehr durchgeführten Gesamtsanierung grundsätzlich bereit.

Nicht festgestellt werden konnte, ob der Kläger den Beklagten aufgefordert hat, eine Ersatzvornahme der für die Verbesserungsarbeiten notwendigen Vorarbeiten zu organisieren, um die Mängelbehebung zu ermöglichen.

Der Kläger begehrt die Zahlung seines Werklohns von (eingeschränkt) 73.544,10 EUR für die fachgerecht ausgeführten Arbeiten. Nach Vorliegen des Gutachtens des Sachverständigen brachte er vor, er könne die ihm vom Sachverständigen zugeordneten Mängel ohne Vorleistung anderer Professionisten nicht beseitigen; dies mit Ausnahme eines geringfügigen Verbesserungsaufwandes von 1.440 EUR, der für sich allein den Einwand der mangelnden Fälligkeit nicht rechtfertige. Versuche des Klägers, andere beteiligte Professionisten zu bewegen, die für die Mängelbehebung durch den Kläger notwendigen Vorleistungen im Rahmen der Gewährleistung unentgeltlich zu erbringen, seien gescheitert. Daher sei davon auszugehen, dass die Mängelbehebung für den Kläger weitestgehend unmöglich sei.

Der Beklagte bestritt und erwiderte, auch der Kläger habe eine kausale Ursache für den Wasserschaden von ca 80.000 EUR gesetzt, der compensando eingewendet wurde. Es lägen zahlreiche ‑ im Einzelnen spezifizierte ‑ Mängel vor. Jeder dieser Mängel sei vom Kläger verbesserbar. Da das Gewerk des Klägers nach wie vor mangelhaft sei, sei der Werklohn nicht fällig. In Anbetracht des Umstands, dass der Beklagte eine Mängelbehebung durch den Kläger wünsche und aktuell ein „Sanierungsarchitekt“ mit der weiteren Erhebung von Mängeln und der Koordinierung der entsprechenden Sanierungsarbeiten beauftragt sei, stelle die geforderte Mängelbehebung weder einen unverhältnismäßigen Aufwand dar noch sei von einer Unmöglichkeit der Leistung auszugehen. Falls erforderlich, habe der Kläger zur Mängelbehebung andere Professionisten beizuziehen, weil er die Mängel schuldhaft zu vertreten habe. Für den Beklagten sei das Gewerk des Klägers in seiner jetzigen Form jedenfalls wertlos. Der Kläger habe schuldhaft seine aus § 1168a ABGB erfließende Warnpflicht verletzt.

Das Erstgericht wies die Klage auf der Grundlage des eingangs dargestellten Sachverhalts ab. Davon ausgehend, dass der Beklagte vom Kläger nicht aufgefordert worden sei, Vorarbeiten für seine Verbesserung zu organisieren, stelle diese Unterlassung kein Verschulden des Beklagten dar. Daher könne er sein Leistungsverweigerungsrecht geltend machen. Eine Unmöglichkeit der Verbesserung bestehe nicht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ es zu.

Es sei Sache des Beklagten, durch entsprechende Veranlassungen die Verbesserungsarbeiten des Klägers zu ermöglichen. Zur Frage, ob der Beklagte als Werkbesteller Anstrengungen unternommen habe, um die Ersatzvornahme der notwendigen Vorarbeiten zu organisieren, habe das Erstgericht keine Feststellungen getroffen. Sollte sich ergeben, dass der Beklagte als Werkbesteller in Kenntnis des Umstands, dass Ersatzvornahmen zu organisieren seien, um dem Kläger eine Verbesserung seiner Arbeiten zu ermöglichen, untätig geblieben sei, werde er so zu stellen sein, als ob er kein Verbesserungsbegehren erhoben habe. Wenn nämlich der Besteller die zunächst geforderte Verbesserung des Werks nicht zulasse oder sonst vereitle, stehe dem Unternehmer in der Regel der unter Berücksichtigung der Mängel geminderte Werklohn zu, weil er so zu behandeln sei, als hätte er gar keine Verbesserung verlangt. Sollte sich ergeben, dass der Beklagte als Werkbesteller die für die Verbesserungsarbeiten des Klägers erforderlichen Ersatzvornahmen bereitgestellt, der Kläger jedoch keine vollständige Verbesserung seines Gewerks geleistet habe, hätte dies hingegen zur Folge, dass der Kläger mit seinen Gewährleistungspflichten in Verzug geraten sei. Erst dann wäre der Beklagte befugt, auf die Gewährleistungsbehelfe der zweiten Stufe (hier: Preisminderung) umzusteigen. Im Fall der (teilweisen) Fälligkeit des Werklohns müssten Feststellungen zu einer allfälligen Wertminderung der Leistung des Klägers sowie zur Differenz zwischen dem Wert der mangelhaften und jenem der mängelfreien Leistung getroffen werden.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei gemäß § 519 Abs 1 Z 2 iVm § 502 Abs 1 ZPO zulässig, weil zur Frage, ob dem Werkunternehmer im Falle der Vereitlung der Verbesserung der volle oder nur der um die Mängel verminderte Entgeltanspruch zustehe, eindeutige Judikatur zur Rechtslage nach dem GewRÄG nicht vorliege.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Beklagten, mit dem er die Wiederherstellung des klageabweisenden Ersturteils anstrebt. Er macht zusammengefasst geltend, es könne ihm eine Unterlassung der Organisation der Vorarbeiten nicht vorgeworfen werden. Wegen der Negativfeststellung zu einer diesbezüglichen Aufforderung durch den Kläger sei davon auszugehen, dass der fachunkundige Beklagte nicht dazu angeleitet worden sei, konkrete Vorarbeiten zu veranlassen. Wegen der noch immer bestehenden Mängel komme ihm daher nach wie vor das Leistungsverweigerungsrecht zu.

