European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00202.15G.1215.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.891,44 EUR (darin 315,24 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei ist eine private Bahngesellschaft, die mit Verbrauchern regelmäßig in rechtsgeschäftlichen Kontakt tritt und seit Dezember 2011 Personenverkehrsverbindungen auf der Westbahnstrecke zwischen Wien und Salzburg anbietet. Dabei wirbt sie auch mit einer sogenannten Kilometerbank, im Rahmen derer zwischen 1.000 und 10.000 Kilometern zu einem jeweils fixen Preis elektronisch gekauft werden können.
Sie führt dazu auf ihrer Website unter anderem wie folgt aus:
„Kaufen Sie Zugkilometer im Voraus und sparen Sie gegenüber dem Einzelpreis! Für jede Fahrt wird eine festgelegte Anzahl an Kilometern abgebucht. Bei der ersten Nutzung wird Ihr Guthaben auf eine Plastikkarte übertragen, die Sie jederzeit wieder aufladen können
[...]
Was ist eine Kilometerbank?
Mit der Kilometerbank kaufen Sie Zugkilometer im Voraus. Diese können Sie für sich oder mehrere Personen verwenden, unabhängig von der Strecke. Pro Fahrt und Person wird eine festgelegte Anzahl an Kilometern abgebucht.
Ihre Online gekaufte Kilometerbank wird bei der ersten Verwendung im Zug gegen eine Plastikkarte eingetauscht, die Sie jederzeit wieder aufladen können.
Ihr Kilometerguthaben ist zwei Jahre ab Kaufdatum gültig und kann beliebig an dritte Personen übertragen werden. Es ist bis vor der erstmaligen Inanspruchnahme über www. ***** .at oder Customer Care Center der W***** unentgeltlich stornierbar. Eine Erstattung der Kilometerbank nach erstmaliger Inanspruchnahme ist nicht möglich. Die aktuelle Kilometerbank-Matrix finden Sie in den allgemeinen Tarifbestimmungen.“
Die „Allgemeinen Tarifbestimmungen“ der beklagten Partei enthalten unter anderem folgende Klauseln:
„Die Kilometerbank der W***** stellt als eigenständiges Produkt eine Prepaid-Karte dar. Diese kann als Zahlungsmittel im Zug verwendet werden. Dabei wird je nach gewünschter Einheit ein Beförderungsguthaben aufgebucht. Je nach gefahrener Strecke werden von diesem Tarifkilometerguthaben die aus der Tabelle ersichtlichen Tarifkilometer abgebucht. Das Tarifkilometerguthaben ist 24 Monate ab Kaufdatum gültig. Bei der Inanspruchnahme der Kilometerbank als Zahlungsmittel im Zug wird die nachfolgende Tarifkilometeranzahl abgezogen:
[Anm: In einer darunter platzierten Tabelle werden Tarifkilometerzahlen für bestimmte Strecken angegeben, die sich nicht mit den realen Streckenkilometern decken]
[...]
Stornierung und Erstattung:
Kilometerbanken gemäß diesen Tarifbestimmungen sind bis vor der erstmaligen Inanspruchnahme über www. ***** .at oder das Customer Care Center der W***** unentgeltlich stornierbar. Eine Erstattung der Kilometerbank nach erstmaliger Inanspruchnahme ist nicht möglich.
[...]
Schlussbestimmungen:
1. Für alle Streitigkeiten in Zusammenhang mit diesen Beförderungsbedingungen, die sich aus der Beförderung ergeben, ist als ausschließlicher Gerichtsstand das sachlich zuständige Gericht in Wien vereinbart.
