European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00154.15F.0925.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung lautet:
„Aufgrund der nachstehenden
Urkunden
1 Scheidungsvergleich (BG Leopoldstadt *****) vom 16. 12. 2014
2 Selbstberechnungserklärung vom 23. 01. 2015
3 Staatsbürgerschaftsnachweis R***** vom 30. 05. 1989
4 Einheitswertabfrage EZ 282, KG ***** vom 27. 01. 2015
werden folgende Eintragungen bewilligt :
1 in EZ 282 KG *****
auf ANTEIL B-LNR 9
9 ANTEIL: 63/756
D*****
GEB: ***** ADR: L*****
a 2570/1979 Wohnungseigentum an W 5
c 1711/2011 Verbindung gem § 5 Abs 3, § 13 Abs 3 WEG 2002
zu 63/756 (hinsichtlich der Liegenschaft)
die Einverleibung des Eigentumsrechts
für DI (FH) R*****
die Zusammenziehung mit B-LNR 8
8 ANTEIL: 63/756
Dipl. Ing. R*****
GEB: ***** ADR: L*****
a 2570/1979 Wohnungseigentum an W 5
c 1711/2011 Verbindung gem § 5 Abs 3, § 13 Abs 3 WEG 2002.
Verständigt werden:
1) Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH, 1010 Wien, Biberstraße 15
2) DI (FH) R*****, Angestellter, geb. *****
3) D*****, biomedizinische Analytikerin, *****
4) Finanzamt Sankt Johann im Pongau Tamsweg Zell am See (FA90), 5700 Zell am See, Brucker Bundesstraße 13
5) Finanzamt Wien 2/20/21/22 (FA 12), 1220 Wien, Dr. Adolf Schärf-Platz 2
6) Marktgemeinde L*****.“
Die Verständigung der Beteiligten sowie der Vollzug obliegen dem Erstgericht.
Begründung:
Der Antragsteller begehrt die Einverleibung seines Eigentumsrechts an dem mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteil an W5 in der EZ 282 KG ***** (Anteil B-LNR 9) und die Zusammenziehung mit seinem damit verbundenen Miteigentumsanteil B‑LNR 8. Er legte neben Selbstberechnungserklärung, Staats-bürgerschaftsnachweis und Einheitswertabfrage den mit seiner Wohnungseigentumspartnerin gemäß § 55a Abs 2 EheG am 16. 12. 2014 geschlossenen, mit der Bestätigung der Rechtswirksamkeit und Vollstreckbarkeit versehenen Scheidungsvergleich vor, mit dem die Ehegattin ihren Liegenschaftsanteil B-LNR 9 an den Antragsteller übertrug und ihr Einverständnis zur Einverleibung erklärte.
Das Erstgericht wies das Grundbuchsgesuch ab. Die nach § 30 Abs 1a Salzburger Grundverkehrs-gesetz (Sbg GVG) 2001 erforderliche Bescheinigung fehle.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge. In seiner ausführlichen rechtlichen Beurteilung legte es insbesondere das mit der Salzburger Grundverkehrsgesetz-Novelle 2012, LGBl 70/2012 für den ‑ hier verwirklichten ‑ Verkehr mit Baugrundstücken in Abschnitt 2a wieder eingeführte „Anzeige-Erklärungsmodell“ und die rechtspolitischen Erwägungen des Landesgesetzgebers dar. Danach habe die starke Zunahme des Erwerbs von Zweitwohnsitzen durch EU-Bürger die Immobilienpreise erheblich ansteigen lassen, was vor allem in Tourismusorten zu einer fast vollständigen Verdrängung der (weniger finanzstarken) einheimischen Interessenten vom Immobilienmarkt geführt habe. Negative Auswirkungen auf die Siedlungsentwicklung und die Möglichkeiten der ansässigen Bevölkerung, ihre Wohnbedürfnisse zu befriedigen, sollten eingedämmt werden und es sollte langfristig wieder zu einer der Raumordnung besser entsprechenden Nutzung von Grund und Boden zurückgekehrt werden. Nach der ‑ beim Erwerb des Hälfteanteils an einer Eigentumswohnung grundsätzlich in Betracht kommenden ‑ Ausnahmebestimmung des § 13 Sbg GVG 2001 ‑ müssten Rechtsgeschäfte, die den Erwerb eines der im Abs 1 Z 1 bis 5 genannten Rechte durch Ehegatten, eingetragene Partner, Nachkommen in gerader Linie oder Wahlkinder zum Gegenstand hätten, nicht angezeigt werden, wenn die Person, von der das Recht erworben werde, bereits seit 20 Jahren Eigentümer des Baugrundstücks oder Baurechtseigentümer daran gewesen sei. Diese Ausnahmebestimmung scheide schon deshalb aus, weil der Antragsteller gemeinsam mit seiner früheren Ehegattin erst im Jahr 2011 Wohnungseigentum erworben habe.