Dem hält der Kläger in seiner Rekursbeantwortung entgegen, es sei Sache des Beklagten, ohne Aufforderung durch den Kläger dessen Verbesserung zu ermöglichen. Die diesbezügliche Negativfeststellung sei daher irrelevant. Da der Beklagte so zu behandeln sei, als hätte er gar keine Verbesserung begehrt, sei der volle Werklohn fällig. Dessen Kürzung würde nämlich bedeuten, dass dem Kläger ‑ entgegen dem Vorrang der Verbesserung ‑ vom Beklagten durch Untätigkeit eine Preisminderung aufgezwungen würde. Es bedürfe auch nicht der vom Berufungsgericht verlangten Ergänzung des Sachverhalts. Aus dem Akt und den getroffenen Feststellungen sowie der am 1. Juni 2010 geschlossenen Vereinbarung ergebe sich nämlich ohnehin, dass der Beklagte seiner Verpflichtung zur Organisation der für die Mängelbehebung durch den Kläger erforderlichen Vorarbeiten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 9. Dezember 2014 nicht nachgekommen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Klägers ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, im Ergebnis jedoch nicht berechtigt.

1. Voranzustellen ist Folgendes:

1.1. Schon das Berufungsgericht hat ‑ zutreffend und unbeanstandet ‑ klargestellt, dass

‑ die eingeschränkte Klageforderung von 73.544,10 EUR der Höhe nach unstrittig ist (sie setzt sich aus 35.155,12 EUR für Arbeiten am Vollwärmeschutz sowie Gerüstbau und 38.388,98 EUR für Malerarbeiten [vgl ON 21 S 2] zusammen) und dass

‑ sich eine Prüfung der vom Beklagten aus einem Wassereintritt im Jahr 2005 abgeleiteten Gegenforderung schon deshalb erübrigt, weil unbekämpft feststeht, dass der Kläger dafür nicht verantwortlich ist.

1.2. Der Beklagte kommt im Rekurs auf eine Warnpflichtverletzung des Klägers iSd § 1168a ABGB nicht mehr zurück, weshalb anzunehmen ist, dass er diesen Einwand fallengelassen hat, und darauf nicht weiter einzugehen ist.

1.3. Die im Anschluss an EuGH‑Judikatur zur Verbrauchergüterkauf‑RL 1999/44/EG (verbundene Rechts-sachen C‑65/09 [Weber] und C‑87/09 [Putz]) ergangene Judikatur des Obersten Gerichtshofs, dass die Gewährleistungspflicht aufgrund einer mangelhaft gelieferten Sache auch den Ersatz der Ein- und Ausbaukosten umfasst (4 Ob 80/12m; RIS‑Justiz RS0127994; vgl auch 9 Ob 64/13x), ist hier nicht einschlägig. Der Oberste Gerichtshof hat schon klargestellt, dass die richtlinienkonforme Auslegung des § 932 Abs 2 ABGB auf Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern beschränkt ist (RIS‑Justiz RS0129424, 7 Ob 94/14w). Im Anlassfall ist aber ‑ wie schon das Berufungsgericht hervorhob ‑ ein zwischen zwei Unternehmern geschlossener Werkvertrag zu beurteilen.

