Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
B e g r ü n d u n g :
Die Erblasserin G***** B***** ist am 22. Mai 2008 unter Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung vom 15. April 1991 verstorben. Der erste Teil des Testaments lautet wie folgt, wobei die Einrückungen von der Erblasserin vorgenommen wurden:
„Mein Erbe über mein gesamtes bewegliches und unbewegliches Gut … ist mein
Gatte Herr E***** B*****, geboren am … in …, wohnhaft derzeit ….
Im Falle des gleichzeitigen Ablebens meines Mannes E***** B***** und mir verfüge ich, dass der gesamte Nachlass an meinen
Cousin R***** E*****, wohnhaft …
geht. Der Nacherbe ist der Sohn des Genannten,
Dr. M***** E*****, wohnhaft …
derzeit ebenfalls …
…
Meine Cousine … und deren Nachkommen sind von der Erbfolge gänzlich ausgeschlossen und ist daher jede Testamentsanfechtung rechtlich wirkungslos.“
Weitere Angaben im Testament sind für den nunmehrigen Rechtsstreit ohne Relevanz.
Aufgrund der unbedingten Erbantrittserklärung des Ehegatten der Erblasserin vom 14. Oktober 2008 (ON 4) fasste das Erstgericht den ersten angefochtenen Beschluss, den Einantwortungsbeschluss vom 19. November 2008 (ON 9), mit dem der Nachlass zur Gänze an E***** B***** eingeantwortet wurde (Punkt 1.). Unter Punkt 2. wurde vermerkt, dass das Eigentumsrecht betreffend zwei im Eigentum der Erblasserin stehenden Liegenschaften für E***** B***** einzuverleiben ist und dass der eingeantwortete Erbe zum Kreis der gesetzlichen Erben zählt. Unter Punkt 3. wurden die Gerichtskommissionsgebühren bestimmt. Eine fideikommissarische Substitution zugunsten des nunmehrigen Einschreiters Univ.-Prof. Dr. M***** E***** wurde nicht angeordnet.
Am 6. Mai 2010 verstarb E***** B*****.
Am 20. Mai 2010 langte beim Erstgericht ein Antrag des Einschreiters auf Eröffnung der Substitutionsabhandlung ein (ON 13), wobei er gleichzeitig eine unbedingte Erbantrittserklärung in der Verlassenschaft nach G***** B***** aufgrund des Testaments vom 15. April 1991 zum gesamten Nachlass abgab. Er brachte vor, dass der - von ihm als „Vorerbe“ bezeichnete - Erbe der Erblasserin, E***** B***** verstorben sei. Damit sei der Nacherbfall eingetreten, weshalb die Substitutionsabhandlung zu eröffnen und mit ihm als Nacherben der Frau G***** B***** durchzuführen sei.
Nach Erhebungen beim seinerzeitigen Gerichtskommissär, warum der Einschreiter der Verlassenschaftsabhandlung nicht beigezogen worden war (siehe Bericht ON 15) fasste das Erstgericht den zweiten angefochtenen Beschluss vom 8. Juni 2010 (ON 16), mit dem es den Antrag auf Eröffnung der Substitutionshandlung mit der Begründung abwies, dass die Erblasserin ihren Ehegatten zum Alleinerben eingesetzt habe und nur für den Fall des gleichzeitigen Ablebens ihres Mannes und der Erblasserin verfügt habe, dass ihr Cousin R***** E***** der Ersatzerbe sein solle.
Am 15. Juni 2010 beantragte der Einschreiter die Zustellung des Einantwortungsbeschlusses vom 19. November 2008 an ihn (ON 17); das Erstgericht entsprach diesem Antrag.
Das Rekursgericht gab den Rekursen des Einschreiters gegen den Einantwortungsbeschluss vom 19. November 2008 und gegen den Beschluss vom 8. Juni 2010 nicht Folge. Der Vermerk bei der Todesfallaufnahme, nach dem abgesehen von dem Ehegatten keine weiteren gesetzlichen Erben vorhanden seien, sei richtig, zumal der Einschreiter durch den im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin noch lebenden Gatten der Erblasserin von einem möglichen gesetzlichen Erbrecht ausgeschlossen gewesen sei. Die Auslegung des Testaments sei nicht zu beanstanden. Entgegen den Ausführungen im Rekurs sei das Testament nicht so auszulegen, dass der Einschreiter als tatsächlicher Nacherbe im Sinne einer fideikommissarischen Substitution von der Erblasserin eingesetzt worden sei. Eine Substitutionsabhandlung könne schon grundsätzlich nicht durchgeführt werden, zumal nach unbeschränkter Einantwortung dem Nacherben nur die Erbschaftsklage zustehe.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und dass der Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Einschreiters aus den Revisionsrekursgründen der Verletzung des rechtlichen Gehörs, der Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag,
a) den Einantwortungsbeschluss vom 19. November 2008 (ON 9) dahin abzuändern, dass der Einschreiter als Nacherbe in den Einantwortungsbeschluss aufgenommen und die Anmerkung des Substitutionsbandes bei den beiden Liegenschaften angeordnet werde,
b) den Beschluss vom 8. Juni 2010 (ON 16) dahin abzuändern, dass die Substitutionsabhandlung eröffnet werde.
Hilfsweise werden Aufhebungs- und Zurückverweisungsanträge gestellt.
Als erhebliche Rechtsfragen werden folgende benannt:
1. Das rechtliche Gehör des Einschreiters sei dadurch verletzt worden, dass das Erstgericht eine Stellungnahme des Gerichtskommissärs (ON 15) eingeholt habe, ohne dem Einschreiter seinerseits Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Erst nach Rekurserhebung habe er davon erfahren und habe daher den Inhalt des Berichts ON 15 nicht mehr zum Gegenstand seines Rekurses machen können.
