OGH 10Ob21/12d

OGH10Ob21/12d2.10.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach E***** H*****, verstorben am *****, zuletzt wohnhaft in *****, über den Revisionsrekurs der Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17‑19, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 14. März 2012, GZ 23 R 25/12t‑12, womit der Beschluss des Bezirksgerichts St. Pölten vom 2. Dezember 2011, GZ 3 A 180/11k‑5, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden mit Ausnahme der in Rechtskraft erwachsenen Bestimmung der Gebühren des Gerichtskommissärs dahin abgeändert, dass der Spruch zu lauten hat:

„Die Verlassenschaft nach E***** H*****, geboren am *****, zuletzt wohnhaft in *****, verstorben am ***** bestehend aus

Aktiven von insgesamt 5.080,21 EUR

Passiven von insgesamt 39.052,16 EUR

ist mit einem Betrag von 33.971,95 EUR überschuldet.

Im Sinne des Antrags vom 1. September 2011 werden die Aktiven der überschuldeten Verlassenschaft, bestehend aus:

Guthaben bei der Raiffeisenbank Traisen‑Gölsental reg.Gen.mbH, 3150 Wilhelmsburg, Hauptplatz 7, zu Girokonto‑Nr ***** in Höhe von 5.080,21 EUR

dem Sohn der Verstorbenen, G***** B*****, geboren am *****,

I) gegen vollständige Berichtigung

1.) der Gerichtskommissionsgebühr von 234 EUR

2.) der Pauschalgebühr nach TP 7 lit c Z 2 GGG von 78 EUR

3.) der von der erblasserischen Tochter A***** M*****, geboren am *****, getragenen Begräbnisnebenauslagen in Höhe von 302,90 EUR

4.) auf Abschlag der Ersatzforderung für bereits bezahlte Begräbniskosten in Höhe von 4.380,40 EUR;

II) gegen teilweise Berichtigung

der mit 310 EUR geltend gemachten Sachwalterbelohnung des Dr. Franz Amler, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Brunngasse 12/2 im Umfang von

84,91 EUR

gemäß § 154 AußStrG an Zahlungs statt überlassen.“

Die Auszahlungsanordnung obliegt dem Erstgericht.

Text

Begründung

In der vom Gerichtskommissär unter Beiziehung der Tochter der Erblasserin errichteten Todfallsaufnahme finden sich folgende Einträge:

unter Pkt 21 „Aktiva‑Forderungen gegen Kreditinstitute“:

„Konto bei der Raiba Traisen‑Gölsental reg.Gen.mbH Nr ***** 5.080,21 EUR,

unter Pkt 27 ('Passiva‑Verbindlichkeiten')

1.) Sozialhilfeforderung des Magistrats der LH St. Pölten zu Zeichen: 05/81/8‑2011/Sch‑10042 33.626,63 EUR,

2.) SW‑Belohnung von Dr. Franz Amler zu hg AZ 5 P 508/09v 310 EUR,

3.) Forderung des Landesklinikums St. Pölten zu Fall Nr 2011170177 120,23 EUR,

4.) Forderung des BG St. Pölten zu offenen Gerichtsgebühren zu hg AZ 5 P 508/09v 78 EUR“.

unter Pkt 28 „Begräbniskosten, sonstige Todfallskosten ...“

„Begräbnisnebenauslagen im Gesamtbetrag von 302,90 EUR wurden von der erbl. Tochter A***** M***** bezahlt; Bestattungskosten im Betrag von 3.789,50 EUR sowie Begräbnisnebenauslagen im Gesamtbetrag von 4.380,40 EUR wurden vom erbl. Sohn G***** B***** bezahlt.“

Die Republik Österreich meldete im Verlassenschaftsverfahren ihre Forderung für die im Sachwalterschaftsverfahren angefallene Pauschalgebühr nach TP 7 lit c Z 2 GGG für die Entscheidung über die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung (§ 137 AußStrG) in Höhe von 78 EUR an.

