OGH 7Ob53/14s

OGH7Ob53/14s18.2.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, 1060 Wien, Linke Wienzeile 18, vertreten durch Kosesnik‑Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei V*, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. Dezember 2013, GZ 1 R 218/13f‑13, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 1. Juli 2013, GZ 39 Cg 40/12v‑6, teilweise abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:E110424

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.959,48 EUR (darin enthalten 326,58 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist eine Versicherungsgesellschaft, die ihre Leistungen österreichweit anbietet und dabei mehr als 250.000 Versicherungsverträge betreut. Ihren mit Verbrauchern abgeschlossenen Unfallversicherungsverträgen legt sie regelmäßig die Allgemeinen Unfall‑Versicherungsbedingungen (AUVB 2010/01) der * (im Folgenden kurz: AUVB 2010) zugrunde. Diese enthalten unter anderem folgende Klauseln:

6. Was müssen Sie bei Änderungen der Berufstätigkeit oder Beschäftigung beachten?

6.1 Änderung der Berufstätigkeit oder Beschäftigung

Eine Änderung der Berufstätigkeit oder Beschäftigung der versicherten Person (Pflichtwehrdienst, Zivildienst oder militärische Reserveübungen fallen nicht darunter) müssen Sie uns unverzüglich mitteilen, weil die Höhe der Versicherungssummen bzw. der Prämien maßgeblich von diesen Umständen abhängen können.

6.2. Errechnen sich bei gleichbleibender Prämie nach dem zum Zeitpunkt der Änderung gültigen Tarif niedrigere Versicherungssummen, gelten diese nach Ablauf von zwei Monaten ab der Änderung. Errechnen sich dagegen höhere Versicherungssummen, gelten diese nach Ablauf eines Monats ab der Änderung.

6.2.1 Auf Ihren Wunsch führen wir den Vertrag auch mit den bisherigen Versicherungssummen bei erhöhter oder gesenkter Prämie weiter, sobald uns Ihre Erklärung zugeht.

Der Leistungsfall

7. Was ist nach einem Unfall zu beachten (Obliegenheiten)?

Ohne Ihre Mitwirkung und die der versicherten Person können wir unsere Leistung nicht erbringen; es gelten daher die im Folgenden genannten Obliegenheiten gemäß § 6 VersVG als vereinbart.

7.5 …

Uns ist das Recht zu verschaffen, gegebenenfalls eine Obduktion durch einen von uns beauftragten Arzt vornehmen zu lassen.

Die Versicherungsprämie

11. Was müssen Sie bei der Prämienzahlung beachten?

11.6.2 Bei Vertragsschluss fallen dem Versicherer einmalige Kosten, wie z.B. Vertriebsunterstützung, EDV Aufwand, Verarbeitungskosten, Versandkosten, etc. (kurz: Verwaltungskosten) an. Diese Verwaltungskosten werden unabhängig von der vertraglich vereinbarten Laufzeit des Versicherungsvertrages in die Prämien unter der Annahme eines tatsächlichen Bestehens des Versicherungsvertrages von 10 Jahren aufgenommen. Sofern der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag jedoch vor Ablauf von 10 Jahren beendet, ist vom Versicherungsnehmer der nicht verdiente Anteil der Verwaltungskosten nachzuzahlen.

Diese Regelung ist nicht auf Verträge anzuwenden, welche mit einem Prämienzuschlag für eine Vertragslaufzeit kürzer als 10 Jahre versehen sind.

11.6.3 Die Nachzahlung berechnet sich nach der tatsächlichen Vertragsdauer und beträgt nach

‑ drei Jahren: 70 %

‑ vier Jahren: 60 %

‑ fünf Jahren: 50 %

‑ sechs Jahren: 40 %

‑ sieben Jahren: 30 %

‑ acht Jahren: 20 %

‑ neun Jahren: 10 %

der ersten Gesamtjahresprämie.

11.6.4 Diese Regelung gilt auch für bei Vertragsbeginn übernommene Kosten und Prämien, z.B. Gutachtenskosten, Dauerrabatte, offene Prämien, etc.. Anstelle der ersten Jahresprämie (Pkt. 11.6.2) treten die übernommenen Gesamtkosten bzw. Prämien.“

Vor Klagseinbringung zeigte sich die Beklagte nur bereit, zu Art 11.6.4 zweiter Satz AUVB 2010 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, weil sich dieser Verweis auf Art 11.6.3 beziehen sollte und es dort anstatt „der ersten Gesamtjahresprämie“ richtigerweise „der übernommenen Gesamtkosten bzw Prämien“ hätte heißen sollen.