2. Die Rechtsansicht des Beklagten, er sei nicht gehalten gewesen, Vorarbeiten zu organisieren, um so dem Kläger die Verbesserung der von ihm zu vertretenden Mängel zu ermöglichen, trifft nicht zu.

2.1. Verbesserungsansprüche sind nichts anderes als in besonderer Gestalt erhalten gebliebene Erfüllungsansprüche und sollen zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands führen (RIS‑Justiz RS0018483; RS0018475), weshalb vom Verbesserungspflichtigen nicht mehr verlangt werden kann als das, wozu er sich im Werkvertrag verpflichtet hat (2 Ob 355/98i; RIS‑Justiz RS0018475 [T1]; Zöchling‑Jud in Kletečka/Schauer ABGB‑ON1.02 § 932 ABGB Rz 6; Rebhahn/Kietaibl in Schwimann/Kodek ABGB4 § 1167 Rz 61).

Schon daran scheitert die Annahme einer Verpflichtung des Werkunternehmers (Übergebers), Vor‑ (und auch Nach‑)arbeiten durchzuführen/durchführen zu lassen, die notwendig sind, um ihm die Behebung der Mängel an seinem Gewerk zu ermöglichen, aber ein anderes Gewerk betreffen und deshalb außerhalb seiner werkvertraglichen Verpflichtung liegen. In diesem Fall ist es Sache des Werkbestellers (Übernehmers), dafür zu sorgen, dass dem dazu bereiten Werkunternehmer die Vornahme der Verbesserung ermöglicht wird (vgl 2 Ob 355/98i; Rebhahn/Kietaibl ABGB4 § 1167 Rz 61).

Die dem Werkbesteller dadurch entstehenden Kosten sind Mangelfolgeschäden, die ‑ Verschulden des Werkunternehmers vorausgesetzt ‑ von diesem im Wege des Schadenersatzes verlangt werden können (Zöchling‑Jud ABGB‑ON1.02 § 932 ABGB Rz 13; Ofner in Schwimann/Kodek ABGB4 § 932 ABGB Rz 16; P. Bydlinski in KBB4 § 932 ABGB Rz 12).

Nach den Feststellungen ist eine Behebung der Mängel durch den Kläger ‑ mit einer Ausnahme ‑ davon abhängig, dass andere Professionisten Vorarbeiten leisten. Diese, von den werkvertraglich übernommenen Pflichten des Klägers nicht erfassten Leistungen durch Dritte waren und sind deshalb vom Beklagten zu veranlassen.

2.2. Im Sinn der dargestellten Rechtslage trafen die Parteien während des laufenden Prozesses am 1. Juni 2010 ohnehin eine ausdrücklich so bezeichnete „Vereinbarung“ (einschließlich des einfaches Ruhens [Tagsatzung ON 10]). Damit erklärte der Beklagte nicht nur einen Verjährungsverzicht bis zum 31. Dezember 2012, sondern übernahm es auch, einen Architekten mit der Erstellung eines Sanierungskonzepts zu beauftragen, das bis Ende 2010 „stehen“ sollte und für die Abstimmung mit den weiters beteiligten Professionisten zu sorgen.

In seinem Fortsetzungsantrag vom 29. Juli 2011 machte der Kläger dem Beklagten zum Vorwurf, die vereinbarte Vorgangsweise nicht bzw nur schleppend umzusetzen und ihn nicht über den Fortgang der Sanierungsbemühungen zu informieren. Diese Behauptungen hat der Beklagte in der Folge nie substantiiert bestritten; da sie für ihn offenbar leicht widerlegbar sein müssten, haben sie daher als zugestanden zu gelten (RIS‑Justiz RS0039927); der Beklagte versuchte auch nicht, die behaupteten Säumnisse rechtzufertigen. Erst in seinem Schriftsatz vom 3. Dezember 2014 trug der Beklagte zu diesem Thema vor, es sei „aktuell ein Sanierungsarchitekt mit der weiteren Erhebung von Mängeln und Koordinierung der entsprechenden Sanierungsarbeiten beauftragt“. Dies zeigt, dass sich der Beklagte nach wie vor an die Vereinbarung vom 1. Juni 2010 gebunden und die Koordinierung der Sanierung als seine Aufgabe erachtet.

Für den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz (9. Dezember 2014) ist somit davon auszugehen, dass der Beklagte die in dieser Vereinbarung gegenüber dem Kläger eingegangene Verpflichtung, für ein Sanierungskonzept als Grundlage einer Mängelbehebung (auch) des Klägers zu sorgen, noch immer nicht erfüllt hatte.

