OGH 1Ob48/14m

OGH1Ob48/14m24.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. N***** S*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Hochsteger und andere Rechtsanwälte in Hallein, gegen die beklagte Partei E***** S*****, vertreten durch Dr. Franz Gerald Hitzenbichler, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 67.488,50 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse: 28.025 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 29. Jänner 2014, GZ 6 R 7/14p‑40, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 12. November 2013, GZ 4 Cg 115/12v‑35, teilweise abgeändert wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0010OB00048.14M.0424.000

 

Spruch:

I. Die am 5. 3. 2014 erhobene (weitere) Revision wird zurückgewiesen.

II. Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.610,64 EUR (darin enthalten 268,44 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Parteien schlossen im anhängigen Scheidungsverfahren (im Rahmen des Provisorialverfahrens über den Unterhalt) am 19. 2. 2007 einen Vergleich, in dem sich der klagende Ehemann verpflichtete, an die beklagte Ehefrau ab 1. 3. 2007 einen vorläufigen monatlichen Unterhalt von 1.805 EUR zu bezahlen. Auf sämtlichen Überweisungen des Jahres 2007 brachte der Kläger Vermerke wie „Verbrauch in gutem Glauben ausgeschlossen“, „mit Vorbehalt wegen Verleumdung“, „Zahlung mit Vorbehalt, Irreführungen, sinnloser Vernichtungsfeldzug“ und ähnliche Formulierungen an.

Aufgrund einer von der Beklagten auf der Grundlage des Unterhaltstitels geführten Gehaltsexekution leistete der Kläger ‑ soweit im Revisionsverfahren strittig ‑ im Zeitraum März 2009 bis 1. 9. 2012 insgesamt Unterhaltszahlungen von 28.025 EUR.

Am 4. 2. 2009 brachte der Kläger die Oppositionsklage ein, deren Begehren darauf abzielte, dass der Anspruch der Beklagten aus dem Unterhaltsvergleich infolge Unterhaltsverwirkung im Sinn des § 94 Abs 2 zweiter Satz ABGB erloschen sei. Die Klage wurde der Beklagten ‑ wie sich aus dem von beiden Parteien als Urkundenbeweis geführten Akt des Oppositionsprozesses ergibt ‑ am 20. 4. 2009 zugestellt. Mit klagestattgebendem (erstinstanzlichem) Oppositionsurteil vom 25. 11. 2010, rechtskräftig seit 4. 9. 2012, wurde ausgesprochen, dass der Anspruch der Beklagten aus dem Vergleich vom 19. 2. 2007, zu dessen Hereinbringung die Exekution bewilligt wurde, erloschen ist.

Nach Eintritt der Rechtskraft des Oppositionsurteils forderte der Kläger mit der vorliegenden Klage von der Beklagten zuletzt den rechtsgrundlos geleisteten Unterhalt für den Zeitraum März 2007 bis September 2012 von insgesamt 67.488,50 EUR sA zurück. Er habe an die Beklagte Unterhalt bezahlt, auf den sie keinen Anspruch habe. Im Oppositionsprozess sei auch für dieses Verfahren bindend festgestellt worden, dass die Beklagte ihren Unterhaltsanspruch gegen ihn verwirkt habe. Ein gutgläubig verbrauchter Unterhalt durch sie sei ausgeschlossen, weil er von Anfang an darauf hingewiesen habe, dass sie den Unterhalt rechtsmissbräuchlich geltend mache. Seine Zahlungen habe er auch lediglich unter Vorbehalt geleistet.