Mit Beschluss des Erstgerichts wurde festgestellt, dass der Nachlass überschuldet sei. Über Antrag wurden dem Sohn der verstorbenen Betroffenen die Aktiven gegen Bezahlung von

1.) 234 EUR an Gerichtskommissionsgebühr,

2.) 310 EUR an Sachwalterbelohnung,

3.) 302,90 EUR an Begräbnisnebenauslagen der erblichen Tochter sowie

4.) 4.380,40 EUR an Begräbniskosten an Zahlungs statt überlassen. Die Pauschalgebühr für die Entscheidung über die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung (§ 137 AußStrG) nach TP 7 lit c Z 2 GGG in Höhe von 78 EUR, wurde nicht den vorrangigen (Masse‑)Forderungen zugeordnet, sondern blieb unberücksichtigt.

Rechtlich ging das Erstgericht vom Vorliegen der in den §§ 154, 155 AußStrG für eine Überlassung an Zahlungs statt geforderten Voraussetzungen aus. Die zufolge Überschreitung der Wertgrenze von 4.000 EUR, nicht jedoch von 20.000 EUR, erforderliche Verständigung der aktenkundigen Gläubiger und der präsumptiven Erben und Noterben sei erfolgt. Diesen sei Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Republik Österreich mit dem Antrag, der Beschluss des Erstgerichts möge dahin abgeändert werden, dass die Aktiven der Verlassenschaft dem Sohn der Verstorbenen nur gegen Bezahlung auch der Gebühr nach TP 7 lit c Z 2 GGG ‑ und zwar vorrangig vor der Sachwalterentlohnung und den Begräbniskosten ‑ an Zahlungs statt überlassen werde, nicht Folge.

Rechtlich ging das Rekursgericht davon aus, auch wenn die Bestätigung der Schlussrechnung zwangsläufig erst nach dem Tod der betroffenen Person erfolgen könne, betreffe sie ausschließlich das Sachwalterschaftsverfahren. Die im Sachwalterschaftsverfahren entstandene und angefallene Pauschalgebühr sei deshalb mit Kosten eines Verlassenschaftskurators, der im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens beigezogen werde, oder mit Kosten des Gerichtskommissärs für die Nachlassinventierung nicht gleichzusetzen. Durch die Bestätigung der Rechnungslegung des Sachwalters werde im Verlassenschaftsverfahren kein Aufwand erspart, da keine inhaltliche Überprüfung der Schlussrechnung vorzunehmen sei. Es sei lediglich im Sinne einer „Unbedenklichkeitsbestätigung“ zu bestätigen, dass sich keine Bedenken gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Rechnung ergeben, weshalb kein unzweifelhafter Nutzen für das Verlassenschaftsverfahren gegeben sei. In § 154 AußStrG sei ausschließlich eine Privilegierung der Belohnung des Sachwalters vorgesehen, soweit diesem für das letzte Jahr Beträge zuerkannt wurden. Als der Gesetzgeber 2009 die Gebühr für die Bestätigung der Rechnungslegung gemäß TP 7 lit c Z 2 GGG eingeführt habe, habe er keine Veranlassung gesehen, § 154 AußStrG abzuändern, weshalb davon auszugehen sei, dass eine Privilegierung dieser Gebühr vom Willen des Gesetzgebers nicht umfasst sei. Die Pauschalgebühr stelle demnach eine allgemeine Forderung dar, die erst in letzter Linie zu berücksichtigen sei.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage, ob die Pauschalgebühr für die Entscheidung über die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung durch das Gericht gemäß TP 7 lit c Z 2 GGG als eine iSd § 154 Abs 2 Z 1 AußStrG privilegierte Forderung anzusehen sei, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Republik Österreich ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig und berechtigt.

1. Streitpunkt im gegenständlichen Verfahren ist, in welchem Rang die Pauschalgebühr über die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung (§ 137 AußStrG) nach TP 7 lit c Z 2 GGG zu befriedigen ist. Bei der Frage des Befriedigungsranges von Kosten handelt es sich nach nunmehr herrschender Rechtsprechung nicht um eine Entscheidung im Kostenpunkt (RIS‑Justiz RS0044267 [T2]; RS0007399 [T1]; vgl Zechner in Fasching/Konecny 2 § 528 ZPO Rz 141; E. Kodek in Rechberger, ZPO3 § 528 Rz 38 jeweils mwN). Der Revisionsrekurs ist daher nicht nach § 62 Abs 2 AußStrG jedenfalls unzulässig.

2. Parteistellung kommt der Revisionsrekurswerberin zu, da jedem Verlassenschaftsgläubiger das Recht zusteht, die Überlassung an Zahlungs statt und damit auch die in diesem Beschluss erfolgte Art der Aufteilung der vorhandenen Aktiven unter mehrere Gläubiger zu bekämpfen (1 Ob 631/90 mwN; RIS‑Justiz RS0006659; RS0006604).

