Spruch:
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin kaufte am 12. 2. 2005 vom Beklagten privat einen im September 1994 erstzugelassenen PKW VW Golf TDi mit einem Kilometerstand von 147.000 um EUR 5.300. In der schriftlichen, unter Verwendung eines vom ARBÖ stammenden Formulars beidseits unterfertigten Kaufvereinbarung findet sich die Klausel „wie besichtigt und Probe gefahren unter Ausschluß von Gewährleistung und Garantie".
Mit ihrer am 30. 5. 2006 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung dieser Kaufvereinbarung samt Rückzahlung des (ausgedehnten) Betrages von EUR 8.455,68 (Kaufpreis samt Ersatz von Investitionen, Reparaturkosten, An- und Abmeldespesen, sonstige Spesen sowie Standgebühr) samt 4 % Staffelzinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des PKWs, gestützt auf das Vorliegen zahlreicher wesentlicher und geheimer Mängel, List, vom Beklagten veranlassten Irrtum und Verletzung über die Hälfte. Ihrem Gewährleistungsverzicht komme keine Rechtswirksamkeit zu.
Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte kostenpflichtige Klageabweisung. Das Fahrzeug sei verkehrs- und betriebssicher sowie in einem seinem Alter entsprechenden Zustand gewesen, der Kaufpreis daher auch angemessen. Sollten tatsächlich Mängel vorhanden sein, dann nur aufgrund unsachgemäßer Behandlung des PKWs durch die Klägerin, wobei sie in sieben Monaten immerhin zumindest 13.000 km zurückgelegt habe. Für den Fall des auch nur teilweise Zurechtbestehens der Klageforderung wendete der Beklagte Ansprüche auf Benützungsentgelt und Ersatz des entstandenen Minderwerts des Fahrzeuges kompensando ein. Sollte die Klägerin, die den Beklagten niemals zur Behebung des Mangels am Kabelstrang aufgefordert habe, hiezu auffordern, würde er sich hiezu bereit erklären, welches Angebot jedoch nur bis Schluss des Beweisverfahrens gelte. Hinsichtlich der geltend gemachten Standgebühr habe die Klägerin gegen ihre Schadenminderungspflicht verstoßen, weil sie das Fahrzeug wesentlich billiger, wenn nicht sogar gratis hätte unterstellen können.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren (allerdings ohne Fassung eines mehrgliedrigen Urteilsspruches im Sinne des § 545 Abs 3 Geo) im Umfang von EUR 4.221,70 sA statt und wies das Mehrbegehren von EUR 4.233,98 sA ab.
Es traf im Wesentlichen folgende Feststellungen:
Der Beklagte hatte das Fahrzeug selbst Ende des Jahres 2004 mit einem Heckschaden gekauft und in der Folge lackieren lassen. Er ist seither zwischen 6.000 bis 7.000 km gefahren. Im Dezember 2004 wurden über seinen Auftrag in einer Reparaturwerkstätte der Luftfilter, Luftmassenmesser, Kupplungssatz, Kraftstofffilter, zwei Bremsschläuche, der Spurstangenknopf, die Lenkerspurstange sowie der Steuerriemen ausgewechselt. Die letzte Kfz-Überprüfung gemäß § 57a KFG erfolgte am 30. 12. 2004, wobei der PKW für verkehrs- und betriebssicher befunden wurde.
Die Klägerin besichtigte den PKW erstmals am Kauftag, dem 12. 2. 2005. Sie untersuchte das Fahrzeug und stellte dabei einen Defekt am linken Außenspiegel fest, den der Beklagte für den Fall des Kaufes zu reparieren zusicherte. Er wies die Klägerin auch darauf hin, dass das (aufpolierte) Fahrzeug einige Kratzer und Dellen sowie einen (in der Kaufvereinbarung auch schriftlich festgehaltenen) Schaden am Heck aufwies, die im Bereich der vorderen und hinteren Stoßstange einschließlich schlampiger Lackierung der Motorhaube auch erkennbar waren. Die Klägerin ist dann noch „ein Stück" Probe gefahren. Nach Unterfertigung der eingangs wiedergegebenen Kaufvereinbarung holte sie den PKW am 26. 2. 2005 ab, obwohl der Beklagte den schadhaften Außenspiegel nur unfachgemäß ohne Fixierung eingeklebt hatte.