Der Kläger ‑ ein Verein nach § 29 Abs 1 KSchG ‑ begehrte, der Beklagten die Verwendung der in den AUVB 2010 enthaltenen Klauseln Art 6.2. erster Satz und Art 6.2.1 (Klauseln 1 und 2), Art 7.5 zweiter Absatz (Klausel 3) und Art 11.6.4 (Klausel 4) oder sinngleicher Klauseln und die Berufung darauf zu untersagen. Weiters stellte er ein österreichweites Veröffentlichungsbegehren im redaktionellen Teil einer Samstagsausgabe der „Kronen-Zeitung“ und eventualiter im redaktionellen Teil einer Samstagsausgabe einer (sonstigen) österreichweit erscheinenden Tageszeitung. Die Klauseln 1 und 2 verletzen die nach § 34a VersVG einseitig zwingenden Vorgaben der §§ 23 ff VersVG. Die Herabsetzung der Versicherungssumme oder die Erhöhung der Prämie im Fall einer nachträglichen Gefahrenerhöhung wäre für den Versicherungsnehmer nur dann in jedem Fall günstiger als die gesetzlichen Rechtsfolgen, wenn dieser auch kündigen könne, sollte er den Vertrag zu den neuen Bedingungen nicht mehr fortsetzen wollen. Die Klausel 3 sei für den Versicherungsnehmer unzumutbar und gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB. Eine Obduktion setze das Einverständnis der Gefahrenperson voraus, welche nicht immer mit der Person des Versicherungsnehmers ident sei, wobei das Einverständnis auch nicht vorab in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erteilt werden könne. Die Klausel laufe aufgrund der nach dem Versicherungsfall zu erfüllenden Obliegenheit darauf hinaus, die Anspruchsberechtigten ‑ und nicht den verstorbenen Versicherten ‑ zur Zustimmung zur Obduktion zu bewegen. Es gehe dabei um eine auf den eingetretenen Versicherungsfall bezogene nachträgliche Zustimmung der Anspruchsberechtigten. Nach § 25 Abs 2 KAKuG müsse die Zustimmung des Verstorbenen eindeutig gegeben und nachvollziehbar sowie entsprechend dokumentiert sein. Von einer eindeutigen, wirksam erteilten Zustimmungserklärung könne jedoch bei einer Zustimmung allein „auf der Grundlage verdünnter Willensfreiheit“ in den AUVB 2010 keinesfalls gesprochen werden. Eine einmal erteilte Zustimmung zu einer Obduktion müsse auch ohne Begründung widerrufen werden können. Dies würden die AUVB 2010 nicht vorsehen, sodass die Klausel gegen § 25 KAKuG verstoße. Die Klausel erwecke beim Konsumenten auch den Eindruck, dass die Zustimmung wirksam sei, womit die tatsächliche Rechtslage verschleiert werde, weshalb sie intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG sei. Die Klausel sei überdies insofern missverständlich, als danach jedes Fehlen einer Zustimmung zur Obduktion ‑ von wem auch immer diese Zustimmung verweigert werde ‑ zur Leistungsfreiheit führen könne. Dies sei aber nicht der Fall, weil das Fehlen der Zustimmung der totenobsorgeberechigten Angehörigen dem Anspruchs-berechtigten nicht zurechenbar sei. Zudem könnten die Obliegenheiten im Verhältnis zu den totenobsorgeberechtigten Angehörigen, die nicht gleichzeitig Anspruchsberechtigte seien, keine Wirkung entfalten. Die Klausel mache dies nicht deutlich, sodass sie auch aus diesem Grund intransparent sei. Die Klausel 4 verstoße gegen § 879 Abs 3 ABGB, weil es im Fall einer vorzeitigen Vertragsauflösung aufgrund der Verrechnung von anteiligen Verwaltungskosten und den bei Vertragsbeginn übernommenen nach oben hin unbeschränkten Kosten und/oder Prämien zu einer massiven Nachzahlungspflicht und damit de facto zu einer wirtschaftlichen Kündigungssperre kommen könne. Diese Klausel verstoße zudem gegen § 41b VersVG, wonach neben der Prämie nur dann Gebühren verlangt werden dürften, wenn für diese ein Verhalten des Versicherungsnehmers kausal sei, weil sich eine derartige Einschränkung aus dieser Klausel nicht ergebe. Die Beklagte habe lediglich hinsichtlich des zweiten Satzes der beanstandeten Klausel eine Unterlassungserklärung abgegeben. Dadurch sei die Wiederholungsgefahr jedoch nicht weggefallen, weil die Sätze 1 und 2 keinen eigenständigen Regelungsbereich bildeten und als einheitliche Vertragsklausel anzusehen seien. Regelungsinhalt und Zweck der einzelnen Sätze würden einander ergänzen und teilweise überlagern. Die einzelnen Sätze könnten deshalb rechtlich nicht unabhängig voneinander beurteilt werden. Die Beklagte sei eines der größten Versicherungsunternehmen Österreichs mit rund 250.000 Kunden. Es bestehe daher in der Aufklärung der betroffenen Verbraucherkreise über das gesetzwidrige Verhalten der Beklagten in Form einer Urteilsveröffentlichung im Sinn des Hauptbegehrens ein berechtigtes Interesse, weil die Aufklärungsdichte eine höhere sei als in allen anderen österreichweit erscheinenden Tageszeitungen.