Die Revisionsrekurswerberin bringt zusammengefasst vor, die Pauschalgebühr sei gleich einer Masseforderung nach den §§ 46, 47 IO iVm § 154 Abs 2 Z 1 AußStrG vorrangig zu berichtigen. Die Gebühr betreffe ‑ ähnlich einer Abgabenschuld ‑ sachlich das den Nachlass darstellende Vermögen der Erblasserin und falle erst nach deren Tod an. Somit sei das für eine Masseforderung erforderliche Kriterium der Entstehung nach Insolvenzeröffnung erfüllt. Die Nennung der Kosten des Verlassenschaftsverfahrens in § 154 Abs 2 Z 1 AußStrG und in den ErläutRV zum AußStrG sei nur beispielhaft zu verstehen, sodass auch die gegenständliche Pauschalgebühr unter den Begriff der Kosten des Verlassenschaftsverfahrens subsumiert werden könne. Die zum Belohnungsanspruch des Verlassenschaftskurators und des Gerichtskommissärs ergangene Rechtsprechung sei analog heranzuziehen. Nach dieser sei maßgeblich, ob die Tätigkeit für die Masse von Nutzen war und sich die Masse einen Aufwand erspart habe. Beide Voraussetzungen träfen auf die Tätigkeit des Pflegschaftsgerichts zu. Dieses sichere durch die Prüfung und Genehmigung der Schlussrechnung die Verlassenschaft und übernehme eine Aufgabe, die sonst nur dem Gerichtskommissär zukomme. Es sei nicht einzusehen, dass Kosten für die Inanspruchnahme des Gerichts, die letztlich den Verlassenschaftsgläubigern zu Gute kämen, von der Allgemeinheit zu tragen sein sollten.

Dazu ist auszuführen:

3.1. Gemäß § 134 AußStrG 2005 hat der gesetzliche Vertreter im Rahmen der Überwachung der Verwaltung des Vermögens gegenüber dem Gericht in näher genannten Zeitabständen laufende Rechnung und nach Beendigung der Vermögensverwaltung die Schlussrechnung zu legen. In der Rechnung ist zuerst das Vermögen des Pflegebefohlenen, wie es am Anfang des Rechnungszeitraums vorhanden war, auszuweisen. Sodann sind die Veränderungen des Stammvermögens, die Einkünfte und Ausgaben und schließlich der Stand des Vermögens am Ende des Rechnungszeitraums anzugeben (§ 136 Abs 1 AußStrG 2005). Ergeben sich keine Bedenken gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Rechnung, so hat sie das Gericht zu bestätigen (§ 137 Abs 1 AußStrG).

3.2. Eine Pauschalgebühr für Entscheidungen über die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung (§ 137 AußStrG) wurde mit dem Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl I 2009/52, eingeführt (TP 7 lit c Z 2 GGG). Sie beträgt ein Viertel der Entschädigung, die der Person zuerkannt wird, der die Vermögensverwaltung obliegt, mindestens jedoch 78 EUR. Nach § 23 Abs 2 GGG ist die Pauschalgebühr für die Entscheidung nach Tarifpost 7 lit c von der Person zu tragen, in deren Interesse die Prüfung durch das Gericht erfolgt. Der Anspruch des Bundes auf die Gebühr entsteht erst mit der Zustellung der Entscheidung über die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung an den gesetzlichen Vertreter der zahlungspflichtigen Person (§ 2 Z 3 GGG).

Der Beweggrund für die Einführung der Gebühr lag im immer höher werdenden Haftungsrisiko und dem mit der Überprüfung der immer diffiziler werdenden Vermögensgebarung verbundenen steigenden Aufwand der Gerichte (Stabentheiner, Die Gerichtsgebühren, TP 7 FN 4).

Auf Antrag einer Partei sind Entscheidungen über die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung nach TP 7 lit c Z 2 GGG dann gebührenfrei, wenn aus der Pflegschaftsrechnung als einziges Vermögen Sparguthaben bis zu 4.202 EUR ersichtlich sind und die ausgewiesenen jährlichen Einkünfte (§§ 266, 276 ABGB) 12.607 EUR nicht übersteigen (Anm 8).

