Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit 225,07 EUR (darin 37,51 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.
Text
B e g r ü n d u n g :
Die Antragstellerin begehrte die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse mit einem bei einem Wiener Bezirksgericht überreichten Schriftsatz. Dieses sprach seine (örtliche) Unzuständigkeit aus und überwies die Rechtssache an ein anderes Bezirksgericht.
Das nunmehrige Gericht erster Instanz wies nach Erörterung mit den Parteien den Antrag wegen Verfristung zurück, weil die Antragstellerin den Antrag nicht binnen der Jahresfrist des § 95 EheG beim zuständigen Bezirksgericht eingebracht habe. Ein bei einem unzuständigen Gericht eingebrachter Antrag wäre nur fristwahrend gewesen, wenn er noch innerhalb der offen stehenden Frist beim zuständigen Gericht eingelangt wäre.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Antragstellerin gegen diese Entscheidung dahin Folge, dass es diese aufhob und dem Erstgericht die Verfahrensergänzung und neuerliche Entscheidung auftrug.
Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der Revisionsrekurs zugelassen werde.
Zur Begründung führte das Rekursgericht im Wesentlichen aus:
Die Jahresfrist des § 95 EheG sei eine materiellrechtliche Fallfrist, deren Nichteinhaltung zum Anspruchsverlust führe. Die Frist werde durch Antragstellung bei Gericht gewahrt, die rechtzeitige Postaufgabe genüge nicht. Nach § 12 AußStrG werde ein Antrag mit Einlangen in der Einlaufstelle des (auch unzuständigen) Gerichts gerichtsanhängig. Dieser Zeitpunkt sei auch für die Wahrung materiellrechtlicher Präklusivfristen maßgeblich. Nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 4 Ob 513/94 bleibe die Gerichtsanhängigkeit des vor Ablauf der Jahresfrist beim unzuständigen Gericht eingebrachten Aufteilungsantrags aufrecht, wenn dieses die Rechtssache nach deren Ablauf nach § 44 Abs 1 JN an das zuständige Gericht überweise. Dadurch werde auch die Frist des § 95 EheG gewahrt. Auch im streitigen Verfahren wahre die Überweisung an das zuständige Gericht die Gerichtsanhängigkeit. Eine unterschiedliche Behandlung von streitigem und außerstreitigem Verfahren wäre im Hinblick auf § 12 AußStrG nicht sachgerecht. Eine nicht gehörige Fortsetzung des Verfahrens sei der Antragstellerin nicht vorzuwerfen.
Der Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil zur Frage der Wahrung der Frist des § 95 EheG durch Adressierung des Antrags an ein örtlich unzuständiges Gericht und dessen Überweisung gemäß § 44 JN nach Fristablauf seit Inkrafttreten des Außerstreitgesetzes 2003 noch keine Judikatur des Obersten Gerichtshofs vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist ungeachtet dieses den Obersten Gerichtshof nach § 71 Abs 1 AußStrG nicht bindenden Ausspruchs des Rekursgerichts nicht zulässig.
Der Revisionsrekurswerber schließt sich dessen Meinung an und fügt lediglich hinzu, dass nach der Entscheidung 4 Ob 513/94 die in der angefochtenen Entscheidung zitierten Lehrmeinungen vertreten worden seien, wonach der Antrag innerhalb der Frist beim Aufteilungsgericht eingelangt sein müsse.
Wie nun schon das Rekursgericht zutreffend ausführte, handelt es sich bei der Frist des § 95 EheG um eine materiellrechtliche Ausschlussfrist, deren Nichteinhaltung zum Anspruchsverlust führt (stRsp, 7 Ob 662/82 = SZ 55/192 = JBl 1983, 648 [Ch. Huber] uva; RIS-Justiz RS0057726). Auf diese werden - wie allgemein auf Präklusivfristen - die Verjährungsregeln des ABGB, insbesondere dessen § 1497, analog angewendet (RIS-Justiz RS0034613; RS0034507 [T10]; Stabentheiner in Rummel, ABGB³ § 95 EheG Rz 3; Deixler/Hübner in Gitschthaler/Höllwerth, EheG § 95 Rz 16; Hopf/Kathrein, Eherecht² § 95 Anm 2).
