OGH 1Ob94/99a

OGH1Ob94/99a27.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers (zugleich gefährdete Partei und Gegner der gefährdeten Partei) Dr. Kurt P*****, vertreten durch Dr. Bernd A. Oberhofer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die Antragsgegnerin (zugleich Gegnerin der gefährdeten Partei und gefährdete Partei) Mag. Rosita P*****, vertreten durch Dr. Helmut Destaller, Dr. Gerald Mader und Dr. Walter Niederbichler, Rechtsanwälte in Graz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse (hier: Regelung der Benützung der Ehewohnung gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO), infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 29. Jänner 1999, GZ 2 R 562/98a-38, womit die einstweilige Verfügung des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 23. Oktober 1998, GZ 28 F 2/98b-26, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin im Jahre 1973 geschlossene Ehe, der zwei 1976 bzw 1979 geborene Kinder entstammen, wurde im Jahre 1997 aus dem Verschulden beider Parteien (rechtskräftig) geschieden, wobei ausgesprochen wurde, daß das Verschulden des Antragstellers überwiege. Im Jahre 1979 verkaufte die Mutter des Antragstellers ihrem Sohn eine Liegenschaft in der Rudolfstraße, auf der ein Wohnhaus errichtet ist. Dorthin übersiedelten die Eheleute nach der Geburt ihres Sohnes im Jahre 1979, das Haus diente als Ehewohnung. Seit spätestens Sommer 1993 unterhielt der Antragsteller ein Verhältnis mit einer anderen Frau, mit der er auch eine Geschlechtsgemeinschaft unterhielt und bei der er etwa jeden zweiten Tag wohnte bzw übernachtete. Zuletzt bewohnte er mit dieser Frau ein Wohnhaus in der Rauchleitenstraße, das sie aber aus gesundheitlichen Gründen verlassen mußten. Derzeit sind der Antragsteller und seine Freundin bei Freunden untergebracht. Der Antragsteller suchte mit seiner Freundin mehrmals die frühere Ehewohnung, in der die Antragsgegnerin mit den beiden der Ehe entstammenden Kindern lebt, auf; dabei kam es zu Streitigkeiten zwischen den ehemaligen Eheleuten. Der Antragsteller betreibt am Berliner Ring eine Ordination. Im Haus in der Rudolfstraße, das als Ehewohnung diente, war für ihn ein Ordinationszimmer eingerichet worden, in dem sich eine Therapieliege, ein Glasschrank mit Fachbüchern und Akupunkturzubehör, ein Schreibtisch, Einbauschränke und zwei Lasergeräte befinden. Dieses Ordinationszimmer wird wöchentlich durchschnittlich von vier bis fünf Patienten frequentiert.

Im Aufteilungsverfahren beantragten die Parteien jeweils, ihnen die Ehewohnung (Haus in der Rudolfstraße) ins Alleineigentum zuzuweisen und hiefür eine Ausgleichszahlung aufzuerlegen. Am 3. 9. 1998 begehrte der Antragsteller die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Regelung der Benützung der Ehewohnung dahin, daß ihm diese bis zur rechtskräftigen Beendigung des Aufteilungsverfahrens zur alleinigen Benützung zugewiesen werde. Die Antragsgegnerin beantragte ihrerseits am 1. 10. 1998 die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der ihr bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Aufteilungsverfahren das Haus in der Rudolfstraße zur alleinigen Benützung zugewiesen und dem Antragsteller dessen Betreten verboten werde.

Das Erstgericht wies im Sicherungsverfahren der Antragsgegnerin die Liegenschaft in der Rudolfstraße mit Ausnahme des Ordinationsraums zur alleinigen Benutzung zu, trug ihr auf, zu gewährleisten, daß der Antragsteller sowie dessen Patienten in der Zeit von Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr zu dem im Parterre des Wohnhauses liegenden Ordinationsraum ungehindert Zutritt haben, wies dem Antragsteller diesen Ordinationsraum für die genannte Zeit zur alleinigen Benutzung zu, trug dem Antragsteller auf, daß er gewährleiste, daß seine Freundin die Liegenschaft nicht betrete, und limitierte die zeitliche Gültigkeit dieser Provisorialmaßnahme bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Aufteilungsverfahren. Es führte aus, der Ordinationsraum diene dem Antragsteller zur Ausübung dessen Berufs und unterliege nicht der Aufteilung; die Benützung des Ordinationsraums durch den Antragsteller liege - aus finanzieller Sicht - auch im Interesse der Antragsgegnerin und der ehelichen Kinder. Demnach sei dem Antragsteller für einen Teil des Arbeitstages jeweils die Benützung des Ordinationsraums zu gestatten.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung insoweit ab, als es dem Antragsteller in der Zeit von Montag bis Freitag jeweils in der Zeit von 8 bis 12 Uhr auch die Benützung des hinter dem Ordinationsraum gelegenen Vorratsraums, dessen Räumung der Antragsgegnerin aufgetragen wurde, und des auf der Liegenschaft befindlichen Gewächshauses sowie die Mitbenützung des im Parterre des Wohnhauses befindlichen WCs gestattete. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es führte aus, der Ordinationsraum werde vom Antragsteller als Privatordination genutzt; eine Arztpraxis sei grundsätzlich ein Unternehmen im Sinne des § 82 Abs 1 Z 3 EheG. Die (eigentliche) Ordination des Antragstellers befinde sich aber anderswo, im Haus in der Rudolfstraße werde lediglich ein Raum im Erdgeschoß als Ordinationsraum genutzt, und auch dieser wöchentlich nur für vier bis fünf Patienten. Durch das Ordinationszimmer führe der Zugang zu einer bisher der Familie dienlich gewesenen Vorratskammer. Das WC im Parterre des Hauses müsse von den Patienten des Antragstellers mitbenützt werden. Beim Ordinationszimmer handle es sich demnach nicht um einen eindeutig abgegrenzten Teil des Hauses, sodaß dieser Raum in die Aufteilung einzubeziehen sei. Dem Antragsteller müsse das Recht zugestanden werden, das Ordinationszimmer zu Behandlungszwecken zu benützen. Die ihm zugestandene Benützungszeit sei in Anbetracht der bisherigen Nutzung des Ordinationszimmers ausreichend. Da sich der Vorratsraum hinter dem Ordinationszimmer befinde und nur über dieses zu erreichen sei, wäre es untunlich, der Antragsgegnerin ein Durchgangsrecht zum Vorratsraum einzuräumen, weil dadurch weitere Konflikte heraufbeschwört werden könnten. Gegen eine Betreuung des Gewächshauses durch den Antragsteller zu den Zeiten, in welchen er das Ordinationszimmer benützen dürfe, bestehe kein Einwand.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist unzulässig.