Die Beklagte wendete gegen das Rückforderungsbegehren ein, sie habe den empfangenen Unterhalt gutgläubig verbraucht. Sie sei nie darauf hingewiesen worden, dass ihr diese Beträge nicht uneingeschränkt zur Verfügung stünden. Die Entscheidung im Oppositionsprozess entfalte keine Bindungswirkung. Sie sei überdies nur aufgrund eines mangelhaften Verfahrens fehlerhaft zustande gekommen. Sie habe entgegen der rechtskräftigen Entscheidung im Oppositionsprozess keine Verwirkungshandlungen gesetzt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Das rechtskräftige Oppositionsurteil zur Frage des Verwirkungstatbestands binde Gerichte wie Parteien. Daher seien sämtliche Argumente und Beweisanträge der Beklagten, die entgegen der rechtskräftigen Entscheidung darauf abzielten, dass sie tatsächlich keine Verwirkungshandlungen gesetzt habe, unzulässig. Eigenständig zu entscheiden sei nur mehr die Frage der Gut‑ oder Schlechtgläubigkeit der Beklagten. Ihre Gutgläubigkeit sei ausgehend von der rechtskräftigen Vorentscheidung gar nicht denkbar. Nach den Feststellungen habe sie tatsachenwidrig falsche Anschuldigungen gegen den Kläger erhoben, getragen von einer feindseligen Gesinnung und ohne jeglichen Willen, die Ehe fortzusetzen. Das sei ihr auch im Zeitpunkt des Empfangs und Verbrauchs der monatlichen Unterhaltsbeträge bekannt gewesen. Sie könne nicht gleichzeitig falsche Anschuldigungen gegen den Kläger erheben und andererseits gutgläubig Unterhalt empfangen und verbrauchen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und verpflichtete die Beklagte zur Rückzahlung von 28.025 EUR sA an den Kläger. Das Mehrbegehren von 39.463,50 EUR sA (Unterhaltszahlungen vor Jänner 2009) wies es ‑ vom Kläger ‑ unbekämpft und damit rechtskräftig ab. Rechtlich führte es aus, der Oberste Gerichtshof habe in der zwischen den Parteien ergangenen Entscheidung 3 Ob 167/13z ausgesprochen, dass mit dem rechtskräftigen Oppositionsurteil vom 25. 11. 2010 (nur) über den gesetzlichen Unterhaltsanspruch der Beklagten ab 1. 1. 2009 in dem Sinn abgesprochen worden sei, dass ein solcher dem Grunde nach seit diesem Zeitpunkt nach § 94 ABGB nicht mehr bestehe und dass dieses Oppositionsurteil Bindungswirkung nur für die Zeit ab 1. 1. 2009 entfalte. Die Bindungswirkung des Oppositionsurteils gelte infolge gleichartiger Rechtslage auch für den vorliegenden Prozess über die Kondiktion von rechtsgrundlos geleistetem Unterhalt. Das Zahlungsbegehren des Klägers sei im Umfang der ab Jänner 2009 von der Beklagten empfangenen Unterhaltszahlungen berechtigt. Die aus der materiellen Rechtskraft gemäß § 411 ZPO resultierende Bindung an die im Oppositionsprozess ausgesprochene Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 94 ABGB ab diesem Zeitpunkt schließe sowohl Beweisaufnahmen zur Widerlegung der Verwirkung als auch ‑ weil der Verwirkungstatbestand des § 94 Abs 2 (zweiter Satz) ABGB als notwendiges Element einen Rechtsmissbrauch beinhalte ‑ einen gutgläubigen Verbrauch des verwirkten Unterhalts durch die Ehefrau aus.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zu, weil die zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs keinen Zweifel am Umfang der Bindungswirkung des Oppositionsurteils übrig lasse und die Auslegung von Prozessvorbringen von keiner über den Einzelfall hinausreichenden Bedeutung sei.

Gegen den klagestattgebenden Teil des Berufungsurteils richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten vom 4. 3. 2014 mit dem Antrag auf vollständige Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger begehrt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision „nicht zuzulassen“, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

I. Jeder Partei steht nur eine einzige Rechtsmittelschrift oder Rechtsmittelgegenschrift zu. Weitere Rechtsmittelschriften und Rechtsmittelgegenschriften, Nachträge oder Ergänzungen sind auch dann unzulässig, wenn sie innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht werden (RIS‑Justiz RS0041666). Die von der Beklagten am 5. 3. 2014 eingebrachte weitere Revision verstößt gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels und ist daher zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0041666 [T32, T56]).

