Spruch:
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.175,66 EUR (darin enthalten 362,61 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ab.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 6 Abs 1 AHG verjähren Ersatzansprüche nach § 1 Abs 1 AHG grundsätzlich in 3 Jahren nach Ablauf des Tages, an dem der Schaden dem Geschädigten bekannt wurde. In § 6 AHG ist - im Gegensatz zu den Verjährungsbestimmungen des ABGB - die Kenntnis der Person des Schädigers nicht gefordert, weil bei Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen ein bestimmtes Organ nicht genannt werden muss. Wenn die Schadensverursachung durch ein Organ des Rechtsträgers nicht auf der Hand liegt, beginnt die Verjährung nach der insoweit berichtigenden Auslegung des erkennenden Senats erst zu laufen, wenn dem Geschädigten außer dem Schadenseintritt auch der Umstand hinreichend bekannt geworden ist, dass das Verschulden irgendeines Organs des zu klagenden Rechtsträgers schadenskausal war (RIS-Justiz RS0050394; 1 Ob 53/07m; Schragel, AHG3 Rz 223). Für den Beginn der Verjährung eines Amtshaftungsanspruchs ist daher jener Zeitpunkt maßgebend, zu dem der Geschädigte aufgrund der ihm bekannten Tatsachen ohne nennenswerte Mühe auf das Verschulden irgendeines Organs des Rechtsträgers schließen konnte (RIS-Justiz RS0050355). Es muss also auch die Schadensursache bekannt gewesen sein. Von einem Schaden im Sinne des Gesetzes kann nur gesprochen werden, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Vermögensnachteil durch das rechtswidrige Verhalten eines Organs herbeigeführt wurde (Schragel, AHG3 Rz 224). Soweit Lehre und Judikatur fordern, dass dem Geschädigten der Ursachenzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem eingetretenen Schaden bekannt geworden sei, ist dies nicht dahin zu verstehen, dass die Kenntnis notwendig wäre, welche konkrete schuldhafte Handlung oder Unterlassung Ursache des Schadens war, vielmehr genügt es, wenn der Geschädigte Kenntnis von den schädlichen Wirkungen eines Ereignisses erlangt, dessen Ursache oder Mitursache irgendein dem Schädiger anzulastendes Verhalten ist (5 Ob 120/73; 1 Ob 53/07m). Die Kenntnis muss den ganzen anspruchsbegründenden Sachverhalt umfassen, insbesondere auch den Ursachenzusammenhang zwischen dem Schaden und einem bestimmten, dem Schädiger anzulastenden Verhalten (RIS-Justiz RS0034951). Die Verjährung eines Amtshaftungsanspruchs beginnt daher zu dem Zeitpunkt, zu dem der Geschädigte ausreichend Gewissheit über ein Verschulden von Organen des Rechtsträgers hat oder weiß, dass er ohne eigene Aktivität seinen Wissensstand nicht mehr erhöhen kann (RIS-Justiz RS0050360).
Soweit sich der Kläger im vorliegenden Fall darauf beruft, erst durch die jüngere Judikatur des Obersten Gerichtshofs („Bankenaufsichtsurteil") an eine Haftung der nunmehrigen Beklagten für Verletzung von Aufsichtspflichten gedacht, bzw erst im Jahr 2004 davon Kenntnis erlangt zu haben, dass die beklagte Rechtsanwaltskammer in analoger Anwendung zum „Bankenaufsichtsurteil" des Obersten Gerichtshofs die Verantwortung für die Veruntreuung des betroffenen Rechtsanwalts zu tragen habe, ist ihm zu erwidern, das die grundsätzliche Möglichkeit, Selbstverwaltungskörper wie jene der freien Berufe, also zB Rechtsanwaltskammern, nach dem AHG in Anspruch zu nehmen, seit dessen In-Kraft-Treten möglich ist (vgl Loebenstein/Kaniak, Kommentar zum Amtshaftungsgesetz, 24). Auch die Haftung des Bundes für die Aufsicht über Kreditinstitute wird nicht erst seit 2004 sondern in langjähriger Praxis judiziert (vgl RIS-Justiz RS0049847; SZ 52/186 = 1 Ob 36/79). Dass der Kläger selbst - seinen Behauptungen zufolge - davon erst im Jahr 2004 Kenntnis erlangte, ändert nichts daran, dass sowohl der Eintritt des Schadens als auch die Rechtslage lange zuvor und damit jedenfalls 3 Jahre vor Klagseinbringung bekannt waren bzw sein mussten. Eine Erkundigungsobliegenheit darf zwar nicht überspannt werden, ist aber dann zu bejahen, wenn Verdachtsmomente bestehen, aus denen der Anspruchsberechtigte schließen kann, dass Verhaltenspflichten nicht eingehalten wurden (vgl 7 Ob 204/05h).
Dem nunmehrigen Vorbringen in der Revision, der Kläger habe einen „Erkundungsprozess" geführt und erst durch die Schriftsätze im Verfahren definitive Kenntnis vom schuldhaften Verhalten der beklagten Partei erlangt, weil sämtliche Ausschuss- und Kammeranwaltsakten sowie sonstige Interna der Beklagten strengster Verschwiegenheit unterlägen, ist entgegen zu halten, dass für den Beginn der Verjährung der Geschädigte nicht über die konkrete Beweislage Kenntnis haben muss (3 Ob 560/86). Die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltsstands ist aber nach § 23 RAO seit jeher allgemeine Aufgabe der Rechtsanwaltskammer.
Der Kläger behauptet auch nicht, dass eine Auskunftspflicht seitens der Beklagten über die intern getroffenen Veranlassungen bestanden hätte. Damit konnte sich aber auch auf Basis der Argumentation des Klägers am Kenntnisstand betreffend Schaden und Maßnahmen der Beklagten weit länger als drei Jahre vor Klagseinbringung nichts mehr ändern und war daher der gesamte - erreichbare - Kenntnisstand vorhanden. Spätestens in diesem Zeitpunkt begann daher die Verjährung zu laufen (RIS-Justiz RS0050360).
Damit ist der erst im November 2005 geltend gemachte Anspruch verjährt und kommt es auf die Lösung der sonstigen, als erheblich bezeichneten Rechtsfragen nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente der Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.
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