2. W***** behält sich vor, die oben genannten
Tarifbestimmungen im Bedarfsfall abzuändern. Die Änderungen treten nach Veröffentlichung in Kraft und werden von der W***** gemeinsam mit einer Zusammenfassung der jeweils wichtigsten Tarifänderungen sowie mit den bis zu einem Jahr alten Fassungen der Tarife online auf www. ***** .at bekanntgegeben.“
Die klagende Partei, ein gemäß § 29 Abs 1 KSchG klagebefugter Verband, begehrte in Punkt 1 seiner Klage, der beklagten Partei die Erweckung des unrichtigen Eindrucks zu untersagen, sie biete mit dem Erwerb der Kilometerbank „bestimmte Streckenlängen zum Kauf auf Vorauszahlung“ an, etwa durch Ankündigungen wie „Mit der Kilometerbank kaufen Sie Zugkilometer im Voraus“, wenn sich die beklagte Partei die Erhöhung der für bestimmte Strecken definierten notwendigen Kilometer vorbehalte. Die Angaben zur Kilometerbank seien irreführend, weil sie den Eindruck erweckten, dass ein Kunde dabei ein Guthaben für eine bestimmte Fahrstrecke erwerbe. Die beklagte Partei rechne aber das für die Kilometerbank geleistete Kaufentgelt nur auf den im Zeitpunkt der tatsächlichen Leistung jeweils aktuellen Streckenpreis an. Der Kunde leiste somit nur eine Vorauszahlung auf einen im Kaufzeitpunkt noch nicht definierten Fahrpreis, was sich aus den Ausführungen auf der Website für einen durchschnittlichen Verbraucher nicht erschließe.
In Punkt 2 ihres Klagebegehrens begehrte die klagende Partei, der beklagten Partei die Verwendung mehrerer Klauseln zu untersagen. Die Klauseln verstießen gegen Bestimmungen des KSchG und seien teilweise gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB und zudem überraschend und nachteilig iSd § 864a ABGB.
Schließlich begehrte die klagende Partei die Veröffentlichung des klagsstattgebenden Teils des Urteils auf der Website der beklagten Partei und in einer Samstagsausgabe der „Kronen Zeitung“.
Die beklagte Partei bestritt irreführende Angaben zur Kilometerbank und wies darauf hin, dass der Kunde bei deren Verwendung einen hohen Rabatt erhalte. Es handle sich um eine Prepaid‑Karte, also um einen Gutschein, der als Alternative zu Geld als Zahlungsmittel verwendet werden könne. Eine allfällige Täuschung sei für die Kaufentscheidung nicht relevant. Die beanstandeten Klauseln verstießen nicht gegen das KSchG oder §§ 864a, 879 Abs 3 ABGB.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren zur Gänze und dem Urteilsveröffentlichungsbegehren weitgehend statt. Die Veröffentlichung des über Punkt 2 des Klagebegehrens ergangenen Urteils in der „Kronen Zeitung“ wies es unbekämpft ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil es sich um vom Obersten Gerichtshof bisher noch nicht beurteilte Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen handle, die für einen großen Personenkreis bestimmt seien.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Revision der beklagten Partei ist aus dem vom Berufungsgericht angegebenen Grund zulässig. Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
I. Zur behaupteten Irreführung nach UWG
1. Die Vorinstanzen sind im Zusammenhang mit den Angaben der beklagten Partei zur Kilometerbank zutreffend von einer irreführenden Geschäftspraktik nach § 2 UWG ausgegangen.
2.1 Beim Irreführungstatbestand ist zu prüfen, (a) wie ein durchschnittlich informierter und verständiger Interessent für das Produkt, der eine dem Erwerb solcher Produkte angemessene Aufmerksamkeit aufwendet, die strittige Ankündigung versteht, (b) ob dieses Verständnis den Tatsachen entspricht, und ob (c) eine nach diesem Kriterium unrichtige Angabe geeignet ist, den Kaufinteressenten zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte (RIS‑Justiz RS0123292).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
2.2 Bei der im Rahmen der rechtlichen Beurteilung (vgl Erwägungsgrund 18 zur RL‑UGP) vorzunehmenden Ermittlung des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers ist ‑ entgegen den Ausführungen in der Revision ‑ auf jene Verkehrskreise abzustellen, die an Fahrten mit der Bahn auf der Strecke Wien/Salzburg interessiert sind, nicht hingegen nur auf Konsumenten, die regelmäßig die Westbahnstrecke befahren wollen (etwa Pendler), weil bereits Tarifkilometer um 79,90 EUR erworben werden können.