II. Die Revision der Beklagten ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

1. Voranzustellen ist, dass die Revision entgegen der Ansicht des Klägers nicht deshalb unzulässig ist, weil das Revisionsinteresse der Beklagten unter 30.000 EUR liegt.

Der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschied (Entscheidungsgegenstand; vgl § 502 Abs 2 ZPO), betrug 67.488,50 EUR. Die Beklagte kann daher mangels Zulassung der ordentlichen Revision gemäß § 505 Abs 4 erster Satz ZPO die außerordentliche Revision erheben. Auf den Streitgegenstand des Revisionsverfahrens kommt es nicht an.

2. Die Beklagte macht in der außerordentlichen Revision unter anderem zu deren Zulässigkeit geltend, dass für den Rückforderungsanspruch wegen (rechtsgrundlos) geleistetem Unterhalt kumulativ mehrere Voraussetzungen vorliegen müssten. Zwar sei nach der im Unterhaltsprozess der Parteien ergangenen Entscheidung 3 Ob 167/13z ihr Unterhaltsanspruch im Hinblick auf die rechtskräftige Entscheidung im Oppositionsprozess ab 1. 1. 2009 erloschen, jedoch könne sie im gegenständlichen Prozess „neue Tatsachen“, die auch für eine Wiederaufnahmsklage geeignet wären, vorbringen. Das Berufungsgericht sei auf ihre Verfahrens‑ und Beweisrüge hinsichtlich des gutgläubigen Verbrauchs des erhaltenen Unterhalts nicht eingegangen, mit der sie die erstinstanzliche Feststellung bekämpft habe, wonach sie während des Verbrauchs des bezogenen Unterhalts gewusst habe, dass ihre Anschuldigungen unrichtig seien. Eine solche Feststellung sei im Oppositionsverfahren nicht getroffen worden; eine Bindungswirkung des Oppositionsurteils hinsichtlich der Frage der Schlechtgläubigkeit beim Bezug und Verbrauch des Unterhalts bestehe nicht.

Dazu wurde erwogen:

3. Die Verwirkungstatbestände des (hier anzuwendenden) § 94 Abs 2 zweiter Satz ABGB, des § 68a Abs 3 EheG und des § 74 EheG stellen in ihrem Zusammenspiel ein durchgängiges Rechtsschutzsystem zugunsten von Unterhaltspflichtigen dar. Dieses soll verhindern, dass ein (vormaliger) Ehegatte vom anderen die Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem (früheren) Eheverhältnis ‑ also Unterhaltsleistungen ‑ begehrt, obwohl er selbst nicht nur einzelne dieser Verpflichtungen hintansetzt, sondern sich schlechthin über alle Bindungen aus der (früheren) ehelichen Partnerschaft zu seinem persönlichen Eigennutzen hinwegzusetzen bereit ist (6 Ob 108/08p mwN). Die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 94 Abs 2 zweiter Satz ABGB ist zu bejahen, wenn die Geltendmachung und Gewährung eines Unterhaltsanspruchs wegen des Verhaltens des betreffenden Ehegatten grob unbillig erschiene (RIS‑Justiz RS0009766). Es muss sich um eine besonders schwerwiegende, das Maß schwerer Eheverfehlungen im Sinn des § 49 EheG übersteigende Eheverfehlung gegen den (früheren) Ehegatten handeln (3 Ob 90/07t mwN), wobei auch subjektive Verantwortlichkeit vorliegen muss (RIS‑Justiz RS0057404; zuletzt 3 Ob 192/11y).