Die Beklagte wendete ein, die Klauseln 1 und 2 sollten eine nachträglich eingetretene Äquivalenzstörung im Interesse beider Vertragspartner beseitigen und seien für den Versicherungsnehmer zumindest gleich günstig wie die gesetzliche Regelung für eine Gefahrenänderung, die dem Versicherer im Fall einer Gefahrenerhöhung ein Sonderkündigungsrecht einräume und bei einer Verletzung der Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers zur Leistungsfreiheit des Versicherers führe. Dabei entstünden in der Praxis unvorhergesehene und ungewollte Deckungslücken, was durch den Verzicht der Versicherung auf das Sonderkündigungsrecht bei einer Verringerung der Versicherungssumme oder ‑ nach Wahl des Versicherungsnehmers ‑ Erhöhung der Prämie vermieden werde. Die positive Wirkung einer Gefahrenminderung wirke hier bereits nach einem Monat, während § 41a VersVG nur für zukünftige Versicherungsperioden gelte. Hingegen würden die negativen Wirkungen einer Gefahrenerhöhung erst nach zwei Monaten greifen. Gesetzliche und vertragliche Kündigungsrechte des Versicherungsnehmers würden dadurch nicht berührt. Die Klausel 3 enthalte keine Mitwirkungspflicht, sondern eine bloße „Duldungsobliegenheit“ des Anspruchsberechtigten. Insofern sei diese Obliegenheit nicht mit den in § 34 VersVG geregelten Mitwirkungs‑ und Auskunftspflichten des Anspruchsberechtigten vergleichbar. Eine Verletzung dieser Obliegenheit führe auch nicht jedenfalls zum Leistungsausschluss, sondern nur nach Maßgabe von § 6 Abs 3 VersVG. Sollte die Einräumung des Rechts zur Obduktion im konkreten Fall tatsächlich unzumutbar sein, liege kein Verschulden des Versicherungsnehmers vor und die Beklagte müsse leisten. Die Gefahrenperson bestimme zu Lebzeiten darüber, ob sie bei Ableben mit einer Obduktion einverstanden sei. Liege keine Erklärung vor, bedürfe es der Zustimmung der nahen Angehörigen. Im Fall, dass der Anspruchsberechtigte nicht zur alleinigen Totenfürsorge berechtigt sei, habe er den Versicherer bei der Erlangung der Zustimmung der nahen Angehörigen zu unterstützen. Die Klausel richte sich demnach zu Lebzeiten an die Gefahrenperson direkt und nach dem Ableben an den Anspruchsberechtigten. Nach § 6 Abs 3 VersVG sei es erforderlich, dass die Leistungsfreiheit für den Fall der Obliegenheitsverletzung vereinbart worden sei. Die Klausel sei nicht missverständlich, weil sich die Obliegenheit, ohne dass dies in der Klausel gesondert erwähnt werden müsse, naturgemäß an Anspruchsberechtigte richte. Nur diese könnten eine Obliegenheitsverletzung im Sinn des § 6 Abs 3 VersVG schuldhaft begehen. Die Gefahrenperson selbst komme ebensowenig in Frage wie unbeteiligte Dritte (nahe Angehörige). In der Klausel brauche nicht gesondert darauf hingewiesen werden, dass Obliegenheiten ab Ableben der versicherten Person vom Anspruchsberechtigten zu erfüllen seien. Bei der Klausel 4 sei die Wiederholungsgefahr durch die allein den zweiten Satz betreffende Unterlassungserklärung weggefallen. Der erste Satz verstoße nicht gegen § 879 Abs 3 ABGB, sondern sei durch § 8 Abs 3 letzter Satz VersVG gedeckt. Bei den in der Klausel angeführten Kosten handle es sich nicht um solche, die mit der Abwicklung derartiger Versicherungsverträge im Regelfall verbunden seien und die bei der Tarifgestaltung und Prämienkalkulation bereits berücksichtigt werden könnten. Aus der Klausel gehe hinreichend deutlich hervor, dass die gesamte Regelung zur Nachzahlung der Verwaltungskosten analog auch für die ausdrücklich in der Klausel genannten Kosten gelten solle. Aufgrund der Größe der Beklagten bedürfe es nicht einer Urteilsveröffentlichung in der größten und teuersten österreichweit erscheinenden Tageszeitung, sondern sei eine Urteilsveröffentlichung in jeder anderen österreichweit erscheinenden Tageszeitung ausreichend.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auf Unterlassung zur Gänze und dem Veröffentlichungsbegehren im Umfang des Eventualbegehrens statt, wobei es konkret die Tageszeitung „Kurier“ anführte. Die Klauseln 1 und 2 wären nur dann gegenüber den einseitig zwingenden Bestimmungen der §§ 23 ff VersVG für den Versicherungsnehmer günstiger, wenn diese zusätzlich die Option einer Vertragskündigung erhielten. Dem Verzicht auf das im Fall der Risikoerhöhung gesetzlich eingeräumte Sonderkündigungsrecht des Versicherers stehe entgegen, dass es durchaus im Interesse des Versicherungsnehmers liegen könne, das bestehende Vertragsverhältnis mit dem Versicherer nicht fortzuführen, wenn der Versicherungsnehmer zu den vom Versicherer angepassten vertraglichen Konditionen nicht kontrahieren wolle. Die Klausel 3 verstoße gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG. Diese Klausel sei im kundenfeindlichsten Sinn so zu verstehen, dass dem Versicherungsnehmer bzw Anspruchsberechtigten die Pflicht auferlegt werde, dem Versicherer auf dessen Verlangen das Recht zu verschaffen, eine Obduktion durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt vornehmen zu lassen. Nach der Formulierung der Klausel könne keine wirksame Zustimmung zur Obduktion noch zu Lebzeiten des Verstorbenen vorliegen. Verweigern die nächsten ‑ nicht unbedingt mit dem/den Anspruchsberechtigten identen ‑ Angehörigen ihre Zustimmung zur Obduktion, so bestehe für den Anspruchsberechtigten keine Möglichkeit, dem Versicherer das Recht auf Durchführung zur Obduktion zu verschaffen, was nach der Formulierung der Klausel als