OGH 4Ob197/15x

OGH4Ob197/15x15.12.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** AG, *****, vertreten durch Ullmann‑Geiler & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Dr. M*****, vertreten durch Dr. Thomas Fried, Rechtsanwalt in Wien, wegen 12.375,15 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 9. Juli 2015, GZ 2 R 176/15w‑18, womit das Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom 24. April 2015, GZ 4 C 640/14y‑13, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 838,44 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 139,74 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Die Klägerin schloss mit dem verstorbenen Vater des Beklagten einen Fremdwährungskreditvertrag ab. Die Verlassenschaft nach dem Vater wurde dem Beklagten aufgrund seiner bedingt abgegebenen Erbantrittserklärung zu zwei Drittel eingeantwortet.

Dass das von der Klägerin für den Verstorbenen geführte Kreditkonto nach seinem Ableben als Girokonto geführt wurde, konnte ebenso wenig festgestellt werden, wie eine Vereinbarung des von der Klägerin behaupteten Verzugszinssatzes von 18,25 %. Der Vater starb am 21. April 1997. Ab 2001 wurde das für den Fremdwährungskredit eingerichtete Konto bei der Klägerin als privates Girokonto weitergeführt. Am 4. Juli 2003 wies die Klägerin auf den Girokonto einen Saldo von 376.391,99 CHF aus. Der Kontostand per 31. Dezember 2003 betrug 64.904,65 CHF, nachdem in der Zwischenzeit der Erlös aus einem Liegenschaftsverkauf gutgeschrieben worden war. Am 26. Jänner 2004 konvertierte die Klägerin den aushaftenden Betrag in 42.137,40 EUR, am 27. April 2004 wies sie einen aushaftenden Saldo von 42.171,76 EUR aus.

Am 11. November 2014 rechnete die Klägerin das Girokonto ab, bezifferte ihre Hauptforderung mit 42.171,76 EUR und machte Zinsen von 68.305,07 EUR und 15.713,37 EUR geltend. Wie sich die konkrete Zinsabrechnung zusammensetzt, konnte nicht festgestellt werden.

Die Klägerin begehrte 12.375,15 EUR sA unter Hinweis auf die bedingt abgegebene Erbantrittserklärung und nachfolgende Einantwortung des Beklagten, der restliche Aktiva von 18.562,73 EUR zu zwei Drittel gemeinsam mit einer Miterbin zu einem Drittel übernommen habe. Die Forderung der Klägerin resultiere aus einem dem Erblasser gewährten Fremdwährungskredit. Zuzüglich der Kontoführungsentgelte und Sollzinsen habe sich die Forderung per 27. Jänner 2004 mit 42.171,76 EUR errechnet. Seit diesem Zeitpunkt seien keine Zahlungen mehr geleistet worden, der offene Außenstand per 11. November 2014 errechne sich inklusive Zinsen mit 126.190,20 EUR. Da es sich um ein privates Girokonto handle, gelte ein Verzugszinssatz von 18,25 %, der sich aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen und den Unterlagen über „sonstige Preise für Kontoführung“ ergebe.

Der Beklagte wendete ein, die Forderung der Klägerin sei der Höhe nach unberechtigt und nicht nachvollziehbar. Ihre im Verlassenschaftsverfahren angemeldete Forderung sei zur Gänze berichtigt worden. Zwei Drittel der um einen zu Unrecht in das Inventar aufgenommenen PKW (Leasingfahrzeug) bereinigten Aktiva seien lediglich restliche 4.090,44 EUR. Die Verlassenschaft habe aber bereits Außenstände von 531,31 EUR und 3.768 EUR bezahlt. Diese Zahlungen seien unabhängig vom Zahler zu zwei Drittel dem Beklagten anzurechnen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, die Ansprüche der Klägerin seien durch die erhaltene Zahlung von 202.763,42 EUR bei weitem abgegolten.

Das Berufungsgericht bestätigte die Klageabweisung. Eine Voraussetzung für eine allfällige Haftung des Beklagten sei, dass der dem Verstorbenen gewährte und nach dem Ableben weitergeführte Kredit noch nicht zur Gänze abgedeckt sei. Dazu habe das Erstgericht aber Negativfeststellungen getroffen. Allein die Tatsache, dass das Kreditkonto als Girokonto geführt worden sei, besage ebenso wenig wie der auf dem Girokonto vom Erstgericht festgestellte Kontostand, dass der Fremdwährungskredit zu dem Zeitpunkt, als der Klägerin der Verkaufserlös aus dem Liegenschaftsverkauf zugekommen sei, mit einem höheren Betrag offen ausgehaftet habe. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, den Nachweis dafür zu erbringen, dass auf Basis der mit dem Verstorbenen getroffenen Kreditvereinbarung zum Zeitpunkt der Gutschrift ein höherer Betrag offen gewesen sei.