Im zweiten Rechtsgang über die Oppositionsklage des Klägers gab der Oberste Gerichtshof der von ihm erhobenen außerordentlichen Revision zu 3 Ob 192/11y durch Aufhebung in die zweite Instanz Folge. Ausgehend von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts sei es dem Ehemann gelungen, eine besonders schwerwiegende, das Maß schwerer Eheverfehlungen im Sinn des § 49 EheG übersteigende Eheverfehlung gegen den Ehemann nachzuweisen. Die Ehefrau habe nicht nur durch die massiv übertriebenen Vorwürfe bei ihrer Aussage gegen den Ehemann gewichtige Anschuldigungen in den Raum gestellt und diesen dadurch einem langwierigen Strafverfahren ausgesetzt; sie habe überdies nach den Feststellungen die Anschuldigungen aus Rache bzw feindlicher Einstellung ihm gegenüber erhoben und die auch Dritten gegenüber geäußerten übertriebenen Vorwürfe bewusst zur Rufschädigung des Klägers eingesetzt, die auch in gewissem Umfang eingetreten sei; die übertriebenen Anschuldigungen hätten auch als Argument für die anhängigen zivilgerichtlichen Verfahren gedient. Da überdies feststehe, dass der Ehemann, der an einer Deeskalation interessiert gewesen sei, diese Vorgehensweise der Beklagten nicht veranlasst habe, müsse die Verwirklichung des Oppositionsgrundes bejaht werden. Dass die Ehefrau in dem gegen sie geführten Strafverfahren freigesprochen wurde, habe auf diese Beurteilung keinen Einfluss: An ein freisprechendes Strafurteil sei der Zivilrichter nicht gebunden. Da das Berufungsgericht die Tatsachenrüge der Ehefrau nicht behandelt habe, bedürfe es deren Erledigung.

Im fortgesetzten Verfahren gab das Berufungsgericht der Berufung nach Verwerfung der Beweis‑ und Mängelrügen in der Hauptsache nicht Folge und bestätigte das dem Oppositionsklagebegehren stattgebende Ersturteil vom 25. 11. 2010.

Die dagegen von der Ehefrau erhobene außerordentliche Revision wies der Oberste Gerichtshof zurück (3 Ob 142/12x).

4. Zur Bindungswirkung des klagestattgebenden Oppositionsurteils zum vorläufigen Ehegattenunterhalt:

Mit der erfolgreichen Oppositionsklage des Klägers wurde jedenfalls der zwischen den Parteien geschlossene Vergleich vom 19. 2. 2007 über einen monatlichen Unterhalt von 1.805 EUR als Exekutionstitel beseitigt (3 Ob 102/06f).

In der im Unterhaltsprozess (Verfahren über den Hauptanspruch) der Parteien ergangenen Entscheidung 3 Ob 167/13z sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass mit dem klagestattgebenden Oppositionsurteil über den gesetzlichen Unterhaltsanspruch der (hier) Beklagten nach § 94 ABGB während aufrechter Ehe dem Grunde nach entschieden worden sei. Denn der Umstand, dass zwischen den Parteien am 19. 2. 2007 eine vergleichsweise Regelung getroffen worden sei, ändere an der Qualifikation des geltend gemachten Anspruchs als gesetzlicher Unterhaltsanspruch nichts. Mit dem (erstinstanzlichen) Oppositionsurteil vom 25. 11. 2010 sei über den gesetzlichen Unterhaltsanspruch der Klägerin nach § 94 ABGB ab 1. 1. 2009 in dem Sinn abgesprochen worden, dass ein solcher dem Grunde nach seit diesem Zeitpunkt nicht mehr bestehe. Die Bindungswirkung des Oppositionsurteils beschränke sich auf die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der (hier) Beklagten nach § 94 ABGB ab 1. 1. 2009.