Obliegenheitsverletzung aufzufassen sei, sodass nach Art 8. AUVB 2010 bzw gemäß § 6 Abs 3 VersVG der Versicherungsschutz verloren gehen könne. Dass dieser Fall von der Beklagten angeblich nicht als vorsätzliche bzw grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung qualifiziert werde, sei für den Versicherungsnehmer nicht ersichtlich. Zudem bleibe offen, durch wen und auf welche Weise gegebenenfalls die Verschaffung vor sich gehen solle und dass die wirksame Zustimmung zur Obduktion wohl einer gewissen Aufklärung und Absicherung bedürfe. Der zweite Satz der Klausel 4 sei ‑ von der Beklagten zugestanden - intransparent. Die in Art 11.6.4 AUVB 2010 enthaltenen Bestimmungen hätten keinen materiell eigenständigen Anwendungsbereich, sondern stünden in einem untrennbaren Zusammenhang; schon deshalb könne von einer die Wiederholungsgefahr ausschließenden Unterlassungserklärung der Beklagten nicht ausgegangen werden, betreffe diese doch nur den zweiten Satz der inkriminierten Klausel. Zudem verstoße Art 11.6.4 erster Satz AUVB hinsichtlich der Gutachtenskosten jedenfalls gegen das in § 41b VersVG statuierte Kausalitätserfordernis. Die Urteilsveröffentlichung in der Tageszeitung „Kurier“ sei zielführend, ausreichend und angemessen, weil die Beklagte nicht zu den ganz großen Versicherungsunternehmen Österreichs zähle.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten keine und jener des Klägers Folge. Das Veröffentlichungsbegehren änderte es im Sinn des Hauptbegehrens ab. Das den Klauseln 1 und 2 zugrunde liegende Konzept der Beklagten biete gegenüber den gesetzlichen Rechtsfolgen einer Gefahrenerhöhung, die ein „Sonderkündigungsrecht“ des Versicherungsnehmers und Leistungsfreiheit bei Verletzung der Anzeigepflicht vorsehen, gewisse Vorteile durch Vermeidung unbeabsichtigter Deckungslücken und Vertragskontinuität. Nachteilig sei hingegen, dass dem Versicherungsnehmer auf diese Weise ein Vertrag aufgezwungen werde, den er so ‑ mit der neuen Versicherungssumme oder der neuen Prämie ‑ nicht abgeschlossen habe und vielleicht niemals abgeschlossen hätte. Objektiv ex ante und unter Anlegung eines überindividuell-generalisierenden Maßstabs sei es zumindest zweifelhaft, ob die von der Beklagten vorgesehene Vertragsanpassung für den typischen Versicherungsnehmer zumindest gleich günstig sei. Er werde in der Praxis kaum auf größere Schwierigkeiten stoßen, auf Wunsch einen neuen, der geänderten Gefahrenlage entsprechenden Vertrag abzuschließen. Die zwangsweise Vertragsanpassung sei eine entbehrliche Bevormundung, die leicht durch eine dem Versicherungsnehmer neben der Vertragsanpassung einzuräumende Kündigungsmöglichkeit vermieden werden könne. Die Klausel 3 sei infolge Intransparenz gemäß § 6 Abs 3 KSchG unwirksam. Die Formulierung als „Verschaffungspflicht“ stelle einen Anspruchsberechtigten, der nicht zugleich nächster Angehöriger ist, vor eine für ihn unklare Situation. Ein durchschnittlicher Anspruchs-berechtigter könne die Auswirkungen seines „rechtlichen Unvermögens“ nicht beurteilen. Ihm sei nicht zuzumuten, die Obduktions-Klausel im komplexen Regelwerk der Verletzung von Obliegenheiten nach § 6 VersVG richtig einzuordnen, auch wenn in Art 7 AUVB 2010 darauf Bezug genommen werde und der Gesetzestext den Bedingungen angeschlossen sei. Die beiden Sätze der Klausel 4 stünden nicht bloß in „irgendeinem rechtlichen Zusammenhang“; der zweite Satz habe vielmehr überhaupt keinen eigenständigen Regelungsbereich, weshalb die Klausel als Einheit aufzufassen sei; die von der Beklagten abgegebene Unterlassungserklärung sei daher nicht vollständig gewesen. Im Übrigen sei diese Klausel nicht gemäß § 8 Abs 3 VersVG zulässig und verstoße gegen § 879 Abs 3 ABGB. Keine der angeführten freiwillig übernommenen Aufwendungen der Beklagten verschaffe dem Versicherungsnehmer einen Vorteil, den ihm die Beklagte im Sinn des § 8 Abs 3 zweiter Satz VersVG wegen der vorgesehenen längeren Laufzeit des Versicherungsvertrags gewähre. Auch sei eine sachliche Rechtfertigung für die bis zu zehn Jahre dauernde Rückzahlungsverpflichtung des Konsumenten, obwohl der Versicherungsnehmer ‑ im Zusammenhang mit übernommenen Dauerrabatten und Prämien ‑ gegenüber seinem Vorversicherer nur noch bedeutend kürzer gebunden wäre, nicht ersichtlich. Der umfassende Informationszweck werde am besten durch eine Veröffentlichung in jener bundesweit erscheinenden Tageszeitung mit der notorisch größten Reichweite erreicht. Es fehle jeder Anhaltspunkt dafür, dass die beteiligten Verkehrskreise, also die Versicherungsnehmer einer Unfallversicherung, überwiegend zum Leserkreis einer anderen österreichweit erscheinenden Tageszeitung zählen würden. Weder der Umstand, dass die Beklagte „nicht zu den ganz großen Versicherungsunternehmen Österreichs“ zähle, noch die höheren Einschaltkosten einer Publikation in der Kronen-Zeitung, die sich gerade wegen deren größeren Reichweite ergeben, würden eine Einschränkung des Veröffentlichungsbegehrens rechtfertigen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und dass die ordentliche Revision im Hinblick auf die Vielzahl der betroffenen Versicherungsverträge in Ermangelung höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu den mit den Klauseln 1 bis 3 verbundenen Rechtsfragen zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger beantwortete Revision der Beklagten ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

