OGH 14Os28/15x

OGH14Os28/15x28.4.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. April 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Moelle als Schriftführerin in der Auslieferungssache des Alexandr G*****, AZ 313 HR 75/13x (zuvor AZ 311 HR 84/11b) des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über den Antrag der betroffenen Person auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO in Ansehung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Wien vom 1. Dezember 2014, AZ 22 Bs 320/14s, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe:

Alexandr G***** war mit Urteil des Mezhanski Bezirksgerichts der Stadt Moskau vom 4. April 2011, Fall Nr 1‑26/2011, wegen der am 20. und 21. Oktober 2008 begangenen Straftat des Betrugs nach Art 159 Z 4 des Strafgesetzbuchs der Russischen Föderation in Abwesenheit schuldig erkannt und bei einem bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe reichenden Strafrahmen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zu einer Geldstrafe verurteilt worden (ON 66 S 57 ff). Diese Entscheidung erwuchs am 15. Juni 2011 zufolge des Berufungsbeschlusses des Stadtgerichts Moskau (Verfahren 22‑0849/11) in Rechtskraft (ON 66 S 151 ff). Alexandr G***** befand sich zu diesem Verfahren vom 25. März 2009 bis 13. April 2010 in Untersuchungshaft (ON 66 S 103).

Mit Beschluss vom 10. Juli 2013, GZ 311 HR 84/11b‑72 (nun GZ 313 HR 75/13x‑72), erklärte der Einzelrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien die von der Russischen Föderation mit Note der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation vom 6. Mai 2013, Nr 81/3‑238‑11 (ON 62), begehrte Auslieferung des Alexandr G***** zur Vollstreckung des Strafrests von 3 Jahren 11 Monaten und 11 Tagen (ON 66 S 103) der über ihn mit dem zuvor genannten Urteil verhängten fünfjährigen Freiheitsstrafe (Punkt 1/a) und zur Verfolgung wegen der in einer Anklage der Staatsanwaltschaft der Russischen Föderation der Stadt St. Petersburg vom 23. August 2010 (ON 66 S 173 ff) und „im Untersuchungshaftbefehl vom 6. Dezember 2010 zu Fall Nr 3/1‑219/10 des Gerichts vom Bezirk Wassileostrowskij der Stadt St. Petersburg“ beschriebenen Straftaten (Punkt 1/b) jeweils für (nicht un-)zulässig und setzte die Auslieferungshaft aus dem Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 173 Abs 1 und 2 Z 1 StPO iVm § 29 ARHG fort (Punkt 2).

Mit Beschluss vom 10. September 2013, AZ 22 Bs 265/13a, gab das Oberlandesgericht Wien der gegen die Auslieferung ergriffenen Beschwerde des Alexandr G***** nicht Folge (ON 79).

Der Oberste Gerichtshof gab mit Beschluss vom 5. November 2013, GZ 14 Os 145/13z‑11 (ON 84), seinem Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO teilweise statt, hob den Beschluss des Oberlandesgerichts, soweit damit der Beschwerde des Genannten gegen Punkt 1/a des bezeichneten Beschlusses des Landesgerichts für Strafsachen Wien nicht Folge gegeben worden war, sowie den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien in seinem Punkt 1/a auf und verwies die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht für Strafsachen Wien, weil er die (damals) zugrunde gelegte Zusicherung der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation nicht als ausreichend im Sinn des Art 3 Abs 1 zweiter Satz des Zweiten Zusatzprotokolls zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen erachtete, die Gerichte die Auslieferung jedoch alleine auf dieser Basis für (nicht un-)zulässig erklärt und deshalb die Konventionskonformität des in Russland geführten Abwesenheitsverfahrens überhaupt nicht geprüft hatten. Im Übrigen wies der Oberste Gerichtshof den Antrag zurück.

Alexandr G***** wurde am 11. Dezember 2013 zur Strafverfolgung an die Russische Föderation ausgeliefert (ON 102).

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Wien einer Beschwerde des Alexandr G***** gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 22. September 2014, GZ 313 HR 75/13x‑141, mit dem nunmehr auch die Auslieferung der betroffenen Person zur Vollstreckung des Strafrests der über ihn mit dem eingangs genannten (Abwesenheits-)Urteils des Mezhanski Bezirksgerichts der Stadt Moskau vom 4. April 2011, Fall Nr 1‑26/2011, verhängten fünfjährigen Freiheitsstrafe erneut für (nicht un‑)zulässig erklärt worden war, ein weiteres Mal nicht Folge (ON 150).