Der Rechtserwerber habe nach § 13 Abs 1 Satz 1 Sbg GVG 2001 anlässlich der Anzeige des Rechtsgeschäfts persönlich zu erklären, dass er den Gegenstand des Rechtsgeschäfts, soweit mit diesem Rechte an Baugrundstücken oder Gebäuden oder Teilen von Baugrundstücken eingeräumt, begründet oder übertragen werden, außer in den Fällen einer ausnahmsweisen Gestattung gemäß § 31 Abs 3 ROG 2009 weder selbst noch durch Dritte entgegen den jeweils geltenden raumordnungsrechtlichen Bestimmungen als Zweitwohnung nutzen bzw nutzen lassen werde. Eine solche Erklärung sei nach Satz 2 der zitierten Bestimmung nicht erforderlich, soweit der Gegenstand des Rechtsgeschäfts bereits vor dem 1. 3. 1993 als Zweitwohnung genutzt worden sei. Rechte an Grundstücken dürften nach § 30 Abs 1a Sbg GVG 2001 nur eingetragen werden, wenn dem Grundbuchsgesuch eine Bescheinigung gemäß § 13b Abs 2 oder § 13d Abs 4 beigeschlossen sei oder ein Baugrundstücke betreffendes Rechtsgeschäft vorliege, das nach § 13c Abs 1 oder 2 nicht anzeigepflichtig sei. Obwohl dies in den Erläuterungen zur Regierungsnovelle nicht so deutlich zum Ausdruck komme, so handle es sich dabei um eine wichtige Säule des „Anzeige-Erklärungsmodells“, weil der Rechtserwerber in den meisten Fällen danach trachten werde, seine Rechtsposition auch grundbücherlich abzusichern. Ergänzend verbiete § 16 Abs 1 Sbg GVG die Durchführung des Rechtsgeschäfts, solange (ua) eine erforderliche Bescheinigung nach § 13d Abs 4 nicht ausgestellt worden sei. Das Rechtsgeschäft werde nach § 16 Abs 2 Sbg GVG (auch) rückwirkend unwirksam, wenn die Ausstellung dieser Bescheinigung versagt bzw verweigert werde oder die Grundverkehrsbehörde davon Kenntnis erlange, dass eine Nutzungserklärung nicht abgegeben worden sei, und die dem Rechtserwerber mit Bescheid gesetzte angemessene Frist zur Nachholung der Nutzungserklärung ungenutzt verstrichen sei.
Beschränkungen im Verkehr mit Baugrundstücken durch GVG und der Verwendung durch ROG berührten immer das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentumsrechts. Sie seien aber nicht schon deshalb unzulässig. Entscheidend sei ihre, den Interessen des Einzelnen übergeordnete sachliche Rechtfertigung. Regelungen zu Zweitwohnsitzen seien unabdingbar, um das Grundrecht auf Wohnung für die ansässige Bevölkerung zu sichern. Darin liege kein unzulässiger Eingriff in das Eigentumsrecht oder in das Privat- und Familienleben. Österreichische Staatsbürger seien nicht schlechter gestellt als Ausländer, weil die Bestimmungen für beide Gruppen gleichermaßen gälten.