1. Für sämtliche Klauseln sind folgende Grundsätze im Verbandsprozess maßgebend:

1.1. Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt. Das dadurch geschaffene bewegliche System berücksichtigt einerseits die objektive Äquivalenzstörung und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit“ (RIS‑Justiz RS0016914). Ein Abweichen vom dispositiven Recht wird unter Umständen schon dann eine „gröbliche“ Benachteiligung des Vertragspartners sein können, wenn sich für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung ergibt. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht, wenn also keine sachlich berechtigte Abweichung von der für den Durchschnittsfall getroffenen Norm des nachgiebigen Rechts vorliegt (RIS‑Justiz RS0016914 [T3, T4, T6]). Die Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner gröblich benachteiligt, orientiert sich am dispositiven Recht, das als Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs für den Durchschnittsfall dient (RIS‑Justiz RS0014676 [T7, T13, T43]).

1.2. Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Dieses sogenannte Transparenzgebot soll eine durchschaubare, möglichst klare und verständliche Formulierung Allgemeiner Geschäftsbedingungen sicherstellen, um zu verhindern, dass der für die jeweilige Vertragsart typische Verbraucher von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird oder ihm unberechtigt Pflichten abverlangt werden (stRsp; zB RIS‑Justiz RS0115217 [T8], RS0115219 [T9]). Daraus kann sich konkret eine Pflicht zur Vollständigkeit ergeben, wenn die Auswirkung einer Klausel sonst unklar bliebe (RIS‑Justiz RS0115219).

1.3. Im Verbandsprozess nach § 28 KSchG hat die Auslegung der Klauseln im „kundenfeindlichsten“ Sinn zu erfolgen. Auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Klausel kann nicht Rücksicht genommen werden, weil eine geltungserhaltende Reduktion im Verbandsprozess nicht möglich ist (stRsp; RIS‑Justiz RS0016590 [T1], RS0038205) ebenso nicht wie im Individualprozess über nicht ausgehandelte missbräuchliche Klauseln in einem Verbrauchergeschäft (RIS‑Justiz RS0128735, RS0122168).

2. Zu den Klauseln 1 und 2 (Art 6.2. erster Satz und Art 6.2.1 AUVB 2010):

2.1. Bei der Ermittlung der Nachteiligkeit einer Vereinbarung sind die davon ausgehenden Vor‑ und Nachteile zu saldieren; eine Abweichung zulasten des Versicherungsnehmers kann daher durch einen zugleich gewährten Vorteil ausgeglichen werden (Prölls in Prölls/Martin, VVG28, § 18 Rn 5; Johannsen in Bruck/Möller, VVG9, § 18 Rn 4; Brömmelmeyer in Bruck/Möller, VVG9, § 32 Rn 8). Ob sich die Vor‑ und Nachteile zumindest die Waage halten, ist objektiv ex ante zu beurteilen. Bei Vereinbarungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist dabei ein überindividuell‑generalisierender Maßstab anzulegen. Zweifel bei der Bewertung der Vor‑ und Nachteile gehen zu Lasten des Versicherers (Prölls aaO Rn 7; Johannsen aaO; Brömmelmeyer aaO Rn 10). Diese für das deutsche Versicherungsrecht in Rechtsprechung und Lehre vertretene Meinung ist aufgrund der Vergleichbarkeit der Rechtslage auf das österreichische Versicherungsvertragsrecht zu übertragen.