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich die als

Grundrechtsbeschwerde bezeichnete ‑ aufgrund der inhaltlichen Ausrichtung des Vorbringens ausschließlich ‑ als Antrag auf

Erneuerung des Strafverfahrens (§ 363a Abs 1 StPO) zu wertende Eingabe der betroffenen Person, mit der sie Verletzungen von Art 2, 3, 5 und 6 MRK sowie des Grundsatzes der Spezialität behauptet.

Für einen ‑ wie hier nicht auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gestützten -Erneuerungsantrag, bei dem es sich um einen subsidiären Rechtsbehelf handelt, gelten alle gegenüber dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und 35 MRK sinngemäß (RIS‑Justiz RS0122737, 14 Os 103/14z). Demnach hat ‑ weil die Opfereigenschaft nach Art 34 MRK nur dann anzunehmen ist, wenn der Beschwerdeführer substantiiert und schlüssig vorträgt, in einem bestimmten Konventionsrecht verletzt zu sein ( Grabenwarter/Pabel EMRK 5 § 13 Rz 16) - auch ein Erneuerungsantrag gemäß § 363a StPO deutlich und bestimmt darzulegen, worin eine (vom angerufenen Obersten Gerichtshof sodann selbst zu beurteilende) Grundrechtsverletzung im Sinn des § 363a Abs 1 StPO zu erblicken sei (RIS‑Justiz RS0122737 [T17]) und sich mit der als grundrechtswidrig bezeichneten Entscheidung in allen relevanten Punkten auseinanderzusetzen (RIS‑Justiz RS0124359).

(1) Zum behaupteten Verstoß gegen Art 2 und 3 MRK ist ‑ wie bereits zu 14 Os 145/13z ‑ anzumerken, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in jenen Fällen, in denen ein Beschwerdeführer hinsichtlich einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowohl eine Verletzung des Art 3 MRK als auch eine solche nach Art 2 MRK rügt, regelmäßig nur Art 3 MRK prüft, weil sich der jeweilige Lebenssachverhalt und die zugrunde liegenden Gefährdungen nicht voneinander trennen lassen (vgl 13 Os 150/07v).

Eine Auslieferung kann für den Aufenthaltsstaat eine Konventionsverletzung bedeuten, wenn die betroffene Person im Zielstaat einer Strafe oder Behandlung ausgesetzt wird, welche die Schwelle zur unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung erreicht und daher mit Art 3 MRK unvereinbar ist (vgl zum Ganzen Göth‑Flemmich in WK² ARHG § 19 Rz 7 sowie 14 Os 145/13z mwN in diesem Verfahren).

Indem der Erneuerungswerber ‑ in wörtlicher Wiederholung seines (vom Obersten Gerichtshof zum AZ 14 Os 145/13z [ON 84] im Zusammenhang mit der Auslieferung zur Strafverfolgung bereits behandelten) Vorbringens im Erneuerungsantrag vom 23. September 2013 [ON 80 S 17 ff] sowie in der Beschwerde gegen den nunmehr bekämpften Beschluss [ON 143 S 13 ff]) ‑ einwendet, dass auf bestehende Erkrankungen während seiner Haft in Russland keine ausreichende Rücksicht genommen worden und keine ausreichende medizinische Versorgung gewährleistet sei, auf Veröffentlichungen in der „Tagespresse“, auf Medienberichte, wonach ein russischer Anwalt während der Untersuchungshaft verstorben sei, und ‑ Verletzungen von Art 3 MRK im russischen Strafvollzug bejahende ‑ Entscheidungen des EGMR verweist, ohne sich mit den entsprechenden ‑ auf den Bericht des Europäischen Kommitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) zur Untersuchungsanstalt 1, in welcher Alexandr G***** angehalten wird, rekurrierenden - Ausführungen des Beschwerdegerichts (BS 9) auseinanderzusetzen, wird er den oben dargestellten Anforderungen nicht gerecht und zeigt keine Fehlbeurteilung im bekämpften Beschluss auf.

Die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen, ernsthaften (gewichtigen) Gefahr, die betroffene Person würde im Empfängerstaat einer Art 3 MRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt sein, wird solcherart nicht schlüssig nachgewiesen (vgl dazu Göth-Flemmich in WK² ARHG § 19 Rz 8 ff mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EGMR; Zimmermann in Grote/Marauhn , EMRK/GG Kap 27 Rz 53; 11 Os 46/08m; vgl auch RIS‑Justiz RS0118200).

Zudem hat die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation ausdrücklich zugesichert, dass Alexandr G***** keiner Folter, grausamen unmenschlichen, die menschliche Würde erniedrigenden Behandlungs- oder Bestrafungsarten unterzogen wird (ON 66 S 9). Dass die Russische Föderation diese Zusage nicht einhalten wird, behauptet der Antragsteller im Übrigen nicht.