Das für den Verkehr mit Baugrundstücken („grauer Grundverkehr“) vorgesehene Salzburger Modell entspreche im Sinn der Rechtsprechung von EuGH und Obersten Gerichtshof dem Unionsrecht, weil es auf eine materielle Prüfung vor der grundbücherlichen Durchführung des Liegenschaftserwerbs verzichte. Die Möglichkeit, nach § 16 Abs 2 Z 1 Sbg GVG die Ausstellung einer erforderlichen Bescheinigung nach § 13d Abs 4 zu verweigern, lasse nicht auf ein inhaltliches Prüfungsrecht schließen. Die mit (bekämpfbarem) Bescheid vorzunehmende (§ 29 Abs 9) Verweigerung sei nur zulässig, wenn die Erklärung den formalen Anforderungen nicht genüge, wie sie in § 13d Abs 2 oder einer allenfalls nach Abs 3 erlassenen Verordnung bezüglich der Angaben in der Erklärung festgelegt seien. Seien die formalen Erfordernisse aber erfüllt, müsse der Bürgermeister nach § 13d Abs 4 Z 1 die Bescheinigung über die Abgabe der Erklärung ausstellen. Damit handle es sich nicht um eine unionsrechtlich verpönte Negativbestätigung. Nur nicht unionsrechtskonforme Beschränkungen im Bereich des Grundverkehrs und der Raumordnung seien zur Vermeidung einer verbotenen „Inländerdiskriminierung“ durch nationale Normen auch gegenüber Inländern nicht anzuwenden, falls eine Gleichbehandlung nicht im Weg der Auslegung herbeigeführt werden könne.
Der Argumentation des Antragstellers, die Bestimmungen des Sbg ROG und GVG verhinderten die Durchführung seiner Ehescheidung, sei nicht zu folgen. Er gestehe selbst zu, dass der Eigentumserwerb im Jahr 2011 gegen den damals bereits geltenden § 31 Abs 1 Sbg ROG 2009 verstoßen habe. Die grundbücherliche Durchführung des Vertrags sei nur deshalb möglich gewesen, weil das GVG damals keine Einschränkungen für den „grauen Grundverkehr“ vorgesehen habe. Dies könne aber nicht dazu führen, nunmehrige Beschränkungen beim Erwerb des Hälfteanteils von der geschiedenen Ehegattin unbeachtet zu lassen. Die Grundrechte auf Unversehrtheit des Eigentums und der Achtung des Privatlebens gäben keinen Anspruch, im Rahmen eines Aufteilungsverfahrens Vermögenstransaktionen beliebig vornehmen zu können. Es erscheine sachlich gerechtfertigt, dass der Landesgesetzgeber mit § 31 Abs 3 Z 2 ROG 2009 und § 13c Abs 2 Z 1 GVG eine Sanierung der unzulässigen Nutzung einer Wohnung als Zweitwohnung bei Rechtsgeschäften unter Ehegatten nur (zeitlich) eingeschränkt zulasse. Es gäbe keinen überzeugenden Grund für die gewünschte Privilegierung bei Erwerb des zweiten Hälfteanteils.
Die Vorlage der erforderlichen Bescheinigung über die Abgabe der Nutzungserklärung sei eine Suspensivbedingung für die grundbücherliche Durchführung des Rechtsgeschäfts. Ihr Fehlen führe nach § 94 Abs 1 Z 3 GBG zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil sich der Oberste Gerichtshof mit dem „Erklärungsmodell“ der §§ 13c und 13d Sbg GVG 2001, das durch die GVG‑Novelle 2012 eingeführt worden sei, noch nicht auseinander gesetzt habe. Diesen mit 1. 11. 2011 in Kraft getretenen Bestimmungen und dem bereits seit 2009 bestehenden Verbot der Zweitwohnungsnutzung im Raumordnungsgesetz komme Bedeutung über den Einzelfall hinaus zu, zumal Ausländer und Inländer gleichermaßen betroffen seien.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist zulässig und im Ergebnis auch berechtigt.