Über Antrag der Revisionswerberin sprach das Berufungsgericht aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Behauptungs‑ und Beweislast eines Nachlassgläubigers zur Höhe eines allfälligen Ausfalls sowie zur Reihung der Tilgung nach Realisierung seines Pfandrechts an einer Nachlassliegenschaft gegenüber einem Erben, dem unter Vorbehalt der Rechtswohltat des Inventars eingeantwortet sei, keine Rechtsprechung existiere.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren weiter verfolgt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Im vorliegenden Fall sind weder die vom Berufungsgericht aufgeworfenen und als erheblich bezeichneten Rechtsfragen zu beantworten, noch vermag die Revisionswerberin erhebliche Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Ein Klagebegehren ist rechtlich schlüssig, wenn das Sachbegehren des Klägers materiell‑rechtlich aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen abgeleitet werden kann (RIS‑Justiz RS0037516). Der Hinweis auf angeschlossene urkundliche Belege genügt dafür nicht (RIS‑Justiz RS0001252). Die Klägerin trifft als Kreditgeberin die Behauptungs‑ und Beweislast für die Höhe des gewährten Kreditbetrags sowie für den Ablauf des Rückzahlungstermins (vgl RIS‑Justiz RS0019319). Mangels anerkannten Saldos trifft sie auch die Behauptungs‑ und Beweislast dafür, wie sich der von ihr geltend gemachte Saldo errechnet (4 Ob 221/09t mwN; RIS‑Justiz RS0037955). Nach der allgemeinen Regel, wonach grundsätzlich jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen hat (RIS‑Justiz RS0037797), trifft sie schließlich auch die Behauptungs‑ und Beweislast dafür, dass Zinsen vereinbart wurden, sowie in welcher Höhe.

Diesen Anforderungen entsprechen die Klagebehauptungen nicht, weshalb die Klage als unschlüssig zu beurteilen ist. Weder hat die Klägerin die Höhe des ursprünglich gewährten Darlehensbetrags genannt, noch hat sie vorgebracht, ob Endfälligkeit besteht, wann Fälligkeit sonst eingetreten und welcher Zinssatz für das Darlehen während seiner vereinbarten Laufzeit festgelegt worden sei. Sie hat bloß behauptet, zum Todestag eine Forderung von 300.000,47 CHF gehabt zu haben, die sich nach Gutschrift des Erlöses aus dem Liegenschaftsverkauf und Konvertierung in Euro auf 42.137,40 EUR verringert habe. Sie erstattete kein Vorbringen zur Höhe der Kontoführungsentgelte und Sollzinsen, welche in der Folge zu einer Forderung per 27. Jänner 2004 von 42.171,76 EUR und in weiterer Folge zum 11. November 2014 von 126.190,20 EUR geführt haben sollen. Sie behauptet lediglich die Vereinbarung von Verzugszinsen in Höhe von 18,25 %, wozu die Vorinstanzen jedoch eine Negativfeststellung getroffen haben.

Der behauptete Außenstand kann aus den Behauptungen der Klägerin daher in keiner Weise nachvollzogen werden. Die von der Revisionswerberin ins Treffen geführten erstgerichtlichen Feststellungen beziehen sich lediglich auf die von der Klägerin behaupteten Außenstände, die aber nach dem sonstigen Klagevorbringen nicht nachvollziehbar sind.

Das Gericht darf zwar die Partei nicht mit seiner Rechtsansicht überraschen (RIS‑Justiz RS0108816, RS0037300); vor der Abweisung eines unschlüssigen Klagebegehrens ist ein Verbesserungsversuch vorzunehmen (RIS‑Justiz RS0117576, RS0037161, RS0036355, RS0037166). § 182a ZPO hat aber nichts daran geändert, dass es keiner richterlichen Anleitung zu einem Vorbringen bedarf, gegen das der Prozessgegner bereits Einwendungen erhoben hat. Angesichts solcher Einwendungen hat die andere Partei ihren Prozessstandpunkt selbst zu überprüfen und die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Auch die Pflicht nach § 182a ZPO kann nicht bezwecken, das Gericht zur Erörterung eines Vorbringens zu zwingen, dessen Schwächen bereits der Prozessgegner aufzeigte (RIS‑Justiz RS0122365, RS0120056 [T4]).

Der Beklagte hat im Verfahren erster Instanz mehrfach ausdrücklich auf die Unschlüssigkeit des Klagebegehrens hingewiesen. Einer weiteren Erörterung des Klagebegehrens bedurfte es daher nicht.

Die Revision der Klägerin ist deshalb zurückzuweisen.

Die Klägerin hat dem Beklagten die Kosten der Revisionsbeantwortung gemäß §§ 41 und 50 ZPO zu ersetzen, weil er auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hingewiesen hat.

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