Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin ist eine Sparkassen Aktiengesellschaft. Der Beklagte war Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften („Firmengruppe H*****"), die ebenso wie er selbst zwischenzeitig in Konkurs geraten sind.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage, den Beklagten schuldig zu erkennen, die Behauptung und/oder Verbreitung der Äußerung, die Klägerin hätte und/oder Mitglieder von Organen der Klägerin hätten in Ausübung ihrer Organstellung deliktische Haftungs-Tatbestände, insbesondere das Vergehen der Kreditschädigung nach § 152 StGB, das Vergehen des Betrugs gemäß § 146 StGB, das Verbrechen der Untreue nach § 153 Abs 2 StGB und das Vergehen der Umtriebe während des Ausgleichsverfahrens gemäß § 160 StGB begangen und/oder sinngleicher Äußerungen zu unterlassen. In eventu begehrt die Klägerin, der Beklagte sei schuldig, die Behauptung und/oder die Verbreitung der Äußerung, die Klägerin hätte und/oder Mitglieder von Organen der Klägerin hätten in Ausübung ihrer Organstellung deliktische Haftungs-Tatbestände, nämlich
- gemäß § 152 StGB versuchte Kreditschädigung,
- gemäß § 146 StGB - wissentliche Unterlassung der Aufklärung über den Grundstückskauf der Firmengruppe P***** und dadurch bewirkte Kreditabschlüsse mit der Firmengruppe Ing. Günther H*****, welche schließlich die Einleitung der Insolvenzverfahren bewirkte und daher Ing. Günther H***** persönlich und der Firmengruppe Ing. Günther H***** einen Schaden verursachten, entspreche dem Tatbestand des Betrugs gemäß § 146 StGB,
- gemäß § 153 Abs 2 StGB - Ausgleichsanträge der Firmengruppe Huber durch die von der Klägerin gesetzten offenbar strafrechtswidrigen Handlungen (§ 153 Abs 2 StGB) notwendig geworden, weshalb der Klägerin keine Forderungen zustünden, sondern der Firmen der Unternehmen der Firmengruppe H***** und Ing. Günther H***** persönlich vielmehr gegen die Klägerin Schadenersatzansprüche zustünden,
begangen und/oder sinngleicher Äußerungen zu unterlassen. Der Beklagte habe aufgrund massiver finanzieller Schwierigkeiten für die überwiegende Zahl der Unternehmen der „Firmengruppe H*****" Insolvenzverfahren eingeleitet. In deren Zuge habe die Klägerin mit dem Beklagten unter Teilnahme seines Rechtsanwalts am 26. 1. 1999 eine Vereinbarung geschlossen. Nachdem sich in der zweiten Jahreshälfte 1999 abgezeichnet habe, dass es dem Beklagten nicht gelingen werde, die Voraussetzungen für den in der Vereinbarung vom 26. 1. 1999 in Aussicht gestellten Forderungsnachlass zu erbringen, habe er begonnen, gegen die Klägerin schwere Vorwürfe zu erheben. So habe er dem Mitglied des Aufsichtsrats der Klägerin, Dkfm. Herbert B*****, in einem Telefax an eine Mitarbeiterin der N***** vorgeworfen, für angeblich strafrechtlich relevante Verhaltensweisen der Klägerin zumindest mitverantwortlich zu sein. Einem Prokuristen der Klägerin habe er (straf-)rechtswidriges Verhalten vorgeworfen, weshalb der Prokurist angeblich für einen Teilbetrag von 100 Mio S persönlich hafte. In diesem Schreiben würden weitere „strafrechtliche Schritte gegen alle ... verantwortlichen Mitglieder des Sparkassengremiums" angekündigt. Der Beklagte habe sich mit Schriftsatz vom 28. 8. 