1. § 31 Abs 1 Salzburger Raumordnungsgesetz (ROG) 2009, LGBl 2009/30, lässt eine Verwendung als Zweitwohnung nur in ausgewiesenen Zweitwohnungsgebieten zu. Nach § 31 Abs 2 leg cit liegt eine Verwendung als Zweitwohnung vor, wenn Wohnungen oder Wohnräume dem Aufenthalt während des Urlaubs, des Wochenendes oder sonstigen Freizeitzwecken dienen und diese Nutzung nicht im Rahmen des Tourismus (gewerbliche Beherbergung, Privatzimmervermietung udgl) erfolgt. Nach Abs 3 Z 2 besteht eine Verwendung als Zweitwohnung nicht, wenn die Wohnung bereits vor dem 1. 3. 1993 als Zweitwohnung benutzt worden ist.
1.1 Der Antragsteller vermisst bei dieser Legaldefinition eine Einschränkung durch das Wort „nur“ vor den Begriffen „während des Urlaubs, des Wochenendes oder sonstigen Freizeitzwecken“. Ohne diese Einschränkung erfasse die ‑ unglücklich formulierte ‑ Bestimmung alle Wohnungen in Salzburg.
1.2 Der Wortlaut der Bestimmung lässt entgegen seiner Meinung eindeutig nur die Auslegung zu, dass Hauptwohnsitze, die auch während des Urlaubs, des Wochenendes oder zu Freizeitzwecken von ihren nicht verreisenden Bewohnern benutzt werden, nicht unter die Definition der Verwendung als „Zweitwohnung“ fallen. Eine „Zweitwohnung“ ist dadurch charakterisiert, dass sie im Vergleich zur „Hauptwohnung“ nicht der Befriedigung des alltäglichen Wohnbedürfnisses dient, sondern mit Freizeitaktivitäten und Erholungszwecken verbundenen Wochenend- oder (Kurz‑)Urlaubsaufenthalten.
1.3 Der Antragsteller zieht nicht in Zweifel, dass bei dieser Interpretation eine Verwendung als Zweitwohnung in einem nicht als solchen ausgewiesenen Zweitwohnungsgebiet vorliegt und zum Zeitpunkt des Erwerbs im Jahr 2011 auch bereits vorlag.
1.4 Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) wertete zwar ein generelles Verbot von Ferienwohnsitzen ohne regionale Differenzen nach dem Tiroler GVG 1993 als verfassungswidrig (10. 12. 1996 G 84/96 ua). Das Salzburger ROG enthält im Vergleich dazu aber keine solche undifferenzierte Regelung, weil es in § 31 Abs 1 die Verwendung als Zweitwohnung nur in ausgewiesenen Zweitwohnungsgebieten zulässt und damit regionalen Unterschieden Rechnung trägt.
2. Die ‑ hier insbesondere relevanten ‑ Bestim-mungen des Sbg GVG 2001, LGBl 2002/9, in der Fassung der GVG‑Novelle 2012, LGBl 2012/70, lauten:
„ § 30
(1a) Bedarf der Rechtserwerb keiner Zustimmung durch die Grundverkehrsbehörde, dürfen Rechte an Grundstücken unbeschadet des Abs 1 Z 2 und 3 nur eingetragen werden, wenn dem Grundbuchsgesuch eine Bescheinigung gemäß § 13b Abs 2 oder § 13d Abs 4 beigeschlossen ist oder ein Baugrundstücke betreffendes Rechtsgeschäft vorliegt, das gemäß § 13c Abs 1 oder 2 nicht anzeigepflichtig ist.
