OGH 5Ob166/10p

OGH5Ob166/10p8.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Friedrich B*****, vertreten durch Mag. Philipp Ortbauer, dieser vertreten durch Mag. Michaela Schinnagl, beide Mietervereinigung Österreichs, Landesorganisation Wien, 1010 Wien, Reichsratsstraße 15, gegen die Antragsgegner 1. A***** Ges.m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Norbert Wess, Rechtsanwalt in Wien, und 2. Irmgard K*****, vertreten durch Dr. Hubert Simon, Rechtsanwalt in Wien, wegen §§ 16, 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 14. April 2010, GZ 39 R 34/10d-21, mit dem infolge Rekurses des Antragstellers der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 6. November 2009, GZ 9 Msch 1/09y-14, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Sachbeschluss des Rekursgerichts wird aufgehoben und die Rechtssache an das Rekursgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist Hauptmieter einer ca 70 m² großen Wohnung im Haus *****. Das Mietverhältnis hat vor dem 1. 3. 1994 begonnen. Die Erstantragsgegnerin war bis zum 24. 7. 2007 Eigentümerin des Bestandobjekts und seither ist es die Zweitantragsgegnerin. Ein schriftlicher Mietvertrag existiert nicht.

Im Jahre 1987 hatte Kurt L***** das sanierungsbedürftige Haus gekauft. In einem danach bei der Schlichtungsstelle anhängig gemachten Verfahren nach §§ 18, 18a MRG, an dem der Antragsteller vertreten durch die MVÖ beteiligt war, erfolgte eine Erhöhung der Hauptmietzinse. Der Hauptmietzins, der damals monatlich 1.036 ATS (75,29 EUR) betragen hatte, wurde nach §§ 18, 18a MRG ab 1. 7. 1992 zunächst für die Dauer von 2 Jahren, also bis 30. 6. 1994, und später dann verlängert bis 30. 6. 1995, um 1.260 ATS (91,57 EUR) erhöht, wonach für den Antragsteller zuzüglich Betriebskosten und 10 % USt folgender monatlicher Betrag zur Vorschreibung gelangte:

HMZ ATS 1.036

HMZ § 18 MRG ATS 1.260

Betriebskosten ATS 1.125,56

10 % USt ATS 342,16

Zusammen ATS 3.763,72

(EUR 273,54)

Kurt L***** besprach mit dem Antragsteller und dessen Gattin, dass der erhöhte Mietzins - unabhängig von der Entscheidung im Verfahren vor der Schlichtungsstelle - weiterhin als Hauptmietzins zu bezahlen sei; damit war der Antragsteller einverstanden. Vereinbart war, dass der Antragsteller nicht aus der Wohnung auszieht, den erhöhten Mietzins weiterhin bezahlt und dass das Verfahren nach §§ 18, 18a MRG nicht mehr weiter betrieben wird. Diese Vereinbarung zwischen Kurt L***** und dem Antragsteller erfolgte nur mündlich. Gleichartige mündliche Mietzinsvereinbarungen wurden auch mit anderen Mietern des Hauses getroffen. Der Antragsteller hat seit 1992 den erhöhten Mietzins bezahlt.

Der Antragsteller stellte einen - bei der Schlichtungsstelle am 1. 10. 2008 eingebrachten - sinngemäßen Antrag auf Überprüfung, um welche Beträge (in welchem Ausmaß) die Vorschreibung der oben genannten Hauptmietzinse (insgesamt 273,54 EUR) das gesetzliche Zinsausmaß überschritten habe, verbunden mit einem Begehren nach § 37 Abs 4 MRG. Der Antragsteller brachte zusammengefasst vor, es sei keine wirksame Vereinbarung auf den erhöhten Hauptmietzins zustandegekommen. Seine bisherigen Zahlungen seien rechtsirrtümlich erfolgt. Aus der Differenz zwischen dem Friedenskronenmietzins (5 EUR) einerseits und dem Hauptmietzins von 1.036 ATS (75,29 EUR) sowie dem Erhöhungsbetrag von 1.260 ATS (91,57 EUR) andererseits ergebe sich eine monatliche Überzahlung von 161,85 EUR.