2.3. Darausergeben sich folgende rechtliche Konsequenzen:

Zum einen war eine Aufforderung des Beklagten durch den Kläger, die für seine Mängelbehebung erforderlichen Vorarbeiten zu veranlassen, jedenfalls seit der Einigung vom 1. Juni 2010 überflüssig, weil der Beklagte die Organisation der Sanierung mit fachkundiger Hilfe mit dieser Vereinbarung vertraglich übernommen hat und schon deshalb von sich aus tätig zu werden hatte. Die vom Erstgericht dazu getroffene Negativfeststellung ‑ der ohnehin jede Grundlage im erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien fehlt ‑ erweist sich somit als rechtlich bedeutungslos.

Zum anderen trifft den Beklagten jedenfalls der Vorwurf, die ihm obliegende Kooperation zur Bewerkstelligung der Mängelbehebung durch den Kläger unterlassen zu haben. Der vom Berufungsgericht für erforderlich gehaltenen Ergänzung des Sachverhalts zum Verhalten des Beklagten bei der Organisation der Sanierung bedarf es daher nicht.

2.4. Diese Unterlassung der nötigen Kooperation des beklagten Werkbestellers führt zum Erlöschen seines Leistungsverweigerungsrechts (1 Ob 93/11z; 4 Ob 163/11s; 2 Ob 237/14p; RIS‑Justiz RS0019929 [T18]; Verschraegen in Kletečka/Schauer ABGB‑ON1.03 § 1052 ABGB Rz 31 mwN). Dem vom Beklagten aus dem Weiterbestehen von Mängeln abgeleiteten Einwand der mangelnden Fälligkeit des gesamten eingeklagten Werklohns kommt deshalb für jene Mängel, deren Behebung Vorarbeiten anderer Professionisten bedarf, keine Berechtigung zu.

2.5. Davon nicht betroffen ist nur der Mangel aufgrund der klaffenden Fugen beim Anschluss der Wärmedämmung an die Holzkonstruktion des Dachstuhls, die vom Kläger ohne Vor‑ und Nachleistungen anderer Professionisten saniert werden könnten, was er bisher jedoch unterlassen hat.

Da der dafür notwendige Aufwand von 1.440 EUR aber nur rund 2 % des gesamten eingeklagten Werklohns von 73.544,10 EUR, bzw nur rund 4 % des auf den Vollwärmeschutz entfallenden Teils von 35.155,12 EUR ausmacht, scheitert hier ein volles Leistungsverweigerungsrecht (für den gesamten Klagebetrag) am Schikaneverbot (vgl 6 Ob 77/12k mwN; RIS‑Justiz RS0020161; RS0021730).

3. Zu prüfen bleibt somit, ob der restliche Werklohn in der Höhe von (73.544,10 EUR minus 1.440 EUR =) 72.104,10 EUR dem Kläger ungekürzt oder wegen der weiter bestehenden Mängel gekürzt zuzusprechen ist.

3.1. Der Oberste Gerichtshof hat im Zusammenhang mit der Verhinderung der Mängelbehebung durch den Werkbesteller durch ungenügende Kooperation und/oder Stellung ungerechtfertigter Bedingungen bereits judiziert, dieser verliere dadurch zwar die Einrede des nicht erfüllten Vertrags, nicht jedoch den Verbesserungsanspruch (7 Ob 543/76; 1 Ob 93/11z; 2 Ob 237/14p). Wenn der Besteller die zunächst geforderte Verbesserung des Werks nicht zulässt oder sonst vereitelt, steht dem Unternehmer in der Regel das volle Entgelt zu, weil das Verhalten des Bestellers nicht anders zu beurteilen ist, als hätte er gar keine Verbesserung verlangt (RIS‑Justiz RS0021814).

3.2. Die werkvertragliche Norm des § 1168 Abs 1 S 1 ABGB sieht einen Entgeltanspruch des zur Leistung bereiten Werkunternehmers vor, wenn die Ausführung des Werks durch Umstände in der Sphäre des Werkbestellers unterbleibt; er muss sich dabei anrechnen, was er infolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Diese Bestimmung ist nicht nur für den Fall anzuwenden, dass der Unternehmer an der Ausführung des Werks überhaupt gehindert war, sondern auch dann, wenn die geforderte Verbesserung durch den Besteller verhindert oder nicht zugelassen wurde (1 Ob 540/89; Rebhahn/Kietaibl in Schwimann/Kodek ABGB4 § 1168 Rz 25; Reiner in Schwimann TaKom3 § 1168 ABGB Rz 14).

