OGH 8Ob94/12z

OGH8Ob94/12z4.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marktgemeinde *****, vertreten durch Mag. Dr. Herbert Schrittesser, Rechtsanwalt in Mödling, gegen die beklagte Partei B***** e.U., *****, vertreten durch Bartlmä Madl Köck Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 17. Juli 2012, GZ 18 R 257/11i‑23, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0080OB00094.12Z.0304.000

 

Spruch:

Die Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Einseitige, empfangsbedürftige Willens-erklärungen, wie Kündigung, Entlassung, Widerruf oder Rücktritt sind nach ständiger Rechtsprechung bedingungsfeindlich (RIS‑Justiz RS0019484), weil der Erklärungsempfänger ein berechtigtes Interesse an der sofortigen klaren Erkennbarkeit der Rechtslage hat. Dieses Interesse steht einer Bedingung aber dann nicht entgegen, wenn im konkreten Fall keine Ungewissheit des Gegners herbeigeführt werden kann (zB Potestativbedingung, RIS‑Justiz RS0028418).

Im Fall einer vollmachtslos ausgesprochenen Kündigung wirkt die nachträgliche Genehmigung der Handlung des Vertreters zurück (RIS‑Justiz RS0019572). Zur Sicherung der Rechtsposition des gekündigten Vertragsteils muss die Genehmigung jedoch noch vor dem Kündigungstermin erfolgt sein (RIS‑Justiz RS0115544). Wenn nach der Sanierung durch Genehmigung des zuständigen Organs noch die volle Kündigungsfrist aufrecht bleibt, ist die Kündigung wirksam (1 Ob 191/02y; 9 ObA 8/09b).

Im vorliegenden Verfahren begann die Kündigungsfrist für den Beklagten erst am Tag nach der Zustellung der Aufkündigung und damit nach dem genehmigenden Gemeinderatsbeschluss zu laufen, sodass von Beginn an keine Ungewissheit bestand. Die vom Revisionswerber zitierte Entscheidung 2 Ob 182/01f betraf den Fall einer erst rund ein halbes Jahr nach Ablauf der Kündigungsfrist erteilten Genehmigung und ist weder einschlägig, noch ist das Berufungsgericht in seiner rechtlichen Begründung von Grundsätzen dieser Entscheidung abgewichen. Die Vorinstanzen haben die Rechtsfrage ausgehend vom festgestellten Sachverhalt im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gelöst, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn einer korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung wird nicht aufgezeigt.

2. Ein vereinbarter wichtiger Grund, der den Vermieter nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG zur Aufkündigung eines Mietvertrags berechtigt, muss den im Gesetz ausdrücklich aufgezählten Kündigungsgründen an Bedeutung nahekommen (RIS‑Justiz RS0070705; RS0070752; vgl Würth/Zingher/Kovanyi , Miet‑ und Wohnrecht I 22 § 30 MRG Rz 60). Er muss bestimmt sowie für den Vermieter objektiv wichtig und bedeutsam sein ( Würth in Rummel ³, § 30 MRG Rz 45). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist eine Frage der Wertung des jeweiligen Einzelfalls (3 Ob 216/03s mwN) und begründet keine Rechtsfrage von darüber hinausgehender Bedeutung. Wenn das Berufungsgericht aufgrund der Tatsachenfeststellungen zum Ergebnis gelangt ist, dass der Klägerin ein wichtiges Interesse an der Auflösung des Bestandvertrags nach Beendigung des eine wirtschaftliche Einheit bildenden Werkvertrags zuzubilligen ist, kann darin jedenfalls keine im Einzelfall zu korrigierende grobe Fehlbeurteilung erblickt werden.

Das Gleiche gilt auch für die in der Revision angesprochene Frage, ob eine Teilkündigung zulässig gewesen wäre, wobei zudem weder der Kündigungsgrund des § 31 Abs 1 MRG vorlag, noch eine Teilkündigung beantragt wurde (RIS‑Justiz RS0070812; RS0070802).

3. Das in der Revision beanstandete Fehlen von Tatsachenfeststellungen, aus denen erkennbar gewesen wäre, dass die Rechtsvorgängerin des Beklagten immer nur einen dem MRG unterliegenden Mietvertrag schließen habe wollen, ist rechtlich unerheblich, sind doch die Vorinstanzen ohnedies von der Anwendbarkeit des MRG ausgegangen. Für die Bejahung des wichtigen Interesses des Vermieters an einem ausdrücklich vereinbarten Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG kommt es auf gegenläufige Intentionen des Mieters nicht an.

Mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Stichworte