2.3 Die Vorinstanzen sind mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass ein durchschnittlich informierter und verständiger Interessent für derartige Bahnreisen bzw ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Kreise die Aussagen der beklagten Partei zur Kilometerbank dahin verstehen wird, dass definierten Fahrtstrecken eine bestimmte Anzahl von Kilometer-Einheiten zugeordnet wird. Das wird insbesondere durch die mehrmalige Verwendung des Wortes „Kilometer“ deutlich (Kilometerbank, Zugkilometer, Anzahl an Kilometern, Kilometerguthaben). Darin wird ein Verbraucher in erster Linie einen Hinweis auf eine damit erworbene Beförderungsleistung des beklagten Bahnunternehmens sehen. Auch der Hinweis der beklagten Partei auf eine „festgelegte Anzahl an Kilometern“ deckt das von den Vorinstanzen zutreffend dargelegte Verständnis des Durchschnittsverbrauchers.
2.4 Dieses Verständnis entspricht nicht den Tatsachen, weil lediglich eine Vorauszahlung erfolgt, die in die Gegenleistung der beklagten Partei zum dann aktuellen Preis umgewandelt wird, was dazu führen kann, dass die erworbene Kilometeranzahl nicht der später konsumierten Leistung entspricht.
2.5 Daher bleibt zu prüfen, ob die unrichtigen Angaben geeignet waren, den Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte. Auch diese Frage ist zu bejahen.
2.5.1 Zwischen den Vorstellungen der angesprochenen Verkehrskreise und dem Entschluss, sich mit dem Angebot näher zu befassen, insbesondere zu kaufen, muss ein innerer Zusammenhang bestehen (vgl RIS‑Justiz RS0078202 [T10]). Die wettbewerbsrechtliche Relevanz der Irreführungseignung ist schon dann zu bejahen, wenn die unrichtige Angabe den Durchschnittsverbraucher dazu veranlassen kann, sich näher mit dem Angebot des Unternehmers zu befassen (RIS‑Justiz RS0078202; RS0078296).
2.5.2 Gerade der Preis ist eines der wesentlichsten Kriterien für die Entscheidung eines Konsumenten (4 Ob 76/11x; 4 Ob 107/15m). Eine Relevanz der Irreführung ist hier daher schon deshalb zu bejahen, weil für Konsumenten eine mit einem Rabatt verbundene fix zugesagte Kilometerleistung eines Bahnunternehmens Anreiz für geschäftliche Entscheidungen sein kann. Es kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass ein Verbraucher dieselbe Entscheidung trifft, wenn ihm bewusst ist, dass die Gegenleistung von der beklagten Partei nachträglich noch reduziert werden kann.
2.5.3 Die (potenzielle) Relevanz der aufgezeigten Irreführung ist daher zweifellos zu bejahen. Dazu kommt eine über den Einzelfall hinausgehende Erwägung: Einem Unternehmen kann im Regelfall nicht unterstellt werden, eine von vornherein unwirksame Werbung zu betreiben, also letztlich unsinnige Ankündigungen zu machen (idS zuletzt 4 Ob 107/15m mwN).