Weiters hatte der PKW bereits zu diesem Zeitpunkt einen „meldepflichtigen" Rahmenschaden, wobei Schäden im Bereich der B-Säule rechts mit einer Vertiefung des Schiebedachs vorhanden waren, die nicht einwandfrei repariert wurden; die Fahrsicherheit war durch diesen Schaden jedoch nicht beeinträchtigt. Es ist nicht feststellbar, ob der Beklagte von diesem Schaden Kenntnis hatte.
In weiterer Folge ließ sich der Fensterheber nicht mehr betätigen. Darüber informierte die Klägerin den Beklagten telefonisch, welcher die Verantwortlichkeit für diesen Mangel ablehnte. Daraufhin ließ die Klägerin den Fensterheber reparieren, wodurch ihr Kosten von EUR 350 entstanden. Ca eineinhalb bis drei Wochen später versagte das Schiebedach. Wiederum zwei Wochen später fiel die Verkleidung der Heckklappe herunter. In weiterer Folge brach die bereits bei Übergabe des Fahrzeuges abgeknickte Antenne ab, kurz zuvor war die Zündschlossverkleidung heruntergebrochen. Im Mai 2005 beobachtete die Tochter der Klägerin eine Stichflamme beim Öffnen der hinteren Fahrzeugtür.
Die Klägerin hat den PKW seit der Anmeldung am 28. 2. 2005 bis Anfang August 2005 verwendet und in dieser Zeit zwischen 13.000 und 14.000 km zurückgelegt. In der Zeit zwischen 14. 7. 2005 bis 5. 8. 2005 fuhr sie mit dem PKW nach Bad Gastein, wobei ihr beim Fahren Geräusche auffielen. Dabei handelte es sich um einen Defekt am Radlager. Es kann nicht festgestellt werden, ob das Radlager bei der Übergabe noch in Ordnung war oder ob es erst durch die 13.000 bis 14.000 km Fahrleistung der Klägerin beschädigt wurde. Beim Nachhausefahren ließ sich das Schiebedach nicht mehr schließen und fiel der CD-Player aus. Der herbeigerufene Pannendienst des ÖAMTC verwies die Klägerin - nach mehrmaligem Durchbrennen der Fahrzeugsicherungen - an eine Autoreparaturwerkstätte. Dort wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass am Fahrzeug die Batterie abgeklemmt werden sollte. Die elektrischen Defekte beim PKW sind auf spröde, zum Teil abisolierte Kabelbäume zurückzuführen, wobei beim Kontakt zwischen den nicht isolierten Bereichen der Kabel Kurzschlüsse entstehen. Auch die Stichflamme bei der Hintertür ist die Folge eines solchen Kurzschlusses. Die Sprödigkeit bzw Brüchigkeit der Kabelbäume im Bereich der Einstiegstellen sowie im Bereich des Kofferraums treten aufgrund des Alters der Isolierung im Fahrzeug auf. Aufgrund der mangelhaften Kabelbäume ist das Fahrzeug nicht mehr verkehrs- und betriebssicher, zumal jederzeit ein Kurzschluss auftreten und das Fahrzeug in Brand geraten kann. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Kabelbäume bereits im Übergabezeitpunkt defekt waren. Ob der Defekt des elektrischen Dachfensters auf die offenen Kabelstränge zurückzuführen ist, lässt sich nicht feststellen. Es kann auch nicht festgestellt werden, ob dem Beklagten die Mängel am Fahrzeug zum Verkaufszeitpunkt bereits bekannt waren, zumal eine Sprödigkeit der Kabelstränge unauffällig ist und erst durch Abbau von Gummiteilen erkennbar wird. Es ist für einen Laien nicht erkennbar, welcher konkrete Mangel hinter dem Kurzschlüssen und dem Ausfall von Fensterheber, Schiebedach und CD-Player steht. Alle streitgegenständlichen Mängel sind spätestens bis Anfang August 2005 hervorgekommen.