3.3. Im Anlassfall ist die Verbesserung durch den dazu bereiten Kläger über mehrere Jahre deshalb unterblieben, weil sich der Beklagte, der die Mängelbehebung vom Kläger verlangt, für die Organisation der Vorarbeiten durch Dritte rechtsirrig für nicht zuständig erachtete, also aus Umständen in seiner Sphäre. Es wäre unangemessen, den Beklagten angesichts der zahlreichen am Zubau bestehenden Mängel, die nicht nur vom Kläger zu vertreten sind und die Sanierung zu einer komplexen Angelegenheit machen, so zu behandeln, als hätte er Verbesserung nie verlangt (oder nur zum Schein); dies würde auch zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des mangelhaft leistenden Klägers führen.

3.4. Die Anwendung des § 1168 Abs 1 S 1 ABGB auf diese Konstellation erweist sich demgegenüber als im Ergebnis sachgerecht, weil damit einerseits zugunsten des Klägers als Werkbesteller der Vorrang der Verbesserung insofern gewahrt wird, als er vermögensmäßig so gestellt wird, als hätte er die ihm obliegende Mängelbehebung selbst durchführen können; andererseits bleibt die weiterbestehende Mangelhaftigkeit des Gewerks nicht unberücksichtigt, weil der aufrecht gebliebene Verbesserungsanspruch des Beklagten doch zum Tragen kommt.

Das selbe Ergebnis wird von der Judikatur auch dann erzielt, wenn der Werkbesteller die Verbesserung voreilig selbst vornimmt, ohne dem Werkunternehmer eine Verbesserungsmöglichkeit einzuräumen. Danach kann dem Willen des Gesetzgebers nicht entnommen werden, dass der in § 932 Abs 2 und 4 ABGB normierte „Vorrang der Verbesserung“ die Konsequenz haben solle, dass der Übernehmer bei „voreiliger Selbstvornahme“ der Verbesserung endgültig mit den gesamten Kosten belastet bleiben soll. Er kann vielmehr seinen Aufwand insoweit ersetzt verlangen, als dieser auch den Übergeber getroffen hätte, wenn ihm die im Gesetz grundsätzlich vorgesehene „Chance zur zweiten Andienung“ eingeräumt worden wäre (7 Ob 228/14a; RIS‑Justiz RS0123968; RS0123969). Auch in dieser Konstellation bleibt also der (fiktive) Mängelbehebungsaufwand des Werkunternehmers nicht unberücksichtigt.

3.5. Da die Verbesserung durch den Werkunternehmer selbstverständlich unentgeltlich vorzunehmen ist (Zöchling‑Jud ABGB‑ON1.02 § 932 ABGB Rz 11; Ofner in Schwimann/Kodek ABGB4 § 932 Rz 12; Hödl in Schwimann TaKom3 § 932 ABGB Rz 3; vgl § 8 Abs 3 KSchG), besteht die Ersparnis des Klägers durch das Unterbleiben der Mängelbehebung darin, dass er den Aufwand dafür nicht tragen muss, der ihm vom Beklagten nicht zu ersetzen gewesen wäre. Daher ist dieser fiktive Mängelbehebungsaufwand iSd § 1168 Abs 1 S 1 ABGB vom Werklohn abzuziehen (vgl Kletečka in Kletečka/Schauer ABGB‑ON1.03 § 1168 ABGB Rz 31).

3.6. Das Erstgericht hat festgestellt, dass der Behebungsaufwand, der für Mängel entsteht, die dem Kläger zuzuordnen sind, 33.600 EUR beträgt. Bei Bedachtnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen dazu (ON 58 S 3 f) ergibt sich daraus nur, dass in diesem Betrag der unter Punkt 2.4. angesprochene Behebungsaufwand von 1.440 EUR und die Mehrwertsteuer enthalten sind, nicht jedoch, ob der Sachverständige jenen Aufwand ermittelt hat, der auch den Kläger als Unternehmer getroffen hätte, wenn er die Verbesserung selbst hätte vornehmen können, oder ob der Aufwand berechnet wurde, der dem Beklagten bei Beauftragung einer Drittfirma entstanden wäre.

4. Nur in diesem Umfang, dh zum dem Kläger erspart gebliebenen Verbesserungsaufwand, bedarf es daher der Ergänzung des erstgerichtlichen Verfahrens; alle anderen Streitpunkte sind abschließend erledigt. Die Aufhebung des Ersturteils durch das Berufungsgericht erweist sich somit im Ergebnis als zutreffend, weshalb es dabei zu bleiben hat.

5. Die Kostenentscheidung beruht angesichts der Erfolglosigkeit der zulässigen Rekurse auf § 52 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0035976).

Stichworte