2000 zu einem von der Klägerin gegen ihn gestellten Konkursantrag geäußert. Darin beschuldige er die Klägerin und insbesondere ihren ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Karl B*****, ihr Vorstandsmitglied Mag. Wolfgang J*****, aber auch den Ausgleichsverwalter Dr. Werner P***** schwerwiegender gerichtlich strafbarer Handlungen (die in der Klage im Detail angeführt werden), und zwar unter anderem der versuchten Kreditschädigung, des schweren Betrugs, der Untreue und auch der Umtriebe im Zug des Ausgleichsverfahrens. Der Beklagte habe diesen Schriftsatz auch sämtlichen Mitgliedern des Vorstands, des Sparkassenrats und des Kreditausschusses der Klägerin mit Rundschreiben übermittelt. Der Brief habe keinen Hinweis auf Vertraulichkeit enthalten. Die erhobenen Vorwürfe seien ehrenbeleidigend, kreditschädigend und unwahr. Die (ehemaligen) Vorstandsmitglieder, Aufsichtsratsmitglieder und auch sonstige Mitarbeiter der Klägerin hätten niemals gerichtliche strafbare Handlungen zu Lasten des Beklagten begangen. Die gegenteiligen Behauptungen erhebe der Beklagte wider besseres Wissen.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Schreiben an den Prokuristen der Klägerin sei von Rechtsanwalt Dr. A***** im Namen der Söhne des Beklagten abgefasst worden. Dieses Schreiben habe nur die Verantwortlichkeit des Prokuristen selbst zum Inhalt. Das Telefax an die N***** vom 22. 9. 2000 erwähne die Klägerin nicht. Es enthalte auch keine beleidigenden oder kreditschädigenden Äußerungen. Die Behauptung, Dkfm. B***** sei über die Vorfälle informiert und für die Abläufe mitverantwortlich gewesen, sei richtig. Der Schriftsatz vom 28. 8. 2000 sei in Wahrnehmung rechtlich vorgesehener Verteidigungsmittel notwendig gewesen, hätten doch die Entscheidungsträger der Klägerin im Juli 2000 gegen den Beklagten und zwei seiner Unternehmen mutwillige und unbegründete Konkursanträge gestellt. Das Schreiben vom 21. 8. 2000 sei mit dem Schriftsatz vom 28. 8. 2000 ausschließlich an Organwalter der Klägerin gesendet worden. Diese seien nicht als „Dritte" iSd § 1330 ABGB anzusehen. Die Informierten hätten ein berechtigtes Interesse an den Informationen gehabt. Sie seien zur Verschwiegenheit verpflichtet gewesen. Die Briefe seien persönlich adressiert gewesen. Der Schriftsatz vom 28. 8. 2000 sei als Prozesshandlung gerechtfertigt.
Das Erstgericht gab dem Klagehauptbegehren statt. Es traf folgende Feststellungen:
Am 28. 8. 2000 erstattete der Beklagte im Verfahren 27 Se 244/00v des Erstgerichts eine schriftliche Stellungnahme zum gegen ihn gestellten Konkursantrag der Klägerin. Darin erhob er unter anderem gegen die Klägerin massive Vorwürfe und äußerte den Verdacht strafrechtlich zu verfolgender Verhaltensweisen nach §§ 38, 101 BWG, §§ 152, 146, 152 Abs 2 StGB (vgl S 66 f der Beilage ./E).
Am 31. 8. 2000 richtete der Beklagte ein Rundschreiben an die Mitglieder des Vorstands, des Sparkassenrats und des Kreditausschusses der Klägerin. Diesem adressierten Rundschreiben (Beilage ./F) legte er für den einzelnen Empfänger jeweils in Kopie seine eidestättige Erklärung vom 29. 8. 2000 und seine Stellungnahme vom 28. 8. 2000 an das Konkursgericht (Beilage ./E) bei.
Am 21. 9. 2000 richtete der Rechtsanwalt Dr. Johann A***** das
Schreiben Beilage ./C an den Prokuristen der Klägerin Wolfgang
W*****. Darin gab er bekannt, dass er Markus und Günther H***** - die
Söhne des Beklagten - vertrete und dass auch der Beklagte von ihm
vertreten werde. In diesem Schreiben heißt es unter anderem: „Aus dem
Schreiben des gleichfalls von mir vertretenen Ing. Günther H***** vom
31. 8. 2000 (gemeint war das Rundschreiben des Beklagte Beilage ./F)
ist bekannt, dass die Vorgangsweise der ... (Klägerin) aufgrund der
Aktenlage den Verdacht des Vorliegens strafbarer Tatbilder nahelegt"
... „weil die Herren KR B*****, R***** und W***** im Frühjahr 1998
das Bankgeheimnis gegenüber dem Kreditkunden und Vereinsmitglied ...
(Beklagter) gebrochen haben".