2. Das Rekursverfahren sei mangelhaft, weil sich das Rekursgericht ohne Beweiswiederholung der erstrichterlichen Testamentsauslegung auf Tatsachenebene angeschlossen habe, ohne den Widerspruch aufgelöst zu haben, der darin liege, dass der Gerichtskommissär in seinem Protokoll vom 14. Oktober 2008 (ON 4) das durchgeführte Gespräch mit dem Ehegatten der Verstorbenen nicht angeführt habe, dieses in der Stellungnahme ON 15 aber als maßgeblich erwähnt werde.
Im Rahmen der weiteren Rechtsmittelausführungen wird dieser Punkt noch ergänzt. Unter dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird auf eine falsche Testamentsauslegung durch das Rekursgericht hingewiesen. Das Testament lasse sowohl seinem Wortlaut als auch seiner graphischen Aufmachung nach keinen Zweifel daran, dass der Einschreiter ganz allgemein als Nacherbe nach dem Ehemann der Erblasserin eingesetzt werden sollte.
Die seinerzeitige Einantwortung sei gegenüber dem Einschreiter nicht in Rechtskraft erwachsen, weil die Zustellung an ihn erst am 15. Juni 2010 erfolgt sei; daher sei die Substitutionsabhandlung nicht ausgeschlossen.
Dazu ist Folgendes zu erwägen:
Rechtliche Beurteilung
1. Zum Einantwortungsbeschluss:
1.1. Der 3. Senat hat sich in seiner Entscheidung vom 23. Februar 2011, 3 Ob 227/10v, mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein am Verlassenschaftsverfahren nicht beteiligter Erbansprecher berechtigt ist, den Einantwortungsbeschluss mit Rekurs zu bekämpfen. Der 3. Senat ist in dieser Entscheidung - unter Ablehnung der Entscheidung 4 Ob 50/08v - den Entscheidungen 1 Ob 86/08s und 5 Ob 24/09d gefolgt: Demnach kann der übergangene Erbe nach der Übergabe des Einantwortungsbeschlusses an die Geschäftsabteilung zur Ausfertigung gemäß § 164 AußStrG grundsätzlich nur noch die Erbschaftsklage erheben. Aus der Anordnung, dass nach Fällung einer gerichtlichen Entscheidung über die Einantwortung erbrechtliche Ansprüche nur noch mit Klage geltend gemacht werden können, folgt, dass es einem übergangenen Erben verwehrt ist, den Einantwortungsbeschluss mit Rekurs zu bekämpfen und darin etwa geltend zu machen, das Erstgericht habe es verabsäumt, ihm Gelegenheit zur rechtzeitigen Abgabe einer Erbantrittserklärung zu geben (1 Ob 86/08s = RIS-Justiz RS0123316 [T2]).
1.2. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass das Rekursgericht den Rekurs des Einschreiters gegen den nachträglich zugestellten Einantwortungsbeschluss (ON 9) ohne inhaltliche Prüfung bereits aufgrund mangelnder Rekurslegitimation zurückweisen hätte müssen.
1.3. Wurde der Rekurs gegen den Einantwortungsbeschluss ON 9 nicht zurückgewiesen, sondern inhaltlich abschlägig behandelt, ist der Einschreiter nicht beschwert, weil der Einantwortungsbeschluss nicht in materielle Rechtskraft erwächst (RIS-Justiz RS0008378) und das bessere Erbrecht - gegen die durch den Einantwortungsbeschluss geschaffene Rechtsvermutung (6 Ob 51/05a = RIS-Justiz RS0008381 [T5] = RS0041429 [T2]) - mit Klage durchgesetzt werden kann (§ 164 Satz 2 AußStrG).
1.4. Insgesamt ist der Revisionsrekurs, soweit es sich gegen den Einantwortungsbeschluss ON 9 richtet, daher mangels Beschwer des Einschreiters zurückzuweisen.
2. Nichts anderes gilt in Bezug auf die Abweisung des Antrags auf Durchführung einer Substitutionsabhandlung.
2.1. Die zur Frage, ob nach einer Einantwortung, die ohne Beschränkung durch eine Substitution vorgenommen wurde, von übergangenen Erben eine Substitutionsabhandlung beantragt werden kann, ergangene Rechtsprechung zum AußStrG 1854 besagt, dass kein Raum für eine Substitutionsabhandlung mehr besteht, wenn der Nachlass ohne Beschränkung einer fideikommissarischen Substitution eingeantwortet wurde; auch in diesem Fall steht den Nacherben nur die Erbschaftsklage zu (RIS-Justiz RS0006682, RS0006543, RS0008000, RS0008345).
Angesichts des § 164 Satz 1 AußStrG 2005 kann für das AußStrG 2005 erst recht nichts anderes gelten (siehe 1 Ob 86/08s). In diesem Sinn wäre der Antrag des Einschreiters auf Eröffnung der Substitutionsabhandlung von vornherein unzulässig gewesen.
2.2. Auch hier kann sich der Einschreiter nicht als beschwert erachten, wenn sein Rekurs nicht zurückgewiesen, sondern inhaltlich (mit abweislichen Ergebnis) behandelt wurde, weshalb nunmehr der Revisionsrekurs mangels Beschwer zurückzuweisen ist, steht ihm doch in beiden Fällen die Erbschaftsklage zur Verfügung.
3. Im vorliegenden Verfahren geht es letztlich um das Erbrecht. In Verfahren über das Erbrecht kommt grundsätzlich ein Kostenersatz in Betracht (§ 185 AußStrG). Es entspricht der Billigkeit (§ 78 Abs 2 AußStrG), den Einschreiter die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst tragen zu lassen.
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