§ 13c
(1) Unter Lebenden abgeschlossene Rechtsgeschäfte, die Baugrundstücke (§ 13b) betreffen, sind unbeschadet des § 29 Abs 10 vom Rechtserwerber dem Bürgermeister anzuzeigen, wenn sie die Einräumung, Begründung oder Übertragung eines der folgenden Rechte an Baugrundstücken (§ 13b Abs 1) oder an Gebäuden oder Teilen davon auf Baugrundstücken zum Gegenstand haben:
...
2. Die Begründung oder Übertragung des Wohnungseigentums;
...
(2) Nicht anzuzeigen sind:
1. Rechtsgeschäfte, die den Erwerb eines der im Abs 1 Z 1 bis 5 genannten Rechte durch Ehegatten, eingetragene Partner, Nachkommen in gerader Linie oder Wahlkinder zum Gegenstand haben, wenn die Person, von der das Recht erworben wird, bereits seit 20 Jahren Eigentümer des Baugrundstücks oder Baurechtseigentümer daran ist;
...
§ 13d
(1) Anlässlich der Anzeige des Rechtsgeschäfts hat der Rechtserwerber persönlich zu erklären, dass er den Gegenstand des Rechtsgeschäfts, soweit mit diesem Rechte an Baugrundstücken oder Gebäuden oder Teilen davon auf Baugrundstücken eingeräumt, begründet oder übertragen werden, außer in den Fällen einer ausnahmsweisen Gestattung gemäß § 31 Abs 3 ROG 2009 weder selbst noch durch Dritte entgegen den jeweils geltenden raumordnungsrechtlichen Bestimmungen als Zweitwohnung nutzen bzw nutzen lassen wird. Eine solche Erklärung ist nicht erforderlich, soweit der Gegenstand des Rechtsgeschäfts bereits vor dem 1. März 1993 als Zweitwohnung benutzt worden ist. ...
(4) Der Bürgermeister hat auf Antrag eine Bescheinigung auszustellen
1. über die Abgabe der Erklärung gemäß Abs 1 erster Satz
2. darüber, dass gemäß Abs 1 zweiter Satz keine Erklärung erforderlich ist. ...“
§ 16
(1) Solange ... eine erforderliche Bescheinigung gemäß § 13d Abs 4 nicht ausgestellt ist, darf das zugrunde liegende Rechtsgeschäft nicht durchgeführt werden; insbesondere ist die grundbücherliche Eintragung des erworbenen Rechts nicht zulässig. Die Parteien sind jedoch an das Rechtsgeschäft gebunden.
(2) Das Rechtsgeschäft wird rückwirkend unwirksam, wenn
1. ... oder die Ausstellung einer erforderlichen Bescheinigung gemäß § 13d Abs 4 verweigert wird,
2. die Grundverkehrsbehörde davon Kenntnis erlangt hat, dass … oder eine Nutzungserklärung nicht abgegeben wurde, und dem Rechtserwerber mit Bescheid eine angemessene Frist zur Nachholung ... der Nutzungserklärung gesetzt hat, mit ungenutztem Verstreichen dieser Frist.
2.1 Der Antragsteller sieht den Kreis jener Personen, die nach § 13c Abs 2 Sbg GVG 2001 von der Anzeigepflicht ausgenommen sind, als zu eng gefasst. In diesen Ausnahmefällen komme der Zweck der „Zweitwohnsitzregelungen“ im Sbg GVG und ROG, der in der Verhinderung der Begründung von Zweitwohnsitzen durch Ausländer liege, um nicht dadurch die Preise für Inländer unerschwinglich zu machen, nicht zum Tragen. Dies müsse auch für einen Erwerbsvorgang zwischen geschiedenen Ehegatten gelten, wenn dieser Erwerb entweder aus einem Scheidungsfolgenvergleich nach § 55a Abs 2 EheG oder einer Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse in einem Verfahren nach den §§ 81 ff EheG folge. Die Verhinderung dieses Erwerbs durch den Landesgesetzgeber überschreite dessen Kompetenz, sei ein unsachlicher Eingriff in das Eigentumsrecht und verletze das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.