Die Bindungswirkung hindert zwar nicht die Urteilsfällung über den neuen Anspruch (hier wegen Bereicherung infolge ohne Rechtsgrundlage gezahlter Unterhaltsbeträge), schließt jedoch die Verhandlung und Beweisaufnahme über ein neues, begrifflich aber untrennbar mit dem Inhalt der rechtskräftigen Vorentscheidung (hier: klagestattgebendes Urteil im Oppositionsverfahren) zusammenhängendes Klagebegehren sowie dessen neuerliche Prüfung aus (RIS‑Justiz RS0041205; RS0041253). Infolge der Rechtskraftwirkung der Vorentscheidung ist die Berufung auf Tatsachen, die bei Schluss der Verhandlung erster Instanz im Vorprozess schon existent waren, aber nicht vorgebracht wurden, im Folgeprozess ausgeschlossen (RIS‑Justiz RS0041321; RS0106966). Ein neues Vorbringen ist durch die Rechtskraft nur dann nicht präkludiert, wenn es mit dem Prozessstoff des ersten Rechtsstreits nicht im Zusammenhang steht (RIS‑Justiz RS0036744; zuletzt 3 Ob 167/13z).

Die Aufnahme der von der Beklagten zur Widerlegung der im Oppositionsurteil bereits rechtskräftig ausgesprochenen Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 94 Abs 2 zweiter Satz ABGB angebotenen Beweise konnte somit unterbleiben, weil dem Richter im Folgeprozess eine neuerliche Prüfung des schon entschiedenen Anspruchs verwehrt ist. Das gilt auch im Hinblick auf allfällige Mängel des Oppositionsverfahrens. Die erst nach Eintritt der Rechtskraft des Oppositionsurteils erhobene Behauptung, der Beklagten seien die vorgeworfenen Übertreibungen bei den Anschuldigungen gegen den Kläger aus psychischen Gründen nicht vorwerfbar, betrifft eine Tatsache, die bei Schluss der Verhandlung im Oppositionsprozess bereits existent war und im Zusammenhang mit diesem Prozessstoff stand; sie ist deshalb präkludiert, sodass auch dazu keine Beweisaufnahmen erforderlich waren (3 Ob 167/13z). Soweit sich die Beklagte schließlich in der Revision im Zusammenhang mit der Verwirkung des Unterhaltsanspruchs unbestimmt auf „neue Tatsachen“ beruft, muss deren Berücksichtigung schon daran scheitern, dass sie diese nicht konkretisiert.

Zutreffend ging das Berufungsgericht aufgrund der aus der materiellen Rechtskraft gemäß § 411 ZPO resultierenden Bindung an die im Oppositionsprozess ausgesprochene Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach § 94 ABGB ab 1. 1. 2009 davon aus, dass Beweisaufnahmen zur Widerlegung der Verwirkung ausgeschlossen sind und dass insofern das rechtskräftige Oppositionsurteil infolge gleichartiger Rechtsgrundlage Bindungswirkung auch für den vorliegenden Prozess über die Kondiktion von rechtsgrundlos geleistetem Unterhalt entfaltet.

5. Zur Schlechtgläubigkeit der Beklagten:

5.1. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kann ohne Rechtsgrundlage gezahlter Unterhalt nur dann mangels echter Bereicherung nicht zurückgefordert werden, wenn er gutgläubig verbraucht wurde. Soweit es auf die Unredlichkeit der Beklagten beim Verbrauch ankommt, hat diese der kondizierende Kläger zu behaupten und unter Beweis zu stellen. Die Redlichkeit bezieht sich auf die Existenz des Kondiktionsanspruchs, wobei jedoch bereits Fahrlässigkeit schadet und daher Zweifel an der Rechtmäßigkeit die Redlichkeit ausschließen (3 Ob 195/02a = SZ 2002/112 mwN). Die Redlichkeit des Empfängers fehlt nicht erst bei auffallender Sorglosigkeit oder gar Vorsatz, sondern schon dann, wenn der Empfänger der Leistung zwar nicht nach seinem subjektiven Wissen, wohl aber bei objektiver Beurteilung an der Rechtmäßigkeit der ihm rechtsgrundlos ausgezahlten Beträge auch nur zweifeln hätte müssen (1 Ob 35/00d mwN).

