OGH 6Ob72/03m

OGH6Ob72/03m26.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Verlassenschaftssache der am 15. Februar 2000 verstorbenen Mathilde E*****, über den Revisionsrekurs ihres Sachwalters DI Dr. Peter B*****, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 13. Februar 2003, GZ 3 R 269/02d-49, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 7. November 2002, GZ 21 A 75/00a-46, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Rechtsmittelwerber war der mit Beschluss des Erstgerichtes vom 4. 5. 1993 bestellte Sachwalter der Mathilde E*****, die am 15. 2. 2000 verstarb. Mit dem im Sachwalterschaftsverfahren gefassten Beschluss des Erstgerichtes vom 16. 2. 2000 (21 P 1109/95m-82) wurde dem Sachwalter für seine Bemühungen im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Kinos der Betroffenen antragsgemäß eine Vergütung von 93.120 S (inklusive USt) sowie für die Zeit vom 7. 10. 1992 bis 7. 10. 1998 eine jährliche Belohnung von 6.000 S (inklusive USt), insgesamt somit 36.000 S zuerkannt.

Am 17. 4. 2000 legte der (ehemalige) Sachwalter einen mit 7. 4. 2000 datierten Schlussbericht, in dem er die Entwicklung des Vermögens der Verstorbenen, deren Einnahmen von 1994 bis 2000 und die Auslagen darstellte. Im selben Schriftsatz verrechnete er für seine Tätigkeit als Sachwalter in der Zeit vom 8. 10. 1998 bis 15. 2. 2000 einen Pauschalbetrag von 12.000 S (inklusive USt). Für die Erstattung der Schlussrechnung selbst verzeichnete er keine Kosten. Mit Beschluss vom 19. 4. 2000 erkannte ihm das Erstgericht die begehrte Entlohnung zu (21 P 1109/95m-87).

Der Nachlass war überschuldet. Es wurden keine Erbserklärungen abgegeben. Der Rechtsmittelwerber meldete die ihm zuerkannten Entlohnungsansprüche als Nachlassforderungen an.

Das Erstgericht beschloss die kridamäßige Verteilung des Nachlasses gemäß § 73 AußStrG. Es ordnete die Forderungen des Sachwalters nicht den vorrangigen (Masse-)Forderungen, sondern den gemeinschaftlichen Forderungen zu und wies dem Sachwalter entsprechend der von ihm ermittelten Verteilungsquote von 16,31579 % den Betrag von 1.673,28 EUR zu.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Sachwalters teilweise (betreffend nicht mehr strittige Punkte) Folge. Es bestätigte den Beschluss aber (unter anderem) insoweit, als es die Forderungen des Sachwalters (abermals) nicht vorweg als Masseforderungen berichtigte. Das Rekursgericht teilte dem Sachwalter auf Grund des nach Abzug der Masseforderungen verbleibenden Nachlassvermögens von 10.568,20 EUR und der Quote von 0,2921086 den Betrag von 2.995,74 EUR zu. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil die Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz zur Frage, ob die Belohnung eines Sachwalters eine Masseforderung oder eine Konkursforderung sei, nicht einheitlich sei und hiezu eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes überhaupt fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Sachwalters ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Als Masseforderungen bei einer jure-crediti-Einantwortung nach § 73 AußStrG kommen als Masseforderungen bei sinngemäßer Anwendung des § 46 KO nur die dort aufgezählten Forderungen in Betracht (SZ 48/118). Gemäß § 46 Abs 1 Z 2 KO sind Masseforderungen unter anderem "alle Auslagen, die mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbunden sind", wobei solche Auslagen grundsätzlich erst im Konkursverfahren selbst entstehen. Nach der überwiegenden Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanzen zählt die Belohnung des Sachwalters nicht zu den Masseforderungen (LG für Zivilrechtssachen Wien und LG Salzburg, EFSlg 95.081 [glgeb EFSlg 70.428 ua]; LG für Zivilrechtssachen Graz, 3 R 35/02t). In der vom Rekursgericht zitierten Entscheidung des Landesgerichtes St. Pölten EFSlg 98.933 wird hingegen (einschränkend) die Ansicht vertreten, dass die Belohnung des für den Erblasser bestellten Sachwalters eine bevorrechtete Masseforderung sei, wenn dieser einen entsprechend detaillierten Schlussbericht erstattet habe, weil diese Tätigkeit ansonsten von einem Verlassenschaftskurator oder Masseverwalter übernommen hätte werden müssen.