2.2 Eine Gleichstellung von geschiedenen Ehegatten mit dem in § 13c Abs 2 Z 1 Sbg GVG 2001 umschriebenen Personenkreis nützt dem Antragsteller nichts: Die Voraussetzung des bereits 20 Jahre lang bestandenen Eigentums seiner Rechtsvorgängerin ist bei der erst im Jahr 2011 gemeinsam mit der Eigentumspartnerin während aufrechter Ehe erworbenen Eigentumswohnung nicht erfüllt. Auf die gewünschte Erweiterung des durch § 13c Abs 2 Z 1 begünstigten Personenkreises kommt es aber ohnehin nicht an, weil der hier zu beurteilende Rechtserwerb vom Anzeige- und Erklärungsmodell des zitierten Landesgesetzes aus folgenden Erwägungen nicht erfasst wird:
2.3 Eine Ehe darf nach § 55a Abs 2 EheG nur einvernehmlich geschieden werden, wenn die Ehegatten eine schriftliche Vereinbarung (ua) über ihre wechselseitigen, gesetzlichen, vermögensrechtlichen Ansprüche für den Fall der Scheidung schließen. Die Scheidungswilligen müssen sich daher auch über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse (iSd § 81 EheG) einigen ( Koch in KBB 4 § 55a EheG Rz 6; Aichhorn in Gitschthaler/Höllwerth , Ehe- und Partnerschaftsrecht [2011], § 55a EheG Rz 6).
2.4 Die Einigung über die Scheidungsfolgen ist ein Vergleich iSd § 1380 ABGB ( Koch aaO Rz 5; Aichhorn aaO Rz 11). Als solcher würde er unter den Begriff „Rechtsgeschäft“ in Abschnitt 2a Sbg GVG fallen und wäre damit dessen Anzeige-Erklärungsmodell unterworfen. Diese Betrachtung überzeugt allerdings nur auf den ersten Blick, weil sie die rechtspolitischen Zielsetzungen des Landesgesetzgebers und sachlich nicht zu rechtfertigende differenzierende Ergebnisse bei Scheidungsfolgenvergleichen im Vergleich zu gerichtlichen Aufteilungsbeschlüssen in einem Verfahren nach den §§ 81 ff EheG nicht berücksichtigt.
2.5 Ziel des mit der Sbg GVG‑Novelle 2012 (wieder) eingeführten Modells („Zweitwohnsitzpakets“) war es, die negativen Auswirkungen der starken Zunahme des Zweitwohnsitzerwerbs durch EU‑Bürger auf die Siedlungsentwicklung und die Möglichkeiten der ansässigen Bevölkerung, ihre Wohnbedürfnisse zu befriedigen sowie auf die regionale Wirtschaftsstruktur und die sozialen Verhältnisse insgesamt einzudämmen und langfristig wieder zu einer der Raumordnung besser entsprechenden Nutzung von Grund und Boden zurückzukehren. Die negative Entwicklung wurde darin gesehen, dass vor allem holländische und deutsche Staatsbürger in Wintertourismus-Gemeinden fast alle auf den Markt kommenden Liegenschaften erwerben, sich mittlerweile auch heimische Bauträger darauf spezialisiert haben, Wohnungen und Feriendörfer für diese Käufergruppe zu errichten und das erhebliche Ansteigen der Immobilienpreise vor allem in den Tourismusorten (weniger finanzstarke) einheimische Interessenten vom Immobilienmarkt fast vollständig verdränge (ErläutRV 538 BlgSbgLT 14. GP 26 ff).