Die Antragsgegner beantragten Antragsabweisung und wandten im Wesentlichen ein, die mündliche Mietzinsvereinbarung mit dem Antragsteller sei vor dem 1. 3. 1994 erfolgt und daher wirksam zustandegekommen. Die Möglichkeit der Anfechtung der Mietzinsvereinbarung sei nach § 16 Abs 8 Satz 2 MRG präkludiert.

Das Erstgericht wies den Sachantrag ab. Es stellte über den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt hinaus fest, dass die mündliche Vereinbarung über die Erhöhung des Mietzinses zwischen Kurt L***** und dem Antragsteller jedenfalls vor dem 1. 3. 1994 getroffen worden sei. Rechtlich kam das Erstgericht zum Ergebnis, dass nach § 16 Abs 1 MRG idF vor dem 3. WÄG Schriftlichkeit der Mietzinsvereinbarung nicht erforderlich und die mündliche Vereinbarung somit wirksam gewesen sei. Überdies sei die Geltendmachung einer Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung nach § 16 Abs 8 Satz 2 MRG präkludiert.

Das Rekursgericht gab dem vom Antragsteller gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs nicht Folge. Es übernahm die - von ihm für bedenklich erachtete - Feststellung des Erstgerichts, wonach die mündliche Vereinbarung zwischen Kurt L***** und dem Antragsteller jedenfalls vor dem 1. 3. 1994 geschlossen worden sei, nicht; diese Feststellung sei aber auch rechtlich unerheblich: Sollte die Mietzinsvereinbarung vor dem 1. 3. 1994 getroffen worden sein, sei die Nichteinhaltung der Schriftform unschädlich. Nach Inkrafttreten des § 16 Abs 1 Z 5 MRG idF 3. WÄG wäre zwar die Mietzinsvereinbarung für deren Wirksamkeit schriftlich festzuhalten gewesen, doch hätte deren Unwirksamkeit gemäß § 16 Abs 8 Satz 2 MRG binnen drei Jahren geltend gemacht werden müssen. Diese Präklusionsregelung gelte für jede Unwirksamkeit einer Mietzinsvereinbarung, also auch für eine solche, die aus der Nichteinhaltung der in § 16 Abs 1 Z 5 MRG idF 3. WÄG geforderten Schriftform resultiere. Zum selben Ergebnis komme man aufgrund der Überlegung, dass ohne Einhaltung der Schriftform gemäß § 16 Abs 2 Satz 2 MRG nur der Richtwertmietzins hätte vereinbart werden dürfen, die Unzulässigkeit der Vereinbarung eines höheren Mietzinses nach drei Jahren aber eben nicht mehr geltend gemacht werden könne.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil - soweit überblickbar - höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die Präklusivfrist des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG auch für die aus der Nichteinhaltung der in § 16 Abs 1 Z 5 MRG normierten Schriftform resultierende Unwirksamkeit einer Mietzinsvereinbarung gelte.

Gegen den Sachbeschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Stattgebung seines Sachantrags. Hilfsweise stellt der Antragsteller auch einen Aufhebungsantrag.

Lediglich die Zweitantragstellerin erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu diesem nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist in seinem Aufhebungsantrag auch berechtigt.

1.1. Der Antragsteller geht zunächst davon aus, dass überhaupt keine Vereinbarung zwischen ihm und Kurt L***** zustandegekommen sei. Der Vermieter habe lediglich den von der Schlichtungsstelle festgesetzten erhöhten Hauptmietzins bekannt gegeben, was der Antragsteller einfach zur Kenntnis genommen habe. Daraus habe kein Bindungswille und folglich auch keine Mietzinsvereinbarung resultiert, deren Unwirksamkeit bei sonstiger Präklusion gemäß § 16 Abs 8 Satz 2 MRG geltend gemacht hätte werden müssen.

