Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 57.717,13 (keine USt und keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Beschluß vom 2.4.1996 wurde über das Vermögen der H***** GmbH der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Die Gemeinschuldnerin betrieb den Geschäftszweig der Fahrzeugvermietung. Die von ihr hiezu eingesetzten Fahrzeuge wurden entweder unter Eigentumsvorbehalt der liefernden Autohändler oder unter Eigentumsvorbehalt der den jeweiligen Kauf finanzierenden Banken angeschafft. Nach Konkurseröffnung wurden die solcherart angeschafften Fahrzeuge an die Lieferanten zurückgegeben oder von den Banken infolge des von ihnen geltend gemachten Eigentumsvorbehalts veräußert.
Aufgrund dieser Geltendmachung des Eigentumsvorbehalts durch die Banken bzw Lieferanten trat nach Ansicht des Finanzamtes die Steuerpflicht gemäß § 1 Z 4 NoVAG (Änderung der begünstigten Nutzung nach § 3 Z 3 NoVAG) ein. Demzufolge wurde mit Bescheiden für den Zeitraum vom 2.4.1996 bis einschließlich Dezember 1996 der Gemeinschuldnerin eine Normverbrauchsabgabe von insgesamt S 6,272.365,- vorgeschrieben.
Während der klagende Masseverwalter und mit ihm die Nebenintervenienten der Ansicht sind, daß es sich bei dieser Abgabenforderung bloß um eine Konkursforderung handle, steht die beklagte Partei auf dem Standpunkt, daß eine Masseforderung iSd § 46 Abs 1 Z 2 KO vorliege.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren des Masseverwalters, es werde der beklagten Partei gegenüber festgestellt, daß die von dieser mit den genannten Bescheiden von der klagenden Partei geforderten Normverbrauchsabgaben im Gesamtausmaß von S 6,272.365 keine Masseforderungen seien, ab. Nach Meinung des Erstgerichtes habe die Beendigung der begünstigten Nutzung nach § 3 Z 3 gemäß § 1 Z 4 NoVAG die Normverbrauchsabgabe ausgelöst. Dabei sei unstrittig, daß die Fahrzeuge, für die nunmehr die streitverfangene Normverbrauchsabgabe festgesetzt worden sei, bis zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung in "begünstigter Nutzung" nach § 3 Z 3 NoVAG gestanden seien. Damit könne die Änderung der begünstigten Nutzung nur aufgrund eines Sachverhaltes nach Konkurseröffnung eingetreten sein.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers und des ersten Nebenintervenienten statt, änderte das Urteil im klagsstattgebenden Sinn dahin gehend ab, daß es feststellte, daß die strittigen Normverbrauchsabgaben keine Masseforderungen seien, sprach aus, das der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. In rechtlicher Hinsicht schloß sich das Berufungsgericht den Ausführungen Eders (Die Normverbrauchsabgabe im Konkurs, ZIK 1997, 44 ff) an und meinte, daß ebenso wie im Fall der eine Grunderwerbssteuervorschreibung betreffenden Entscheidung des OGH vom 26.1.1995, 8 Ob 11/94, WBl 1995, 203, auch hier mit der nach Konkurseröffnung erfolgten Rückstellung und Veräußerung der Mietfahrzeuge nicht ein neuer, unabhängiger steuerpflichtiger Tatbestand entstanden sei, sondern nur die schon vor Konkurseröffnung grundsätzlich entstandene, nur vorläufig bedingt aufgeschobene Steuerschuld endgültig wirksam geworden sei. Maßgebend sei nur, ob der die Abgabenpflicht auslösende Sachverhalt vor oder nach Konkurseröffnung verwirklicht worden sei. Für die Abgrenzung von Konkurs- und Masseforderungen sei auf einen möglichst frühen Zeitpunkt abzustellen. Daß - im Gegensatz zum Grunderwerbssteuergesetz 1955 - das NoVAG zwar eine anfängliche Steuerpflicht, dann aber eine (vorläufige) Steuerbefreiung im Wege einer auf Antrag erfolgenden Vergütung der entrichteten Abgabe und schließlich, nach einer den Wegfall dieser Steuerbefreiung bewirkenden Nutzungsänderung, die erneute Steuerpflicht vorsehe, erzeuge