2.6 Das Sbg GVG 2001 unterwirft nicht nur Rechtsgeschäfte unter Lebenden (derivativen Erwerb), sondern auch den Rechtserwerb durch a) Zwangsversteigerung (§§ 17‑20 GVG) b) freiwillige Feilbietung nach § 87a Notariatsordnung und Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft nach §§ 352 ff EO (§ 21 GVG) c) von Todes wegen zugunsten jener, die nicht zu den gesetzlichen Erben zählen (§§ 22 ff GVG) und d) Ersitzung und Bauen auf fremdem Grund (§ 26 GVG) seinem Anzeige-Erklärungsmodell.
2.7 Die Übertragung eines der in § 13c Abs 1 Z 1 bis 5 Sbg GVG 2001 genannten Rechte (hier: halber Mindestanteil iSd § 13 Abs 2 WEG 2002) auf den anderen Ehegatten durch Gerichtsbeschluss in einem Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach den §§ 81 ff EheG fällt nach dem Sbg GVG 2001 nicht unter dieses Modell. Obwohl eine derartige (auch) rechtsgestaltende (vgl RIS-Justiz RS0009566), primär nach Billigkeit zu treffende (§ 83 Abs 1 EheG; RIS-Justiz RS0079235 [T1]) Entscheidung eher einem originären Rechtserwerb als einem derivativen durch Rechtsgeschäft ähnelt, wird sie unter den Erwerbsarten der §§ 17 ff GVG nicht genannt.
2.7 Diese unterschiedliche Regelung führt zur Bevorzugung jener Ehegatten, die sich nicht im Einvernehmen scheiden lassen wollen oder können. Ein Rechtserwerb durch Gerichtsbeschluss, der die Übertragung des (Mit‑)Eigentums oder ‑ bei Wohnungseigentum ‑ des (ganzen oder halben) Mindestanteils an einer „Zweitwohnung“ von einem auf den anderen Ehegatten anordnet, könnte ohne die Vorlage einer Bescheinigung nach § 13d Abs 4 Sbg GVG grundbücherlich durchgeführt werden. Hingegen scheitert die Umsetzung eines (nach § 55a Abs 2 EheG zwingend abzuschließenden) Scheidungsvergleichs mit demselben Inhalt, wenn die Voraussetzungen für die Ausstellung der Bescheinigung nach § 13d Abs 4 nicht erfüllt sind. Dieselbe Problematik entstünde bei Abschluss eines Vergleichs im gerichtlichen Aufteilungsverfahren.
2.8 Eine im Sinn des Gleichheitsgrundsatzes problematische Ungleichbehandlung scheidungswilliger respektive bereits geschiedener Ehegatten ließe sich über eine analoge Anwendung der §§ 17 ff Sbg GVG 2001 auf den Rechtserwerb durch Aufteilungsbeschluss beseitigen. Diese Analogie würde eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes voraussetzen (RIS-Justiz RS0106092; RS0008866 [T2]; RS0008870). Wenn der Gesetzgeber aber für einen bestimmten Sachverhalt eine bestimmte Rechtsfolge bewusst nicht anordnet, liegt keine durch Analogie zu schließende echte Gesetzeslücke vor (RIS-Justiz RS0008870 [T3, T4]; RS0008866 [T8, T13]).