4.1. Ist ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ ein Nachlass überschuldet, soll durch die Überlassung an Zahlungs statt im Verlassenschaftsverfahren ein der Abwicklung einer Insolvenz entsprechendes Ergebnis unter Vermeidung der Kosten eines formellen Insolvenzverfahrens erzielt werden (6 Ob 99/10t). Das AußStrG regelt die Rangordnung und den Umfang der zu befriedigenden bevorrechteten Forderungen nicht selbst, sondern bestimmt, dass die im Konkurs geltenden Vorschriften über die Aus‑ und Absonderungsansprüche sowie über die Masse‑ und Konkursforderungen sinngemäß anzuwenden sind (RIS‑Justiz RS0007622). Die Verteilungsgrundsätze der Insolvenzordnung sind dabei lediglich als Handlungsanweisungen an das Verlassenschaftsgericht und den Vertreter der Verlassenschaft zu sehen, ohne dass daraus eine beschränkte Haftung der Masse abzuleiten wäre (6 Ob 108/06k).

4.2. Nach § 154 Abs 2 AußStrG 2005 (siehe zuvor § 73 AußStrG 1854) ist bei der Überlassung an Zahlungs statt das Vermögen „zunächst in sinngemäßer Anwendung der §§ 46 und 47 IO“ an die Massegläubiger zu verteilen (Z 1), sodann an den Sachwalter des Verstorbenen, soweit ihm für das letzte Jahr Beträge zuerkannt wurden (Z 2) und schließlich an alle übrigen Gläubiger (Z 3). Gemäß § 46 IO sind Masseforderungen: die Kosten des Insolvenzverfahrens (Z 1); weiters alle Auslagen, die mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbunden sind, einschließlich … der die Masse treffenden Steuern, Gebühren, Zölle, Beiträge zur Sozialversicherung und anderen öffentlichen Abgaben, wenn und soweit der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt während des Insolvenzverfahrens verwirklicht wird (Z 2). Massekosten sind weiters die Kosten einer einfachen Bestattung des Schuldners (§ 46 Z 7 KO).

4.3. Die Orientierung an der Rangordnung der IO führt dazu, dass ‑ soweit es für die Rangordnung auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ankäme ‑ auf den Zeitpunkt des Todes des Erblassers abzustellen ist (RIS‑Justiz RS0013034; zuletzt 6 Ob 47/12y in RIS‑Justiz RS0007622 [T5]). An die Stelle der Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 46 Z 1 IO) treten die Kosten des Verlassenschaftsverfahrens (RIS‑Justiz RS0007636 [T3]). Es gilt der Grundsatz, dass nur die in § 46 IO aufgezählten Forderungen sinngemäß anzuwendende „Masseforderungen“ sind (RIS‑Justiz RS0007636; RS0077987). Eine Erweiterung dieses Kreises durch Analogie ist schon im Hinblick darauf ausgeschlossen, dass der Begriff der Masseforderungen dem AußStrG fremd ist (RIS‑Justiz RS0064815 [T2]). Zudem sollen die in der Insolvenzsituation nach der IO nur quotenmäßig zu befriedigenden Gläubiger durch die Überlassung an Zahlungs statt nach § 154 AußStrG nicht besser gestellt werden, als in einem „formellen“ Insolvenzverfahren (Schumacher, Die Überlassung überschuldeter Verlassenschaften an Zahlungs statt, FS Rechberger 557).

4.4. Zum Kreis der Masseforderungen nach § 46 Z 1 IO zählen im Verfahren zur Überlassung eines überschuldeten Nachlasses an Zahlungs statt die Kosten des Verlassenschaftsverfahrens einschließlich der Kosten des Verlassenschaftskurators (ErläutRV abgedruckt in Fucik/Kloiber, AußStrG § 154; RIS‑Justiz RS0007645 [T4]), weiters die Gebühren des Gerichtskommissärs (§§ 4 und 18 GKTG; Fucik, Das Neue Verlassenschaftsverfahren, Rz 155; Schumacher aaO). Als Massekosten vorab zu berichtigen sind auch die Kosten für ein einfaches Begräbnis des Verstorbenen (§ 46 Abs 1 Z 7 IO; 4 Ob 55/99p).