1.2. Mit den zuvor dargestellten Ausführungen weicht der Antragsteller - unzulässig - von den vom Erstgericht getroffenen und vom Rekursgericht übernommenen Feststellungen ab, nach denen zwischen Kurt L***** und dem Antragsteller sehr wohl eine mündliche Vereinbarung über eine Erhöhung des Hauptmietzinses auf den sich nach der Schlichtungsstellenentscheidung ergebenden Gesamtbetrag erfolgt war. Insoweit ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RIS-Justiz RS0043480 [zum Außerstreitverfahren: T12]; RS0043603; RS0007236; RS0108449).

2. Die Beurteilung des Rekursgerichts, wonach die vom Erstgericht festgestellte - mündliche - Vereinbarung über die Mietzinserhöhung auf den sich nach der Schlichtungsstellenentscheidung ergebenden Betrag wirksam wäre, sollte sie noch vor Inkrafttreten des 3. WÄG (BGBl 1993/800) am 1. 3. 1994 abgeschlossen worden sein, bekämpft der Antragsteller - zutreffend - nicht (vgl § 16 Abs 1 Z 7 MRG idF vor dem 3. WÄG; BGBl 1993/800 Art II II. Abschnitt Z 5).

3. Im Übrigen vertritt der Antragsteller - zusammengefasst - die Ansicht, das in § 16 Abs 1 Z 5 MRG normierte Schriftlichkeitserfordernis diene dem Übereilungsschutz. Die Nichteinhaltung der Schriftform führe zur Ungültigkeit und Unwirksamkeit, also zur absoluten Nichtigkeit der „Vereinbarung“. Die Präklusionsregelung des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG habe nach dem Willen des Gesetzgebers nicht den Zweck, „Nichtvereinbarungen“ zu sanieren und damit erst in „Vereinbarungen“ umzuwandeln.

Der Oberste Gerichtshof hat dazu Folgendes erwogen:

Rechtliche Beurteilung

3.1. Seit Inkrafttreten des 3. WÄG, also seit 1. 3. 1994 (Art II III. Abschnitt Abs 1 BGBl 1993/800), sind nach § 16 Abs 1 Z 5 MRG Vereinbarungen zwischen dem Vermieter und dem Mieter über die Höhe des Hauptmietzinses ohne die Beschränkungen der Abs 2 bis 5 leg cit bis zu dem für den Mietgegenstand im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag zulässig, wenn ein unbefristetes Mietverhältnis vorliegt, seit Übergabe des Mietgegenstands mehr als ein Jahr verstrichen ist und die Vereinbarung über die Höhe des Hauptmietzinses in Schriftform getroffen wird. Liegen die Voraussetzungen des § 16 Abs 1 MRG nicht vor, so darf nach § 16 Abs 2 MRG der zwischen dem Vermieter und dem Mieter vereinbarte Hauptmietzins den Richtwertmietzins nicht übersteigen. Nach § 16 Abs 8 MRG sind Mietzinsvereinbarungen insoweit unwirksam, als der vereinbarte Hauptmietzins den nach Abs 1 bis 7 zulässigen Höchstbetrag überschreitet (Satz 1). Die Unwirksamkeit ist binnen drei Jahren gerichtlich (bei der Gemeinde, § 39 MRG) geltend zu machen (Satz 2). Maßgeblich für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt der Mietzinsvereinbarung (5 Ob 187/99g = immolex 2000/64 [Kovanyi] = wobl 2001/32 = MietSlg 51.325; 5 Ob 174/01a = immolex 2002/51 = wobl 2002/81 = MietSlg 53.328; RIS-Justiz RS0112326; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 16 MRG Rz 81).