2.2. Die beanstandeten Klauseln weichen von den gemäß § 34a VersVG einseitig (zugunsten des Versicherungsnehmers) zwingenden Bestimmungen der §§ 23 ff VersVG insofern ab, als dem Versicherer nach diesen Regelungen nicht das Recht eingeräumt wird, bei einer Gefahrenerhöhung die Versicherungssumme bei gleichbleibender Versicherungsprämie nach unten hin zu korrigieren oder alternativ die Versicherungsprämie bei gleichbleibender Versicherungssumme entsprechend zu erhöhen. Vielmehr ist dieser zur Kündigung gezwungen, wenn er sich nicht mit einer ihm bekannt gewordenen Gefahrenerhöhung abfinden will. Vor diesem Hintergrund dient das vorliegende Gesamtkonzept primär der Herbeiführung einer Vertragsfortsetzung für den Fall einer Gefahrenerhöhung, auch wenn es im Gegenzug eine den Versicherungsnehmer etwas begünstigende „Automatik“ im Fall einer Gefahrenminderung einräumt.

2.3. Die Revisionswerberin zeigt zwar zutreffend auf, dass mit diesem Konzept ‑ für den Versicherungsnehmer vorteilhaft ‑ allfällige aufgrund einer Kündigung durch den Versicherer eintretende Deckungslücken verhindert werden können. Dies wäre aber auch (wie vom Kläger gefordert) durch die gleichzeitige Einräumung eines Kündigungsrechts für den Versicherungsnehmer möglich ‑ so nunmehr in § 25 Abs 2 VVG im Fall einer aus einer Gefahrenerhöhung resultierenden Prämienerhöhung von mehr als 10 % gesetzlich verankert ‑, womit einer zu den geänderten Bedingungen allenfalls unerwünschten Vertragsfortsetzung begegnet werden könnte. Zudem ist im Regelfall davon auszugehen, dass ein Versicherungsnehmer auf keine relevanten Schwierigkeiten stößt, beim selben oder einem anderen Versicherer für das nun erhöhte Risiko eine Versicherungsdeckung zu erhalten. Damit kann dieser von der Revisionswerberin vorrangig aufgezeigte Umstand die mit der aufgezwungenen Vertragsfortsetzung verbundenen Nachteile nicht kompensieren, auch wenn das Versicherungsverhältnis zur nächsten Hauptfälligkeit bzw zum Ende der einjährigen Versicherungsperiode aufgelöst werden kann und die Vorteile in Abweichung von § 41a VersVG, der eine Prämienreduktion erst ab dem Beginn der nächsten Versicherungsperiode ermöglicht, bereits nach einem Monat und die Nachteile erst nach zwei Monaten wirksam werden.

2.4. Die unterschiedlichen gesetzlichen Rechtsfolgen bei Erhöhung und Verringerung der Gefahr sind für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer keinesfalls verwirrend. Während ein Versicherungsnehmer im Fall einer Gefahrenverringerung pro futuro eine Prämienreduktion beanspruchen kann (vgl § 41a VersVG), bleibt im Fall einer Gefahrenerhöhung der Versicherungsvertrag grundsätzlich unverändert aufrecht. Diesfalls liegt es nämlich am Versicherer, sich mit einer erhöhten Gefahrenlage abzufinden und den Versicherungsvertrag unverändert aufrecht zu erhalten oder den Versicherungsvertrag zu kündigen (vgl §§ 24, 27 Abs 1 VersVG) und allenfalls einen neuen Vertrag zu geänderten Bedingungen anzubieten. Damit begünstigt die Herbeiführung einer einheitlichen Regelung bei Erhöhung und Verringerung der Gefahr primär den Versicherer, der dadurch bei einer Gefahrenerhöhung eine gesetzlich nicht vorgesehene Verringerung der Versicherungssumme bzw alternativ eine Prämienerhöhung erreicht, ohne dass hiemit eine Beseitigung einer mit der Gesetzeslage einhergehenden „Undurchschaubarkeit“ für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer verbunden wäre.

