European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0140OS00030.14I.0812.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sigmar B***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB iVm § 161 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in W***** beginnend im Jahr 2004 bis 25. Mai 2007 als Geschäftsführer und von 26. Mai 2007 bis 27. Juli 2007 als faktischer Geschäftsführer, sohin als leitender Angestellter der Be***** GmbH (im Folgenden: Be*****) Bestandteile des Vermögens dieser Gesellschaft beiseite geschafft und dadurch die Befriedigung von deren Gläubigern vereitelt oder geschmälert, indem er der Gesellschaft Vermögenswerte, insbesondere 221.816,01 Euro Bargeld, Anlagevermögen im Wert von 272.000 Euro und das Warenlager im Wert von 122.000 Euro „abzüglich 25.000 USD zum Stichtag Mai 2007“ entzog, wodurch er einen Schaden von zumindest 580.000 Euro herbeiführte.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten aus Z 3, 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.
Der Verfahrensrüge (Z 3) zuwider begründet die gegen den Widerspruch des Angeklagten erfolgte Verlesung eines an die Polizei in Hongkong gerichteten E-Mails des Frankie L***** vom 31. August 2010 (ON 102a, 106), der jeweils an die Staatsanwaltschaft Wien gerichteten E-Mails des Jeremy Li***** vom 14. September 2009 (ON 19 f) sowie des Stefano P***** vom 7., 13. und 16. November 2009 (ON 42, 44, 47) und letztlich des vom ermittelnden Staatsanwalt an Stefano P***** gerichteten E‑Mails vom 17. März 2010 (ON 67) keine Nichtigkeit.
Denn die (wenn auch über behördliches Ersuchen) von Privatpersonen (mag Stefano P***** im Ersturteil auch als Zeuge [vgl § 154 Abs 1 StPO] bezeichnet worden sein; US 26) erstellten Nachrichten sind keine (ausländischen) amtlichen Schriftstücke, in denen Aussagen von Zeugen festgehalten worden sind, sodass sie nicht dem Verlesungsverbot des § 252 Abs 1 erster Satz StPO unterliegen (Kirchbacher, WK-StPO § 252 Rz 20, 27 f, 30, 34; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 236, 365). Bei den von Privatpersonen verfassten E‑Mails handelt es sich vielmehr um andere für die Sache bedeutsame Schriftstücke die gemäß § 252 Abs 2 StPO verlesen werden mussten (Kirchbacher, WK-StPO § 252 Rz 122 ff; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 229 f).
Auch das an Stefano P***** versandte E-Mail der Staatsanwaltschaft Wien vom 17. März 2010 (ON 67) enthält keine Aussage von Zeugen oder Mitbeschuldigten, sodass hinsichtlich dieses Schriftstücks das Verlesungsverbot ebenso wenig gilt.
Die Kritik an den gleichfalls entgegen dem Widerspruch des Angeklagten (ON 250 S 37, ON 153 S 63, ON 156 S 83 f) erfolgten Verlesungen (ON 250 S 37) der jeweils über Rechtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft Wien gegenüber einem Beamten des Federal Bureau of Investigation (FBI) am 4. Mai 2011 getätigten Angaben des Ari G***** (ON 122) sowie jenen des Yan La***** vor der Polizei in Hongkong (ON 102 und 108) ist ebenfalls verfehlt.
