OGH 1Ob216/14t

OGH1Ob216/14t27.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin C***** P*****, vertreten durch Kölly Anwälte OG, Oberpullendorf, gegen den Antragsgegner R***** P*****, vertreten durch Ochsenhofer & Heindl Rechtsanwälte OG, Oberwart, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom 14. Oktober 2014, GZ 20 R 43/14v‑74, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Oberwart vom 10. Februar 2014, GZ 9 Fam 78/12a‑65, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0010OB00216.14T.1127.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Oberster Grundsatz bei der Aufteilung der Vermögenswerte nach den §§ 81 ff EheG ist die Billigkeit (RIS‑Justiz RS0079235 [T1]). Ob eine von den Vorinstanzen auferlegte Ausgleichszahlung diesem Grundsatz entspricht, richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalls und begründet damit, außer bei grober Fehlbeurteilung, keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (RIS‑Justiz RS0115637). Die Entscheidung des Rekursgerichts lässt keine solche Fehlbeurteilung erkennen.

2. Von der

Aufteilung auszuscheiden sind alle Sachen, die zu einem Unternehmen gehören (§ 82 Abs 1 Z 3 EheG; RIS‑Justiz RS0057528).

3.1 Befinden sich auf einer gemeinsamen Liegenschaft sowohl die Ehewohnung als auch ein Hausteil, der zum Unternehmen eines Ehegatten gehört oder seiner Berufsausübung dient, dann ist letzterer Teil der Liegenschaft von der Aufteilung ausgenommen, wenn er von der Ehewohnung eindeutig abgegrenzt ist (8 Ob 611/92; 7 Ob 533/92; 1 Ob 94/99a; 6 Ob 178/03z; 3 Ob 292/04v; RIS‑Justiz RS0057727; Gitschthaler in Schwimann/Kodek, ABGB4 I § 91 EheG Rz 17). Die von den Vorinstanzen diesbezüglich vorgenommene Abgrenzung der betrieblich genützten Räumlichkeiten von der Ehewohnung ist im Revisionsrekursverfahren nicht mehr strittig.

3.2 Mit ihrem Vorwurf, die Vorinstanzen hätten die Aufteilungsmasse zu Unrecht auch im Ausmaß eines aliquoten Anteils des Bodenwerts der betrieblich genutzten Liegenschaftsteile reduziert, kann die Antragstellerin keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigen. Sie übersieht dabei, dass die unternehmerische Widmung der Liegenschaft nicht nur das Betriebsgebäude (gleich einem Superädifikat), sondern auch den davon betroffenen Grundanteil umfasst. Das ist auch aus höchstgerichtlichen Entscheidungen abzuleiten, in denen zB vom unternehmerischen „Teil der Eigentumsrechte“ oder „Teil der Liegenschaft“ die Rede ist (2 Ob 577/85; 7 Ob 533/92; 8 Ob 611/92; 1 Ob 94/99a; 1 Ob 73/12k), ohne dass dabei auf den bloßen Gebäudewert abgestellt wird. Die Berücksichtigung eines anteiligen Bodenwerts zum unternehmerischen Teil der Liegenschaft erscheint schon deshalb nicht korrekturbedürftig.

3.3 Das gilt auch für die bei der Bewertung der Ehewohnung berücksichtigten Pfandrechte, die Verbindlichkeiten aus Betriebsmittelkrediten sicherstellen. Derartige Kredite, die der Finanzierung von zu Unternehmen gehörigen Sachen dienen, sind von der Aufteilung ausgenommen (1 Ob 73/12k). Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass der Wert eines aushaftenden hypothekarisch sichergestellten Unternehmenskredits vom Verkehrswert der Liegenschaft abzuziehen ist (1 Ob 516/90; 8 Ob 568/92; 4 Ob 547/95 = SZ 68/127; RIS‑Justiz RS0057532; 6 Ob 178/03z; Gitschthaler in Schwimann/Kodek, ABGB4 I § 82 EheG Rz 24).