2.9 Der Landesgrundverkehrsgesetzgeber hat sich hier dafür entschieden, den Eigentumserwerb neben jenem durch Rechtsgeschäft in einer Vielzahl der nach der Österreichischen Rechtsordnung in Betracht kommenden Varianten (Zuschlag in der Zwangsversteigerung, freiwillige Feilbietung, Ersitzung, Rechtsnachfolge von Todes wegen zugunsten eines bestimmten Personenkreises, Bauen auf fremdem Grund) zu beschränken und dabei den Erwerb durch Beschluss in einem Verfahren nach den §§ 81 ff EheG nicht zu erfassen. Offenbar wollte er dadurch dem besonderen Charakter einer derartigen Billigkeitsentscheidung Rechnung tragen. Dem Außerstreitrichter steht bei der Entscheidung, welche Rechte er von einem auf den anderen Ehegatten (allenfalls gegen eine Ausgleichszahlung) überträgt, ein gewisser Ermessensspielraum zu (RIS-Justiz RS0113732; RS0057925), den beispielsweise der Richter in der Zwangsversteigerung nicht hat. Dieser hat - bei Vorliegen der in der EO geregelten ‑ Voraussetzungen das Versteigerungsobjekt (Liegenschaft oder Miteigentumsanteile) dem Meistbietenden zuzuschlagen (§ 183 Abs 1 EO). Dem Gesetzgeber ist nicht zu unterstellen, sich dieser Unterscheidung nicht bewusst gewesen zu sein und den Aufteilungsbeschluss „einfach vergessen“ zu haben.
2.10 Damit stellt sich die Frage, ob sich das Problem der Ungleichbehandlung von einvernehmlich und strittig Geschiedenen dadurch lösen lässt, dass der Begriff „Rechtsgeschäft“ im Sbg GVG 2001 so teleologisch reduziert wird, dass er einen Scheidungsvergleich nicht erfasst, wenn ein Mindestanteil an einer bereits bestehenden Zweiteigentumswohnung auf den anderen Ehegatten übertragen wird.
2.11 § 13c Abs 2 Sbg GVG 2001 privilegiert (ua) den Eigentumserwerb (auch) unter Ehegatten, wenn dem Rechtsvorgänger das Recht bereits 20 Jahre lang zugestanden ist. Grund für die Ausnahme von der Anzeigepflicht ist nach den bereits zitierten Materialien einerseits, dass solche Vorgänge vielfach eine Vorwegnahme der gesetzlichen Erbfolge enthalten und im Gefolge einer Erbfolge entstehende Zweitwohnsitze nicht den raumordnungsrechtlichen Beschränkungen unterworfen werden sollen. Andererseits sollen Umgehungsgeschäfte unter Lebenden vermieden werden, weshalb der Rechtsvorgänger bereits 20 Jahre lang Eigentümer gewesen sein muss.
2.12 Geschiedene Ehegatten können die Eigentümerpartnerschaft zufolge § 2 Abs 10 iVm § 13 WEG 2002, die gemeinsames Wohnungseigentum auch unter nicht Verheirateten zulassen, ungeachtet § 90 Abs 2 EheG fortsetzen ( Koch in KBB 4 § 90 EheG Rz 1; Deixler/Hübner in Gitschthaler/Höllwerth aaO § 90 EheG Rz 3). Stellt aber die Übertragung eines Hälfteanteils auf den anderen Ehegatten und die Verbindung beider Anteile die (mehr oder weniger) einzig wirtschaftlich vernünftige, dem dem nachehelichen Frieden förderlichen Trennungsgrundsatz (§ 94 EheG; RIS‑Justiz RS0057852; RS0057552; RS0057527 [T3]) Rechnung tragende Art der Aufteilung dar, kann den Ehegatten schwer unterstellt werden, diese Regelung in einem Vergleich deshalb zu wählen, um so die Beschränkungen des Sbg GVG 2001 zu umgehen.
2.13 Es war ohne Zweifel nicht Absicht des Landesgesetzgebers, eine vernünftige sachenrechtliche Aufteilung zwischen den Ehegatten unter Erhaltung von Eigentumswerten für einen von ihnen zu verhindern. Sein erklärtes Ziel war es ja, einer negativen Entwicklung durch die zunehmende Begründung von Zweitwohnsitzen entgegenzusteuern.
3. Der von den Vorinstanzen herangezogene Abweisungsgrund ist aus diesen Erwägungen nicht gegeben. Die Voraussetzungen für die beantragte Einverleibung liegen vor, weshalb das Grundbuchsgesuch zu bewilligen ist.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)