Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 838,44 EUR (darin 139,74 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die beklagte Partei verkauft gebrauchte Traktoren verschiedener Hersteller. Der streitgegenständliche Traktor verfügt über eine Lastschaltung (vgl http://de.wikipedia.org/wiki/Lastschaltgetriebe ). Die beklagte Partei hatte ihn als Eintauschfahrzeug erhalten. Anlässlich der Überprüfung nach § 57a KFG wurde eine Probefahrt durchgeführt, bei der die Lastschaltung aufgrund der herrschenden Kälte anfänglich nicht, nach ein paar Kilometern aber dann doch funktionierte.
Der Kläger hatte bereits mehrere Traktoren besessen, allerdings noch nie einen, der über eine eigene Lastschaltung verfügte. Am 23. 11. 2010 erwarb der Kläger diesen Traktor (Lindner Geotrac 100, Baujahr 2000) um einen Kaufpreis von 29.000 EUR. Vor dem Ankauf unternahm auch er eine Probefahrt. Wegen der auch damals herrschenden extremen Kälte funktionierte die Lastschaltung nicht. Der Werkstättenleiter der beklagten Partei erklärte ihm, dass das mit dem noch kalten Öl zusammenhänge, womit sich der Kläger zufrieden gab.
Im Zeitpunkt des Kaufs wies der Traktor ca 6.500 Betriebsstunden auf. Üblicherweise hat ein Schaltgetriebe nach 5.000 bis 6.000 Betriebsstunden ein Ausmaß an Verschleiß, dass mit einem Funktionsausfall gerechnet werden muss. Die Herstellerin empfiehlt daher (auf Anfrage) bei Gebrauchtgeräten mit einer derartigen Anzahl von Betriebsstunden eine Generalüberholung. In Einzelfällen kann es vorkommen, dass der Verschleiß schon früher eintritt, manche Geräte können aber auch durchaus 8.000 oder 9.000 Betriebsstunden absolvieren. Das Ausmaß des Verschleißes kann man nur erkennen, wenn das Getriebe geöffnet wird. Es ist nicht üblich, ein funktionierendes Schaltgetriebe zu öffnen.
Bei Übergabe des Traktors war ein Verschleiß vorhanden, der sich in weiterer Folge fortgesetzt hat. Im Jänner/Februar 2011 funktionierte die Lastschaltung, wenn der Kläger eine Zeit lang mit dem Traktor fuhr. Im März/April 2011 dauerte es sukzessive immer länger, bis die Lastschaltung einrastete, sie sprang manchmal nach einiger Zeit wieder von selbst heraus. Der Grund für den vorerst nur zeitweiligen Ausfall der Lastschaltung lag darin, dass „durch die Fortsetzung der Abnützung“ die Lager der Vorgelegewelle zu viel Spielraum bekamen, dadurch Öl „herumgedrückt“ und der Druck auf die Kupplung immer schwächer wurde. Die „normale Fortsetzung des bereits vorhandenen Verschleißes“ führte schließlich im Mai 2011 dazu, dass die Lastschaltung nur mehr mit großer Verzögerung eingeschaltet werden konnte. Im Oktober 2011 war die Kupplung völlig zerrieben und die Lastschaltung nicht mehr funktionsfähig. Wenn die Lastschaltung überhaupt nicht mehr funktioniert, kommt nur mehr eine Zerlegung des Getriebes und der Einbau von Neuteilen in Frage.
Der Kläger begehrte aus dem Titel der Gewährleistung den Ersatz der von ihm für die Getriebereparatur aufgewendeten Kosten von 11.724,63 EUR sA. Er brachte vor, als Nebenerwerbslandwirt tätig zu sein. Mit Hilfe der Lastschaltung könne über einen Schalter von den „kleinen“ auf die „großen“ Gänge umgestellt werden, was einen wesentlichen technischen Komfort bedeute. Bereits kurz nach der Übernahme habe die Lastschaltung nicht ordnungsgemäß funktioniert. Der Kläger habe den Traktor bis zum Herbst 2011 lediglich 150 Stunden in Betrieb gehabt, im Sommer habe er ihn ohne Lastschaltung verwendet.
