OGH 5Ob5/15v

OGH5Ob5/15v27.1.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** A*****, vertreten durch Dr. Markus Orgler, Dr. Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Mag. N***** E*****, vertreten durch Dr. Wilfried Plattner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Wiederherstellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 16. September 2014, GZ 1 R 187/14b‑16, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Kitzbühel vom 5. Mai 2014, GZ 3 C 506/13v‑12, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00005.15V.0127.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 978,84 EUR (darin enthalten 163,14 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Streitteile sind Mit‑ und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG 82108 Kitzbühel‑Stadt. Der Eingang zu ihren Wohnungen, die sich jeweils über zwei Etagen erstrecken, liegt im 3. Stock. Bis zu seiner Entfernung wurde das dritte Obergeschoß durch einen Lift erschlossen, der Einstiegsstellen nur in diesem und im Halbstock aufwies und von der Klägerin auch benutzt wurde.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts, mit der dieses die Beklagte zur Wiederherstellung des Lifts verurteilte und ließ die ordentliche Revision zu, weil „die Bedeutung der vorliegenden Entscheidung über den Einzelfall hinausgehe“.

Die von der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, was gemäß § 510 Abs 3 ZPO kurz zu begründen ist:

Rechtliche Beurteilung

1. Ein

unbestimmtes Klagebegehren ist, sofern der Mangel im Sinne der §§ 84 ff ZPO nicht behoben werden kann, nach der Rechtsprechung mit Urteil abzuweisen (vgl dazu Rechberger/Klicka in Rechberger, ZPO4 § 226 Rz 5). Davon ist aber der Fall zu unterscheiden, bei dem sich das gestellte Begehren unzweifelhaft aus diesem und dem mit ihm eine Einheit bildenden Tatsachenvorbringen (§ 226 Abs 1 ZPO) ergibt und es nur einer deutlicheren und klareren Fassung des Urteilsspruchs bedarf. Zu einer solchen Verdeutlichung ist das Gericht stets berechtigt (RIS‑Justiz RS0041254; RS0039357). Eine solche Klarstellung und nicht ein Verstoß gegen § 405 ZPO oder eine unrichtige rechtliche Beurteilung, wie die Revisionswerberin meint, liegt hier vor, wenn das Berufungsgericht dem Klagebegehren aufgrund der Bemängelung der Beklagten, ein Begehren auf Wiedererrichtung des „alten Lifts“ sei zu unbestimmt, unter Bezugnahme auf die unstrittigen technischen Daten des entfernten Lifts eine deutlichere Fassung gab.

2.

1 Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung ist die Frage der Aktiv- oder Passivlegitimation in der Regel nicht von Amts wegen, sondern nur dann zu prüfen, wenn ein entsprechender Einwand erhoben wird. Dazu ist es jedoch erforderlich, dass die Tatsachen vorgebracht werden, aus denen sich in rechtlicher Beurteilung der Mangel der Sachlegitimation ergibt (RIS‑Justiz RS0065553). Schon nach ganz allgemeinen Grundsätzen (vgl RIS‑Justiz RS0037797) liegt die Behauptungspflicht bei demjenigen, der sich auf den Mangel der Sachlegitimation beruft.

2.2 Im Verfahren erster Instanz hat die Beklagte ihre Passivlegitimation mit dem Hinweis darauf bestritten, dass sie den Auftrag zum Ausbau des Lifts nicht erteilt habe. Das Vorbringen der Klägerin, sie sei Gesamtrechtsnachfolgerin nach ihrer Mutter, die als ihre Rechtsvorgängerin den Ausbau veranlasste, ließ die Beklagte hingegen unerwidert. Wenn sie daher aus dem Fehlen von Feststellungen zu der von ihr im Verlassenschaftsverfahren abgegebenen Erbantrittserklärung ihre mangelnde Sachlegitimation ableitet, ist ihr entgegenzuhalten, dass es an ihr gelegen gewesen wäre, entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Da sie im Verfahren erster Instanz aber gar nicht geltend machte, sie habe nach ihrer Mutter keine unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben, begründet es auch keine unrichtige rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, wenn es sich mit den von der Beklagten nunmehr aus dem Fehlen einer solchen Erklärung abgeleiteten Rechtsfolgen unter Hinweis auf das Neuerungsverbot (§ 482 ZPO) nicht auseinandersetzte. Ob die von ihr daraus gezogenen Schlüsse überhaupt zutreffen, muss damit auch nicht geprüft werden.