Ari G*****, Yan La***** und Frankie L***** wurden als Zeugen nachweislich (ON 197 S 3, 230 S 7 ff, ON 240, 244) zur Hauptverhandlung zunächst per E-Mail (ON 159 S 3, ON 162 ff) und sodann wiederholt im Rechtshilfeweg (ON 174 f, 182 bis 187, 200 f, 206 bis 210, 212, 226 f, 232 bis 237) geladen, sind jedoch ohne Angabe von Gründen nicht erschienen (ON 223 S 2; US 16 und 20). Zur ‑ vom Erstgericht angesichts der bekannt gegebenen Weigerung der aus Hongkong geladenen Zeugen Yan La***** und Frankie L*****, den an sie ergangenen Zeugenladungen zu folgen oder diese auch nur entgegen zu nehmen (ON 230 S 7 ff, ON 240 S 7 ff, US 20) ‑ an den Verteidiger gerichteten Anfrage, ob er mit einer „kontradiktorischen Einvernahme der Zeugen gemäß § 165 StPO einverstanden“ sei (ON 218; ersichtlich gemeint: Vernehmung gemäß § 247a StPO), gab der Angeklagte bekannt, dass er mit solchen Vernehmungen „nicht einverstanden ist“ (ON 222, es gehe ihm um eine Vernehmung „Auge in Auge“), nachdem er sich bereits zuvor mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2012 (ON 192 S 3) für die Befragung der „noch zu vernehmenden Zeugen“, darunter G*****, La***** und L***** vor dem erkennenden Gericht und gegen eine kontradiktorische Vernehmung ausgesprochen hatte. Demgemäß hat der Angeklagte auch in der Hauptverhandlung eine Vernehmung gemäß § 247a Abs 2 StPO nicht beantragt (vgl ON 250 S 37).
Jeremy Li***** und Stefano P***** konnten mangels bekannter Adresse nicht zur Hauptverhandlung geladen werden. Sie reagierten auf ‑ an deren aktenkundigen E‑Mail‑Adressen, über die sie ebenso wie über teilweise bekannt gegebene Telefaxnummern zuvor mehrfach mit der Staatsanwaltschaft Wien korrespondiert hatten (Jeremy Li*****: ON 16, 19 f, 21 ff; Stefano P*****: ON 42, 44, 47, 68, 115) ‑ übermittelte Schreiben und Ladungen seitens des Erstgerichts nicht (Stefano P*****: ON 156 S 75, ON 161, 202, US 17 f). Die E‑Mail‑Adresse des Jeremy Li***** war in der Folge inaktiv (US 17; ON 165 ff).
Das an die Justizbehörden der Vereinigten Staaten von Amerika gerichtete Rechtshilfeersuchen, den Aufenthaltsort des Jeremy Li***** und eines Verantwortlichen der V***** LLC zu ermitteln und diesen Zeugenladungen zuzustellen (ON 175, 183, 188, 189), verlief mangels ausforschbaren Aufenthalts negativ (ON 120 S 31 f, ON 122 S 7 f, ON 197 S 3; US 27 und 29).
Aussagen von Zeugen dürfen in der Hauptverhandlung gemäß § 252 Abs 1 Z 1 StPO verlesen werden, wenn ihr Aufenthalt ‑ wie hier ‑ trotz Ausforschungsbemühungen unbekannt geblieben ist oder ihr persönliches Erscheinen aus erheblichen Gründen (wie hier der nicht bloß vorübergehenden Weigerung, aus dem Ausland zur Hauptverhandlung nach Österreich anzureisen und vor dem inländischen Gericht zu erscheinen) „füglich nicht bewerkstelligt werden“ kann (RIS-Justiz RS0098248, RS0108361; Fabrizy, StPO11 § 252 Rz 14; Kirchbacher, WK‑StPO § 252 Rz 59, 61, 63 f).
Angesichts der mehrfachen nachweislichen Ladungen des in den Vereinigten Staaten von Amerika aufhältigen Zeugen Ari G***** sowie der Zeugen Yan La***** und Frankie L***** aus Hongkong im Rechtshilfeweg, der erklärten Weigerung der beiden Letztgenannten, Ladungen Folge zu leisten und der unbekannt gebliebenen Aufenthalte von Jeremy Li***** und Stefano P*****, konnte deren nicht erzwingbares Erscheinen vor dem inländischen Gericht (RIS-Justiz RS0075230) nach Lage des konkreten Einzelfalls (erneut RIS-Justiz RS0108361) „füglich nicht bewerkstelligt werden“. Da aus § 247a StPO auch keine Einschränkung der Verlesungsermächtigung nach § 252 Abs 1 Z 1 StPO abzuleiten ist (Kirchbacher, WK-StPO § 252 Rz 64; RIS‑Justiz RS0127314), sind die in Rede stehenden Verlesungen demnach nicht zu beanstanden.
