Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 10.977,20 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten S 2.540,- Barauslagen und S 1.406,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger kaufte von der beklagten Partei am 4. November 1987 einen gebrauchten PKW Marke R*** 18 GTS, Baujahr 1980, mit einem Kilometerstand von rund 100.000 um S 40.000,-. Der PKW geriet am 11. November 1987 in Brand. Der Kläger behauptet, daß ein geheimer Mangel Ursache des Brandes gewesen sei und begehrt nach "Rücktritt" vom Kaufvertrag die Rückzahlung des Kaufpreises und den Ersatz der Anmeldekosten und der Generalunkosten von S 3.325,-sA. Das Erstgericht sprach dem Kläger S 40.000,- sA zu und wies das Mehrbegehren ab. Nach seinen Feststellungen fiel der Wagen laut Kaufvertrag in die Bewertungsklasse 3 (genügend fahrbereit). Der Brand begann im Bereich der Benzinpumpe bzw. des dort befindlichen Anschlusses der Benzinleitung vom Tank. Brandursache waren Rißbildungen und Brüchigkeit des Schlauchmaterials. Der Mangel war "zumindest in Ansätzen" bereits bei Übergabe des Fahrzeugs vorhanden. Nach der Ansicht des Erstgerichtes sei dem Kläger prima facie der Beweis gelungen, daß der kurz nach Fahrzeugübergabe zum Ausbruch des Brandes führende Mangel bereits bei Übergabe vorhanden gewesen sei. Dieser Mangel sei wesentlich und unbehebbar und berechtige den Kläger zur Aufhebung des Kaufvertrages und Rückforderung des Kaufpreises. Zum Ersatz der Ummeldekosten und der Generalunkosten sei die beklagte Partei dagegen nicht verpflichtet, weil ihr kein Verschulden anzulasten sei.
Das Berufungsgericht änderte das nur in seinem stattgebenden Teil angefochtene Ersturteil im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens ab und erklärte die Revision für zulässig. Das Berufungsgericht führte eine Beweisergänzung durch und stellt ergänzend fest, daß nach der Tabelle der Gebrauchtwagenzustandsbewertung im Kaufvertrag der Zustand in der Klasse 1 mit "ohne Verschleißerscheinungen, geringe Kilometerleistung", in der Klasse 2 mit "geringe Verschleißerscheinungen, kein Reparaturbedarf, Einstellarbeiten erforderlich" und in der Klasse 3 mit "genügend fahrbereit, mittlerem Kilometerstand entsprechende Reparaturen und Wartungsarbeiten erforderlich" ausgewiesen ist. Der Bewertungsklasse 3 entsprechen folgende weitere Zustandsmerkmale:
"leichte Blechschäden, diverse Roststellen, Unfallschäden behoben, aber Spuren sichtbar, matter korrodierender Lack oder schlechte Neulackierung, Ausbesserung erforderlich, Roststellen, Innenraum deutliche Abnützungsspuren, fleckig und verschmutzt, Laderaum stark gebraucht, Reifenabnützung 60 bis 80 %, Reparaturaufwendungen notwendig". Laut Kaufvertrag wurden über die Gebrauchtfahrzeugzustandsbewertung hinausgehende Eigenschaften des Fahrzeugs nicht zugesagt.
Rechtlich führte das Berufungsgericht aus, daß derjenige, der einen Gewährleistungsanspruch geltend mache, das Vorliegen des behaupteten Mangels im Zeitpunkt der Übergabe beweisen müsse. Hiebei kämen dem Käufer aber die Grundsätze des Anscheinsbeweises zugute, insbesondere dann, wenn der Schaden kurz nach Übergabe auftrete. Hier kämen Rißbildungen und Brüchigkeit des Schlauchmaterials der Benzinleitung als Brandursache in Betracht. Die beklagte Partei habe selbst behauptet, daß ein gebrochener Benzinschlauch Ursache des Brandes gewesen sei. Da der Schaden kurz nach der Übergabe des Fahrzeugs aufgetreten sei, könne davon ausgegangen werden, daß der Mangel bereits bei der Übergabe vorhanden gewesen sei. Der Verkäufer habe nach § 922 ABGB dafür einzustehen, daß die Sache, die im Verkehr gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften aufweise. Ein gebrauchtes Fahrzeug könne selbst bei schonender Nutzung und bester Pflege nicht im Zustand eines Neuwagens sein. Auf Grund des Gebrauchs und des Alters seien Abnützungs- und Verschleißerscheinungen unumgänglich. Gingen diese nicht über das hinaus, was bei einem Fahrzeug des betreffenden Typs und Alters normalerweise zu beobachten sei, sei ein rechtlich relevanter Fehler zu verneinen. Normale Verschleiß- und Abnützungserscheinungen seien selbst dann keine Fehler im Rechtssinn, wenn sie die Funktions- und Gebrauchsfähigkeit des Fahrzeugs zwar beeinträchtigten, aber nicht ausschlössen. Im vorliegenden Fall handle es sich um Abnützungserscheinungen von Gummi- und Plastikteilen im Bereich der Benzinleitung. Nach 7jähriger Betriebsdauer müssen bei einem Fahrzeug mit solchen Verschleißerscheinungen gerechnet werden. Ein Mangel im Rechtssinn liege daher nicht vor. Nach den Bedingungen des Kaufvertrages habe der Kläger auch nicht davon ausgehen können, daß keine altersbedingten Schäden am Schlauchmaterial vorlägen. Die zugesagte Fahrtüchtigkeit sei im Übergabszeitpunkt gegeben gewesen. Das Auftreten eines plötzlichen Risses am Schlauchmaterial sei vertraglich nicht ausgeschlossen worden.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision des Klägers ist berechtigt.
