Spruch:
Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben.
Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, dass sie zu lauten hat:
Das Begehren der klagenden Partei, es werde festgestellt, dass zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei seit Saisonende 1999 kein aufrechtes Pachtverhältnis in Ansehung des Voralpenbades H***** bestehe, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 12.997,68 (darin enthalten S 1.946,30 USt und S 1.320,-- Barauslagen) bestimmten Kosten der Verfahren erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.038,88 (darin enthalten S 676,48 USt und S 1.980,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte pachtete im Jahr 1997 von der klagenden Partei das Buffet des Voralpenbades H***** und betrieb es jeweils von Anfang Juni bis Ende August während den Badesaisonen 1997, 1998 und 1999. Der Vertrag wurde auf ein Jahr abgeschlossen und sollte sich jeweils um eine Badesaison verlängern, wenn er nach Saisonende von keinem der Vertragspartner gekündigt wird. Mit Schreiben vom 7. 6. 1999 teilte der Bürgermeister der klagenden Partei dem Beklagten mit, dass die klagende Partei den Pachtvertrag mit Saisonende 1999 aufkündige. Zwar wussten mehrere Mitglieder des Gemeinderates von diesem Schreiben, doch lag ihm kein formeller Gemeinderatsbeschluss zu Grunde. Der Beklagte antwortete am 17. 6. 1999, dass das Schreiben nicht dem Inhalt eines Gespräches vom 31. 5. 1999 mit dem Bürgermeister der klagenden Partei entspreche. Dieser antwortete mit Fax vom selben Tag, dass die klagende Partei den mit dem Beklagten geschlossenen Pachtvertrag zum Saisonende 1999 aufkündigen und dann mit dem Beklagten und anderen Interessenten Verhandlungen über den neuen Pachtvertrag aufnehmen werde. Mit e-mail vom 26. 11. 1999 bewarb sich der Beklagte als Pächter für das Buffet in der Badesaison 2000.
Der Gemeinderat der klagenden Partei nahm in der Sitzung vom 16. 12. 1999 den Bericht des für das Bad zuständigen geschäftsführenden Gemeinderates entgegen, wonach der Pachtvertrag zwischen den Streitteilen zum Saisonende 1999 aufgekündigt worden und die Neuverpachtung ausgeschrieben worden sei.
In der Sitzung vom 24. 2. 2000 beschloss der Gemeinderat der klagenden Partei, das Buffet an einen anderen Bewerber zu verpachten. Am 28. 2. 2000 teilte der Beklagte dem Bürgermeister der klagenden Partei mit, dass er den Gemeinderatsbeschluss vom 24. 2. 2000 nicht anerkenne, weil die Kündigung nicht durch einen Gemeinderatsbeschluss gedeckt sei. Der Bürgermeister der klagenden Partei wurde erst durch diesen Hinweis des Beklagten auf den Formfehler aufmerksam und brachte ihn dem Gemeindevorstand in der Sitzung vom 13. 3. 2000 zur Kenntnis. Bereits am 29. 2. 2000 hatte der Bürgermeister der klagenden Partei den Beklagten aufgefordert, das Buffet bis Ende März 2000 zu räumen. In der Gemeinderatssitzung vom 19. 4. 2000 beschloss der Gemeinderat der klagenden Partei, die vom Bürgermeister am 7. 6. 1999 ausgesprochene Kündigung nachträglich zu sanieren. Dieser Gemeinderatsbeschluss wurde dem Beklagten mit Schreiben vom 20. 4. 2000 zur Kenntnis gebracht. Er leistete einer weiteren Aufforderung zur Räumung des Buffets bis Ende April 2000 keine Folge.
Die klagende Partei begehrt die Feststellung, dass zwischen den Streitteilen seit Saisonende 1999 kein aufrechtes Pachtverhältnis in Ansehung des Badebuffets bestehe.
Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die allein vom Bürgermeister ausgesprochene Kündigung sei unwirksam.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auf Grund einer eingangs wiedergegebenen Feststellung statt.