Die beklagte Partei wandte ua ein, der Traktor sei bei Übergabe mängelfrei gewesen. Dass die Lastschaltung bei Kälte nicht funktioniere sei üblich, kein Defekt und überdies mit dem Kläger erörtert worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Zustand des Traktors habe beim Kauf dem Üblichen entsprochen und sei daher nicht mangelhaft gewesen. Bei ca 6.500 Betriebsstunden habe der Kläger mit Verschleißerscheinungen rechnen müssen.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Es vertrat die Ansicht, im Zeitpunkt der Übergabe seien lediglich der Betriebsdauer des Traktors entsprechende Verschleißerscheinungen vorgelegen, die vom Käufer hingenommen werden müssten. Erst die „Fortsetzung dieser Abnützungserscheinungen“ habe knapp ein Jahr später zu einem vollständigen Funktionsausfall geführt. Insoweit unterscheide sich der Sachverhalt von den zu 7 Ob 232/89 und 6 Ob 272/05a entschiedenen Fällen.
Das Berufungsgericht begründete seinen nachträglichen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision damit, dass es „möglicherweise an vom Käufer eines gebrauchten Traktors hinzunehmende Verschleiß- und Abnützungserscheinungen einen zu strengen Maßstab angelegt“ habe.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Kläger gegen das Berufungsurteil erhobene Revision ist jedoch entgegen diesem den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Weder in der Begründung des zweitinstanzlichen Zulassungsausspruchs noch in der Revision wird eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dargetan:
1. § 922 Abs 1 ABGB enthält die Vermutung, dass die geschuldete Leistung die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften hat und dass sie der Natur des Geschäfts oder der getroffenen Vereinbarung gemäß verwendet werden kann (2 Ob 176/10m mwN; Zöchling‑Jud in Kletečka/Schauer, ABGB ON 1.00 §§ 922, 923 Rz 47). Mangels gegenteiliger Abrede sind diese Eigenschaften als stillschweigend mitvereinbart anzusehen, wobei für die Konkretisierung des Leistungsinhalts im Einzelnen die Verkehrsauffassung und die Natur des Geschäfts (§ 923 ABGB) von Bedeutung sind (2 Ob 176/10m; 9 Ob 61/11b; RIS‑Justiz RS0114333; P. Bydlinski in KBB³ § 922 Rz 9).
Beim Erwerb eines Gebrauchtfahrzeugs müssen gewisse „Mangelerscheinungen“ innerhalb eines gewissen Rahmens hingenommen werden, die dem Verschleiß und der Abnützung durch das Alter und die gefahrenen Kilometer entsprechen (2 Ob 189/07v mwN; 8 Ob 19/12w; RIS‑Justiz RS0018466). Im Allgemeinen gilt jedoch die Fahrbereitschaft sowie die Verkehrs- und Betriebssicherheit als vereinbart (8 Ob 19/12w; 4 Ob 11/13s; RIS‑Justiz RS0016189, RS0018502, RS0018503, RS0110191). Diese Grundsätze gelten auch für den Kauf eines Traktors von einem gewerblichen Unternehmer (6 Ob 272/05a).
Wird einem Käufer aber offen gelegt, dass bestimmte mögliche Negativeigenschaften des Kaufobjekts zu Tage treten könnten, dass er also diesbezüglich mit dem Abweichen von der ansonsten geschuldeten Qualität der Leistung rechnen muss, dann wird bei einer solchen Leistungsbeschreibung nur die mindere Qualität Vertragsinhalt (vgl 2 Ob 176/10m; P. Bydlinski aaO § 929 Rz 9).
2. Der Kläger kaufte einen gebrauchten Traktor mit einer Lastschaltung. Nach der Verkehrsauffassung und der Natur des Rechtsgeschäfts war die Funktionsfähigkeit der Lastschaltung grundsätzlich als gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft iSd § 922 ABGB anzusehen. Dem Kläger wurde aber auch offengelegt, dass der Traktor bereits 6.500 Betriebsstunden hatte. Darüber hinaus wurde dem Kläger nach der Probefahrt erklärt, dass die Lastschaltung bei Kälte nicht oder zumindest nicht auf Anhieb funktioniert.
3. Ob ein Mangel vorliegt, richtet sich nach dem konkreten Vertragsinhalt. Eine Leistung ist dann als mangelhaft anzusehen, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem Geschuldeten zurückbleibt (9 Ob 61/11b; 8 Ob 19/12w mwN; RIS‑Justiz RS0018547).