3.2. Mit der Präklusionsregelung des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG verfolgte der Gesetzgeber des 3. WÄG den Zweck, Beweisproblemen auszuweichen, die sich bei einer Mietzinsüberprüfung lange nach Abschluss der Mietzinsvereinbarung (RIS-Justiz RS0112180), namentlich wegen der Maßgeblichkeit der „Urkategorie“ und der sonstigen Umstände im möglicherweise schon Jahrzehnte zurückliegenden Vereinbarungszeitpunkt stellen (T. Hausmann aaO Rz 77). Das Erfordernis, die Unwirksamkeit einer Mietzinsvereinbarung binnen drei Jahren geltend machen zu müssen, bedeutet im Grunde die Sanierung teilnichtiger, das erlaubte Zinsausmaß überschreitender Mietzinsvereinbarungen durch Fristablauf (RIS-Justiz RS0083814; vgl auch Würth/Zingher, WohnR ´94, § 16 MRG Anm 27).

4. Die inhaltliche, materiellrechtliche Reichweite der Präklusionsregelung des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG ist in Judikatur und Lehre noch nicht in allen Details untersucht:

4.1. In der Entscheidung 7 Ob 181/08f (= immolex 2009/42 [Cerha] = EvBl 2009/23) hatte der Oberste Gerichtshof eine mündliche Mietzinsvereinbarung zu beurteilen, deren „wirksames Zustandekommen“ er im Lichte des in § 16 Abs 1 Z 5 MRG angeordneten Schriftlichkeitsgebots - mangels nachgewiesener Unterfertigung durch die Vermieterin - verneinte. Die Frage nach der allfälligen Relevanz der Präklusionsregelung des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG stellte sich bei der genannten Entscheidung mangels Fristablaufs nicht.

4.2. Der Entscheidung 5 Ob 28/07i (= MietSlg 59.084 = MietSlg 59.265) lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem das Rekursgericht vertretbar bereits das Zustandekommen einer schlüssigen Mietzinsvereinbarung verneint und daher eine bloß einseitige Mietzinsanhebung angenommen hatte, weshalb nur für letztere die Bedeutung der Präklusionswirkung zu erörtern war und der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin daher vom Obersten Gerichtshof zurückgewiesen wurde.

4.3. T. Hausmann führt (in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 16 MRG Rz 84b) zu hier interessierenden Reichweite der Präklusionsregelung aus:

„... aus dem auch vom Gesetzgeber selbst genannten telos der 1994 in das Gesetz eingefügten Bestimmung (vgl den AB zu Art II Z 15 des 3. WÄG - abgedruckt etwa in Würth/Zingher, Wohnrecht '94, 55), welcher in der Vermeidung von - bei länger zurückliegenden Sachverhalten typischerweise auftretenden - Beweisproblemen liegt, (ist) abzuleiten, dass sich die Notwendigkeit der Bekämpfung der Vorschreibung eines erhöhten Mietzinses alleine auf die Frage bezieht, ob dieser seiner Höhe nach den im konkreten Fall anwendbaren (Zulässigkeits-)Kriterien entspricht. Hingegen kommt diese ratio bei allen anderen denkbaren Anfechtungsgründen hinsichtlich nunmehr der Präklusion unterliegender Anhebungsbegehren des Vermieters gerade nicht zum Tragen:

So ist, um nur einige gängige Beispiele zu nennen, die Frage, ob ein einer bestimmten Anhebung zugrunde liegender Machtwechsel iSd § 12a Abs 3 (MRG) tatsächlich stattgefunden hat oder nicht, oder ob ein gemäß § 14 (MRG) in den Mietvertrag eingetretener Mieter zu einem bestimmten Zeitpunkt großjährig wurde, oder ob ein Wertsicherungssprung seine Stütze im konkreten Mietvertrag findet und/oder der richtige Indexwert mathematisch korrekt der Berechnung zugrunde gelegt wurde, praktisch - wollte man sich nicht in überspitzten Argumenten (wie etwa demjenigen, dass die Wahrscheinlichkeit der Auffindbarkeit von Firmenbuchunterlagen mit zunehmender Zeit abnimmt und dgl) verlieren - in keiner Weise von ähnlichen Beweisproblemen bedroht wie diejenige der zuvor genannten Feststellung des auf eine bestimmte Marktkonfiguration zu beziehenden bestimmten Zustandes eines Mietobjekts zu einem zeitlich genau fixierten, in der Vergangenheit liegenden Termin. Schon zur Rechtslage vor der WRN 2006 wurde ja auch noch von niemandem Ähnliches - dass etwa Formalfehler im Mietvertrag, welche zu dessen Unwirksamkeit führen könnten, binnen der Präklusivfrist des Abs 8 geltend gemacht werden müssten - propagiert. Für diese Lösung sprechen weiters auch Gründe der Praktikabilität, da es, wollte man auch alle anderen potentiellen Fehlerhaftigkeiten bzw -quellen (wie etwa die Nichteinhaltung der Schriftform, die falsche Berechnung einer 1/15-tel Anhebung nach § 46a [MRG] oder die Nichterfüllung aller sonstigen Voraussetzungen des § 46b [MRG] usw) einer Vorschreibung erhöhter Mietzinse durch den Vermieter der Präklusion unterwerfen, nahezu ausgeschlossen erscheint, ein alle denkbaren Fallkonstellationen abdeckendes, aber zwecks Vermeidung von auf der Hand liegenden Missbrauchsmöglichkeiten absolut notwendiges, stringentes und konsistentes Fehlerkalkül zu entwickeln, ohne der Willkür Tür und Tor zu öffnen. Als Konsequenz dieser Überlegungen ergibt sich daher, dass der Mieter nicht gehalten ist, gegen - abgesehen von der Höhe des begehrten Hauptmietzinses - nicht dem Vertrag bzw dem Gesetz entsprechenden Aufforderungen seines Vermieters das Gericht anzurufen.“

Der dargestellten Ansicht ist als Zwischenergebnis jedenfalls dahin zu folgen, dass nicht sämtliche rechtsgeschäftlichen Mängel einer Mietzinsvereinbarung der Präklusionsregelung unterliegen und dann nach Fristablauf saniert sind.

5. Damit die Präklusionsregelung des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG überhaupt zur Anwendung kommen kann, muss jedenfalls eine Mietzinsvereinbarung vorliegen, die zwar einerseits als rechtsgeschäftliche Einigung grundsätzlich wirksam ist, aber andererseits - der Höhe nach - bestimmten gesetzlichen Mietzinsbildungsvorschriften widerspricht und deshalb - ohne Sanierung - insoweit teilnichtig sein soll. Unter diesem Gesichtspunkt ist nun Sinn und Zweck des Schriftformgebots des § 16 Abs 1 Z 5 MRG in die Betrachtung miteinzubeziehen:

5.1. Ein Vertrag, für den Gesetz oder Parteiwille Schriftlichkeit bestimmt, kommt nach § 886 ABGB nur dann zustande, wenn beide Parteien den Vertrag unterzeichnet haben (5 Ob 2085/96w mzN = MietSlg XLVIII/23; jüngst 5 Ob 208/10i). Schriftlichkeit liegt also nur dann vor, wenn der Text der Erklärung auch mit der eigenhändigen Unterschrift des jeweils Erklärenden versehen ist (RIS-Justiz RS0017221, RS0078934, RS0017232, RS0014174, RS0017219). Die Rechtsprechung hat die Maßgeblichkeit des § 886 ABGB auch bereits in jenen Fällen bejaht, in denen das M(R)G die Schriftform verlangt (RIS-Justiz RS0101797, RS0112243, RS0068994, 1 Ob 525/93 = WoBl 1994, 70). Zu § 16 Abs 1 Z 5 MRG wurde bereits judiziert, dass das Schriftformerfordernis vorrangig dem Übereilungsschutz des Mieters, aber auch der Beweissicherung dient (5 Ob 133/10k; 7 Ob 181/08f = RIS-Justiz RS0124342). Unter diesem Aspekt besteht daher kein Anlass, vom Formgebot und der Wirkung seiner Nichteinhaltung, nämlich der Unwirksamkeit der Vereinbarung, Abstriche zu machen (vgl 5 Ob 2085/96w mzN = MietSlg XLVIII/23). Das führt im vorliegenden Zusammenhang dazu, dass eine - entgegen § 16 Abs 1 Z 5 MRG - bloß mündlich und nicht schriftlich abgeschlossene Mietzinsvereinbarung unwirksam ist und daher nicht nur keiner Anfechtung nach § 16 Abs 8 Satz 2 MRG bedarf, sondern mangels Wirksamkeit einer solchen fristgebundenen Anfechtung gar nicht zugänglich ist.