Soweit die Rüge eine Verletzung von Verteidigungsrechten (Z 4) zufolge dieser Verlesungen ungeachtet des dagegen erhobenen Widerspruchs, wonach „seitens des Angeklagten beziehungsweise des Verteidigers“ an „Personen, die nicht vor dem erkennenden Gericht erscheinen“ „auch keine Fragen gerichtet werden können, weshalb dadurch der Unmittelbarkeitsgrundsatz verletzt wird“ (ON 250 S 37), reklamiert, scheitert sie, weil die Verweigerung der ‑ zugleich mit dem Widerspruch deutlich genug beantragten ‑ undurchführbaren Beweisaufnahmen keine Nichtigkeit aus Z 4 begründet (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 314, 339, 344; RIS-Justiz RS0120363).
Ebenso wenig wurden Verteidigungsrechte durch die gegen den Widerspruch des Angeklagten zufolge behaupteter Befangenheit („Es gibt einen Einwand gegen den Sachverständigen. Der Sachverständige wird abgelehnt wegen Befangenheit, auch aus den von mir vorgelegten Stellungnahmen beziehungsweise Gutachten des Dr. S***** ergibt sich, dass der Sachverständige nicht objektiv die Sache beurteilt hat und weitgehendst zum Nachteil des Angeklagten, ob bloßen Vermutungen und Spekulationen ausgeht, die seine Unbefangenheit ganz erheblich in Zweifel ziehen lassen. Ich spreche mich auch dagegen aus, dass der Sachverständige in diesem Verfahren vom Gericht zum Sachverständigen bestellt wird. Die Bescheinigung ergibt sich aus den beiden Stellungnahmen des Dr. S*****.“) erfolgte Bestellung des Sachverständigen MMag. Thomas St***** im Hauptverfahren (ON 247 S 13) verletzt.
Nach § 126 Abs 4 erster Satz StPO gelten für Sachverständige die Befangenheitsgründe des § 47 Abs 1 StPO sinngemäß; dies bedeutet, dass Gründe aufzuzeigen sind, die geeignet sind, die volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen (§ 47 Abs 1 Z 3 StPO). Der in Rede stehende Widerspruch zeigt konkrete Hinweise auf eine beim Gerichtssachverständigen vorliegende Beeinträchtigung der unparteilichen Beurteilung durch sachfremde psychologische Motive oder einen sonstigen konkreten Anhaltspunkt, dem die Eignung zukäme, aus objektiver Sicht, das heißt, bei einem verständig wertenden objektiven Beurteiler, die volle Unbefangenheit des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen (RIS-Justiz RS0106258, RS0098175; Hinterhofer, WK-StPO § 126 Rz 49, 51 f), nicht deutlich und bestimmt auf. Woraus konkret zu erkennen wäre, dass der Sachverständige, der sich „in keinster Weise befangen fühlt“ (ON 247 S 7), sein Gutachten auch dann zu ändern nicht gewillt sein würde, wenn Verfahrensergebnisse dessen Unrichtigkeit aufzeigen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 371), wird nicht dargetan.
Ein durch § 281 Abs 1 Z 4 StPO garantiertes Überprüfungsrecht von Befund und Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen besteht im Übrigen nur dann, wenn der Beschwerdeführer in der Lage wäre, einen der in § 127 Abs 3 StPO angeführten Mängel des Gutachtens aufzuzeigen (RIS-Justiz RS0117263, RS0120023 [T5]; Hinterhofer, WK-StPO § 125 Rz 20, § 127 Rz 16). Das war hier gerade nicht der Fall, weil der Befund des Sachverständigen nur aus sich selbst heraus (Hinterhofer, WK-StPO § 127 Rz 19 ff), nicht aber durch einen Vergleich mit eigenständig erhobenen Befunden, wie dem relevierten Privatgutachten Dris. S***** (ON 156 S 42), in Frage gestellt werden kann (vgl 15 Os 95/10z). Der Umstand, dass neben den vom Sachverständigen folgerichtig gezogenen Schlussfolgerungen allenfalls auch noch andere Schlüsse im Bereich des Möglichen liegen, bildet keinen Mangel des Gutachtens (Hinterhofer, WK-StPO § 127 Rz 26). Mit seinem Widerspruch versuchte der Angeklagte demnach bloß, die Verlässlichkeit der Expertise, deren Beurteilung als Beweisfrage allein der Einschätzung des Gerichts unterliegt (RIS-Justiz RS0097433), in Zweifel zu ziehen.