5.2. Nach der ständigen Rechtsprechung wird im Oppositionsprozess über den Bestand des (materiellen) Anspruchs entschieden (RIS‑Justiz RS0001674; RS0001699). Ein über eine Oppositionsklage ergehendes Urteil, dass ein bestimmter Anspruch erloschen sei, hat die gleiche Wirkung ‑ insbesondere auch Rechtskraftwirkung ‑ wie ein Feststellungsurteil (1 Ob 214/71 = RIS‑Justiz RS0001652; EvBl 1972/158 [betreffend Unterhalt]). Wurde ‑ wie hier ‑ die Exekution aufgrund einer vergleichsweisen Regelung über den einstweiligen Unterhalt der Beklagten bewilligt, ist der „Anspruch, zu dessen Gunsten Exekution bewilligt wurde“ (§ 35 Abs 1 erster Satz EO), der Anspruch aus diesem Vergleich. Richtet sich die Oppositionsklage gegen den vorläufigen Unterhaltsanspruch der Beklagten aus dem Vergleich vom 19. 2. 2007, spricht das dieser Oppositionsklage stattgebende Urteil das Erlöschen dieses Anspruchs aus. Wie aus der bereits zitierten Entscheidung 3 Ob 167/13z hervorgeht, wurde mit dem Oppositionsurteil vom 15. 11. 2010 über den gesetzlichen Unterhaltsanspruch der Beklagten nach § 94 ABGB ab 1. 1. 2009 ausgesprochen, dass ein solcher Anspruch dem Grunde nach seit diesem Zeitpunkt nicht mehr besteht. Dieses Ergebnis des Oppositionsprozesses ist der Entscheidung über den jetzigen Rückforderungsanspruch des Klägers zugrunde zu legen (1 Ob 214/71 = EvBl 1972/158).

Im Oppositionsurteil wurde der Missbrauchstatbestand des § 94 Abs 2 zweiter Satz ABGB bejaht. Für die diesem Verwirkungstatbestand zugrunde liegenden Feststellungen besteht ‑ wie in den Erwägungen zu 4. ausgeführt wurde ‑ für das gegenständliche Verfahren die Bindungswirkung. Nach den im Oppositionsprozess getroffenen Feststellungen hat die Beklagte bei ihrer Schilderung des Geschehensablaufs im Strafverfahren bzw bei ihren Erzählungen gegenüber Dritten zumindest in Teilbereichen die Intensität der Tätlichkeiten des Klägers übertrieben. Sie war bei diesen Schilderungen und bei der Anzeigeerstattung gegen den Kläger auch von einer feindlichen Gesinnung bzw einem Rachegefühl beseelt. Sie setzte die übertriebenen Vorwürfe bewusst zur Rufschädigung des Klägers ein, die in gewissem Umfang beruflich und privat auch eintrat. Die übertriebenen Vorwürfe dienten ihr auch als Argumente im Ehescheidungsverfahren und in einem weiteren Verfahren.

§ 94 Abs 2 zweiter Satz ABGB setzt Verschulden an der entsprechenden Eheverfehlung, somit also auch die Fähigkeit des betreffenden Ehegatten voraus, die Rechts‑ und Ehewidrigkeit seines Verhaltens zu erkennen und dieser Einsicht gemäß zu handeln ( Schwimann/Ferrari in Schwimann/Kodek , ABGB 4 Ia § 94 ABGB Rz 27 mwN; vgl RIS‑Justiz RS0009759 [T3, T6, T15, T16]; RS0009766 [T1, T6]). Wenn die Beklagte ihre Schlechtgläubigkeit und damit ihr Verschulden nunmehr mit dem Argument verneint, bei ihr seien nach langjähriger Einnahme eines vom Kläger verschriebenen Medikaments bewusstseinsändernde und psychotische Wirkungen eingetreten, sodass ihr die im Oppositionsprozess festgestellten Anschuldigungen nicht vorgeworfen werden könnten, steht dem gegen die genannte Bindungswirkung entgegen. Es handelt sich dabei um eine Tatsache, die bei Schluss der Verhandlung im Oppositionsprozess bereits existent war und im Zusammenhang mit diesem Prozessstoff stand. Beweisaufnahmen dazu waren daher nicht erforderlich. Das Berufungsgericht brauchte auch nicht die Tatsachenrüge der Beklagten zur erstgerichtlichen Feststellung, sie habe während des Verbrauchs gewusst, dass ihre Anschuldigungen unrichtig seien, behandeln. Diese Feststellung ergibt sich bereits aus den Festellungen zum Verwirkungstatbestand im Oppositionsurteil.