2.5.4 Es kann dahinstehen, ob die vom Erstgericht unterlassene Vernehmung zweier Zeugen zum Beweis, dass die Kilometerbank auf der Westbahnstrecke die günstigste Reisevariante ist, im Revisionsverfahren noch aufgegriffen werden kann (vgl RIS‑Justiz RS0043086). Die allfällige Mangelhaftigkeit war für die Entscheidung nämlich nicht wesentlich (RIS‑Justiz RS0116273). Aus der behaupteten Tatsache, dass die Kilometerbank die günstigste Reisevariante sei, leitet die beklagte Partei ab, dass die irreführende Geschäftspraktik für das Verhalten des Durchschnittskonsumenten ohne wettbewerbsrechtliche Relevanz bleibt. Diese Schlussfolgerung ist nicht zu teilen. Die Feststellung der behaupteten Tatsache (günstigste Reisevariante) würde vielmehr nichts daran ändern, dass das Rabattausmaß für den Durchschnittsverbraucher unvorhersehbar und unsicher bleibt und er nicht damit rechnen kann, eine unveränderliche Kilometeranzahl zu erwerben.
2.6 Somit haben die Vorinstanzen eine irreführende Geschäftspraktik der beklagten Partei im Zusammenhang mit deren Angaben zur Kilometerbank zutreffend bejaht.
II. Zu den beanstandeten Klauseln der AGB:
Klausel 1:
Für alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit diesen Beförderungsbedingungen, die sich aus der Beförderung ergeben, ist als ausschließlicher Gerichtsstand das sachlich zuständige Gericht in Wien vereinbart.
1. Die beklagte Partei hielt in der Revision ihre bisherigen Einwände gegen den auf § 14 KSchG gestützten Klagsanspruch wegen der Klausel 1 nicht mehr aufrecht. Es finden sich keine Ausführungen im Zusammenhang mit dieser Klausel, weshalb darauf nicht näher einzugehen ist (RIS‑Justiz RS0043352 [T25]).
Klausel 2:
Die W***** behält sich vor, die oben genannten Tarifbestimmungen im Bedarfsfall abzuändern.
2.1 Die klagende Partei machte geltend, dass diese Klausel 2 gegen § 6 Abs 1 Z 5, § 6 Abs 2 Z 3 und § 6 Abs 2 Z 4 KSchG verstoße und nach § 6 Abs 3 KSchG intransparent und überraschend und nachteilig iSd § 864a ABGB sei.
2.2 Das Berufungsgericht ging davon aus, dass der Klausel in Ansehung der Anzahl der abzubuchenden Tarifkilometer jegliche Konkretisierung fehle, sodass sie im Ergebnis mangels Parameter § 6 Abs 2 Z 3 KSchG widerspreche. Diese Auslegung des Berufungsgerichts ist nicht zu beanstanden.
2.3 § 6 Abs 2 Z 3 KSchG schränkt die Zulässigkeit einseitiger Leistungsänderungen durch den Unternehmer ein, die nicht im Einzelnen ausgehandelt worden sind. Danach sind Vertragsbestimmungen nicht verbindlich, nach denen der Unternehmer eine von ihm zu erbringende Leistung einseitig ändern oder von ihr abweichen kann, es sei denn, die Änderung bzw Abweichung ist dem Verbraucher zumutbar, besonders weil sie geringfügig und sachlich gerechtfertigt ist. Die Vorschrift dient der Sicherung der Vertragstreue des Unternehmers und schützt das Vertrauen des Verbrauchers in die vertragliche Zusage seines Partners (2 Ob 22/12t mwN). § 6 Abs 2 Z 3 KSchG will verhindern, dass sich der Unternehmer das Recht auf weitgehende, den Interessen des Verbrauchers widersprechende, einseitige Leistungsänderungen vorbehält. Umfassende und vage Änderungsklauseln indizieren daher eine Unzumutbarkeit. Die Vorbehalte müssten daher, damit sie rechtswirksam bleiben, möglichst genau umschrieben und konkretisiert sein (RIS‑Justiz RS0111807).
2.4 Eine derartige Konkretisierung fehlt hier bereits im Ansatz, weshalb das Berufungsgericht zutreffend einen Verstoß § 6 Abs 2 Z 3 KSchG angenommen hat.
2.5 Der Hinweis der beklagten Partei auf § 22 Abs 2 Eisenbahngesetz, wonach einem Eisenbahnunternehmen die Möglichkeit eingeräumt wird, Tarife abzuändern, vermag die Klausel nicht zu rechtfertigen, weil sich die beklagte Partei Änderungen im bisherigen Vertragsverhältnis vorbehielt.