Das die Widersprüche ergänzende Beschwerdevorbringen hat aufgrund des aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierenden Neuerungsverbots auf sich zu beruhen (RIS‑Justiz RS0099618, RS0099117; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325).
Entgegen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) haben die Tatrichter die Feststellungen zum Entzug von Gesellschaftsvermögen der Be***** allein durch den Angeklagten und zu dessen diesbezüglich ausschließlichem Gelegenheitsverhältnis (US 15, 17 ff, 29 f) logisch und empirisch einwandfrei auf dessen ‑ mängelfrei aus seinen Angaben, dem Firmenbuchakt (AZ FN 170183w des Handelsgerichts Wien, ON 249), dem schlüssigen Sachverständigengutachten, den Angaben des Dr. Bernhard E***** und des Stefano P*****, wonach Letztgenannter als für die Abwicklung der Be***** bloß „formal“ bestellter Liquidator keinerlei Aktivitäten entfaltete und für den in der Folge bestellten Masseverwalter nicht greifbar war, sowie nicht zuletzt aus der im Vergleich zur im Firmenbuchakt erliegenden Musterzeichnungserklärung (Beilage ./2 zu Fr 5447/07s) offensichtlich gefälschten Unterschrift des Stefano P***** auf einer zugunsten des Mag. Niklas Pi***** erteilten Vollmacht (ON 67 S 3), erschlossene ‑ (faktische) Alleingeschäftsführerstellung, welche ununterbrochen seit der Unternehmensgründung im Jahr 1998 bestand, gestützt (US 4, 23, 32 ff, 36). Dabei haben sie ‑ wie die Rüge selbst einräumt ‑ die Angaben des Angeklagten, er habe das Büro räumen lassen, sowie dessen an Mag. Niklas Pi***** gerichtete Bitte, ihm unternehmensbezogene Post in die USA nachzusenden und sich ‑ trotz Bestellung des Stefano P***** zum Liquidator ‑ um „Be***** zu kümmern“, ebenso erwogen, wie die Aussage der Zeugin Zinaida Sk*****, wonach sich der Angeklagte während ihrer Unternehmenszugehörigkeit allein verantwortlich um „Be*****“ gekümmert habe, was die Rüge jedoch prozessordnungswidrig außer Acht lässt (RIS-Justiz RS0119370, RS0116504).
Mit seinen den Urteilsannahmen gegenüber gestellten eigenen Auffassungen und Erwägungen, wonach sein (ohnehin in die tatrichterlichen Überlegungen einbezogener; US 34) teilweiser Aufenthalt in den USA Liquidationshandlungen und damit Vermögensentnahmen entgegenstehe, bekämpft der Beschwerdeführer bloß unzulässig die Beweiswürdigung des Schöffengerichts (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 451). Dass die Tatrichter aus den Verfahrensergebnissen statt der mit vertretbarer Begründung getroffenen Feststellungen nicht andere, für den Nichtigkeitswerber günstigere Konstatierungen abgeleitet haben, stellt einen mit Mängelrüge nicht bekämpfbaren Akt der Beweiswürdigung dar (RIS-Justiz RS0098400).
Der Schluss von einem gezeigten ‑ der Rüge zuwider wie dargelegt mängelfrei konstatierten ‑ Verhalten auf das zugrunde liegende Wissen und Wollen (sohin die innere Tatseite des Angeklagten; US 25 ff, 35), ist entgegen der weiteren Kritik unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden (RIS-Justiz RS0098671, RS0116882).
Die behauptete „Nichtigkeit wegen innerer Widersprüchlichkeit“ (Z 5 dritter Fall) angesichts der Urteilsfeststellungen zu Buchungen von Werbeaufwand, Verkaufsprovisionen und Verbindlichkeiten auf diversen Aufwandskonten der Be***** einerseits und zur Entnahme der „korrespondierenden Mittel“ aus dem Unternehmen andererseits, weil „die gleichzeitig mit Entnahmen festgestellten Buchungen eine Reduktion der Verbindlichkeiten der Be***** bedeuteten und somit deren Vermögen“ „nicht verringert wurde“, liegt nicht vor.
