OGH 4Ob513/94

OGH4Ob513/9422.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Hedwig G*****, vertreten durch Dr.Bernhard Aschauer, Rechtsanwalt in Linz, wider den Antragsgegner Wolfgang Johann G*****, vertreten durch Dr.Wolfram Steinkogler, Rechtsanwalt in Linz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 16.Dezember 1993, GZ 18 R 803/93-9, womit der Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Urfahr-Umgebung vom 1.Oktober 1993, GZ F 5/93-4, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er wie folgt zu lauten hat:

"Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben".

Text

Begründung

Die am 28.9.1968 geschlossene Ehe der Parteien wurde mit dem am 24.9.1992 in ihrer Anwesenheit mündlich verkündeten Urteil des Bezirksgerichtes Linz, GZ 4 C 124/92d-3, aus dem Alleinverschulden des Mannes geschieden. Beide Parteien haben nach der Urteilsverkündung einen Rechtsmittelverzicht abgegeben.

Die Frau brachte am 16.9.1993 beim Bezirksgericht Urfahr-Umgebung einen Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gemäß den §§ 81 ff EheG ein; als aufzuteilendes Gebrauchsvermögen benannte sie die vom Mann als Dienstwohnung gemietete Ehewohnung sowie Hausrat, die Wohnungseinrichtung, einen PKW, einen Bausparvertrag, einen Videorecorder und eine Filmkamera.

Mit Beschluß vom 20.9.1993 wies das Bezirksgericht Urfahr-Umgebung den Antrag der Frau wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück, da die Parteien schon nach dem Antragsvorbringen ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Sprengel des Bezirksgerichtes Linz hatten, so daß dieses Gericht gemäß §§ 76 Abs 1, 114 a JN für das nacheheliche Aufteilungsverfahren zuständig sei. Der Beschluß wurde am 22.9.1993 an den Vertreter der Frau abgefertigt.

Am 30.9.1993 langte beim Bezirksgericht Urfahr-Umgebung der Antrag der Frau auf Überweisung der Rechtssache an das offenbar nicht unzuständige Bezirksgericht Linz ein.

Mit Beschluß vom 1.10.1993 hob das Bezirksgericht Urfahr-Umgebung die mit Beschluß vom 20.9.1993 verfügte Zurückweisung des Aufteilungsantrages der Frau auf und überwies den Antrag an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Linz. Bei diesem Gericht langte der überwiesene Akt am 8.10.1993 ein. Erst nach Zustellung des Aufteilungsantrages an den Antragsgegner und Abhaltung einer Tagsatzung am 27.10.1993 verfügte das Bezirksgericht Linz die Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Vertreter des Antragsgegners.

Den dagegen erhobenen Rekurs des Antragsgegners wies das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß zurück und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Bezirksgericht Urfahr-Umgebung habe zwar entgegen § 44 JN den Aufteilungsantrag der Frau zurückgewiesen anstatt ihn sofort an das Bezirksgericht Linz zu überweisen, doch habe die Frau fristgerecht im Sinn des auch im Außerstreitverfahren analog anzuwendenden § 230 a ZPO einen Überweisungsantrag gestellt, welchem mit dem angefochtenen Beschluß entsprochen wurde. Damit sei aber ein dem § 44 JN entsprechendes Ergebnis erzielt worden. Gegen die Zulassung des Rechtsbehelfes eines Überweisungsantrages im Sinne des § 230 a ZPO im Außerstreitverfahren bestünden auch unter dem Gesichtspunkt des § 9 AußStrG keine Bedenken, habe doch der Antragsgegner aus dem Zurückweisungsbeschluß schon mangels Zustellung noch keine Rechte erlangt. Sei aber § 230 a ZPO auch im Außerstreitverfahren analog anzuwenden, dann komme auch der dort angeordnete Rechtsmittelausschluß zum Tragen. Demnach sei aber der unzulässige Rekurs zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Antragsgegners ist zulässig und - wenn auch nur im Sinne eines Formalerfolges - berechtigt.

