OGH 12Os18/14k

OGH12Os18/14k8.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Mai 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel‑Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Aleksandar St***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 2 und 3, 130 vierter Fall und 15 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Kristijan M***** sowie die Berufungen des Aleksandar L***** und der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten Kristijan M***** und Aleksandar L***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 30. Juli 2013, GZ 161 Hv 2/13i‑363, sowie über die Beschwerde des Angeklagten Aleksandar L***** gegen den Beschluss gemäß §§ 50, 52 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Kristijan M***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche von Aleksandar St***** und Aleksandar L*****, einen Freispruch des Manuel Le***** sowie die ‑ statt mit gesondert ausgefertigtem Beschluss (vgl Schroll in WK² StGB § 50 Rz 16; Danek, WK‑StPO § 270 Rz 50) ‑ Anordnung von Bewährungshilfe hinsichtlich Aleksandar L***** enthält, wurde Kristijan M***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 2 und 3, 130 vierter Fall und 15 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in der Zeit von 4. Juli bis 2. August 2012 in W***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, anderen fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert weggenommen bzw wegzunehmen versucht, und zwar (zusammengefasst wiedergegeben)

I. im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Aleksandar L***** und den abgesondert verfolgen Dominik S*****, Dalibor Si***** und Ivan K***** als Mittäter (§ 12 StGB) in insgesamt elf Angriffen durch Einbruch in Gebäude, Geschäftslokale und eine Wohnstätte sowie durch Aufbrechen dreier Handkassen den im Urteilsspruch genannten Verfügungsberechtigten einer Gebietskörperschaft, von Unternehmen und Vereinen sowie Privatpersonen Wertgegenstände und Bargeld sowie

II. im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Aleksandar L***** und dem abgesondert verfolgten Dalibor Si***** als Mittäter (§ 12 StGB) in zwei Angriffen Gewahrsamsträgern des Vereins „H*****“ und der N***** GmbH die dort angeführten Wertgegenstände.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Kristijan M*****, der keine Berechtigung zukommt.

Wie die Rüge ohnedies urteilskonform darlegt, kam es dem Beschwerdeführer darauf an und handelte er somit in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende beträchtliche Einnahme zur Finanzierung seines Lebensunterhalts über zumindest einige Wochen zu verschaffen (US 12 f, 18). Welcher weiterer Konstatierungen aus Beschwerdesicht es für die Annahme gewerbsmäßigen Handelns bedurft hätte, legt die das Fehlen „ausreichender Feststellungen zum Vorsatz des Angeklagten“ kritisierende Nichtigkeitsbeschwerde nicht dar (RIS‑Justiz RS0099620, RS0095939; zu den zeitlichen Voraussetzungen des § 70 StGB vgl RIS‑Justiz RS0107402; Jerabek in WK² StGB § 70 Rz 7).

Der Einwand (der Sache nach Z 5 zweiter Fall), das Erstgericht lasse bei der Annahme von Gewerbsmäßigkeit den (festgestellten, vgl US 12) Bezug von Arbeitslosengeld in Höhe von 800 Euro und eine damit verbundene vorangehende Tätigkeit am österreichischen Arbeitsmarkt über einen längeren Zeitraum, die Unbescholtenheit des Angeklagten und den relativ kurzen Tatzeitraum (vgl jedoch Jerabek in WK² StGB § 70 Rz 6; RIS‑Justiz RS0108366, RS0092497) außer Acht, orientiert sich nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (vgl RIS‑Justiz RS0119370, RS0116504; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 394), indem er übergeht, dass die Tatrichter die gewerbsmäßige Tendenz vor allem auf die zahlreichen vom Schuldspruch umfassten Tathandlungen gründeten (US 18). Schon deshalb verfehlt er die prozessförmige Darstellung des inhaltlich geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten Kristijan M***** und Aleksandar L*****, der in der Hauptverhandlung offensichtlich Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe anmeldete (die Protokollierung „Berufung wegen Nichtigkeit“ [ON 362 S 22] beruht augenscheinlich auf einem Schreibfehler; vgl auch ON 379 S 4) sowie der Staatsanwaltschaft und die (implizite) Beschwerde des Angeklagten Aleksandar L***** (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Das Erstgericht hat die Tathandlungen des Kristijan M***** neben § 129 Z 1 und 2 StGB zu Unrecht auch der Qualifikationsnorm der Z 3 leg cit und jene von Aleksandar L***** rechtsirrig auch Z 3 neben der Z 1 des § 129 StGB unterstellt. Zu einer amtswegigen Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO besteht jedoch schon deshalb kein Anlass, weil Z 1 bis 4 des § 129 StGB lediglich untereinander austauschbare Alternativen dieser unselbständigen Deliktsqualifikation darstellen, sodass die unrichtige Annahme einer weiteren alternativen Begehungsform die Subsumtion der Tat nicht berührt (RIS‑Justiz RS0119965). Hinsichtlich der verfehlten Subsumtion besteht keine (den Berufungswerbern zum Nachteil gereichende) Bindung des Oberlandesgerichts an den Ausspruch des Erstgerichts über das anzuwendende Strafgesetz nach § 295 Abs 1 erster Satz StPO (RIS‑Justiz RS0118870).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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