3.1 Zu den allgemeinen Teilen des Hauses gehört im Lichte des § 16 Abs 2 Z 2 WEG grundsätzlich alles, was sich außerhalb eines Wohnungseigentumsobjekts befindet (RIS‑Justiz RS0069976, RS0083334). Der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten entfernte Aufzug befand sich in einem Schacht, der nach den Feststellungen einen allgemeinen Teil des Hauses (§ 2 Abs 4 WEG) bildet. Aufzüge bleiben nach ihrem Einbau auch nicht generell als selbstständige Bestandteile des Hauses sonderrechtsfähig (vgl 2 Ob 275/99a), wobei hier schon die Konstruktion der Liftanlage mit Ein‑ bzw Ausstiegsstellen lediglich im Halbstock und dem dritten Obergeschoß deutlich macht, dass sie nicht einfach abgebaut und

anderswo wieder zu einer funktionierenden Gesamtanlage zusammengesetzt werden konnte. Damit verblieb die Liftanlage entgegen der Ansicht der Beklagten nicht im Eigentum eines einzelnen Wohnungseigentümers, sondern wurde durch ihren Einbau zu einem unselbständigen (und damit allgemeinen) Bestandteil des Hauses.

3.2 Nach ganz einheitlicher Rechtsprechung verpflichtet schon die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Mit- und Wohnungseigentümer den änderungswilligen Wohnungseigen-tümer, die Zustimmung aller anderen Miteigentümer oder die Genehmigung des Außerstreitrichters einzuholen. Tut er das nicht, handelt er in unerlaubter Eigenmacht, insofern rechtswidrig und kann im streitigen Rechtsweg zur Beseitigung der Änderung, gegebenenfalls auch zur Unterlassung künftiger Änderungen, verhalten werden (RIS‑Justiz RS0083156; vgl auch RS0012137; RS0012112 [T2; T5]). Nicht genehmigungsbedürftig sind in diesem Zusammenhang grundsätzlich nur bagatellhafte Umgestaltungen (RIS‑Justiz RS0109247), weshalb schon geringfügige Nutzungen gemeinschaftlicher Teile ‑ und damit unzweifelhaft auch der Ausbau einer nicht sonderrechtsfähigen Liftanlage ‑ der Zustimmung aller Mit- und Wohnungseigentümer oder der Genehmigung durch das Außerstreitgericht bedürfen (5 Ob 25/13g immolex 2013/99, 308 [Prader] mwN).

3.3 Zwar liegt schikanöse Rechtsausübung nicht nur dann vor, wenn die Schädigungsabsicht den einzigen Grund der Rechtsausübung bildet, sondern auch dann, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten und den beeinträchtigten Interessen eines anderen ein krasses Missverhältnis besteht (RIS‑Justiz RS0026265). Im Verfahren über die Berechtigung des Unterlassungs- und Beseitigungsbegehrens ist die Genehmigungsfähigkeit einer Änderung im Sinne des § 16 Abs 2 WEG vom Streitrichter aber nicht als Vorfrage zu prüfen, sondern ausschließlich die Genehmigungsbedürftigkeit der Änderungen, ob sie also überhaupt § 16 Abs 2 WEG zu unterstellen sind (RIS‑Justiz RS0083156 [T1; T3; T5; T6; T14; T20]). Der Oberste Gerichtshof hat daher bereits ausgesprochen, dass der Einwand der Schikane in einem solchen Fall Fragen der Interessensabwägung berührt, für die im streitigen Verfahren kein Raum bleibt (vgl 5 Ob 297/98g; vgl auch 5 Ob 40/12m). Mit ihrem Argument, die Klägerin würde mit ihrer Klage den Interessen aller übrigen Mit‑ und Wohnungseigentümern zuwiderhandeln, spricht die Beklagte daher ebenfalls keine Rechtsfrage von der Bedeutung gemäß § 502 ZPO an.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen.

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