5.2. Gegen dieses Ergebnis spricht auch nicht der Zweck der Präklusionsregelung des § 16 Abs 8 Satz 2 MRG, nämlich die Vermeidung der in 3.2. näher dargestellten Beweisprobleme, weil ja in den Fällen des § 16 Abs 1 Z 5 MRG ohnehin schon eine - ihrerseits gesondert nach § 16 Abs 8 Satz 2 MRG zu beurteilende - Mietzinsvereinbarung besteht, die dann mangels Wirksamkeit der (nicht schriftlichen) Erhöhungsvereinbarung weiter gilt.

Die Notwendigkeit der Beurteilung der Wirksamkeit der bloß mündlichen Mietzinsvereinbarung ist eine im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren vorzunehmende Vorfragenbeurteilung, die - entgegen der von der Zweitantragstellerin in ihrer Revisionsrekursbeantwortung vertretenen Ansicht - nicht die Unzulässigkeit des Rechtswegs begründet (vgl RIS-Justiz RS0069523).

6. Die dargestellte Rechtslage, nämlich die Unwirksamkeit einer nach dem 1. 3. 1994 abgeschlossenen mündlichen Erhöhungsvereinbarung, macht vorliegend die Aufhebung des zweitinstanzlichen Sachbeschlusses unumgänglich:

Das Rekursgericht wird sich im fortgesetzten Verfahren mit der vom Antragsteller in seinem Rekurs ON 15 erhobenen Beweisrüge zum Zeitpunkt der mündlichen Mietzinsvereinbarung (monatlich [insgesamt] 273,54 EUR) auseinanderzusetzen und zu klären haben, ob diese vor oder nach dem 1. 3. 1994 getroffen wurde (die „ausdrückliche Nichtübernahme“ - Seite 6 der Rekursentscheidung - der Feststellung durch das Rekursgericht, wonach die Mietzinsvereinbarung vor dem 1. 3. 1994 getroffen wurde, stellt keine ausreichende und gesetzmäßige Erledigung der Beweisrüge dar, weil sie ausschließlich „mangels (rechtlicher) Relevanz“ erfolgte, was jedoch nach den vorstehenden Ausführungen nicht zutrifft). Sollte die mündliche Vereinbarung vor dem 1. 3. 1994 getroffen worden sein, ist sie wirksam (§ 16 Abs 1 Z 7 MRG idF vor dem 3. WÄG). Sollte die mündlich getroffene Mietzinsvereinbarung dagegen erst nach dem 1. 3. 1994 getroffen worden sein, so ist sie mangels Schriftlichkeit unwirksam, und zwar ohne dass dies einer fristgebundenen Anfechtung bedurfte. Die gänzliche Unwirksamkeit dieser mündlichen Mietzinsvereinbarung führt - offenbar entgegen der Ansicht der Zweitantragstellerin - nicht zur Maßgeblichkeit des Richtwertmietzinses, sondern zur Geltung des bis dahin vereinbart gewesenen - und auf der gegebenen Sachverhaltsgrundlage nach § 16 Abs 8 Satz 2 MRG seinerseits anfechtungsfesten (vgl RIS-Justiz RS0109837) - Hauptmietzinses sowie der nach §§ 18, 18a MRG erfolgten Erhöhungen.

Auf die von der Zweitantragsgegnerin gegen die Anwendung des § 37 Abs 4 MRG vorgetragenen Bedenken muss im gegebenen Verfahrensstadium nicht eingegangen werden.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Erst mit der endgültigen Sachentscheidung können die gebotenen Billigkeitserwägungen angestellt werden (RIS-Justiz RS0123011 [T1]).

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