Im Revisionsrekurs wird nur geltend gemacht, daß der Ordinationsraum nicht der Aufteilung gemäß §§ 81 ff EheG unterliege, weil er zum Unternehmen des Antragstellers gehöre. Die zeitliche Beschränkung des Zutritts zum Ordinationsraum - und damit auch zum dahintergelegenen Vorraum, zum im Parterre gelegenen WC und zum Gewächshaus - sei demnach unzulässig. Durch eine solche Vorgangsweise wäre der Antragsteller in seiner unternehmerischen Tätigkeit empfindlich behindert, das Beschränken der Arztordination auf 25 Wochenstunden erweise sich als lebensfremd. Er begehrte daher die Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses, der im übrigen nicht in Beschwerde gezogen wurde, insoweit, als die zeitliche Einschränkung der Benützung der ihm überlassenen Räume zu entfallen habe und ihm der jederzeitige Zutritt zu diesen zustehe.

Mit diesen Ausführungen zeigt der Antragsteller keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf; eine solche ist auch sonst bei Erledigung des Revisionsrekurses nicht zu erkennen. An den Ausspruch des Gerichts zweiter Instanz über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 16 Abs 3 AußStrG).

Es trifft zu, daß das Gesetz (§ 82 Abs 1 Z 3 EheG) alle einem Unternehmen gewidmeten Sachen von der Aufteilung ausscheidet (7 Ob 381/97y; SZ 68/127; EFSlg 54.553; SZ 54/114; Pichler in Rummel ABGB2 Rz 10 zu § 82 EheG). Auch eine Arztpraxis ist ein Unternehmen im Sinne des § 82 Abs 1 Z 3 EheG (EvBl 1992/157). Befinden sich auf einem gemeinsamen Liegenschaftsbesitz sowohl die Ehewohnung wie auch ein Hausteil, der zum Unternehmen eines Ehegatten gehört oder seiner Berufsausübung dient, dann ist letzterer Teil der Liegenschaft dann - aber nur dann - von der Aufteilung ausgenommen, wenn er von der Ehewohnung eindeutig abgegrenzt ist (EvBl 1992/157; EFSlg 69.324). Ist dies nicht der Fall, so verliert das Haus die Qualifikation als Ehewohnung nicht, wenngleich es zum Teil auch dem Unternehmen eines Ehegatten dient; es unterliegt daher trotzdem insgesamt der Aufteilung (vgl EFSlg 72.439; 57.306; SZ 54/114). Während in dem der Entscheidung JBl 1985, 365 zugrundeliegenden Fall eine eindeutige Abgrenzung des auf das Unternehmen entfallenden Hausteils zu bejahen war, trifft das hier nicht zu. Wie schon das Gericht zweiter Instanz ausführte, kann von einer eindeutigen Abgrenzung schon deshalb nicht die Rede sein, weil der Vorratsraum nur über das Ordinationszimmer zu erreichen ist, für das Ordinationszimmer selbst eine abgesonderte Toilette nicht vorhanden ist und ein im Parterre gelegenes WC daher mitbenützt werden muß. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, daß die Arztpraxis in Wahrheit an einem anderen Standort geführt wird und lediglich ein Raum im Haus in der Rudolfstraße gelegentlich zu Behandlungszwecken Verwendung findet.

Soweit die Frage nach der Einbeziehung eines bestimmten Raums in das Aufteilungsverfahren zu beantworten ist, ist stets im Einzelfall zu entscheiden, ob der Raum einerseits einem Unternehmen zugehört und ob andererseits eine eindeutige Abgrenzung des für Unternehmenszwecke genutzten Raums vorliegt. Das Gericht zweiter Instanz hat sich an den vom Obersten Gerichtshof aufgestellten Kriterien orientiert und eine Einzelfallentscheidung getroffen, die nicht zu bemängeln ist. Soweit der Antragsteller in der ihm auferlegten zeitlichen Beschränkung der Benützung des Ordinationsraums eine Behinderung seiner Tätigkeit als Arzt erblickt, ist er darauf zu verweisen, daß er als Arzt in Wahrheit an einem anderen Standort ordiniert und nach den Feststellungen - und selbst auch nach seiner Aussage - nur selten Patienten im Ordinationszimmer in der Rudolfstraße betreut. Von einer Beschränkung seiner freiberuflichen Tätigkeit "auf 25 Wochenstunden" kann demnach keine Rede sein. Bei dem vom Erstgericht festgestellten Umfang der Nutzung des Ordinationsraums liegt darin jedenfalls keine unbillige zeitliche Begrenzung seiner beruflichen Tätigkeit vor.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nicht hingewiesen, sodaß sie die Kosten ihres Rechtsmittelschriftsatzes jedenfalls selbst zu tragen hat.

Stichworte