Rechtlich erörterte das Erstgericht, dass zwar nach § 35 Z 22 lit h der Nö Gemeindeordnung für die Bestandsangelegenheiten einer Gemeinde der Gemeinderat zuständig sei, es sei denn, dass die Zuständigkeit für solche Angelegenheiten gemäß § 35 Z 1 leg cit an den Gemeindevorstand übertragen worden sei. Dies sei bei der klagenden Partei nicht der Fall. Handlungen des Bürgermeisters in Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Gemeinderates fielen, seien nach außen wirksam, wenn der Bürgermeister den Anschein des ordnungsgemäßen Zustandekommens eines Gemeinderatsbeschlusses erweckt habe. Diesen Anschein habe der Bürgermeister in seinem Kündigungsschreiben vom 7. 6. 1999 erweckt. Die vom Bürgermeister ausgesprochene Kündigung sei nachträglich, jedoch noch geraume Zeit vor Beginn der Badesaison 2000 sanktioniert worden.
Das vom Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.
Nach § 35 Z 22 lit h der Nö Gemeindeordnung obliege dem Gemeinderat der Abschluss oder die Auflösung von Bestandverträgen, sofern dies nicht auf Grund von Richtlinien gemäß Z 1 dem Gemeindevorstand übertragen worden sei. Derjenige, der mit einer Gemeinde einen Vertrag schließe, habe die für ihre Willensbildung geltenden öffentlich-rechtlichen Beschränkungen zu beachten. Seien bestimmte Geschäfte dem Gemeinderat oder dem Gemeindevorstand vorbehalten, sei das ohne Mitwirkung des betreffenden Organs durch den insoweit in seiner Vertretungsmacht beschränkten Bürgermeister getätigte Geschäft unwirksam. Ein Dritter sei in seinem Vertrauen auf den äußeren Tatbestand nur dann zu schützen, wenn das an sich kompetente Organ - hier der Gemeinderat - den Anschein erweckt habe, dass die Handlung durch seine Beschlussfassung gedeckt sei. Ein derartiges Handeln des Gemeinderates habe hier nicht festgestellt werden können. Der Gemeinderat habe aber am 24. 2. 2000 beschlossen, das Badbuffet an einen anderen Bewerber zu verpachten, worin bereits eine Genehmigung der vom Bürgermeister ausgesprochenen Kündigung des Pachtvertrages gesehen werden könne. Dazu komme, dass anlässlich der Gemeinderatssitzung vom 19. 4. 2000 die ursprünglich vom Bürgermeister ausgesprochene Kündigung vom 7. 6. 1999 nachträglich sanktioniert worden sei. Da der Bürgermeister im konkreten Fall für die Kündigung keine selbstständige Vertretungsmacht gehabt habe, sei das getätigte Geschäft schwebend unwirksam gewesen und habe vom zuständigen Organ nachträglich genehmigt werden können. Dabei schade es nicht, dass es sich bei der Kündigung um eine frist- und termingebundene Erklärung handle. Schon nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen wirke die Genehmigung des schwebend unwirksamen Geschäfts durch den Vertreter rückwirkend.
Auch das Feststellungsinteresse sei zu bejahen.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur nachträglichen Sanierung einer ursprünglich unwirksamen außergerichtlichen Aufkündigung eines Bestandverhältnisses durch den Bürgermeister allein keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist zulässig und auch berechtigt.
Soweit in der Revision geltend gemacht wird, die Prozessführung der klagenden Partei sei durch den Gemeinderat nicht genehmigt, ist auf die mit der Revisionsbeantwortung vorgelegten Protokollabschriften über die Sitzungen des Gemeinderates der klagenden Partei vom 19. 4. 2000 und 6. 12. 2000 zu verweisen. In der Sitzung vom 19. 4. 2000 wurde die Einleitung eines Rechtsstreites grundsätzlich beschlossen, in der Sitzung vom 6. 12. 2000 wurde die bereits vorgelegte Feststellungsklage weiters ausdrücklich genehmigt. Damit liegt die behauptete Nichtigkeit des Verfahrens nicht vor. Dass die Klagsführung erst nach Schluss der Verhandlung erster Instanz genehmigt wurde, schadet nicht.