Mit diesem Vorbringen werden bloß ‑ erneut prozessordnungswidrig ‑ jene Urteilskonstatierungen übergangen, wonach den als Aufwand verbuchten Entnahmen tatsächlich keine Forderungen von Geschäftspartnern zugrunde lagen, der Beschwerdeführer die bezughabenden (solcherart fingierten) Eingangsrechnungen vielmehr fälschte, um Belege für die Entnahmen herzustellen, und wonach diese Entnahmen tatsächlich nicht Geschäftspartnern der Be***** oder diesem Unternehmen zugekommen sind, sondern der Angeklagte diese vielmehr beiseite geschafft hat (US 11, 15 ff).
Weshalb die (nicht schuldspruchs- oder subsumtionsrelevante) Erstellung der (rechtsgrundlosen) Ausgangsrechnung an das Unternehmen A***** über 100.536 USD (ON 21 S 7) durch den Angeklagten zwecks besserer Darstellung der Umsatzzahlen der Be***** (US 17) eine entscheidende Tatsache betreffen soll, legt die Rüge nicht dar. Widersprüche aus § 281 Abs 1 Z 5 dritter Fall StPO sind aber nur hinsichtlich entscheidender Tatsachen relevant (vgl RIS-Justiz RS0119089, RS0117402, RS0099709). Im Übrigen ignoriert der Angeklagte prozessordnungswidrig jene Konstatierungen, wonach er auf Basis der fingierten Eingangsrechnung der A***** über 68.500 USD der Be***** 53.158,47 Euro entzog und wonach der an A***** gerichteten (gleichfalls gefälschten) Ausgangsrechnung tatsächlich keine Leistung der Be***** zugrunde lag (US 16 f).
Mit seinen Überlegungen zur Ausgestaltung von bargeldlos abgewickelten oder erst zeitversetzt einen Geldfluss auslösenden „Sale-or-Return“-Geschäften und zur behaupteten Handhabung des Kassakontos der Be***** argumentiert der Angeklagte wiederum nicht auf Basis der Feststellungen und der hiezu angestellten Erwägungen. Er bekämpft solcherart bloß erneut nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen Schuld die tatrichterliche Beweiswürdigung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394, 439 f, 443).
Angesichts der Feststellung, wonach der Angeklagte der Be***** Anlagevermögen im Wert von insgesamt 272.000 Euro entzog (US 22), betrifft auch das einen Widerspruch hinsichtlich eines Teils dieses Anlagevermögens (Maschinen im Wert von 94.000 Euro „bei der W*****“) behauptende Vorbringen keine entscheidende Tatsache.
Im Übrigen steht die Feststellung, dass die W***** Ltd weder Geld zur Anschaffung spezieller Maschinen, noch Maschinen selbst von Be***** erhalten hat (US 21), zur konstatierten Existenz dieser Maschinen nicht in einem unauflöslichen Widerspruch (US 30). Zudem scheint im relevierten Sachverständigengutachten zwar eine „Wi***** Ltd, Hongkong“ als Lieferantin von Werkzeug mit Anschaffungskosten von 94.000 Euro auf (ON 133 S 6, Beilage ./I zu ON 133 S 2), jedoch ist zum Standort dieser Werkzeuge auch dem Gutachten nichts zu entnehmen.
Ebenso wenig steht die Feststellung, wonach der Angeklagte eine falsche Rechnung namens der Win***** vom 18. Dezember 2006 über die (tatsächlich nicht erfolgte) Lieferung von 3.750 Sonnenbrillen im Wert von 38.400 USD (29.799,78 Euro, US 20) erstellt hat, im Widerspruch zum konstatierten Beiseite‑Schaffen von zum 31. Dezember 2006 mit 122.000 Euro bewertetem Vorratsvermögen durch ihn (US 22). Mit der urteilsfernen Behauptung, das Erstgericht habe Vorratsvermögen „in Form von Sonnenbrillen iHv 122.000 Euro festgestellt“ und der darauf gegründeten Überlegung, dass „in der schnelllebigen Modeindustrie ein Lagerbestand iHv 122.00 Euro“, was „etwa 12.000 Brillen entsprechen würde“, „nicht erklärbar“ ist, wird wiederum bloß unzulässig die Beweiswürdigung bekämpft.