Die Eindellung bzw der Knick im Bereich der Motorhaube sowie die Kratzer und die Lackabsplitterung an der Motorhaube im Bereich rechts zur Windschutzscheibe hin wurden ebenso während der Benützung durch die Klägerin verursacht wie die Steinschläge und Abbruchstellen im Lack im Bereich des linken vorderen Kotflügels. Ob die Schäden an den Stoßstangen und der Bruch der Glaseinheit der rechten Rückleuchte bereits zum Übergabezeitpunkt vorhanden waren, kann nicht festgestellt werden. Die Schäden an den vier Türen in Form von Kratzern wurden durch die unfachgemäße Entfernung von Türschonern durch die Klägerin verursacht. Die von ihr verursachten Schäden machen insgesamt EUR 1.000 aus. Die Mängel an der Zündschlossabdeckung sowie im Bereich der Kofferraumverkleidung sind altersbedingt. Die nicht ordnungsgemäße Lackierung war bereits zum Übergabezeitpunkt vorhanden.
Ausgehend von der schlechten Lackierung und den Mängeln am Dach ist bei einem Privatverkauf ohne Garantieleistung im Februar 2005 ein Wert von EUR 4.700 bzw bei Zugabe einer ordnungsgemäßen Garnitur von Reifen ein Wert von EUR 4.900 vorhanden. Der VW Golf TDi ist ein beliebtes Fahrzeug, weshalb der Marktpreis teilweise über dem Listenpreis liegt und daher Überzahlungen üblich sind. Ein Preis von EUR 5.300 ist daher angemessen.
Zur Behebung der Mängel am Fahrzeug mit Ausnahme jener, die während der Benützung durch die Klägerin angefallen sind, ist ein Abzug von EUR 2.000 vorzunehmen, sodass der tatsächliche Wert nur mehr EUR 2.900 ausmachte. Für eine fachgemäße Reparatur des defekten linken Außenspiegels ist ein „geringer Betrag" aufzuwenden. Für die Verwendung des Fahrzeugs durch die Klägerin (zwischen 13.000 und 14.000 km) ist ein Benützungsentgelt von EUR 1.000 angemessen.
Die Klägerin hat mehrmals versucht, den Beklagten telefonisch zu erreichen und ihn über die aufgetretenen Mängel zu informieren, jedoch hat der Beklagte die Zahlung der Reparatur des Fensterhebers mit der Begründung abgelehnt, dass das Fahrzeug zehn Jahre alt sei. Die weiteren Anrufe der Klägerin bzw ihres Bekannten hat der Beklagte nicht mehr entgegengenommen bzw durch Auflegen beendet, und hat er unter Berufung auf den Gewährleistungsverzicht der Klägerin eine Verbesserung bzw einen Austausch abgelehnt. Eine Reparatur der Kabelstränge wäre möglich und beim streitgegenständlichen Fahrzeug wirtschaftlich noch sinnvoll.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht (zusammengefasst) aus, dass die Klägerin zur Wandlung des Kaufvertrages berechtigt sei. Da sämtliche festgestellten Mängel innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe des Fahrzeugs hervorgekommen seien, greife die Vermutung des § 924 Satz 2 ABGB, dass diese Mängel bereits bei Übergabe vorhanden gewesen seien. Insbesondere die Schäden an den Kabelbäumen sowie am Radlager stellten massive Sachmängel dar, welche dazu führten, dass die Betriebs- und Verkehrssicherheit des Fahrzeuges nicht gegeben sei. Hinsichtlich solcher Mängel könne ein Gewährleistungsverzicht nicht wirksam vereinbart werden. Der Beklagte habe daher für diese Mängel Gewähr zu leisten. Da der Beklagte trotz mehrfacher Aufforderungen durch die Klägerin eine Verbesserung und einen Austausch des Fahrzeugs bzw eine Rückabwicklung des Kaufvertrages abgelehnt habe, sei die Klägerin zur Wandlung und Rückabwicklung des Kaufvertrages berechtigt. Sie könne den Kaufpreis von EUR 5.300 rückfordern, müsse sich jedoch ein angemessenes Benützungsentgelt von EUR 1.000 sowie die in ihrer Benützungszeit verursachten Schäden in der Höhe von EUR 1.000 abziehen lassen. Sie habe allerdings Anspruch auf Ersatz der frustrierten Aufwendungen in Form von Ab- und Anmeldekosten, Mietwagenkosten, Kosten eines Kostenvoranschlags sowie Spesen in der Höhe von insgesamt EUR 621,70 und einen Ersatzanspruch für Einstellungskosten in der Höhe von EUR 300. Nach Auffassung des Erstgerichtes sei die von der Klägerin geltend gemachte Standgebühr in der Höhe von EUR 1.800 überhöht; sie hätte die Möglichkeit gehabt, das Fahrzeug auf günstigere Art abzustellen (etwa auf einem Schrottplatz oder bei einem Landwirt), wofür unter Anwendung des § 273 ZPO ein Betrag von EUR 300 als Standkosten für einen Zeitraum von etwa einem Jahr als angemessen erachtet wurde.