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die Belohnung des Verlassenschaftskurators für eine Tätigkeit, die der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse diente und im Konkurs der Verlassenschaft vom Masseverwalter übernommen und verwertet werden kann, insoweit als Masseforderung gemäß § 46 Abs 1 Z 2 KO anzusehen, als sich die Masse dadurch Honorar für den Masseverwalter erspart (RIS-Justiz RS0013042). Auch die Kosten des Gerichtskommissärs für die Nachlassinventur sind den Kosten des Konkursverfahrens gleichzuhalten und damit Masseforderungen (SZ 59/154; RIS-Justiz RS0044226). Entscheidend ist, ob der vom Abhandlungsgericht bestimmte Belohnungsanspruch des Verlassenschaftskurators oder Gerichtskommissärs im Zusammenhang mit der Massebewirtschaftung (zu Gunsten aller Konkursgläubiger) steht (8 Ob 8/90 = NZ 1992, 67). Die Kriterien der Beurteilung derartiger Entlohnungsansprüche als Masseforderungen liegen somit einerseits in der Verwendbarkeit der erhaltenden, verwaltenden und bewirtschaftenden Tätigkeit für den Masseverwalter, andererseits in der tatsächlichen Ersparnis. Aus diesen Erwägungen beurteilte der Oberste Gerichtshof auch den Entlohnungsanspruch eines gemäß § 15a GmbHG bestellten Notgeschäftsführers, der typische Tätigkeiten eines Masseverwalters entfaltete, als Masseforderung (6 Ob 184/01d = JBl 2003, 184, RdW 2002, 662/600).

Für die Belohnung eines Sachwalters (§§ 282, 266 aF ABGB), dessen Bestellung ebenso wie die des Notgeschäftsführers nach § 15a GmbHG ein Fall der Kuratel ist, kommt nach der dargestellten Rechtsprechung die Qualifikation als Masseforderung, wenn überhaupt, jedenfalls nur insoweit in Frage, als seine Tätigkeit vor dem Ableben des Betroffenen (mit dem die Bestellung gemäß § 283 Abs 1 ABGB iVm § 249 ABGB ex lege endet) die aufgezeigten Kriterien erfüllt hat. Dies ist hier aber nicht der Fall. Die dem Sachwalter zuerkannten Beträge von 93.120 S und 36.000 S bezogen sich auf im Todeszeitpunkt der Betroffenen bereits Jahre zurückliegende Tätigkeiten, die daher mit der Feststellung des Nachlassvermögens, des Schuldenstandes und mit der Vermögensaufteilung in keinem Zusammenhang standen. Dass mit der Entlohnung für die Zeit vom 8. 10. 1998 bis zum Tod der Betroffenen, die der Sachwalter ohne nähere Aufschlüsselung pauschal für seine "Mühewaltung" begehrte, eine bei der kridamäßigen Verwertung des Verlassenschaftsvermögens hilfreiche Tätigkeit abgegolten worden sei, wurde nicht behauptet. Für die nach dem Tod der Betroffenen gelegte Schlussrechnung hat der Kläger keinen Belohnungsanspruch geltend gemacht, sodass sich die Frage, ob ein hiefür zustehendes (zuerkanntes) Entgelt als Masseforderung zu behandeln wäre, nicht stellt. Soweit der Sachwalter eine analoge Anwendung des § 46 Abs 1 Z 2 und 3 KO über die die Masse treffenden Gebühren und Zölle und Forderungen der Arbeitnehmer anstrebt, muss dies schon daran scheitern, dass sich sein Belohnungsanspruch ausschließlich auf die Zeit vor dem Tod der Betroffenen und somit sinngemäß vor dem der Konkursöffnung entsprechenden Zeitpunkt bezieht.

Der Beschluss des Rekursgerichtes ist daher zu bestätigen.

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