keinen zu einem gegenteiligen Ergebnis führenden Unterschied. Da es auf die der Besteuerung zugrundeliegenden, im tatsächlichen angesiedelten Vorgänge ankomme, müsse die Aufeinanderfolge von Abgabenpflicht, Vergütung und neuerlicher Abgabenpflicht - als mit der Vergütung - bedingt aufrechtgebliebene Steuerpflicht angesehen werden. Die Vergütungen seien jedenfalls noch vor der Konkurseröffnung geleistet worden. Daraus folge im vorliegenden Fall, daß die vom Finanzamt mit den klagsgegenständlichen Bescheiden vorgeschriebenen Normverbrauchsabgaben als Konkursforderungen einzustufen seien. Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil sich der vorliegende Fall doch nicht völlig mit jenem der Entscheidung WBl 1995, 203 decke.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn des klagsabweisenden Ersturteils; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Die klagende Partei und die erste Nebenintervenientin beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob die aufgrund einer Nutzungsänderung von Kraftfahrzeugen, die zur Vermietung bestimmt waren, im Zuge eines Konkursverfahrens anfallende NoVA als Masseforderung oder Konkursforderung einzustufen sei, nicht existiert und dieser Frage weitrechende Bedeutung für die Abwicklung von Konkursen in der Mietwagenbranche zukommt; sie ist aber auch berechtigt.
Auf den vorliegenden Sachverhalt ist gemäß Art. VI Z 4 BGBl 9/1998 das NoVAG 1991 in der vor dem Abgabenänderungsgesetz 1997 geltenden Fassung anzuwenden, weil sich die hier erheblichen Vorgänge vor dem 1.1.1998 ereignet haben.
Unter der Überschrift "steuerbare Vorgänge" ordnet § 1 Z 4 ua an, daß der Normverbrauchabgabe unterliegt: "4.... die Änderung der begünstigten Nutzung von nach § 3 Z 3 befreiten Kraftfahrzeugen ...
".
Unter der Überschrift "Steuerbefreiungen" normiert § 3 ua, daß von der Normverbrauchsabgabe befreit sind: "3. Vorgänge im Bezug auf ... Kraftfahrzeuge, die zur kurzfristigen Vermietung bestimmt sind, ... ." Voraussetzung ist, daß der begünstigte Verwendungszweck aufgrund des Zulassungsverfahrens nachgewiesen wird.
Abgabenschuldner ist gemäß § 4 ua derjenige Unternehmer, der die Lieferung oder gewerbliche Vermietung ausführt oder einen der Tatbestände des § 1 Z 4 (ua also die Nutzungsänderung) setzt.
Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 entsteht die Steuerschuld "im Fall ... der
Nutzungsänderung mit Ablauf des Kalendermonats, in dem ... die
Nutzungsänderung stattgefunden hat, ... ".
§ 12 Abs 1 ordnet ua an, daß eine von einem Unternehmer zu
entrichtende Abgabe dem Empfänger der Leistung auf Antrag zu vergüten
ist, wenn ... "3. eine Steuerbefreiung gemäß § 3 Z 3 vorliegt."
Unstrittig ist, daß es für die insolvenzrechtliche Qualifikation der Abgabenforderung nicht auf das Entstehen der Steuerschuld - und schon gar nicht auf deren Fälligkeit - auf der Grundlage eines abgabenrechtlich relevanten Sachverhalts, sondern auf die Verwirklichung dieses Sachverhaltes ankommt; dieser kann auch vor dem Entstehen der Steuerschuld liegen (SZ 60/247; WBl 1989, 128; JBl 1993, 795 [Schuhmacher] = SZ 66/15; WBl 1995, 203; ZIK 1998, 25).
Zur Recht verweist die beklagte Partei darauf, daß die Konstruktion der hier einschlägigen Bestimmungen des NoVAG betreffend die Änderung der begünstigten Nutzung nicht mit dem Befreiungstatbestand des § 4 Abs 1 Z 3 lit a GrEStG 1955 (Entstehen der vorläufig aufgeschobenen Grunderwerbssteuerpflicht wegen Nichterfüllung des begüstigten Zwecks innerhalb des dem Begünstigten zur Errichtung des Wohnbaus eingeräumten Zeitraums, dessen Sachverhalt der OGH in der Entscheidung vom 26.1.1995, 8 Ob 11/94, WBl 1995, 203, als bereits mit dem Erwerb des Grundstücks als verwirklicht ansah) vergleichbar ist.