Das von beiden Parteien angerufene Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht, jener des Beklagten hingegen Folge und wies das gesamte Klagebegehren ab. Da bereits die Rechtsrüge des Beklagten (auf der Grundlage der vom Erstgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen) berechtigt sei, müsse auf dessen Beweis- und Tatsachenrüge nicht näher eingegangen werden (was auch für die diesbezüglichen Berufungsgründe der Klägerin gelte). Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes lässt sich dabei wie folgt zusammenfassen:
Da der Kaufvertrag zwischen zwei Verbrauchern geschlossen worden sei, sei auch der vereinbarte Gewährleistungsausschluss - einschließlich verborgener Mängel (in casu die schadhaften Kabelbäume, die zur fehlenden Verkehrs- und Betriebssicherheit führten) - zulässig, wobei der Zusatz „unter Ausschluss von Gewährleistung und Garantie" dahingehend sinnvoll zu verstehen sei, dass damit verdeutlicht werden sollte, dass eine Einschränkung des Gewährleistungsverzichtes auf bloß (bei der Besichtigung und Probefahrt) erkennbare Mängel nicht beabsichtigt gewesen sei. Zwar erstrecke sich ein solcher Ausschluss nicht auf vom Verkäufer arglistig verschwiegene Mängel und auch nicht auf das Fehlen ausdrücklich (unter Umständen auch schlüssig) zugesicherter Eigenschaften, was beim Kauf eines Gebrauchtwagens von einem gewerblichen Kfz-Händler mit Werkstättenbetrieb auch für die Verkehrs- und Betriebssicherheit gelte. Bei einem Gebrauchtwagenkauf unter Privatpersonen (Verbrauchern) über ein über zehn Jahre altes Gebrauchtfahrzeug habe aber die Klägerin nicht erwarten können, das angebotene Fahrzeug sei „werkstattgeprüft". Das Fahrzeug sei auch nicht von vornherein völlig unbrauchbar gewesen, sei die Klägerin doch einerseits immerhin 13.000 bis 14.000 km gefahren und sei andererseits eine Reparatur der Kabelstränge möglich und wirtschaftlich noch sinnvoll. Diese mangelhaften Kabelbäume seien für einen Laien nicht erkennbar gewesen, wobei das Erstgericht auch nicht habe feststellen können, ob dem Beklagten diese Mängel zum Verkaufszeitpunkt bekannt gewesen seien, zumal eine Sprödigkeit der Kabelstränge unauffällig gewesen sei und erst durch Abbau von Gummiteilen erkennbar gewesen wäre.