Zutreffend haben die Vorinstanzen zunächst darauf verwiesen, dass sich die Gültigkeit privatrechtlicher Handlungen von Gemeinden nach § 867 ABGB nach deren Verfassung und den politischen Gesetzen richtet. Gemäß § 35 Z 22 lit h der Nö Gemeindeordnung obliegt dem Gemeinderat der Abschluss oder die Auflösung von Bestandverträgen, sofern dies nicht auf Grund von Richtlinien nach Z 1 dem Gemeindevorstand übertragen wurde. Eine derartige Übertragung liegt hier nicht vor. Die Aufkündigung des zwischen den Streitteilen geschlossenen Bestandvertrages hätte daher der Beschlussfassung durch den Gemeinderat bedurft.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes stellen in den Gemeindeordnungen enthaltene Vorschriften über die Vertretung der Gemeinden nicht bloße Organisationsvorschriften über die interne Willensbildung öffentlich-rechtlicher Körperschaften dar, sie enthalten vielmehr Einschränkungen der Vertretungsmacht des Bürgermeisters nach außen. Eine durch einen erforderlichen Gemeinderatsbeschluss nicht gedeckte Willenserklärung des Bürgermeisters bindet daher mangels der hiefür erforderlichen Vertretungsbefugnisse die Gemeinde einerseits grundsätzlich nicht (SZ 66/98; SZ 68/13; JBl 1991, 517; 1 Ob 31/97h; 6 Ob 316/00i) und ist andererseits gegenüber dem Erklärungsempfänger wirkungslos. Es ist zwar anerkannt, dass auch juristische Personen des öffentlichen Rechtes durch stillschweigende Erklärung (Duldung) Vertretungsmacht einräumen können (vgl Apathy in Schwimann ABGB2 Rz 7 zu § 867 mwN), doch muss dazu das vertretungsbefugte Organ - hier der Gemeinderat - den erforderlichen Anschein erweckt haben. Das Verhalten des Scheinvertreters ist unerheblich. Ist daher für ein Geschäft einer Gemeinde die Zustimmung des Gemeinderates notwendig, so muss der Gemeinderat den begründeten Eindruck erweckt haben, der Bürgermeister oder sonst Handelnde sei zum Geschäftsabschluss befugt (Apathy aaO). Für die Vornahme einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht müssen daher Umstände vorhanden sein, die geeignet sind, im Dritten den begründeten Glauben zu erwecken, dass der Vertreter zum Abschluss des Geschäftes bzw zur Abgabe der Erklärung befugt ist. Umstände, aus denen der Beklagte aus dem Verhalten des Gemeinderates schließen durfte, dass der Bürgermeister zur Abgabe der Kündigungserklärung befugt war, sind aber weder behauptet noch festgestellt worden.
Es trifft zwar zu, dass nach der Rechtsprechung ein vom Bürgermeister ohne Vertretungsmacht geschlossenes Geschäft auch nachträglich genehmigt und geheilt werden kann und dass bis zur Beschlussfassung des Vertretungsorgans das Rechtsgeschäft als schwebend unwirksam angesehen wird (1 Ob 34/84; Strasser in Rummel ABGB3 Rz 15 zu §§ 1016, 1017; Apathy in Schwimann ABGB2 Rz 4 f zu § 867 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Daraus ist aber für die klagende Partei nichts gewonnen. Als "schwebend unwirksam" wird ein Geschäft angesehen, das unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen wurde (Apathy in Schwimann ABGB2 Rz 9 zu § 897). Eine aufschiebende Bedingung ist aber bei der Ausübung von Gestaltungsrechten wegen des Interesses des Erklärungsempfängers an der sofortigen Erkennbarkeit der Rechtslage grundsätzlich unzulässig (Apathy in Schwimann ABGB2 Rz 3 zu § 897; RIS-Justiz RS0028418; RIS-Justiz RS0031490). Eine ohne die erforderliche Zustimmung des Gemeinderates ausgesprochene Aufkündigung eines Bestandverhältnisses durch den Bürgermeister alleine ist daher gegenüber dem Erklärungsempfänger wirkungslos und kann durch die nach Ablauf des Kündigungstermins ausgesprochene Zustimmung des Gemeinderates nicht saniert werden. Die Parteien haben als Kündigungstermin das jeweilige Ende der Badesaison fetgelegt. Eine Sanierungsmaßnahme im April des Folgejahres ist daher nicht mehr rechtzeitig vor Ablauf des Kündigungstermins erfolgt.
Mangels Wirksamkeit der vom Bürgermeister alleine ohne durch Beschlussfassung des Gemeinderates gedeckten Kündigung war daher das auf die Feststellung des Nichtbestehens des Bestandvertrages über die Badesaison 1999 hinaus gerichtete Klagebegehren abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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