2.5. Auf das Argument des Wegfalls der Leistungsfreiheit bei Verletzung der Anzeigepflicht (vgl §§ 25, 28 VersVG), das die Unbedenklichkeit von Prämienanpassungsklauseln rechtfertigen könnte (vgl beispielsweise Prölls in Prölls/Martin, VVG27, § 27 Rn 3), kann sich die Revisionswerberin hingegen im Verbandsprozess nicht berufen. Art 6.1 AUVB 2010 enthält eine unbedingte Anzeigepflicht im Fall einer Änderung der Berufstätigkeit oder Beschäftigung. Bei kundenfeindlichster Betrachtung ist daran zu denken, dass trotz der nachfolgenden Regelungen zur Änderung der Versicherungssumme bzw zur Prämienanpassung (Art 6.2. und 6.2.1 AUVB 2010) der Versicherer mangels ausdrücklicher Klarstellung nach wie vor berechtigt ist, sich unter Verweis auf eine Verletzung der Anzeigepflicht auf die Leistungsfreiheit zu berufen. Damit im Einklang hat die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren bloß vorgebracht, dass nach herrschender Lehre die vertraglich vereinbarte Prämienkorrektur im Fall einer Gefahrenänderung die §§ 23 ff VersVG ersetze. Das Argument des Wegfalls der Leistungsfreiheit bei Verletzung der Anzeigepflicht im Rahmen der Beurteilung der Vorteilhaftigkeit ist nicht zu berücksichtigen.

2.6. Insgesamt folgt daraus, dass der Revisionswerberin nicht der Nachweis gelungen ist, dass ihr Konzept zumindest gleich günstig ist wie die einseitig zwingenden gesetzlichen Regelungen bei Eintritt einer Gefahrenänderung.

3. Zur Klausel 3 (Art 7.5 zweiter Absatz AUVB 2010):

3.1. Der erkennende Fachsenat hat zur inhaltlich vergleichbaren Klausel Art 21.2.3 AUVB 2008 in seiner Entscheidung 7 Ob 113/14i vom 10. 9. 2014 (RIS‑Justiz RS0129733) wie folgt ausgeführt:

„Art 21.2.3 AUVB 2008 sieht bei kundenfeindlichster Auslegung vor, dass der Beklagten jedenfalls das Recht einzuräumen ist, die Leiche durch Ärzte zu obduzieren und 'nötigenfalls' exhumieren zu lassen. Damit ist diese Klausel jedenfalls unklar im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Weder wird festgelegt, durch wen und auf welche Weise das Recht zur Obduktion oder Exhumierung 'eingeräumt' werden soll, noch in welchen Fällen dies erforderlich sein soll.

Zunächst ist darauf zu verweisen, dass es im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen nicht im Belieben des Unfallversicherers steht, aus der Verweigerung der Obduktion oder der Exhumierung seine Leistungsfreiheit herzuleiten. Er ist vielmehr nur dann auf eine Obduktion oder die Entnahme von Leichenblut angewiesen, wenn die begehrte Maßnahme zu einem entscheidungserheblichen Beweisergebnis führen kann und wenn mit ihr das letzte noch fehlende Glied eines vom Versicherer zu führenden Beweises geliefert werden soll (vgl BGH IV ZR 153/91 = NJW‑RR 1992, 853). Da sowohl eine Obduktion als auch eine Exhumierung in das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen eingreifen, bedarf es von der Beklagten tragfähiger Gründe für die begehrten Maßnahmen. Eine Leichenöffnung oder Exhumierung 'ins Blaue hinein' ist jedenfalls unzulässig (vgl Stefula in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 138a ABGB Rz 23). Das kommt in der Klausel überhaupt nicht zum Ausdruck. Sie ist als absolute Verpflichtung formuliert und suggeriert, dass dem Versicherer jedenfalls das 'Recht einzuräumen' ist.

Unklar ist auch, wer als Adressat dieser Obliegenheit in Betracht kommt. Treffen könnte die Obliegenheit den Versicherungsnehmer selbst, der erst in zeitlichem Abstand zum (versicherten) Unfall stirbt, nach seinem Tod die Verlassenschaft oder die Erben, weiters die Begünstigten oder die Bezugsberechtigten. Erfüllen könnten diese Obliegenheit nach dem Ableben des Versicherungsnehmers aber nur die nahen oder nächsten Angehörigen. Diese müssen aber nicht die Anspruchsberechtigten der Versicherungsleistung sein. Abgesehen davon, dass auch unter nahen Angehörigen Uneinigkeit bestehen kann und daher die Zustimmung zur Obduktion oder Enterdigung nicht einvernehmlich erteilt wird, besteht für einen Anspruchsberechtigten, der nicht zugleich Angehöriger ist, rechtlich keine Möglichkeit, dass er der Beklagten die geforderte Zustimmung verschafft. Darauf wird er aber vom Versicherer nicht hingewiesen.