Am 22. 9. 2000 richtete der Beklagte ein Schreiben an die Redaktion der N***** „zu Handen Frau B*****" (Beilage ./D), in dem er die Unterlassung jeder nicht von ihm autorisierten Berichterstattung durch die N***** fordert, weil der „Firma zu Unrecht großer Schaden zugefügt wird ..., jede weitere Berichterstattung dazu diesen Schaden katastrophal vergrößern und insbesondere umfangreich Arbeitsplätze gefährden würde". In diesem Brief nimmt er auch Bezug auf den - jetzt ehemaligen - Geschäftsführer der N*****, Dkfm. B*****, Mitglied des Sparkassenrats, des Kreditausschusses und des Geschäftsausschusses der Klägerin, der als maßgeblich Verantwortlicher der N***** „über diese Vorfälle genauestens informiert und für diese Abläufe auch mitverantwortlich sei".
Nachdem Leopoldine H***** die ihr zugedachte Ausfertigung des Rundschreibens des Beklagten (Beilage ./F) erhalten hatte, übergab sie diese Urkunde dem Prokuristen W***** zur Weiterleitung an die Rechtsanwälte der Klägerin.
W***** beantwortete auch den an ihn gerichteten Brief von Dr. A***** (Beilage ./C) nicht selbst, sondern leitete ihn an die Anwälte weiter. W***** und einige andere Mitarbeiter der Klägerin wurden im Spätherbst 2001 in der Causa H***** von der Polizei befragt. Für sämtliche seitens der Klägerin betroffenen Personen war vermutlich von einem Rechtsanwalt eine schriftliche Stellungnahme an die Kripo verfasst worden.
Dass gegen irgendwelche Mitarbeiter oder Organe der Klägerin Strafverfahren in der Causa H***** anhängig waren oder sind, kann nicht festgestellt werden.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, das Rundschreiben des Beklagten (Beilage ./F) sei an 24 Personen gerichtet gewesen und habe damit Tatsachen auch gegenüber mehreren vom Verletzten verschiedenen Personen verbreitet. Das Schreiben des Rechtsanwalts Dr. A***** (Beilage ./C) führe auch den Beklagten selbst mehrmals namentlich und als Klienten des Rechtsanwalts an, weshalb sich der Beklagte den Inhalt dieses Schreibens zurechnen lassen müsse. Im Telefax an die N***** (Beilage ./D) sei zwar von strafrechtlichen Vorwürfen keine Rede, doch ließen die gewählten Formulierungen Dkfm. B***** für einen unbefangenen außenstehenden Durchschnittsleser als in einem doch eher düsteren Licht erscheinen, weil unschwerlich der Eindruck vermittelt werde, dieser habe sein Wissen aus seiner Tätigkeit als Mitglied von Verwaltungsorganen der Klägerin für eine den H*****-Firmen abträgliche Berichterstattung in der N***** benützt. Die Stellungnahme des Beklagten an das Konkursgericht (Beilage ./E) stelle eine Verbreitung von Tatsachen an eine vom Verletzten verschiedene Person dar. Daran ändere die Amtsverschwiegenheit nichts, weil es ausreiche, dass die Äußerung für einen Dritten wahrnehmbar werde und sie ihm nicht tatsächlich zur Kenntnis gelangt sein müsse. Infolge der Möglichkeit der Akteneinsicht könne die Wahrnehmbarkeit durch Dritte nicht ausgeschlossen werden. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge. Es hob die angefochtene Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der Rekurs an den Obersten Rekurs zulässig sei. Das Berufungsgericht verneinte die gerügten Verfahrensmängel und Aktenwidrigkeiten. Zur Rechtsrüge führt es aus, das Schreiben des Rechtsanwalts Dr. A***** vom 11. 9. 