3.4 Dieser Grundsatz kann nach gefestigter, von der Lehre gebilligter Rechtsprechung nur dann keine Geltung beanspruchen, wenn kein Anhaltspunkt für die Annahme besteht, dass die Sachhaftung jemals in Anspruch genommen werden muss (4 Ob 547/95 ua; RIS‑Justiz RS0057532; 6 Ob 178/03z; Stabentheiner in Rummel, ABGB³ II/4 § 82 EheG Rz 10; Gitschthaler in Schwimann/Kodek, ABGB4 I § 82 EheG Rz 24; vgl Koch in KBB4 § 82 EheG Rz 6). Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die aufgrund der Feststellungen derartige Anhaltspunkte für eine mögliche Befriedigung des Hypothekargläubigers aus der Liegenschaft ‑ vor allem im Zusammenhang mit der verminderten Betriebsleistung, dem rückläufigen Betriebsergebnis, dem Abbau von Mitarbeitern und der noch unklaren Nachfolgefrage des nach einem Herzinfarkt beeinträchtigten Antragsgegners ‑ bejaht haben, orientieren sich an der aufgezeigten Rechtsprechung und werfen keine erhebliche Rechtsfrage auf, zumal das Vorliegen von konkreten Anhaltspunkten von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Erörterungen zu § 91 Abs 2 und Abs 3 EheG können hier unterbleiben, weil sich die Antragstellerin in diesem Zusammenhang nicht darauf beruft.

3.5 Die Antragstellerin kann in diesem Zusammenhang auch keinen sekundären Verfahrensmangel erfolgreich geltend machen (vgl zB 10 ObS 76/00z; 9 ObA 78/13f), weil ohnehin Tatsachenfeststellungen (wenn auch nicht im Sinne der Rechtsmittelwerberin) zu derartigen Anhaltspunkten für eine Verwertung getroffen wurden. Im Rahmen ihrer Beweisrüge im Rekursverfahren hat die Antragstellerin erfolglos die Ersatzfeststellung begehrt, dass Rückzahlungsprobleme in absehbarer Zukunft nicht festgestellt werden könnten. Die Feststellung oder Nichtfeststellung bestimmter Tatsachen aufgrund der aufgenommenen Beweise resultiert aus der freien Beweiswürdigung der Vorinstanzen, die vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann (E. Kodek in Rechberger, ZPO4 § 503 Rz 1).

4.1 Schließlich zeigt die Rechtsmittelwerberin auch im Zusammenhang mit der von den Vorinstanzen hinsichtlich der Fahrzeuge vorgenommenen rechtlichen Beurteilung keine erhebliche Rechtsfrage auf. Aus den Feststellungen ergibt sich die Zugehörigkeit der im Rechtsmittel angeführten Fahrzeuge zum Betriebsvermögen, weshalb diese nicht der Aufteilung unterliegen. Soweit die Antragstellerin in ihrem Revisionsrekurs dazu nicht vom festgestellten Sachverhalt, sondern von einem Wunschsachverhalt ausgeht, ist das Rechtsmittel nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt (vgl RIS‑Justiz RS0043603).

4.2 Bei den dem Unternehmen gewidmeten Fahrzeugen kommt allenfalls eine angemessene Berücksichtigung nach § 91 Abs 1 oder 2 EheG in Betracht. In welcher Höhe ein nach § 91 EheG vorzunehmender Wertausgleich gerechtfertigt ist, ist aber grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls (vgl RIS‑Justiz RS0115637), der keine erhebliche Rechtsfrage aufwirft.

4.3 Die beim Ford Focus auf § 91 Abs 2 EheG gestützte Berücksichtigung von 50 % des privaten Gebrauchsanteils ist jedenfalls nicht unvertretbar; die Antragstellerin zeigt hier keine krasse Fehlbeurteilung auf. Hinsichtlich des VW Golf scheidet ein derartiger Ausgleich nach § 91 Abs 2 EheG schon deshalb (zur Gänze) aus, weil diese Bestimmung nur für das eheliche Gebrauchsvermögen oder die ehelichen Ersparnisse gilt. Nach den Feststellungen ist aber auszuschließen, dass das Fahrzeug diesbezüglich dem Gebrauch beider Ehegatten (vgl § 81 Abs 2 EheG) gedient hat bzw zu den Ersparnissen im Sinne des § 81 Abs 3 EheG zählte. Auch auf § 91 Abs 3 EheG kann nicht abgestellt werden, weil diese Bestimmung den Gebrauch der Sache durch beide Ehegatten während aufrechter Lebensgemeinschaft voraussetzt.

5. Insoweit die Antragstellerin im Revisionsrekurs mehrfach auf ihren Rekurs verweist, haben ihre entsprechenden Hinweise unbeachtet zu bleiben, weil diese eine eigenständige Erörterung im Revisionsrekurs nicht ersetzen können (RIS‑Justiz RS0043616; RS0007029).

6. Da die Antragstellerin somit insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG aufzeigt, ist ihr außerordentlicher Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Stichworte