Allgemeine Vertragsbedingungen sind dabei so auszulegen, wie sie sich einem durchschnittlichen Angehörigen aus dem angesprochenen Adressatenkreis erschließen (RIS‑Justiz RS0008901), wobei die Auslegung der Klauseln im Rahmen der Verbandsklage im „kundenfeindlichsten“ Sinn zu erfolgen hat (RIS‑Justiz RS0016590). Dabei ist auf das Verständnis des für die jeweilige Vertragsart typischen Durchschnittskunden abzustellen (RIS‑Justiz RS0126158).
Vom Berufungsgericht wurde bei der Auslegung der Klausel zutreffend der Umstand mitberücksichtigt, ein durchschnittlicher Konsument gehe davon aus, dass er mit dem „Kauf von Zugkilometern“ im Rahmen der Kilometerbank bereits Anspruch auf eine feststehende und für die Geltungsdauer der Kilometerbank unveränderliche Leistung der beklagten Partei erwirbt. Somit beeinträchtigt die Klausel die vertragliche Äquivalenz zwischen Leistung und Entgelt, weil sich die beklagte Partei vorbehält, von der bereits vereinbarten Leistung abzuweichen (vgl Langer in Kosesnik‑Wehrle, KSchG4 § 6 KSchG Rz 91).
2.6 Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Klausel 2 wegen Verstoßes gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG unwirksam sei, ist daher nicht zu beanstanden.
Klausel 3:
Das Tarifkilometerguthaben ist 24 Monate ab Kaufdatum gültig.
3.1 Die klagende Partei rügt, dass die Klausel 3 die Konsumenten nach § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteilige, weil die beklagte Partei nach Ablauf der Frist leistungsfrei werde.
3.2 Das Berufungsgericht schloss sich nach einer umfassenden Abwägung der gegenseitigen Interessen dieser Rechtsansicht an. Es bestünden keine sachlich gerechtfertigten Gründe, die dreißigjährige Verjährungsfrist derart massiv zu verkürzen.
3.3 Das dagegen in der Revision erhobene Argument, dass die Kilometerbank einer immer größer werdenden Fälschungs- und Betrugsgefahr unterliege, vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil es in der Sphäre der beklagten Partei liegt, wie fälschungssicher sie die Karte ausstattet. Die im Übrigen nicht näher ausgeführte allfällige Fälschungsgefahr rechtfertigt im zu prüfenden Fall jedenfalls nicht eine Verkürzung der Verjährungsfrist auf zwei Jahre (7 Ob 22/12d).
3.4 Auch der auf 7 Ob 75/11x gestützte Hinweis im Rechtsmittel, dass einem Unternehmen grundsätzlich ein Interesse zuzubilligen sei, innerhalb eines überblickbaren Zeitraums auch Klarheit über die von ihm zu erbringenden Leistungen zu erlangen, kann eine derartige massive Verkürzung der Verjährungsfrist von dreißig auf zwei Jahren nicht rechtfertigen, zumal der zitierten Entscheidung zugrundelag, dass der Berechtigte aus einem Reisegutschein immerhin fünf Jahre Zeit hatte, eine Leistung des Verpflichteten abzurufen.
3.5 Zudem enthält die Entscheidung zu 7 Ob 75/11x keine generelle Aussage zur Zulässigkeit einer Verkürzung der Verjährungsfrist auf eine bestimmte Zeitspanne, sondern betont vielmehr die Notwendigkeit einer umfassenden Interessenabwägung, die sich stets nur an den konkret dargestellten Umständen orientieren kann (1 Ob 88/14v).