2000 sei dem Beklagten zuzurechnen. Dieses Schreiben sei an den Prokuristen der Klägerin Wolfgang W***** gerichtet, der zwar nicht Organwalter der Klägerin sei, aber auch nicht als „Dritter" iSd § 1330 ABGB angesehen werden könne. Leite sich die Beeinträchtigung der Ehre und des wirtschaftlichen Rufes der verschiedenen Rechtsobjekte (natürliche Person - juristische Person) aus dem selben Sachverhalt her, seien sie nicht „Dritte". Jedenfalls unterläge der Prokurist betreffend eine Mitteilung, die ihm ausschließlich aufgrund der Geschäftsverbindung mit Kunden anvertraut oder zugänglich gemacht worden sei, dem Bankgeheimnis wie jeder andere Beschäftigte eines Kreditinstituts. Überdies habe der Beklagte davon ausgehen dürfen, dass der Prokurist der Klägerin oder sonst bei ihr Beschäftigte nicht bloß aufgrund der bestehenden Pflichten zur Wahrung des Bankgeheimnisses oder aufgrund eines Angestelltenverhältnisses bestehender Verschwiegenheitspflichten davon Abstand nehmen würden, die vom Beklagten erhobenen Vorwürfe an Dritte, Außenstehende gelangen zu lassen. Schon nach der Interessenlage der Klägerin habe der Beklagte damit rechnen dürfen, dass der Inhalt des ohnehin an den Prokuristen gerichteten Schreibens vertraulich behandelt würde. Daran ändere nichts, dass die Mitteilung vielleicht innerhalb des Kreditinstituts mehreren Personen bekannt geworden sei. Mit einer Weitergabe an Außenstehende habe der Beklagte nicht rechnen müssen. Das Interesse des Beklagten an der Mitteilung, mit der er Schadenersatzansprüche geltend mache, sei evident. Ein Unterlassungsanspruch bezüglich der Beilage ./C bestehe daher nicht. Das an die N***** gerichtete Fax vom 22. 9. 2000 lasse weder die Klägerin als Betroffene erkennen noch einen durch Dkfm. B***** geschaffenen Bezug zu ihr. Auch daraus lasse sich ein Unterlassungsanspruch nicht ableiten. Der Beklagte habe mit einer vertraulichen Behandlung des an die Mitglieder des Vorstands, des Sparkassenrats und des Kreditausschusses der Klägerin gerichteten Schreibens vom 31. 8. 2000 rechnen dürfen, selbst wenn er die Prüfung des Sachverhalts durch unabhängige Rechtsberater empfehle. Er habe nämlich annehmen dürfen, dass die Klägerin auch diesen entsprechende Verschwiegenheitspflichten überbinden würde. Die Stellungnahme des Beklagten vom 28. 8. 2000 im Insolvenzverfahren sei in ihrem Inhalt gerechtfertigt. Der Beklagte habe hier zwar nicht mit einer vertraulichen Behandlung rechnen dürfen, weil im Insolvenzverfahren insbesondere sämtlichen Gläubigern und ihren Rechtsvertretern die Akteneinsicht offenstehe. Die im Schriftsatz erhobenen Vorwürfe seien jedoch gerechtfertigt. Das Recht jedes Rechtssuchenden, bei Meinungsverschiedenheiten die Hilfe der Behörden in Anspruch zu nehmen, solle nicht mit einer abstrakten Verantwortlichkeit nach § 1330 ABGB für die Rechtsverteidigung belastet werden. Wesentliche Voraussetzung der Rechtfertigung sei jedoch, dass die Ausübung des Rechts im Rahmen der Prozessführung nicht missbräuchlich erfolge. Die Herabsetzung des Gegners dürfe bloß nicht wider besseres Wissen erfolgen. Für die Unwahrheit und den Vorsatz treffe die Klägerin die Beweislast. Die Klägerin habe vorgebracht, dass die inkriminierten Behauptungen vom Beklagten wider besseres Wissen erhoben würden, und habe hiezu Beweise beantragt. Aufgrund seiner unzutreffenden Rechtsansicht habe das Erstgericht jedoch Feststellungen dazu, inwieweit der Beklagte die im Schriftsatz im Insolvenzverfahren aufgestellten inkriminierten Äußerungen wider besseres Wissen erstattet habe, nicht getroffen und die darauf bezogenen Beweisanträge abgewiesen. Dieser Feststellungsmangel führe zu einer Aufhebung. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil oberstgerichtliche Judikatur zu den Fragen, inwieweit von einer Mitteilung iSd § 1330 ABGB persönlich betroffene Prokuristen und Organwalter im Verhältnis zur mitbetroffenen (hier klagenden) juristischen Person „Dritte" seien, und welche Voraussetzungen an eine vertrauliche schriftliche per Post übermittelte Mitteilung an ein Kreditinstitut zu stellen seien, - soweit ersichtlich - nicht bestehe.