Über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse ist gemäß §§ 229 ff AußStrG im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden. Der Aufteilungsantrag war daher schon nach seinem Inhalt (vgl EFSlg 67.625) in diesem Verfahren abzuwickeln. Wenn aber für eine zur nicht streitigen Gerichtsbarkeit gehörige Rechtssache ein anderes als das angerufene Gericht zuständig ist, so hat letzteres seine Zuständigkeit gemäß § 41 Abs 1 und 3 JN von Amts wegen zu prüfen und in der Folge gemäß § 44 Abs 1 JN seine Unzuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen oder auf Antrag durch Beschluß auszusprechen und, soferne ihm die Bestimmung des zuständigen Gerichtes nach den Verhältnissen des einzelnen Falles möglich ist, die Rechtssache an das zuständige Gericht zu überweisen (Fasching, ZPR2 Rz 223; RdW 1990, 256 mwN). Die Vorgangsweise bei Unzuständigkeit des in einem außerstreitigen Verfahren angerufenen Gerichtes ist demnach im § 44 JN abschließend geregelt, so daß hier entgegen der Meinung des Rekursgerichtes für eine analoge Anwendung des § 230 a ZPO, abgesehen davon, daß sich weder das Bezirksgericht Urfahr-Umgebung noch die Antragstellerin auf diese Bestimmung berufen haben, kein Raum ist. Der Rechtsmittelwerber übersieht aber, daß es auch nach § 44 JN nicht stets zu einer Überweisung kommen muß: Ist nämlich dem angerufenen unzuständigen Gericht die Bestimmung des zuständigen Gerichtes nach den Verhältnissen des einzelnen Falles nicht möglich, hat es den Antrag zurückzuweisen (Fasching I 279). Hier lagen aber die Voraussetzungen für eine solche Zurückweisung nicht vor, hat doch das Bezirksgericht Urfahr-Umgebung schon in der Begründung seines Zurückweisungsbeschlusses das zuständige Bezirksgericht Linz sogar ausdrücklich benannt. Gerade dagegen, also gegen die Zurückweisung ihres Aufteilungsantrages, hat sich aber die Antragstellerin mit ihrem innerhalb der Rechtsmittelfrist des § 11 Abs 1 AußStrG eingebrachten "Überweisungsantrag" gewendet, hat sie doch damit unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß sie mit den Folgen der Unzuständigkeitsentscheidung (der Zurückweisung des Antrages und der damit einhergehenden Beendigung der Gerichtsanhängigkeit) nicht einverstanden ist und deshalb statt der Zurückweisung des Antrages dessen Überweisung an das Bezirksgericht Linz begehrt (vgl Simotta in JBl 1988, 359 ff [360]).

Da dieses Begehren deutlich erkennbar war, lag trotz der unrichtigen, aber gemäß dem analog auch im Außerstreitverfahren anzuwendenden § 84 Abs 2 ZPO unerheblichen Benennung als "Überweisungsantrag" eine an das Bezirksgericht Urfahr-Umgebung gerichtete Vorstellung im Sinne des § 9 AußStrG vor, welcher dieses Gericht stattgegeben hat, indem es die von ihm verfügte Zurückweisung des Antrages aufhob und ihn an das Bezirksgericht Linz überwies. Dem standen weder § 9 Abs 2 noch § 231 Abs 1 AußStrG entgegen, hatte doch der Antragsgegner aus der bloßen Formalentscheidung (Zurückweisung des Antrages der Frau: ON 2) noch keine formellen, geschweige denn materiellen Rechte erlangt und betrifft § 231 AußStrG nur die Sachentscheidung im Aufteilungsverfahren, nicht aber verfahrensrechtliche Entscheidungen, also auch nicht - wie im vorliegenden Fall - eine Entscheidung über die Zuständigkeit (SZ 53/150; EvBl 1988/114 mwN).

Da somit das Bezirksgericht Urfahr-Umgebung im Wege der Stattgebung der Vorstellung der Antragstellerin doch noch im Sinne des § 44 Abs 1 JN seine Unzuständigkeit ausgesprochen und die Rechtssache an das Bezirksgericht Linz überwiesen hat, bleibt die Gerichtsanhängigkeit des am 16.9.1993 - wenn auch beim unzuständigen Gericht - eingebrachten Aufteilungsantrages aufrecht, so daß materiell die ab formeller Rechtskraft des Scheidungsurteils (hier: 24.9.1992) zu berechnende Jahresfrist nach § 95 EheG (Pichler in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 95 EheG; EFSlg 49.035 uva) gewahrt ist und aufrecht erhalten wurde (vgl zum Fall einer Überweisung nach § 235 AußStrG: EvBl 1986/6).

Ein Überweisungsbeschluß nach § 44 Abs 1 JN kann jedoch - auch vom Antragsgegner - mit Rekurs angefochten werden (Fasching, ZPR2, Rz 223), weshalb sich die Verneinung der Zulässigkeit des Rechtsmittels durch das Rekursgericht als unzutreffend erweist. Da aber in einer Zurückweisung der Sache an das Rekursgericht zur Nachholung der Sachentscheidung nur eine überflüssige Formalität gelegen wäre, weil der Rechtsmittelwerber die Unzuständigkeit des zunächst angerufenen Bezirksgerichtes Urfahr-Umgebung bzw die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Linz - mit Recht - gar nicht in Zweifel zieht, hat der Oberste Gerichtshof an die Stelle der Formalentscheidung des Rekursgerichtes die zutreffende Sachentscheidung zu setzen (ÖA 1988, 20 mwN).

Dem Revisionsrekurs konnte demnach nur ein Formalerfolg beschieden sein, weshalb auch ein Kostenzuspruch nach billigem Ermessen (§ 234 AußStrG) von vornherein ausscheidet.

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