Demnach sei davon auszugehen, dass der zwischen den Parteien vereinbarte Gewährleistungsausschluss umfassend wirksam sei. Zwar habe sich der Oberste Gerichtshof zu 6 Ob 272/05a der Lehrmeinung von P. Bydlinski angeschlossen, wonach zur Vermeidung gravierender Äquivalenzstörungen die Gewährleistung regelmäßig nicht für massive Sachmängel ausgeschlossen werden könne; allerdings habe es sich dort um einen Traktorkauf von einem gewerblichen Lagerhaus gehandelt, bei dem die Fahrbereitschaft (Verkehrs- und Betriebssicherheit) als schlüssig zugesicherte Eigenschaft gegolten habe, wobei es sich bei den Ausführungen zur Lehrmeinung Bydlinskis „wohl um ein obiter dictum" handle. Im vorliegenden Fall eines Kaufvertrages zwischen Privatpersonen könne jedenfalls ein allgemein gehaltener Gewährleistungsausschluss, auch wenn er massive Sachmängel erfasse, nicht als sittenwidrig beurteilt werden, weil wer ein über zehn Jahre altes Fahrzeug von einem Privatmann kaufe, ohne dieses vorher einer entsprechenden Ankaufsprüfung durch einen Fachmann zu unterziehen (wozu die Klägerin ohne weiteres Gelegenheit gehabt hätte) und unter Verwendung eines üblichen Standardformulars des ARBÖ einen „Ausschluss von Gewährleistung und Garantie" unterfertigt, die mit diesem Handeln verbundene Risikoverteilung zu tragen habe, sodass eine Sittenwidrigkeit nicht zu erkennen sei. Für allfällige nicht hinnehmbare Äquivalenzstörungen stehe in einem solchen Fall dem Käufer die Vertragsaufhebung wegen Verkürzung über die Hälfte zu, was hier nicht zutreffe (Wert des Fahrzeuges im mängelfreien Zustand EUR 5.300, im mangelhaften Zustand EUR 2.900), oder aber wegen gegebener Willensmängel (arglistige Verschweigung), was hier auch nicht zutreffe, weil das Erstgericht zur Bekanntheit der Mängel beim Beklagten Negativfeststellungen getroffen habe. Auch für eine schlichte Irrtumsanfechtung nach § 871 ABGB fehlten auf der Grundlage des vom Erstgericht festgestellten Sachverhaltes die Voraussetzungen.
Dem Klagebegehren komme damit keine Berechtigung zu. Auch für sonstige Ersatzansprüche (seien sie bereicherungs- oder schadenersatzrechtlicher Art) fehlten die Rechtsgrundlagen. Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhaltes könne nicht angenommen werden, dass der Beklagte Mängel (schuldhaft) verschwiegen oder nicht behoben habe. Hinsichtlich des Mangels am Außenspiegel liege zwar eine ausdrückliche Zusicherung des Beklagten vor, wonach er diesen bis zur Abholung des PKWs reparieren lasse, sodass der Gewährleistungsausschluss diesbezüglich nicht gelte; allerdings würde dieser Mangel nur eine geringfügige Preisminderung rechtfertigen, eine solche werde jedoch von der Klägerin nicht geltend gemacht.
Das Berufungsgericht sprach weiters aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil das Berufungsgericht nicht der vom Obersten Gerichtshof in 6 Ob 272/05a übernommenen Lehrmeinung von P. Bydlinski gefolgt sei, wonach zur Vermeidung gravierender Äquivalenzstörungen die Gewährleistung regelmäßig nicht für massive Sachmängel ausgeschlossen werden könne. Für die Lösung des Falls der Entscheidung 6 Ob 272/05a hätte es allerdings wohl der Übernahme der Lehrmeinung des Genannten „gar nicht bedurft". Dennoch habe sich der Oberste Gerichtshof eindeutig dieser Meinung angeschlossen und diese - als Zweitargumentation - auch zur Begründung der Unwirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses im konkreten Fall herangezogen. In seiner Entscheidungsbesprechung zu 6 Ob 272/05a in Zak 2007/7 habe allerdings dieser Autor angemerkt, die im konkreten Fall vom 6. Senat angenommene schlüssige Zusicherung der Verkehrs- und Betriebssicherheit sei ausgesprochen problematisch, vielmehr sei - entsprechend seiner Lehrmeinung - die inhaltliche Beurteilung der Angemessenheit der Gewährleistungsausschlussklausel für massive Sachmängel im Hinblick auf die gravierende Äquivalenzstörung von Bedeutung gewesen. Da eine gefestigte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, inwieweit wegen Äquivalenzstörungen ein Gewährleistungsausschluss für massive Sachmängel nicht vereinbart werden könne, noch nicht vorliege, insbesondere nicht zum Gebrauchtwagenkauf unter Privatpersonen, sei zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit die ordentliche Revision zuzulassen. Ferner liege auch keine (gefestigte) oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vor, ob die im Gebrauchtwagenhandel offenbar sehr häufig verwendete und auch auf Formularen von Autofahrerverbänden vorgegebene Klausel „wie besichtigt und probegefahren unter Ausschluss von Gewährleistung und Garantie" einen umfassenden Gewährleistungsausschluss darstelle, der sich auch auf verborgene Mängel erstrecke, oder ob nur die Bedeutung der Klausel „wie besichtigt und probegefahren" bekräftigt werden solle, sodass damit nur die Gewährleistung für erkennbare Mängel ausgeschlossen sei. Dem Fall der Entscheidung 6 Ob 272/05a sei zwar eine Klausel mit ähnlichem Inhalt zugrunde gelegen; allerdings habe sich der Oberste Gerichtshof letztlich gar nicht festlegen müssen, ob die Auslegung tatsächlich eine umfassende Wirkung ergeben würde, zumal er eine solche umfassende Wirkung wegen schlüssig zugesicherter Eigenschaften (Fahrbereitschaft und Verkehrssicherheit) verneint habe. Der Oberste Gerichtshof habe sich mit den beiden denkbaren Auslegungsvarianten gar nicht auseinanderzusetzen gebraucht. Erst P. Bydlinski habe in seiner Entscheidungsbesprechung aufgezeigt, dass es durchaus fraglich erscheine, wie die Klausel auszulegen sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit und unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag, das Berufungsurteil aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückzuverweisen; hilfsweise wird beantragt, die Entscheidungen beider Vorinstanzen im Sinne einer vollinhaltlichen Klagestattgebung abzuändern.
Der Beklagte hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in welcher beantragt wird, dem gegnerischen Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichtes ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Weder kann von einer „nicht gefestigten" oberstgerichtlichen Rechtsprechung ausgegangen werden noch ist eine Abgrenzung zur Lehre des genannten Fachautors erforderlich.
Zum Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens:
Eine solche erachtet die Revisionswerberin als gegeben, weil sie vom Berufungsgericht „unter Abweichung von einer gefestigten Rechtsprechung" durch die Bejahung der Wirksamkeit des zwischen den Parteien vereinbarten Gewährleistungsausschlusses überrascht und diese Rechtsansicht auch nicht im Berufungsverfahren mit den Parteien (im Rahmen einer von Amts wegen anzuberaumen gewesenen Berufungsverhandlung) erörtert worden sei. Des weiteren habe das Berufungsgericht auch nicht von der Bestimmung des § 473a ZPO Gebrauch gemacht und hätte es ihr Gelegenheit zur Gegenäußerung durch einen vorbereitenden Schriftsatz zur Bekämpfung von Tatsachenfeststellungen und Verfahrensmängeln des Ersturteils geben müssen; schließlich habe das Berufungsgericht auch nicht ihre Beweis- und Tatsachenrüge meritorisch behandelt.
Dem ist Folgendes zu entgegnen:
Eine überraschende Rechtsansicht liegt nicht schon vor, wenn ein Gericht zweiter Instanz ein erstinstanzliches Urteil abändert (5 Ob 236/06a). Von einer die Parteien - speziell die Klägerin - mit neuen rechtlichen Gesichtspunkten überraschenden Entscheidung des Berufungsgerichts kann hier schon deshalb keine Rede sein, weil sie sich selbst bereits in ihrer Klage (Punkt IV.) auf diesen - nach ihrer Rechtsauffassung allerdings wirkungslosen - Passus in der Kaufvertragsurkunde bezogen und hiezu auch in der Streitverhandlung vom 1. 9. 2006 (Seite 2 in ON 7 = AS 34) ergänzendes Vorbringen erstattet hatte. Unter diesen Umständen kann die Klägerin von der Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, wonach der Gewährleistungsverzicht - freilich entgegen dem von ihr eingenommenen Rechtsstandpunkt - rechtswirksam sei, nicht (ernsthaft) in unzulässiger Weise überrascht worden sein, hatte sie doch selbst diesen rechtlichen Gesichtspunkt ihrerseits schon im Verfahren erster Instanz ins Spiel gebracht (vgl 8 Ob 135/06w). Schließlich unterlässt es die Revisionswerberin auch darzulegen, welches zusätzliche oder andere Vorbringen sie aufgrund der von ihr als nicht beachtet geblieben behaupteten neuen Rechtsansicht erstattet hätte (Schragel in Fasching/Konecny, ZPO² §§ 182, 182a Rz 10; 7 Ob 136/07m).