Nach § 1497 ABGB unterbricht demnach die Klagsführung wie die Geltendmachung des Anspruchs im dafür vorgesehenen Außerstreitverfahren Verjährungsfristen ebenso wie Präklusionsfristen, wenn das Verfahren gehörig fortgesetzt wird und zu einem stattgebenden Ergebnis führt (M. Bydlinski in Rummel, ABGB³ § 1497 Rz 6 mwN). Dabei schadet die Einbringung bei einem unzuständigen Gericht dann nicht, wenn die Klage nicht zurückgewiesen, sondern dem zuständigen Gericht überwiesen bzw „weitergeleitet“ wird (SZ 7/6; 1 Ob 112/00b = SZ 73/122; RIS-Justiz RS0034610; weiters RS0034720; M. Bydlinski aaO mwN). Die materiellrechtliche Frist ist dann gewahrt, wenn die Klage beim überweisenden Gericht vor deren Ablauf einlangt (RIS-Justiz RS0034682).
Die vom Rekursgericht zu Recht für seine Rechtsansicht ins Treffen geführte Entscheidung 4 Ob 513/94 steht für den Spezialfall der Unterbrechung der Ausschlussfrist des § 95 EheG bei Einbringung des Aufteilungsantrags beim unzuständigen Gericht und Überweisung an das zuständige nach § 44 Abs 1 JN mit dieser Judikatur in völliger Übereinstimmung.
An ihr wurde im Schrifttum - soweit überblickbar - keine Kritik geübt. Die in seiner ausführlichen Darstellung der Rechtsprechung zum Aufteilungsverfahren enthaltene Anmerkung von Gitschthaler (Nacheheliche Aufteilung 435) zu § 89 GOG lässt entgegen der Meinung des Rekursgerichts (der sich anscheinend auch der Antragsteller anschließt) keine ablehnende Haltung zur zitierten Entscheidung erkennen; auf die Frage der Fristwahrung bei Überweisung nach § 44 Abs 1 JN geht dieser Autor nicht ein. Auch die von ihm selbst zitierte eigene Kommentierung des § 89 GOG (in Rechberger, ZPO³ §§ 124-126 Rz 11) enthält zu dieser Frage nichts. Von mehreren kritischen Lehrmeinungen kann daher entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung schon gar nicht die Rede sein. Dass grundsätzlich nur Klage oder Antrag beim zuständigen Gericht die Frist wahrt, ist als Grundregel selbstverständlich, verhindert doch - mangels Überweisung - wie dargelegt eine Zurückweisung des Antrags bzw der Klage die Unterbrechungswirkung.
Somit steht die angefochtene Entscheidung im Einklang mit einer eingehend begründeten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, die unwidersprochen blieb. Dass inzwischen das neue AußStrG in Kraft getreten ist, gebietet eine neuerliche Sachentscheidung schon deshalb nicht, weil sich die Rechtslage dadurch in keinem wesentlichen Punkt geändert hat, worauf die Antragstellerin in ihrer Rechtsmittelbeantwortung richtig hinweist. Sowohl § 95 EheG als auch § 1497 ABGB und § 44 Abs 1 JN blieben unverändert. Dass der neue § 12 AußStrG, der erstmals die Anhängigkeit des Verfahrens außer Streitsachen ausdrücklich regelt, eine inhaltliche Rechtsänderung bedeute, wird weder vom Gericht zweiter Instanz noch vom Revisionsrekurswerber behauptet; das ist auch nicht ersichtlich. Vielmehr vertreten zutreffend auch Fucik/Kloiber (AußStrG § 12 Rz 1) die Auffassung, mit dem Einlangen des Antrags in der Einlaufstelle des (auch unzuständigen) Gerichts werde das Verfahren gerichtsanhängig, welcher Zeitpunkt ua auch für die Wahrung materiellrechtlicher Präklusivfristen (zB §§ 81 ff EheG) maßgeblich sei (abgesehen von der Erwähnung der Einlaufstelle ebenso Rechberger in Rechberger, AußStrG § 12 Rz 1). Auf den - nicht ins geltende Recht übernommenen - § 235 AußStrG 1854 kommt es hier schon deshalb nicht an, weil die Antragstellerin nicht etwa eine Klage, sondern richtigerweise einen Antrag im Verfahren außer Streitsachen eingebracht hat.
Der Revisionsrekurs ist daher mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.
Die Antragstellerin hat in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen, weshalb ihr der Ersatz der im Zwischenstreit über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entstandenen Kosten zusteht; das gilt nach § 78 Abs 1 und 2 AußStrG auch im Außerstreitverfahren (vgl nur 2 Ob 175/08m, 5 Ob 110/08z; weiters RIS-Justiz RS0035976 [T2]; RS0123222 [T4 bis T7]). Mangels einer Bewertung des Anspruchs schon im Antrag (§ 4 RATG) ist für ihren Kostenersatzanspruch aber nicht die nunmehrige Bewertung mit 100.000 EUR, sondern nur der Zweifelsstreitwert des § 14 lit c RATG von 730 EUR maßgebend.
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