OGH 10ObS89/07x

OGH10ObS89/07x26.7.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Christa Brezna (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Heinz Ehmer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ilmija A*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Dr. Reinhold Schwarzkogler, LL.M. Rechtsanwalt in Lambach, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich- Hillegeist-Straße 1, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. Juni 2007, GZ 12 Rs 58/07x-76, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Ein Beruf gilt nur dann als erlernt iSd § 255 Abs 1 ASVG, wenn die vorgesehene Lehrabschlussprüfung abgelegt wurde (SSV-NF 3/122; 12/12

ua) bzw eine Gleichhaltung eines im Ausland erworbenen Prüfungszeugnisses iSd § 27a BAG erfolgt ist (SSV-NF 12/12 ua). Dass der Kläger im Sinne dieser Ausführungen den Beruf eines Maurers erlernt hätte, wird auch von ihm selbst nicht behauptet. Es war daher von den Vorinstanzen zu prüfen, ob der Kläger Berufschutz als angelernter Maurer genießt. Gemäß § 255 Abs 2 ASVG liegt ein angelernter Beruf vor, wenn der Versicherte eine Tätigkeit ausgeübt hat, für die es erforderlich ist, durch praktische Arbeit qualifizierte Kenntnisse oder Fähigkeiten zu erwerben, welche jenen in einem erlernten Beruf gleichzuhalten sind. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers ist es daher für die Annahme eines Berufschutzes als angelernter Maurer nach § 255 Abs 2 ASVG nicht ausreichend, dass er im maßgebenden Zeitraum der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag in Österreich während 98 Versicherungsmonaten „als Maurer gearbeitet" hat. Entscheidend ist vielmehr, ob der Revisionswerber durch diese praktische Arbeit qualifizierte Kenntnisse oder Fähigkeiten erworben hat, die üblicherweise von gelernten Maurern auf dem österreichischen Arbeitsmarkt verlangt werden. Dabei reicht es nach ständiger Rechtsprechung nicht aus, nur Kenntnisse oder Fähigkeiten zu besitzen, die sich nur auf ein Teilgebiet oder mehrere Teilgebiete eines Tätigkeitsbereiches beschränken, der von gelernten Facharbeitern allgemein in viel weiterem Umfang beherrscht wird (SSV-NF 7/108; 9/96 uva; RIS-Justiz RS0084638). Die Frage, ob der Versicherte durch die von ihm verrichtete Tätigkeit einen Berufschutz als angelernter Maurer erworben hat, ist einzelfallbezogen zu prüfen (vgl 10 ObS 204/06g). In der Ansicht der Vorinstanzen, die das festgestellte Fehlen - nicht nur theoretisch sondern auch praktisch relevanter - Grundkenntnisse beim Kläger als wesentlich beurteilt und das Vorliegen eines Berufschutzes nach § 255 Abs 2 ASVG daher verneint haben, kann keine vom Obersten Gerichtshof im Einzelfall wahrzunehmende Fehlbeurteilung erblickt werden (vgl auch die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes 10 ObS 236/02g, 10 ObS 225/00m, 10 ObS 71/99k und 10 ObS 25/91 zur Frage eines Berufsschutzes als angelernter Maurer).

Auch die weitere Frage, auf welche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ein Versicherter ausgehend von seinem konkret festgestellten medizinischen Leistungskalkül noch verwiesen werden kann, ist einzelfallbezogen zu prüfen. Zur Verneinung des Vorliegens der Invalidität genügt nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich ein einziger nach dem medizinischen Leistungskalkül möglicher Verweisungsberuf (RIS-Justiz RS0108306). Es kommen als Verweisungsberufe aber nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung nur solche Berufstätigkeiten in Betracht, die auf dem allgemeinen österreichischen Arbeitsmarkt in ausreichender Anzahl (= zumindest 100 Arbeitsstellen) vorhanden sind (RIS-Justiz RS0084857; RS0084772). Nach den maßgebenden Feststellungen der Vorinstanzen kann der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedenfalls noch die Verweisungstätigkeit eines Tagportiers im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung im Ausmaß von vier Stunden täglich verrichten, wobei bundesweit auch ein entsprechender Arbeitsmarkt von zumindest 100 solchen Arbeitsstellen existiert. Wie der Oberste Gerichtshof ebenfalls bereits ausgesprochen hat, kann ein Versicherter durch die Ausübung dieser Verweisungstätigkeit im Rahmen der erwähnten Teilzeitbeschäftigung auch die erforderliche „Lohnhälfte" iSd § 255 Abs 3 ASVG erzielen (10 ObS 109/06m = ZAS 2007/49, 76). Auch die vom Revisionswerber zitierte Entscheidung 10 ObS 98/04s vermag kein anderes Ergebnis zu begründen, weil die vom Revisionswerber daraus abgeleitete Nichtvermittelbarkeit von Versicherten mit einem seinen Einschränkungen entsprechenden medizinischen Leistungskalkül nach ständiger Rechtsprechung in keinem Fall der Verweisung zu berücksichtigen ist und für den Fall der Arbeitslosigkeit die Leistungszuständigkeit der Arbeitslosenversicherung besteht (RIS-Justiz RS0084833).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte