OGH 7Ob381/97y

OGH7Ob381/97y19.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Huber und Dr.Hradil als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin Dorothea L*****, vertreten durch Dr.Gerolf Haßlinger, Dr.Brigitte Haßlinger, Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, gegen den Antragsgegner Karl L*****, vertreten durch Wilfried Stenitzer, Rechtsanwalt in Leibnitz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Rekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 1.Oktober 1997, GZ 1 R 333/97s-36, womit infolge des Rekurses des Antragsgegners der Beschluß des Bezirksgerichtes Eibiswald vom 6.August 1997, GZ 1 F 25/94x-30, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekurses sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die am 1.5.1971 geschlossene Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Erstgerichtes vom 6.5.1992, das hinsichtlich des Ausspruches der Scheidung am 7.1.1993 bestätigt wurde, geschieden. Mit rechtskräftigem Urteil des Erstgerichtes vom 3.11.1995 wurde ausgesprochen, daß das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe die Parteien zu gleichen Teilen treffe. Der Ehe entstammen drei Kinder, und zwar der am 18.10.1971 geborene Karl, die am 16.5.1973 Sieglinde und der am 14.3.1980 geborene Stefan. Die Obsorge hinsichtlich des damals noch minderjährigen Stefan wurde der Mutter zugeteilt.

Der Antragsgegner betrieb eine Torfstecherei und einen Holzhandel. Die Antragstellerin war bereits seit 1963 bei ihm als Arbeiterin beschäftigt. Sie war eine fleißige und gute Arbeiterin.

Im Jänner 1973 kaufte der Antragsgegner das Anwesen K***** 73 (EZ 124 KG 61127 L*****). Der Kauf wurde zur Gänze durch Aufnahme eines Kredites finanziert, für den die Schwester und der Schwager der Antragstellerin die Bürgschaft übernahmen. Der Kredit wurde bis Anfang der 80er-Jahre zurückgezahlt. Der Betrieb des Antragstellers wurde zum Teil auf einer gepachteten Liegenschaft in G***** und zum Teil am Anwesen K***** 73 geführt. In den 80er-Jahren wurde das Gebäude K***** 73 renoviert. Zu diesem Zweck nahm der Antragsgegner Kredite im Ausmaß von insgesamt ca. S 380.000,- auf, die auf der Liegenschaft bücherlich sichergestellt wurden. Das Anwesen wurde buchhalterisch nicht in das Anlageverzeichnis des Betriebes aufgenommen. Es wurde lediglich eine Überschußrechnung erstellt, wobei die Betriebskosten und sonstigen Ausgaben für das Gebäude, soweit sie betrieblich bedingt waren, als Auslagen verbucht wurden.

Am 1.1.1990 übergab der Antragsgegner die Torfstecherei und den Holzhandel seinem Sohn Karl, der hiefür die Schulden des Unternehmens übernahm. Der Grundbesitz war von der Übergabe ausdrücklich ausgenommen. Dem Übernehmer wurde jedoch hinsichtlich des betrieblich genutzten Gebäudeteiles (Garage und Lagerräume) gestattet, über diesen wie ein Eigentümer zu verfügen, mit Ausnahme von Veräußerung oder Belastung. Der Übernehmer sollte nicht verpflichtet sein, hinsichtlich der Nutzung oder etwaiger Umbauten das vorherige Einverständnis des Übergebers einzuholen. Ihn sollte die alleinige Verpflichtung zur Erhaltung des Gebäudesteiles treffen. Anläßlich der Übernahme des Betriebes betrugen die vom Sohn zu tilgenden Verbindlichkeiten etwa S 130.000,-, die er in der Folge abgedeckt hat.

Etwa drei Viertel des Gebäudes der Liegenschaft K***** 73 wird betrieblich, und zwar als Lager und Werkstatt genutzt. Es sind darin sechs bis sieben Fahrzeuge und Maschinen wie Mühlen und Förderbänder abgestellt. Im Freien wird auf einer Fläche von etwa 2.500 km2 der Torf gelagert. Karl L***** jun. wohnt selbst im Haus K***** 73 und führt das Unternehmen von dort aus. Er ist Eigentümer sämtlicher Fahrzeuge und Maschinen. Auf einem anderen Standort als in K***** 73 würde Karl L***** jun. den Betrieb nicht fortführen. Er ist auf die Mithilfe der Antragstellerin angewiesen. Er befürchtet, daß nach einem allfälligen Auszug der Antragstellerin kein Einvernehmen zwischen ihm und dem Antragsgegner mehr bestehen würde. Karl L***** jun. würde der Antragstellerin bis zu S 750.000,- zum Zweck der Leistung einer Ausgleichszahlung an den Antragsgegner zur Verfügung stellen. Die Finanzierung eines derartigen Betrages durch einen Kredit wurde von der Raiffeisenbank S***** bereits zugesagt.

Der Verkehrswert der Liegenschaft K***** 73 beträgt S 1,500.000,-. Das Mobiliar ist bereits alt und abgebraucht und praktisch ohne Verkehrswert. Es bestehen keine weiteren ehelichen Ersparnisse.

Die Antragstellerin arbeitete auch nach der Eheschließung und der Geburt der Kinder im Betrieb des Antragstellers mit und führte den Haushalt. Der Antragsgegner entrichtete für sie die entsprechenden Abgaben wie Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, bezahlte ihr jedoch keinen Lohn aus. Im Winter erhielt die Antragstellerin jeweils Arbeitslosengeld. Seit 1985 bezieht sie durchgehend Arbeitslosengeld und Notstandshilfe, die zuletzt S 106,60 betrug.

Der Antragsgegner bezieht eine Pension von S 7.115,20 monatlich ohne Sonderzahlungen. Er ist noch für den jüngsten Sohn Stefan sorgepflichtig. Dieser verfügt als Lehrling bereits über S 4.200,-

monatlich und wohnt ebenfalls im Haus K***** 73.

Der Antragsgegner verhielt sich seiner Umgebung und insbesondere auch der Antragstellerin gegenüber "herrisch". Er ließ eine andere Meinung als die eigene praktisch nicht gelten. Bei Meinungsverschiedenheiten schlug der Antragsgegner die Antragstellerin bereits vor dem Jahr 1980 hin und wieder. Bis dahin hat sie nicht übermäßig Alkohol konsumiert, obwohl sie leichten Zugang zum Alkohol hatte, weil die Parteien auch eine Flaschenschank betrieben. Das bestimmende und aggressive Verhalten des Antragsgegners war mit ein Grund dafür, daß sich die Antragstellerin mehr und mehr dem Alkohol zuwandte. Sie geriet immer mehr in Alkoholabhängigkeit und litt letztlich an chronischem Alkoholismus. Sie befand sich zwischen dem 16.6.1981 und dem 30.12.1987 insgesamt 21-mal in stationärer Behandlung im Landeskrankenhaus G*****. Die Einweisung der Antragstellerin dorthin erfolgte zumeist über ein Ersuchen des Antragsgegners durch den Hausarzt. Die Einweisungen wären nicht immer unbedingt erforderlich gewesen.

In der Zeit des vermehrten Alkoholkonsums der Antragstellerin zwischen 1981 und 1988 kam es bei den Aufenthalten der Antragstellerin zu Hause zu Auseinandersetzungen zwischen den Parteien. Der Antragsgegner unterstützte sie nicht dabei, von ihrem Alkoholkonsum loszukommen. Die Antragstellerin wurde immer wieder rückfällig. Während der Zeit ihrer Aufenthalte im Krankenhaus wurde der Haushalt vom Antragsgegner mit Unterstützung von Familienhelferinnen und Wirtschafterinnen geführt. Seit dem Frühsommer 1989 trinkt die Antragstellerin keinen Alkohol mehr. Sie führte bis zur Scheidung auch wieder ordnungsgemäß den Haushalt.

Die Antragstellerin beantragte die Aufteilung gemäß § 81 ff EheG dahin, daß ihr das Alleineigentum an der Liegenschaft K***** 73 übertragen werde. Sie hat zuletzt eine Ausgleichszahlung von S 750.000,- angeboten. Hilfsweise begehrte sie die Einräumung eines Wohnrechtes auf der ganzen oder zumindest auf einem Teil der Liegenschaft.

Der Antragsgegner wendete ein, daß die Liegenschaft mit Ausnahme der als Ehewohnung benützten Räume nicht der Aufteilung unterliege, weil sie einem Unternehmen gewidmet sei. Er beantragte, ihm die Ehewohnung gegen Leistung einer Ausgleichszahlung von S 500.000,- und gegen Übertragung des Eigentums bezüglich der Einrichtungsgegenstände an die Antragstellerin zur alleinigen Benützung zu überlassen.

Das Erstgericht ordnete die Übertragung des Eigentums an der Liegenschaft auf die Antragstellerin samt allem Zubehör, ausgenommen der bereits im Eigentum des Karl L***** jun. stehenden beweglichen Sachen und der persönlichen Fahrnisse des Antragsgegners an und verpflichtete die Antragstellerin zur Leistung einer Ausgleichszahlung von S 650.000,- sowie den Antragsgegner zur Räumung der Liegenschaft, und zwar je binnen zwei Monaten nach Rechtskraft des Beschlusses. Die Verfahrenskosten hob es gegeneinander auf. Die Antragstellerin sei auf die Weiterbenützung der Ehewohnung angewiesen. Der Antragsgegner sei eher in der Lage, einen neuen Wohnsitz zu gründen. Der Beitrag der Parteien zur Schaffung des Besitzes sei als annähernd gleichwertig zu betrachten. Der Sohn Karl, der die Ausgleichszahlung zu finanzieren habe, habe aber bereits S 130.000,- an Krediten zurückgezahlt, sodaß es gerechtfertigt sei, bei Bemessung der Ausgleichszahlung zumindest S 100.000,- von der Hälfte des Wertes der Liegenschaft abzuziehen. Durch die Übertragung des Eigentums an die Antragstellerin sei der Bestand des Unternehmens am ehesten gesichert, sodaß § 82 Abs 1 Z 3 EheG für die vorliegende Entscheidung "keine Rolle spiele".

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Antragsgegnerin Folge, hob diesen Beschluß auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Die Liegenschaft K***** 73 sei vom Eigentümer seit ihrem Ankauf ununterbrochen und auch noch im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft dem Unternehmen des Antragsgegners gewidmet gewesen. Das Unternehmen werde nach wie vor an diesem Standort betrieben. Die dem Unternehmen dienenden Teile der Liegenschaft seien daher gemäß § 82 Abs 1 Z 3 EheG von der Aufteilung ausgenommen. Einzubeziehen seien nur die Ehewohnung und die nicht betrieblich genützten Grundstücksteile. Da diese keiner besonderen Bewertung unterzogen worden seien, erweise sich das Verfahren als mangelhaft. Da eine Eigentumsübertragung hinsichtlich der Ehewohnung an die Antragstellerin nicht möglich sei, werde das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren eine andere Anordnung nach § 87 EheG zu treffen haben. Im vorliegenden Fall komme eine Teilung der Wohnung schon wegen der zwischen den Streitteilen bestehenden Spannungen nicht in Betracht. Der Antragsgegner habe zwar ebenfalls den Antrag gestellt, in der Ehewohnung zu verbleiben. Seine Argumente bezüglich des Bedarfes an der Ehewohnung könnten aber nicht überzeugen. Wie vom Erstgericht bereits zutreffend ausgeführt worden sei, entspreche es eher der Billigkeit, wenn sich der Antragsgegner anderweitig wohnversorge, als wenn die Antragstellerin die Liegenschaft räumen müßte, weil sich in ihrer Obsorge auch noch der minderjährige Stefan befinde, sie bereits im 55.Lebensjahr stehe und nur Notstandshilfe beziehe. Der Antragsgegner sei hingegen Pensionist und habe auch Anspruch auf Leistungen aus der Übergabe des Gewerbebetriebes an seinen Sohn.

Im fortgesetzten Verfahren werde daher der nicht zum Betrieb gehörende Teil des Anwesens und das der Antragstellerin nach § 87 Abs 1 EheG einzuräumende Recht an der Ehewohnung zu bewerten sein. Soweit dadurch eine gerechte Verteilung des Gebrauchsvermögens nicht möglich sei, werde eine Ausgleichszahlung anzuordnen sein.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei gemäß § 14 Abs 4 AußStrG zulässig, weil der Frage der Herausnahme eines Unternehmens aus dem aufzuteilenden Vermögen erhebliche Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der Antragstellerin erhobene Rekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung 3 Ob 553/90 (= EFSlg 63.547) ausgeführt hat, ist bei der Beurteilung der Frage, ob eine Liegenschaft im Fall der Veräußerung des darauf geführten Unternehmens (dort: Einbringung in eine GmbH) iSd § 82 Abs 1 Z 3 EheG zu einem Unternehmen gehört, von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszugehen. Der Zweck der Vorschrift des § 82 Abs 1 Z 3 EheG liegt in der tunlichsten Erhaltung von Unternehmen und verbietet eine einschränkende Auslegung (EFSlg 57.327). Mit der Ausnahme der Sachen, die zu einem Unternehmen gehören, sollte ein wirksamer Schutz der Unternehmenssubstanz vor dem Zugriff durch einen aufteilungsberechtigten Ehegatten geschaffen werden. Maßgeblich ist, ob der Eigentümer die Liegenschaft als Bestandteil eines Unternehmens gewidmet hat (EFSlg 57.336).

Daran kann hier kein Zweifel bestehen, wurde doch die Liegenschaft gleich nach ihrem Ankauf zu ihrem überwiegenden Teil als Unternehmenssitz, Lagerplatz, Werkstatt, Verkaufsstätte sowie zur Aufbereitung des (auf einer anderen Liegenschaft abgebauten) Torfmaterials genutzt. Die - überwiegend Betriebszwecken dienenden - Gebäude wurden in der Folge renoviert, wobei die hiefür aufgenommenen Kredite auf der Liegenschaft sichergestellt wurden. Die auf die unternehmerisch genutzten Gebäudeteile entfallenden Betriebskosten und sonstigen Auslagen wurden steuerlich als Betriebsausgaben abgesetzt. Diese Widmung wurde bis heute nicht beendet, mag der Antragsgegner auch nun seine Liegenschaft seinem Sohn zum Fortbetrieb des Unternehmens zur Verfügung gestellt haben. Der Großteil der Liegenschaft blieb, gleich aus welchen Erwägungen ihre Veräußerung an den Sohn unterblieb, als Unternehmenssitz und als Pfandsache für die damals noch offenen, zum Teil für Unternehmenszwecke aufgenommene Kredite gewidmet. Daß die Widmung fortdauern sollte, wird hier überdies noch durch die im Übergabevertrag enthaltenen Bestimmungen über die weitgehenden Verfügungsrechte des Sohnes und seine Erhaltungspflicht betreffend die betrieblich genutzten Gebäudeteile bekräftigt.

Dem Argument des Erstgerichtes, daß der Bestand des Unternehmens eher gesichert sei, wenn das Eigentum an der Liegenschaft der Antragstellerin übertragen werde, ist zu erwidern, daß bei der Abgrenzung der einem Unternehmen gewidmeten und damit diesem zugehörigen Sachen von solchen, die nicht zu einem Unternehmen gehören, der Umstand keine Rolle spielt, ob der Regelungszweck der Norm im Einzelfall die Herausnahme aus der Aufteilungsmasse rechtfertigt. Das Gesetz scheidet in einer generalisierenden Betrachtungsweise alle einem Unternehmen gewidmeten Sachen von der Aufteilung aus, ohne daß es darauf ankäme, daß bei Einbeziehung in die Aufteilungsmasse der Unternehmensbestand tatsächlich gefährdet würde (EFSlg 57.328).

Folgend der in der Entscheidung 3 Ob 553/90 in einem vergleichbaren Fall dargelegten Grundsätze billigt der erkennende Senat die Rechtsmeinung des Rekursgerichtes, daß schon aus der Widmung des Großteiles der Liegenschaft K***** 73, die auch bei Eintritt des Sohnes des Antragsgegners in das dort geführte Unternehmen und auch nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft fortbestand, eine so enge Verbindung zwischen der Liegenschaft und dem Unternehmenszweck erfolgte, daß es sich dabei um eine Sache handelt, die iSd § 82 Abs 1 Z 3 EheG zu einem Unternehmen gehört.

Damit erweist sich aber die aufhebende Entscheidung des Rekursgerichtes für gerechtfertigt. Die darin an das Erstgericht erteilten Ergänzungsaufträge, die im Einzelnen unbekämpft blieben, werden im fortgesetzten Verfahren zu erledigen sein, damit eine abschließende Entscheidung gefällt werden kann.

Da eine der Billigkeit entsprechende Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens im Sinn des § 234 AußStrG erst mit der Endentscheidung zu treffen ist, war die Kostenentscheidung vorzubehalten.

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