Die von der beklagten Partei geschuldete Leistung bestand nach dem oben Gesagten in der Lieferung eines fahrbereiten, verkehrstauglichen Traktors, allerdings in einem der Anzahl der Betriebsstunden entsprechenden Zustand und mit ‑ bei Kälte erst nach einigen Kilometern ‑ funktionierender Lastschaltung.
4. Schon aus dem Prozessvorbringen des Klägers, er habe den Traktor im Sommer 2011 ohne Lastschaltung verwendet, ergibt sich, dass die Fahrbereitschaft des Traktors und dessen Verkehrs- und Betriebssicherheit unabhängig von der Funktionsfähigkeit der Lastschaltung gegeben war (so auch der Sachverständige: „Nachdem die Lastschaltung nicht mehr funktioniert hat, konnte der Kläger den Traktor jedenfalls weiter verwenden. Es hat ja das eigentliche Getriebe mit den 16 Gängen trotzdem funktioniert [...]“; vgl AS 54). Als Mangel der geschuldeten Leistung käme demnach nur ein Sachmangel (der Defekt der Lastschaltung) in Betracht, der keine Auswirkungen auf die Fahrbereitschaft und die Verkehrstauglichkeit des Traktors hat.
Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt tatsächlich maßgeblich von jenem, der den vom Kläger zur Stütze seiner Rechtsansicht zitierten Entscheidungen 7 Ob 732/89 (brüchige Benzinleitung) und 6 Ob 272/05a (Getriebeschaden eines Traktors) zugrunde lag. In beiden Fällen bewirkte der Mangel, dass das Fahrzeug nicht mehr fahrbereit war. Dem Berufungsgericht ist es daher nicht als korrekturbedürftige Fehlbeurteilung vorwerfbar, wenn es zu dem Ergebnis gelangte, dass sich die damaligen Anlassfälle von dem hier zu beurteilenden Sachverhalt grundsätzlich unterschieden.
5. Gemäß § 924 ABGB leistet der Übergeber Gewähr für Mängel, die bei der Übergabe vorhanden sind. Dies wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, wenn der Mangel innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe hervorkommt. Die Vermutung tritt nicht ein, wenn sie mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist.
Während in den Monaten Jänner/Februar 2011 die Lastschaltung im Rahmen des Zugesagten funktionierte, traten ab März/April 2011, also weniger als sechs Monate nach Übergabe des Traktors, zunehmend Probleme mit der Lastschaltung auf, sodass diese nicht mehr der vereinbarten Funktionsfähigkeit entsprach. Die Vermutung des § 924 Satz 2 ABGB kann bei Fahrzeugen älteren Baujahres mit hohem Kilometerstand zwar nicht generell ausgeschlossen werden, es können aber auch nicht alle innerhalb eines halben Jahres auftretenden Mängel auf den Zeitpunkt der Übergabe bezogen werden (6 Ob 272/05a; 1 Ob 273/06p; 2 Ob 189/07v; Reischauer, Probleme der Beweislastregeln des § 924 ABGB, JBl 2010, 217 [224]). Welche Mängel hingenommen werden müssen, ist stets eine Frage des Einzelfalls (vgl 2 Ob 189/07v mwN).
6. Angesichts der hier relevanten Tatumstände, wonach sich ein Schaltgetriebe bei 6.500 Betriebsstunden üblicherweise in einem Zustand befindet, bei dem mit dem jederzeitigen Eintritt der Funktionsunfähigkeit gerechnet werden muss, der Sachmangel erst mit „fortschreitendem Verschleiß“ entstand und nicht die Fahrbereitschaft oder die Verkehrstauglichkeit des ‑ zehn Jahre alten ‑ Traktors, sondern (nur) den besseren technischen Komfort betraf, ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Leistung sei bei Übergabe des Traktors nicht mangelhaft gewesen, im konkreten Einzelfall vertretbar. An dieser Beurteilung vermag auch nichts zu ändern, dass der Kläger den Traktor, wie er behauptet, bis zum endgültigen Versagen der Lastschaltung lediglich 150 Betriebsstunden in Verwendung hatte.
7. Da Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu lösen sind, ist die Revision zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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