Er ist auch nicht mit der Konstruktion des § 12 Abs 10 UStG (Berichtigung des zunächst berechtigt in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs wegen nachträglicher Änderung der Verhältnisse im Zusammenhang der Vorsteuer mit Umsätzen, die vom Vorsteuerabzug ausschließen) vergleichbar. Diesbezüglich hat der OGH unter Abgehen von der Entscheidung vom 3.2.1993, 3 Ob 102/92, SZ 66/15 = JBl 1993, 795 = EVBl 1993/102, in der nach dem berufungsgerichtlichen Urteil im vorliegenden Fall ergangenen Entscheidung vom 27.11.1997, 8 Ob 2244/96z, ZIK 1998, 25 (dazu Kristen, ZIK 1998, 46, Fellner, RdW 1998, 123; Gaedke SWK 6/1998, 218; Herzig, ecolex 1998, 208; Hopf/Eckersdorfer-Seyruck, SWK 10/1998, 305; Mitterer/Halbmayr, SWK 11/1998, 330) - deren Auswirkungen der Gesetzgeber zwischenzeitig durch Art XV des Budgetbegleitgesetzes 1998, BGBl 79, zu ändern trachtete - erkannt, daß der abgabenrechtlich relevante Sachverhalt nicht in der kridamäßigen Verwertung der mit Absonderungsrechten belasteten Liegenschaft, sondern in dem vor Insolvenzeröffnung getätigten Umsatz des zwischenzeitig insolvent gewordenen Schuldners liege, weil es sich bei dem vermögensrechtlichen Anspruch aus dem Titel der Vorsteuer nicht um etwas Endgültiges handle, sondern bis zum Ablauf der Fristen des § 12 Abs 10 UStG stets um einen bedingten Anspruch, wobei als Bedingung die Einhaltung der vom Gesetzgeber vorgegebenen Auflagen gesehen werden müsse; es handle sich daher auch in diesem Fall um eine (aufschiebend) bedingte Umsatzsteuerforderung des Fiskus.
Im vorliegenden Fall der nach § 1 Z 4 NoVAG anfallenden Steuer kann aber aufgrund der anders gearteten Konstruktion des Gesetzes auch bei der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise der die Abgabenpflicht auslösende Sachverhalt nicht bereits mit dem Zeitpunkt der Leistung der Vergütung (§ 12), sondern erst mit dem Zeitpunkt der Nutzungsänderung angenommen werden. Es liegt hier keine aufschiebend bedingte NoVA-Forderung des Fiskus gegenüber der späteren Gemeinschuldnerin vor. Dafür spricht nicht nur die eindeutige Formulierung des Gesetzes, die im § 1 Z 4 als steuerbaren Vorgang ausdrücklich die Änderung der begünstigten (nämlich von der NoVA gemäß § 3 Z 3 befreiten) Nutzung von Kraftfahrzeugen erwähnt, sondern der gesamte Aufbau des Gesetzes. Vorerst hat der Unternehmer, der die Lieferung eines Kraftfahrzeugs (Fahrzeughändler) oder dessen gewerbliche Vermietung (Leasingunternehmen) ausführt, die NoVA zu bezahlen (§ 1 Z 1 und 2 iVm § 4), die er allerdings auf den Kaufpreis oder das Leasingentgelt überwälzen kann. So ist es auch im vorliegenden Fall geschehen; die NoVA wurde von den Autohändlern der späteren Gemeinschuldnerin in Rechnung gestellt und abgeführt. Damit ist dieser steuerbare Vorgang beendet.
Die Besonderheit der Konstruktion liegt darin, daß dann, wenn einer der Tatbestände des § 3 Z 3 vorliegt, ein bisher nicht in den steuerrechtlichen Vorgang einbezogener - und daher auch nicht als Abgabenschuldner zu wertender - Dritter vom Fiskus die auf ihn wirtschaftlich überwälzte NoVA zurückverlangen kann, wenn er einen der begünstigten Verwendungszwecke (hier kurzfristige Kraftfahrzeugvermietung) nachweist, weil derartige Verwendungen nicht NoVA-pflichtig sein sollen (§ 3 Z 3). Er kann diese Steuerbefreiung dadurch geltend machen, daß er binnen 5 Jahren ab der Verwirklichung des "Vergütungstatbestandes" beantragt, daß ihm der auf die NoVA entfallende, auf ihn überwälzte Teil des Kaufpreises "vergütet" wird. Das ist im vorliegenden Fall auch geschehen; die spätere Gemeinschuldnerin hat aufgrund ihres Antrages die Vergütung erhalten.