Auch mit der (wenngleich zutreffenden) Behauptung widersprüchlicher Angabe der Tatzeiträume im Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO; „im Zeitraum 2004 … bis 27. Juli 2007“) und in den Urteilsgründen, wonach sich „keine der entscheidenden Feststellung zu den Tathandlungen“ „auf den Zeitraum vor 30. April 2006“ bezieht, wird kein nichtigkeitsbegründender Widerspruch aufgezeigt, weil diese Differenz mangels hier nicht in Rede stehender Verjährungsfrage und infolge hinlänglicher Individualisierung der angelasteten Taten (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 290; RIS-Justiz RS0098557) nicht entscheidend ist.
Die „Feststellungen zum Vorhandensein von Bargeld in der Kassa“ vermissende und solcherart der Sache nach einen Feststellungsmangel (Z 9 lit a) relevierende Mängelrüge ignoriert die Urteilskonstatierungen, wonach der Angeklagte die ihm angelasteten Geldbeträge der (Bar-)Kassa entnahm oder vom Konto der Be***** behob, diese beiseite schaffte oder sich ausbezahlen ließ (US 11, 15 ff), was zwangsläufig das jeweilige Vorhandensein der Gelder zum Ausdruck bringt. Welches konkret in der Hauptverhandlung vorgekommene erhebliche, jedoch vom Schöffensenat unerwogen gebliebene Verfahrensergebnis den getroffenen Feststellungen entgegenstünde (Z 5 zweiter Fall), sagt die Rüge, die in diesem Zusammenhang auch keine Fundstellen bezeichnet (vgl RIS-Justiz RS0124172 [T4]) und ein weiteres Mal über „Sale-or-Return“-Geschäfte spekuliert, nicht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 421).
Die Konstatierungen zur tatsächlichen wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft im Jahr 2006 stützten die Tatrichter ‑ der weiteren Rüge zuwider ‑ nicht bloß auf den Bilanzentwurf 2006, dessen Richtigkeit der Angeklagte im Übrigen selbst zugestanden hat (ON 153 S 85), sondern auch auf das mit der genannten provisorischen Bilanz sowie den Bilanzen 2004 und 2005 im Einklang stehende schlüssige und nachvollziehbare Sachverständigengutachten (ON 133; US 30 f, 32 ff), wobei alleine aus der Bezeichnung „Entwurf“ auch nicht auf die Unrichtigkeit der provisorischen Bilanz 2006 geschlossen werden kann und das Vorliegen unbeachtet gebliebener, gegen die Richtigkeit des genannten Bilanzentwurfs sprechender Beweisergebnisse gar nicht behauptet wurde.
Der Nichtigkeitsgrund der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO greift seinem Wesen nach erst, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, mit anderen Worten intersubjektiv gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen eine unrichtige Lösung der Schuldfrage qualifiziert nahelegen. Eine über diese Prüfung hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen ‑ wie es die Berufung wegen Schuld im Einzelrichterverfahren einräumt ‑ wird dadurch nicht ermöglicht (vgl RIS-Justiz RS0118780). Auch der Umstand, dass aus den von den Tatrichtern angeführten Prämissen andere, für den Angeklagten günstigere Schlussfolgerungen hätten gezogen werden können, ist für sich allein nicht geeignet, jene erheblichen Bedenken darzutun, auf die der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO abstellt (RIS‑Justiz RS0099674).
Indem die Tatsachenrüge unter Missachtung der Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen und ohne die gebotene Fundstellenbezeichnung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 487) einmal mehr mit Spekulationen zu „Sale-or-Return“-Vereinbarungen sowie mit eigenen Überlegungen zur Richtigkeit des Bilanzentwurfs 2006 und zur Glaubwürdigkeit jener Personen, deren im Rechtshilfeweg erfolgte Zeugenaussagen sowie per E-Mail deponierte Angaben verlesen wurden, die erstgerichtlichen Konstatierungen in Zweifel zu ziehen versucht, erweckt sie ebenso wenig erhebliche Bedenken, wie mit ihrer Kritik an unterbliebenen „positiven Ausführungen über den Angeklagten“.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu erstatteten Äußerung ‑ bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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