3.6 Schließlich hat der Oberste Gerichtshof in jüngster Zeit in den Entscheidungen 1 Ob 88/14v und 9 Ob 26/15m im Zusammenhang mit dem Guthaben auf einer „Elektronischen Geldbörse“ eine Klausel als nichtig betrachtet, mit der eine dreijährige Verjährungsfrist normiert wurde. Die in diesen Entscheidungen vertretene Rechtsansicht ist auch auf das elektronische Guthaben der hier zu prüfenden Karte entsprechend anwendbar, weshalb auf die genannten Entscheidungen verwiesen werden kann.
3.7 Damit ist diese Klausel gemäß § 879 Abs 3 ABGB unzulässig und die Revision auch insoweit nicht berechtigt.
Klausel 4:
Eine Erstattung der Kilometerbank nach erstmaliger Inanspruchnahme ist nicht möglich.
4.1 Nach Ansicht der klagenden Partei sei der damit verbundene Verfall des Kilometerguthabens insbesondere mangels Warnhinweises rechtswidrig iSd § 879 Abs 3 ABGB. Es liege ein erhebliches Missverhältnis zwischen dem Kunden, der eine Vorauszahlung geleistet hat und der beklagten Partei vor, die diese Vorauszahlung „schlicht und einfach einbehält, ohne weiter eine Leistung zu erbringen“.
4.2 Dem schloss sich das Berufungsgericht an und vertrat, dass die beklagte Partei selbst dann, wenn ein Großteil des Guthabens unverbraucht verfiele, keinerlei Rückerstattung leisten müsste. Der von der klagenden Partei befürchtete Missbrauch durch Umgehung des inhärenten Rabattsystems rechtfertige nicht den Ausschluss jeglicher ‑ auch nur teilweiser ‑ Erstattungsmöglichkeit.
4.3 Die beklagte Partei hält dem in der Revision keine weiteren Argumente entgegen, sondern legt neuerlich dar, dass eine Erstattungsmöglichkeit „einer missbräuchlichen Verwendung durch Trittbrettfahrer Tür und Tor öffnen würde“.
4.4 Das Berufungsgericht hat diese Rechtsansicht bereits zutreffend widerlegt. Es kann daher auf dessen Begründung verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Die gröbliche Benachteiligung liegt insbesondere darin, dass die Erstattung bedingungslos ausgeschlossen wird. Bei der gebotenen „kundenfeindlichsten“ Auslegung der Klausel schließt das eine Rückerstattung der vom Konsumenten bereits geleisteten Zahlungen nach Inanspruchnahme einer Teilleistung durch das beklagte Unternehmen auch dann aus, wenn die beklagte Partei weitere Leistungen nicht erbringen kann oder will. Die Klausel verstößt somit schon deshalb gegen § 879 Abs 3 ABGB, weil ein derart umfassender Ausschluss der Rückerstattung sachlich nicht gerechtfertigt ist.
III. Zum Veröffentlichungsbegehren
1. Ein Urteil ist ‑ dem Talionsprinzip entsprechend (Schmid in Wiebe/Kodek, UWG2 § 25 UWG Rz 38) ‑ in der Regel in jener Form und Aufmachung zu publizieren, in der auch die beanstandete Ankündigung veröffentlicht worden ist (RIS‑Justiz RS0079737 [T23]; RS0079607). Die Vorinstanzen haben unter Anknüpfung an die ständige Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0123550) das Interesse der klagenden Partei, das Urteil darüber hinaus auch in einem Printmedium zu veröffentlichen, zutreffend bejaht.
2. Dagegen zeigt die Revisionswerberin keine stichhaltigen Argumente auf. Der Hinweis, die bundesweite Veröffentlichung verstoße in räumlicher Sicht gegen das Talionsprinzip, weil sie auch Verbraucher informiere, die außerhalb der Westbahnstrecke ihren Wohnsitz haben, lässt außer Acht, dass die beklagte Partei mit ihrer Werbung alle Österreicher anspricht und die stark frequentierte Bahnstrecke zwischen Wien und Salzburg nicht nur von der dort wohnhaften Bevölkerung benutzt wird.
IV. Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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