Da keine der Parteien in ihren Berufungsschriftsätzen (ON 11 und 12) die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung begehrt hatte, konnte das Berufungsgericht auch zulässigerweise von einem Verzicht auf eine solche ausgehen und seine Entscheidung in nichtöffentlicher Sitzung fällen (§ 492 ZPO).
Damit scheidet aber auch ein Verfahrensmangel durch Verstoß gegen § 473a ZPO aus. Abgesehen davon, dass auch hiezu die Revisionswerberin es unterlässt aufzuzeigen, welche (relevanten) Tatsachenfeststellungen und Verfahrensmängel des Ersturteils sie diesfalls zu bekämpfen beabsichtigt hätte, handelt es sich bei der Feststellung des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses laut Kaufvertragsvereinbarung der Streitteile vom 12. 2. 2005 um eine bereits selbst zugestandene (§§ 266, 267 ZPO) Tatsache, sodass schon deshalb das Berufungsgericht nicht gehalten sein konnte, der Klägerin einen über ihren Berufungsschriftsatz und ihre Berufungsbeantwortung hinausgehenden weiteren vorbereitenden Schriftsatz einzuräumen (§ 473a Abs 1 letzter Satz ZPO). Überdies hat sich auch der Beklagte in seinem Berufungsschriftsatz mehrfach ausdrücklich auf die Wirksamkeit des Gewährleistungsverzichts berufen (Seite 8 f in ON 11), sodass allfällige Rügepflichten der Klägerin als Berufungsgegnerin schon in ihrer Berufungsbeantwortung ausgelöst wurden (RIS-Justiz RS0113473).
Einer weitergehenden Begründung bedarf die Verwerfung dieses Revisionsgrundes nicht (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO).
Zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung:
Vorauszuschicken ist, dass sich die Revision ausschließlich mit dem rechtlichen Gesichtspunkt des vom Berufungsgericht als wirksam erachteten, nach den Vorstellungen der Revisionswerberin jedoch „grob sittenwidrigen" Gewährleistungsausschlusses befasst. Alle übrigen rechtlichen Gesichtspunkte (Irrtum, Arglist, Verletzung über die Hälfte) werden in der Revision nicht mehr aufgegriffen, sodass auf sie seitens des Obersten Gerichtshofes nicht mehr weiter einzugehen ist (RIS-Justiz RS0041570). Die diesbezüglichen (Negativ)Feststellungen des Erstgerichtes waren von der Klägerin auch nicht bekämpft worden (ON 12), sodass auch insoweit aus der nicht erfolgten meritorischen Erledigung ihrer Beweisrüge kein (weiterer) Verfahrensmangel abgeleitet werden kann.
Auch nach dem zufolge Art IV des Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetzes (GewRÄG) BGBl I 2001/48 wegen des nach dem 31. 12. 2001 geschlossenen Kaufvertrages maßgeblichen neuen Gewährleistungsrecht ist ein - wie hier - außerhalb von Verbrauchergeschäften nach dem (§ 9) KSchG vereinbarter vertraglicher Verzicht auf Gewährleistungsansprüche auch wegen verborgener Mängel grundsätzlich zulässig, jedoch im Zweifel restriktiv auszulegen (6 Ob 272/05a = JBl 2006, 587 = ZVR 2006/155 [Kathrein] = EvBl 2006/111: „wie besichtigt und probegefahren ohne jegliche Haftung für Mängel oder Fehler" bei Kauf eines gebrauchten Traktors; RIS-Justiz RS0018564 mwN auch zur Rechtslage vor dem GewRÄG; vgl auch RIS-Justiz RS0018561). Bei Kauf eines Gebrauchtwagens von einem gewerblichen Kraftfahrzeughändler mit Werkstättenbetrieb haftet der Verkäufer jedenfalls - und ungeachtet eines solchen Verzichtes -, wenn bestimmte Eigenschaften der Sache, auf die sich der Käufer verlassen durfte, zugesagt wurden oder als konkludent vereinbart anzusehen sind (RIS-Justiz RS0018523; zuletzt nochmals 6 Ob 272/05a: Fahrbereitschaft und damit Verkehrs- und Betriebssicherheit bei Kauf eines gebrauchten Traktors von einem „gewerblichen