(2) Die weiters behauptete Verletzung von

Art 5 MRK ist schon wegen der Subsidiarität des

Erneuerungsantrags gegenüber der Grundrechtsbeschwerde nicht Gegenstand der Prüfung (RIS-Justiz RS0123350 [insbesondere T2]). Die Bekämpfung einer Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit der (zufolge bereits erfolgter Übergabe hier: Nachtrags‑)Auslieferung, die unabhängig von einer allenfalls bestehenden Auslieferungshaft zu treffen ist, mittels Grundrechtsbeschwerde ist jedoch mangels funktioneller Grundrechtsrelevanz ausgeschlossen (RIS‑Justiz RS0116089, RS0060991 [T6]).

(3) Der Einwand mangelnder Fairness des Verfahrens nach Art 6 MRK steht im Auslieferungsverfahren grundsätzlich nur ausnahmsweise offen und erfordert das Vorbringen substantiierter Gründe für eine drohende Verletzung von Art 6 MRK im Strafverfahren des ersuchenden Staats; ein pauschaler Einwand mangelnder Rechtsstaatlichkeit genügt nicht (Göth‑Flemmich in WK² ARHG § 19 Rz 14 f).

Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist ‑ sowohl vom Erst‑ als auch vom Beschwerdegericht zutreffend erkannt (vgl auch erneut 14 Os 145/13z in diesem Verfahren) ‑ die Durchführung eines Strafverfahrens in Abwesenheit des Angeklagten ‑ sofern diesem nicht mit hinreichender Sicherheit die Möglichkeit gewährleistet ist, eine neuerliche Verhandlung in seiner Anwesenheit zu erreichen - mit dem durch Art 6 (Abs 1) MRK garantierten Recht auf ein faires Verfahren dann vereinbar, wenn er in unmissverständlicher Weise auf sein Recht auf Teilnahme an der Hauptverhandlung verzichtet hat oder ‑ eindeutige ‑ konkrete Anhaltspunkte für seine Absicht vorliegen, sich dem Strafverfahren überhaupt durch Flucht zu entziehen. Ein wirksamer Verzicht auf das Anwesenheitsrecht setzt allerdings die gerichtliche Verständigung des Angeklagten von dem gegen ihn eingeleiteten Strafverfahren ‑ sowie, soweit möglich, auch vom Termin der Hauptverhandlung ‑ voraus (Göth‑Flemmich in WK² ARHG § 19 Rz 16; Murschetz, Aktuelles zur Auslieferung nach einem Abwesenheitsurteil, JBl 2009, 29 ff [31]). Zudem darf dem Verteidiger des abwesenden Angeklagten nicht der Zugang zum Verfahren verwehrt und dem Angeklagten ein Verzicht auf Rechtsmittel nicht bloß aufgrund seines Verzichts an der Teilnahme am Verfahren unterstellt werden (vgl zum Ganzen Murschetz, Auslieferung und Europäischer Haftbefehl, 203 ff mwN aus der Rechtsprechung des EGMR).

Rechtsgrundlagen für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Auslieferung zur Vollstreckung einer in einem Abwesenheitsurteil verhängten Strafe nach Russland sind die Bestimmungen des Europäischen Auslieferungsübereinkommens ergänzt durch Art 3 Abs 1 des Zweiten Zusatzprotokolls (BGBl 1983/297). Letztere Bestimmung sieht einen Hinderungsgrund für die Auslieferung zur Vollstreckung einer in einem Abwesenheitsurteil verhängten Strafe vor, wenn „in dem diesem Urteil vorangegangenen Verfahren nicht die Mindestrechte der Verteidigung gewahrt worden sind, die anerkanntermaßen jedem einer strafbaren Handlung Beschuldigten zustehen“, und verweist damit auf den die Einhaltung der Mindestverteidigungsrechte gewährleistenden Schutzbereich des Art 6 Abs 1 MRK. Wurde der durch Art 6 Abs 1 MRK grundrechtlich gewährleistete Mindeststandard der Verteidigung in dem in Abwesenheit des Verurteilten durchgeführten Strafverfahren nicht eingehalten, so ist die Auslieferung nach Art 3 Abs 1 zweiter Satz des Zweiten Zusatzprotokolls zum Europäischen Auslieferungs-übereinkommen nur dann zulässig, wenn „die ersuchende Vertragspartei eine als ausreichend erachtete Zusicherung gibt, der Person, um deren Auslieferung ersucht wird, das Recht auf ein neues Gerichtsverfahren zu gewährleisten, in dem die Rechte der Verteidigung gewahrt werden“ (vgl zum Ganzen 15 Os 117/07f = EvBl 2008/73, 371 = SSt 2008/3 mwN; sowie erneut 14 Os 145/13z in diesem Verfahren).