Ebenfalls nicht klar ist, wie und in welcher Form der Beklagten das Recht zur ‑ privat veranlassten - Obduktion oder Exhumierung 'eingeräumt' werden soll. Das ist umso bedeutender, weil dazu zahlreiche unterschiedliche Rechtsvorschriften bestehen (...), die ein anspruchsberechtigter Verbraucher im Einzelnen nicht kennen kann. Da mit dem Verstoß gegen diese Obliegenheit die Leistungsfreiheit des Versicherers verbunden sein kann, ist es erforderlich, dem Verbraucher aufzuzeigen, welche Handlungen der Versicherer von wem und in welchen Fällen erwartet.“

3.2. Diese Erwägungen sind uneingeschränkt auf die hier zu beurteilende Obduktionsverschaffungspflicht zu übertragen. Daraus folgt, dass Art 7.5 zweiter Absatz AUVB 2010 intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG ist (RIS‑Justiz RS0129733). Daher braucht nicht beurteilt werden, ob diese Klausel auch gegen § 879 Abs 3 ABGB verstößt.

4. Zur Klausel 4 (Art 11.6.4 AUVB 2010):

4.1. Nur die vollständige Unterwerfung unter den Anspruch einer gemäß § 29 KSchG klageberechtigten Einrichtung kann die Wiederholungsgefahr beseitigen (RIS‑Justiz RS0111637). Zu Verbandsklagen nach § 28 KSchG wurde ausgesprochen, dass die Unterlassungserklärung nicht nur die beanstandete, sondern auch sinngleiche Klauseln erfassen muss (RIS-Justiz RS0111638, RS0111640).

4.2. Maßgeblich für die Qualifikation einer Klausel als eigenständig im Sinn des § 6 KSchG ist nicht die Gliederung des Klauselwerks; es können vielmehr auch zwei unabhängige Regelungen in einem Punkt oder sogar in einem Satz der Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sein. Es kommt vielmehr darauf an, ob ein materiell eigenständiger Regelungsbereich vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn die Bestimmungen isoliert voneinander wahrgenommen werden können (RIS‑Justiz RS0121187).

4.3. In Übereinstimmung mit den Vorinstanzen lässt sich der beanstandete Text nicht in mehrere getrennt voneinander zu beurteilende Passagen aufteilen, sondern stellt dieser eine untrennbare Einheit dar. Da die Beklagte ‑ trotz gegenteiliger Klagsbehauptung ‑ ausdrücklich die Abgabe einer die gesamte Klausel betreffenden strafbewehrten Unterlassungserklärung ablehnte, ist das Klagebegehren hinsichtlich der Klausel 4 schon aufgrund - unstrittiger - Intransparenz des zweiten Satzes (§ 6 Abs 3 KSchG) berechtigt.

4.4. Damit erübrigt sich eine nähere Beschäftigung mit der Frage, ob der erste Satz dieser Klausel gegen § 879 Abs 3 ABGB bzw § 41b VersVG verstößt.

5. Zum Veröffentlichungsbegehren:

5.1. Gemäß § 30 Abs 1 KSchG iVm § 25 Abs 3 UWG hat das Gericht der obsiegenden Partei bei berechtigtem Interesse auf Antrag die Befugnis zuzusprechen, das Urteil innerhalb bestimmter Frist auf Kosten des Gegners zu veröffentlichen. Das „berechtigte Interesse“ an der Urteilsveröffentlichung liegt bei der Verbandsklage nach dem KSchG darin, dass der Rechtsverkehr bzw die Verbraucher als Gesamtheit das Recht haben, darüber aufgeklärt zu werden, dass bestimmte Geschäftsbedingungen gesetz‑ bzw sittenwidrig sind (RIS‑Justiz RS0079764 [T22]). Durch die Aufklärung wird die Aufmerksamkeit der Verbraucher für die Unzulässigkeit von Vertragsbestandteilen geschärft und es wird ihnen damit erleichtert, ihre Rechte gegenüber dem Unternehmer wahrzunehmen (RIS‑Justiz RS0079764 [T25]). Die Urteilsveröffentlichung soll auch ein weiteres Umsichgreifen von unzulässigen Vertragsbestandteilen verhindern (RIS‑Justiz RS0079764 [T27]).

5.2. Zur Verwirklichung dieser Veröffentlichungszwecke ist die vom Berufungsgericht angeordnete Veröffentlichung in jener bundesweit erscheinenden Tageszeitung mit der notorisch größten Reichweite nicht zu beanstanden, zählt doch die Beklagte mit mehr als 250.000 betreuten Versicherungsverträgen keinesfalls zu den ganz kleinen Marktteilnehmern in Österreich. Die Tageszeitung, in der nach Ansicht der Revisionswerberin ersatzweise die Urteilsveröffentlichung erfolgen soll, hat nach den übereinstimmenden Ausführungen der Parteien eine deutlich geringere Auflage, sodass es zumindest fraglich ist, ob damit die Veröffentlichungszwecke erreicht werden können. Die gegenüber der ersatzweise angestrebten Urteilsveröffentlichung etwas höhere Kostenbelastung - genaue Zahlen werden von der Beklagten im gesamten Verfahren nicht genannt ‑ ändert daran nichts.

5.4. Insgesamt hat das Berufungsgericht demnach den ihm im Zusammenhang mit der Urteilsveröffentlichung eingeräumten Beurteilungsspielraum nicht überschritten.

6. Der Revision der Beklagten ist daher ein Erfolg zu versagen.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO.

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