4.5. Über die konkursordnungsgemäßen Regelungen hinaus privilegiert § 154 Abs 2 Z 2 AußStrG die Beträge, die einem Sachwalter beschränkt auf das letzte Jahr vor dem Tod des Pflegebefohlenen zuerkannt sind. Diese Beträge sind „sodann“ ‑ somit nach den Massekosten ‑ zu berichtigen.

4.6. Innerhalb der dritten Rangklasse (§ 154 Abs 2 Z 3 AußStrG) erfolgt die Überlassung quotenmäßig, also im Verhältnis der Höhe der unbestrittenen Forderungen. Wer Ansprüche darüber hinaus geltend machen will, bleibt auf einen Zivilprozess gegen die durch einen Kurator (oder die angetretenen Erben) vertretene Verlassenschaft verwiesen (Fucik/Kloiber, AußStrG § 154 Rz 2).

Nach Befriedigung der ‑ hier nicht behaupteten ‑ Aussonderungs‑ und Absonderungsansprüche sind primär die Masseforderungen (§§ 46 und 47 IO) und sekundär die Erblasserforderungen, die im Insolvenzfall Insolvenzforderungen wären (§ 51 IO) zu entrichten. Finden im selben Rang stehende Forderungen im Nachlasswert keine Deckung, so sind sie verhältnismäßig zu kürzen. Gläubiger in den folgenden Rängen kommen dann nicht mehr zum Zug.

Für die hier zu lösende Rechtsfrage, ob die Pauschalgebühr nach TP 7 lit c Z 2 GGG eine Masseforderung ist, ergibt sich:

5.1. § 46 Z 1 IO umfasst ausschließlich Kosten des Insolvenzverfahrens im engeren Sinn, die sich unmittelbar auf das Konkursverfahren (hier sinngemäß das Verlassenschaftsverfahren) beziehen (Engelhart in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen, § 46 Rz 19). Wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, betrifft die Pauschalgebühr nach TP 7 lit c Z 2 GGG nicht unmittelbar das Verlassenschaftsverfahren, sondern ist inhaltlich dem Sachwalterschaftsverfahren zuzuordnen, sodass sie nicht unter § 46 Z 1 IO subsumierbar ist.

5.2. Im Hinblick auf die Verpflichtung des Obersten Gerichtshofs zur allseitigen rechtlichen Beurteilung (vgl RIS‑Justiz RS0043352) ist weiters zu prüfen, ob die Pauschalgebühr allenfalls unter § 46 Z 2 IO („... die Masse treffende Steuern, Gebühren, Zölle, Beiträge zur Sozialversicherung und die anderen öffentlichen Abgaben, wenn und soweit der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt während des Insolvenzverfahrens verwirklicht wurde ...“) fällt. Auch dazu fehlt bisher Judikatur; die Entscheidung 6 Ob 72/03m bezieht sich nur auf Kosten der Schlussrechnung eines Sachwalters und lässt zudem offen, ob diese Kosten § 46 Z 2 IO zuzuordnen sind.

Für die Subsumierung der Pauschalgebühr unter TP 7 lit c Z 2 GGG unter § 46 Z 2 IO sprechen folgende Überlegungen:

5.2.1. Der Oberste Gerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0064620) die Auffassung, dass für die insolvenzrechtliche Qualifikation von Abgabenforderungen als Masseforderungen nach § 46 Z 2 IO nicht das Entstehen der Steuerschuld auf der Grundlage eines abgabenrechtlich relevanten Sachverhalts, sondern die Verwirklichung dieses Sachverhalts maßgeblich ist (so etwa zur Frage der insolvenzrechtlichen Qualifikation der Einkommenssteuer für das Jahr der Verfahrenseröffnung (3 Ob 103/11k; zu Sozialversicherungsbeitragsrückständen 3 Ob 215/11f). Bei der Einordnung einer Abgabennachforderung als Masseforderung hat es freilich dann zu bleiben, wenn der Gesetzgeber die Forderung des Abgabengläubigers so fasst, dass diese eine Vorverlagerung des die Abgabenpflicht auslösenden relevanten Sachverhalts auf einen Zeitpunkt vor Insolvenzeröffnung nicht zulässt (8 Ob 92/02s = SZ 2002/162; 8 Ob 10/98y = SZ 71/134).