Vorliegend ist das Oberlandesgericht auf Basis aktenkonformer Tatsachenannahmen (nach denen die betroffene Person im bezughabenden Auslieferungsverfahren während der Vorermittlung in Gegenwart seiner Rechtsanwälte Beweisaussagen tätigte [eigenen Angaben zufolge drei Mal „zur Sache“ vernommen wurde], sodann gegen gelindere Mittel [insbesonders die Auflage, an seiner Meldeadresse wohnhaft zu bleiben] aus der über ein Jahr andauernden Untersuchungshaft entlassen wurde, im Herbst 2010 ‑ gegen diese Weisung verstoßend ‑ Russland verließ, dem Gericht schriftlich ausdrücklich mitteilte, an der Verhandlung nicht teilnehmen zu wollen und sowohl in der in seiner Abwesenheit durchgeführten Verhandlung als auch in der bezughabenden Berufungsverhandlung durch mehrere Wahlverteidiger vertreten wurde; BS 5 ff) vom Vorliegen eindeutiger konkreter Anhaltspunkte für ein, einen Verzicht des Erneuerungswerbers auf Anwesenheit in der Hauptverhandlung ‑ indizierende ‑ eine gerichtliche Verständigung vom Verhandlungstermin (die vorliegend nach der Zusicherung der russischen Behörden zudem ohnehin erfolgte; ON 123 S 11) vereitelnde ‑ Flucht der betroffenen Person trotz Kenntnis vom konkreten Verfahrensstadium ausgegangen und hat die Durchführung des Abwesenheitsverfahrens solcherart nach Maßgabe der oben dargestellten Kriterien zutreffend als den Anforderungen des Art 6 MRK entsprechend beurteilt.

Indem der Erneuerungswerber diese Sachverhaltsannahmen ‑ unter (großteils wörtlicher) Wiederholung der Beschwerdeausführungen vom 3. Oktober 2014 (ON 143 S 2 ff) ‑ bestreitet, aus den Verfahrensergebnissen (insbesonders den Mitteilungen der Russischen Föderation, deren ursprünglicher Zusicherung, „für die Gewährleistung des Rechts auf ein neues Gerichtsverfahren zu haften“, und seinen eigenen Angaben) andere Schlüsse zieht als jene des Beschwerdegerichts, auf sein Vorbringen im Asylverfahren sowie auf verfahrensfremde Entscheidungen diverser nationaler europäischer Gerichte verweist und die zitierten Feststellungen als „massiv verfehlt“, „völlig unzureichend und unzutreffend“ bezeichnet, setzt er sich erneut nicht substantiiert mit den relevanten Erwägungen in der als grundrechtswidrig bezeichneten Entscheidung auseinander und vermag solcherart keine Fehlbeurteilung des Oberlandesgerichts darzulegen.

Das Vorbringen, das Abwesenheitsurteil sei „nach wie vor rechtskräftig und vollstreckbar“, der Umgang mit Abwesenheitsurteilen sei jedenfalls näher zu prüfen, die russische Strafprozessordnung lasse überhaupt kein Antragsrecht auf Verfahrenserneuerung zu und es sei der Vollzug der in Abwesenheit verhängten Freiheitsstrafe bereits angeordnet, bezieht sich der Sache nach auf die Zusicherung der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation, dem Erneuerungswerber das Recht auf ein neues Gerichtsverfahren zu gewährleisten. Im Hinblick darauf, dass das im ersuchenden Staat durchgeführte Strafverfahren nach den ‑ nach dem Vorgesagten erfolgslos bekämpften ‑ Annahmen des Beschwerdegerichts den von Art 6 MRK geforderten Verfahrensgarantien entsprach, erübrigt sich ein Eingehen darauf. Im Übrigen lässt der Antrag eine Auseinandersetzung mit der erneuten und erweiterten Zusicherung der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation im Sinn des Art 3 Abs 1 zweiter Satz des Zweiten Zusatzprotokolls zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen (ON 123 S 5) und den dazu angestellten Überlegungen des Oberlandesgerichts (BS 7) zur Gänze vermissen.

Schließlich spricht auch der Einwand, die Einhaltung des Grundsatzes der Spezialität sei in Russland nicht zu erwarten, keine Grundrechtsverletzung mit Bestimmtheit an.

Der Antrag ist daher in sinngemäßer Anwendung des Art 35 Abs 3 MRK, im Umfang des auf Art 5 bezogenen Vorbringens im Sinn des Art 35 Abs 1 MRK unzulässig und war schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 StPO; vgl dazu 17 Os 11/12i).

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