Unstrittig ist (AS. 8), daß der Brand im Motorraum des Fahrzeugs durch einen gebrochenen Benzinschlauch (zwischen Benzinpumpe und Vergaser) entstanden ist. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wies der Benzinschlauch (altersbedingte) Rißbildungen auf und war brüchig. Dieser Mangel war im Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs vorhanden. Insoweit sich die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung dagegen wendet, ist ihr entgegenzuhalten, daß die Anwendung der Regeln über den sogenannten prima facie-Beweis im Einzelfall im Wege der Berücksichtigung von Erfahrungssätzen über typische Geschehensabläufe und ernstlich in Betracht zu ziehende andere Möglichkeiten des Geschehens zur unanfechtbaren Beweiswürdigung gehört (EvBl. 1983/120).
Nach § 922 ABGB hat der Veräußerer dafür einzustehen, daß die Sache die ausdrücklich bedungenen oder die im Verkehr gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften aufweist. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß beim Gebrauchtwagenkauf Mängel innerhalb eines gewissen Rahmens hingenommen werden müssen, insbesondere die dem Alter und den gefahrenen Kilometern entsprechenden Verschleiß- und Abnützungmängel, weil die gewöhnliche Beschaffenheit normale Verschleißerscheinungen und das Risiko auch größerer Reparaturen nicht ausschließt (Westermann in MünchKomm2 Rz 37 zu § 459; 7 Ob 573/88). Normale Verschleiß- und Abnützungserscheinungen sind daher keine Fehler im Rechtssinn (Reinking-Eggert, Der Autokauf3 Rz 1009 f). Bei Zusage bestimmter Eigenschaften der Sache hat aber der Verkäufer für deren Fehlen jedenfalls einzustehen, selbst im Falle eines vereinbarten Gewährleistungsausschlusses, weil derartige Zusagen als Einschränkung des vertraglich bedungenen Gewährleistungsverzichtes aufzufassen sind (SZ 53/37 mwN). Wird dem Autokäufer die Fahrbereitschaft zugesichert, kann er sich darauf verlassen, daß außer den sichtbaren Mängeln keine weiteren Mängel vorliegen, die die Fahrbereitschaft beeinträchtigen (4 Ob 538/73). Der Käufer kann davon ausgehen, daß Reparaturen und Wartungsarbeiten in ganz naher Zukunft jedenfalls nicht erforderlich sein werden. Ein PKW, bei dem die im Motorraum gelegenen, zugänglichen und ohne besonderen Aufwand überprüfbaren Teile der Benzinleitung derart brüchig und rissig sind daß es bereits innerhalb von 7 Tagen zu einem tatsächlichen Bruch kommt, ist nicht genügend fahrbereit. Dem Standpunkt der Revision, daß solche Mängel nicht leicht erkennbar seien, ist entgegenzuhalten, daß es sich hier um die im Motorraum gelegenen und daher zugänglichen Teile handelte. Auch das Kostenargument ist nicht stichhältig. Will der Gebrauchtwagenhändler die Kosten der Feststellung und Behebung der die Fahrbereitschaft ausschließenden Mängel nicht übernehmen, darf er nicht die genügende Fahrbereitschaft zusichern. Der Käufer, der einen geprüften PKW im Gebrauchtwagenfachhandel erwirbt, muß sich jedenfalls auf eine solche Zusage verlassen können. Für den Bereich des Gewährleistungsrechtes ist es anerkannt, daß im Zweifel immer ein Hauptmangel gegeben ist, wenn eine zugesagte Eigenschaft fehlt (SZ 53/37). Daß die Zusicherung der genügenden Fahrbereitschaft für den Kaufentschluß von ausschlaggebender Bedeutung war, kann hier nach dem Inhalt des schriftlichen Kaufvertrages nicht zweifelhaft sein. Konnte der Kläger infolge Zusicherung der genügenden Fahrbereitschaft davon ausgehen, daß unmittelbare Wartungs- oder Reparaturarbeiten nicht erforderlich sind, kann ihm auch nicht vorgeworfen werden, daß er den Mangel nicht schon vor dem 11. November 1987 entdeckte. Der zur Zeit der Übergabe noch behebbare Mangel ist somit in natürlicher Fortentwicklung ohne Verschulden des Käufers unbehebbar geworden. Dies rechtfertigt den Anspruch auf Aufhebung des Kaufvertrages (SZ 20/247; vgl. auch Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 932).
Demgemäß ist der Revision Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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