5.3. Von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung wird im Fall eines der Oppositionsklage stattgebenden Urteils die Rückforderung der während des Oppositionsprozesses auch ohne neuerliche Exekutionsführung geleisteten weiteren Unterhaltszahlungen ebenso anerkannt (1 Ob 214/71 = EvBl 1972/158 = EFSlg 15.728) wie die Rückforderung der Leistungen im Fall der Zahlung einer Nichtschuld unter Vorbehalt der Rückforderung (4 Ob 132/62 = JBl 1963, 388; 8 Ob 600/78 = EFSlg 33.860). Nach übereinstimmender Judikatur (RIS‑Justiz RS0033885; 2 Ob 514/85 = SZ 58/57) und Lehre ( Rummel in Rummel ³ § 1437 ABGB Rz 2) beginnt die Unredlichkeit in Fällen der Bekämpfung von Unterhaltstiteln (zumindest) mit der Klagszustellung bzw mit der Antragszustellung im Verfahren außer Streitsachen. Ab dem Zeitpunkt der Zustellung der Oppositionsklage (3 Ob 219/98x = RIS‑Justiz RS0033885 [T1]) an die Beklagte am 20. 4. 2009 hätte sie daher jedenfalls erhebliche Zweifel an der Berechtigung ihres Unterhaltsanspruchs haben müssen. Ihre Schlechtgläubigkeit ist jedenfalls für die danach geleisteten Unterhaltsbeträge gegeben. Zur (davor liegenden) Unterhaltszahlung für den Monat März 2009 ist darauf zu verweisen, dass die Beklagte die massiv übertriebenen Vorwürfe bewusst zur Schädigung des Klägers einsetzte und dieser bereits anlässlich der Unterhaltszahlungen im Jahr 2007 auf den Überweisungsbelegen auf seinen Rückforderungsanspruch und ihren fehlenden guten Glauben hingewiesen hatte. Im Fall der Zahlung einer Nichtschuld unter Vorbehalt der Rückforderung musste hier bei Anwendung des § 1437 ABGB die Empfängerin damit rechnen, dass die Zahlungen allenfalls zurückgefordert werden, wurde ihr doch der Vorbehalt des Klägers bekannt. Sie war daher bei dieser Sachlage keineswegs gutgläubig im Sinn des § 1437 ABGB (vgl 4 Ob 132/62 = JBl 1963, 388 = RIS‑Justiz RS0033874; in diesem Sinn wohl auch Ch. Huber , Endgültige Zuweisung bei einstweiligem Unterhalt, JBl 1984, 182 [188 f]). Dass der Beklagten zwei Rechtsanwälte die Auskunft gaben, sie könne den Unterhalt verbrauchen, ändert an dieser Beurteilung nichts, haben diese doch mit ihr die Frage des Einflusses der unrichtig erhobenen Vorwürfe auf ihren Unterhaltsanspruch und ‑verbrauch nicht erörtert. Von den übertriebenen Anschuldigungen wusste nur sie.

Die Beklagte hat demnach den im Revisionsverfahren strittigen Unterhalt nicht gutgläubig verbraucht, sodass der Rückforderungsanspruch des Klägers berechtigt ist.

6. Der unberechtigten Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 und § 50 ZPO.

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