Ändert sich in der Folge die begünstigte Nutzung, hier infolge Unmöglichkeit der Weiterverwendung der Kraftfahrzeuge zur kurzfristigen Vermietung, weil die Eigentümer (Lieferanten oder die den Kaufpreis vorstreckenden Banken) ihren Eigentumsvorbehalt geltend machten, entsteht erstmals eine neue, von der früheren - sie nicht treffenden - Steuerpflicht unabhängige Pflicht zur Zahlung einer Normverbrauchsabgabe bei dem die Nutzungsänderung setzenden - oder diesem zurechenbaren - Unternehmer (§ 4 Z 1). Da diese Nutzungsänderung (Herausgabe aufgrund vereinbarten Eigentumsvorbehalts) bei der Gemeinschuldnerin - erstmals - einen steuerbaren NoVAvorgang auslöst (§ 1 Z 4), der erst nach Konkurseröffnung eingetreten ist, ist die NoVA als Masseforderung einzustufen. Anders als bei der Berichtigung des Vorsteuerabzugs im Umsatzsteuerrecht (in der der Entscheidung vom 27.11.1997, 8 Ob 2244/96z, ZIK 1998, 25, zugrundeliegenden Fassung) entsteht durch die Nutzungsänderung für den Gemeinschuldner erstmals eine Abgabenpflicht, sodaß von einer vorläufig bedingt aufgeschobenen NoVApflicht nicht gesprochen werden kann; anderenfalls würde die Inanspruchnahme einer Steuerbegünstigung als steuerbarer Vorgang gewertet werden. Eine Vorverschiebung des relevanten Sachverhalts auf die Zeit vor Konkurseröffnung scheidet hiemit aus.
Wenn auch wegen der Bekämpfung der Massearmut das Abstellen auf einen möglichst frühen Zeitpunkt der Abgrenzung zwischen Konkurs und Masseforderungen erklärter Zweck des IRÄG 1982 war (JA 1147 BlgNR 15. GP 2; vgl auch Beiser/Fink ÖJZ 1997, 133f), findet dieser Grundsatz doch seine Grenze in der gesetzlichen Regelung. Faßt der Gesetzgeber die Forderung der Abgabengläubiger so, daß sie wie hier eine Vorverlagerung des die Abgabenpflicht auslösenden relevanten Sachverhalts auf einen Zeitpunkt vor Konkurseröffnung nicht zulassen, hat es bei der Einordnung der Abgabenforderung als Masseforderung zu verbleiben.
Was den Einwand der Revisionsgegner betrifft, die Regelung sei verfassungsrechtlich bedenklich, weil der Abgabengläubiger bevorzugt sei und überdies keine Aliquotierung im Verhältnis der abschreibungsbestimmten Lebensdauer und der Zeit der Verwendung als Mietfahrzeug vorgesehen sei, ist ihnen zu erwidern, daß der Gesetzgeber den Abgabengläubiger nicht bevorzugt, sondern ihn wie alle Massegläubiger behandelt (§ 46 Abs 1 Z 2 KO), und daß hier anstatt des aliquoten Wegfalls des Vorsteuerabzugs, der vom gesamten Kaufpreis berechnet wurde, durchaus sachgemäß an den gemeinen Wert des Kraftfahrzeugs zum Zeitpunkt des den steuerbaren Vorgang auslösenden Sachverhalts, also der Änderung der begünstigten Nutzung angeknüpft wird (§ 5 Abs 2), wodurch die für die Gemeinschuldnerin neu entstandene NoVApflicht weit unter der vom Lieferanten ursprünglich bezahlten NoVA, die vom gesamten Kaufpreis berechnet wurde, liegt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die erfolglose Nebenintervenientin trifft keine Kostenersatzpflicht; sie hat allerdings auch keinen Anspruch auf Kostenersatz.
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