5.2.2. Bei Gebühren, bei denen das Entstehen der Gebührenpflicht auf das Einlangen von Eingaben bei Behörden oder an das Tätigwerden der Behörde im Einzelfall abstellt, lässt sich hingegen in der Regel problemlos feststellen, ob der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt nach Insolvenzeröffnung (hier sinngemäß mit dem Tod des Erblassers) verwirklicht wurde. Weiters zu prüfen ist, ob die die Gebührenpflicht auslösende Tätigkeit der Behörde mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbunden ist (Engelhart in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 46 KO Rz 204).

5.2.3. Die hier zu beurteilende Pauschalgebühr nach dem GGG knüpft an das Tätigwerden des Gerichts, konkret die Zustellung der Entscheidung über die Genehmigung der Pflegschaftsrechnung an den gesetzlichen Vertreter an (§ 2 Z 3 GGG). Der die Gebührenpflicht auslösende Sachverhalt ‑ die Entscheidung bzw deren Zustellung an den gesetzlichen Vertreter ‑ hat sich eindeutig nach dem Todeszeitpunkt und während des Verlassenschaftsverfahrens verwirklicht, dies ungeachtet dessen, dass sich die Schlussrechnung auf vor dem Todeszeitpunkt der Erblasserin gelegene Abrechnungszeiträume bezieht. Auch die weitere Voraussetzung für die Klassifizierung als Masseforderung nach § 46 Z 2 IO ist erfüllt, weil die Entscheidung des Gerichts, die die Pauschalgebühr auslöst, wohl den Nachlass, dh das die „Masse“ darstellende Vermögen betrifft und damit auch mit der Erhaltung, Verwaltung sowie Bewirtschaftung der „Masse“ verbunden ist. Ein Ausnahmetatbestand (vgl Engelhart in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen § 46 Rz 204) liegt hier jedenfalls nicht vor.

Daraus folgt, dass die Pauschalgebühr für die Genehmigung der Pflegschaftsrechnung nach TP 7 lit c Z 2 GGG im Verfahren zur Überlassung einer überschuldeten Verlassenschaft an Zahlungs statt (§ 154 AußStrG) in sinngemäßer Anwendung der §§ 46 und 47 IO als Masseforderung (§ 46 Z 2 IO) zu qualifizieren ist.

6. Die von der Revisionsrekurswerberin zitierte Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0013042) betrifft ausschließlich die Belohnung des Verlassenschaftskurators im Verlassenschaftskonkurs (nunmehr: Verlassenschafts-insolvenz) und bejaht deren Qualifikation als Masseforderung nach § 46 Abs 1 Z 1 IO soweit die Tätigkeit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse dient, im Konkurs (der Insolvenz) der Verlassenschaft vom Masseverwalter übernommen und verwertet werden kann und sich die Masse dadurch Honorar für den Masseverwalter erspart (kritisch Engelhart in Konecny/Schubert, KO § 46 Rz 49). Soweit die Revisionsrekurswerberin eine „analoge“ Anwendung dieser Rechtsprechung auf das Verfahren zur Überlassung eines überschuldeten Nachlasses an Zahlungs statt nach § 154 AußStrG anstrebt, muss dies vor allem daran scheitern, dass die Kosten des Verlassenschaftskurators schon in den Gesetzesmaterialien zu § 154 AußStrG ausdrücklich erwähnt und als Kosten des Verlassenschaftsverfahrens zum Kreis der Masseforderungen nach § 46 Z 1 IO gezählt werden (siehe oben Pkt 4.4.). Der Frage, ob die Entscheidung des Pflegschaftsgerichts über die Genehmigung der Pflegschaftsrechnung im Verfahren nach § 154 AußStrG inhaltlich verwertbar ist und Honorare bzw weiteren Aufwand erspart (was die Revisionsrekurswerberin unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung behauptet), kommt demnach keine Relevanz zu.

7. Die Entscheidung der Vorinstanzen war dahin abzuändern, dass die Aktiven der Verlassenschaft an Zahlungs statt nur gegen Berichtigung auch der Pauschalgebühr nach TP 7 lit c Z 2 GGG als bevorrechtete Masseforderung überlassen werden. Nach Berichtigung der weiteren Masseforderungen (Gerichtskommissionsgebühr, der Begräbniskosten und der Begräbnisnebenauslagen) steht für die „sodann“ zu erfolgende Abdeckung der Sachwalterbelohnung nur mehr ein Rest an Aktiven von 84,70 EUR (5.080 EUR abzüglich 4.995,30 EUR) zur Verfügung.

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