Lagerhaus"). Nach den Feststellungen war von den mehreren festgestellten Mängeln einzig jener im Zusammenhang mit den schadhaften Kabelbäumen geeignet, ein Fehlen der Verkehrs- und Betriebssicherheit herbeizuführen. Ungeachtet der nach § 924 Satz 2 ABGB Platz greifenden Vermutungsregel, dass (auch) jener - nach den (freilich beklagtenseits bekämpften) Feststellungen des Erstgerichtes - in der dort normierten Sechsmonatefrist aufgetreten ist, können jedoch speziell bei Fahrzeugen älteren Baujahrs mit hohem Kilometerstand nicht alle innerhalb eines halben Jahres auftretenden Mängel generell auf den Zeitpunkt der Übergabe rückbezogen werden (RV 422 BlgNR 21. GP, 15; 1 Ob 273/06p mwN bei vergleichbarem PKW-Kauf: elf Jahre alter Audi 100 mit ca 158.000 km). Da nach den - insoweit wiederum umbekämpft gebliebenen - Feststellungen die für die schadhaften Kabelbäume maßgebliche Sprödigkeit der Kabelstränge „unauffällig ist und erst durch Abbau von Gummiteilen erkennbar wird", sodass auch nicht feststeht, dass diese Mängel dem Beklagten als Verkäufer zum Verkaufszeitpunkt bereits bekannt waren, kann - im Sinne der Entscheidung 6 Ob 272/05a - weder von einer ausdrücklichen noch auch schlüssig diesbezüglich erfolgten Zusage ausgegangen werden (wobei auch nicht unerwähnt bleiben soll, dass bei der erst rund fünf Wochen vor dem Verkauf erfolgten letzten Kfz-Überprüfung nach § 57a KFG ebenfalls keine Beanstandung der Verkehrs- und Betriebssicherheit des PKW erfolgt waren). Damit kann auch nicht von einem im Sinne der Ausführungen P. Bydlinskis „massiven Sachmangel" ausgegangen werden, wie er zu 6 Ob 272/05a bei einem Getriebeschaden mit einem Kostenaufwand knapp der Hälfte des geleisteten Kaufpreises angenommen wurde. Wie der Oberste Gerichtshof bereits zu 7 Ob 573/88 (SZ 61/162) ausgeführt hat, müssen beim Gebrauchtwagenkauf Mängel „innerhalb eines gewissen Rahmens hingenommen" werden, „insbesondere die dem Alter und den gefahrenen Kilometern entsprechenden Verschleiß- und Abnützungsmängel, weil die gewöhnliche Beschaffenheit normale Verschleißerscheinungen und das Risiko auch größerer Reparaturen nicht ausschließt". Welche Mängel in diesem Rahmen hingenommen werden müssen, ist hiebei stets eine Frage des Einzelfalls, bei der das Alter des Fahrzeugs, die Zahl der gefahrenen Kilometer und der Kaufpreis dem Gesamtbild der Mängel gegenüberzustellen sind (SZ 61/162). Weder hatte der Beklagte - feststellungskonform - bestimmte Eigenschaften zugesagt noch Mängel arglistig verschwiegen noch war der PKW von vornherein völlig unbrauchbar (konnte doch die Klägerin jedenfalls zwischen 13.000 und 14.000 Kilometer zurücklegen).
Daraus folgt - zusammenfassend -, dass es im hier zur Beurteilung anstehenden Einzelfall vertretbar ist, der in der Kaufvertragsvereinbarung enthaltenen Gewährleistungs- ausschlussklausel Rechtsverbindlichkeit zuzuerkennen. Da dieses vom Berufungsgericht abweichend vom Erstgericht gefundene Ergebnis mit der wiedergegebenen Judikatur des Obersten Gerichtshofes (auch nach Inkrafttreten des GewRÄG) in Einklang steht und die Beurteilung angesichts der konkreten besonderen Verhältnisse auch durchaus einzelfallgeprägt ist, liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vor.
Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels nicht hingewiesen, sodass er keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten seiner Revisionsbeantwortung hat, diente sein Schriftsatz doch damit nicht der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung (RIS-Justiz RS0035979).
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