Der Rekurs der Klägerin ist wegen Vorliegens erheblicher Rechtsfragen zum Thema der öffentlichen Verbreitung ehrverletzender Äußerungen zulässig. Er ist aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. Vorauszuschicken sind folgende, in der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen, auch hier anzuwendenden Grundsätze:
a) Auch juristischen Personen kommt das Recht auf Ehre zu (RIS-Justiz RS0008985). Eine juristische Person ist von Äußerungen betroffen, die sich gegen ihre Organe richten, wenn die verbreiteten Tatsachen mit dem Betrieb des Unternehmens in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0031845). Ein solcher Sachverhalt liegt hier zweifellos vor. Ein gegen ein Organ einer Gesellschaft gerichteter Vorwurf kann auch den Ruf des Unternehmens schädigen (RIS-Justiz RS0031952).
b) Der Anspruch nach § 1330 ABGB setzt voraus, dass in die Ehre und in den Ruf eingreifende Tatsachenmitteilungen öffentlich verbreitet wurden. Hiefür reicht es schon aus, dass die unwahre Behauptung gegenüber einer einzigen vom Täter und dem Verletzten verschiedenen Person erfolgte (RIS-Justiz RS0032413; RS0102047; 6 Ob 389/98p).
c) Die Mitteilung ist dann nicht öffentlich, wenn sie nach den Umständen des Falles als vertraulich anzusehen ist. Dem steht nicht entgegen, dass sie mehreren Personen zugänglich wird. Die Vertraulichkeit ist aber nicht mehr gegeben, wenn mit einer Weitergabe an außenstehende Personen gerechnet werden muss (RIS-Justiz RS0031906). Nichtöffentliche, weil vertrauliche Mitteilungen sind beispielsweise Äußerungen im Familienkreis (RIS-Justiz RS0107767) oder gegenüber einer zum Schweigen verpflichteten Person (RIS-Justiz RS0079767), etwa aufgrund der Geheimhaltungspflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses (RIS-Justiz RS0065983; 6 Ob 27/97g). Die Vertraulichkeit kann vom Mitteilenden zur Pflicht gemacht werden. Sie kann sich aber auch nach den Umständen des Einzelfalls nach den Regeln des Verkehrs ergeben (RIS-Justiz RS0079767).
d) In die Ehre oder den wirtschaftlichen Ruf des Prozessgegners eingreifende Parteibehauptungen in einem Prozess werden im Interesse einer ordnungsgemäßen Rechtspflege als gerechtfertigt angesehen, sofern sie nicht wider besseres Wissen erhoben wurden (RIS-Justiz RS0022784). Auf die mangelnde Vertraulichkeit kommt es bei der Beurteilung von Prozessbehauptungen nicht an (6 Ob 103/01t).
e) Wenn die Äußerung nicht bloß rufschädigend, sondern auch beleidigend iSd § 1330 Abs 1 ABGB ist, wie bei den hier vorliegenden Vorwürfen strafrechtlich relevanten Verhaltens, hat der Betroffene nur die Tatsachenverbreitung, der Täter aber die Wahrheit seiner Behauptungen zu beweisen (RIS-Justiz RS0031798). Bei wissentlich falschen Prozessbehauptungen trifft den Kläger die Beweislast für den Vorsatz des Täters, also für dessen Kenntnis der Unwahrheit seiner Äußerungen (RIS-Justiz RS0105665; 6 Ob 14/03g).
2. Die Rekurswerberin steht zusammengefasst auf dem Standpunkt, dass zwar allenfalls die Öffentlichkeit der Äußerungen des Beklagten wegen der Organstellung der Adressaten im Unternehmen der Klägerin verneint werden könnte (weil deshalb die Äußerung als nur gegenüber der Gesellschaft erfolgt anzusehen wäre), dass dies aber bei einem Prokuristen als Adressat der Äußerung zu verneinen sei. Im Übrigen sei aber keine Gewähr der Vertraulichkeit gegeben gewesen sei, weil das Rundschreiben des Beklagten ohne Vertraulichkeitsvermerk nicht mehr an die Adresse der Klägerin, sondern überwiegend an „privat- oder sonstige Dienstadressen" verschickt worden sei. Damit sei die Möglichkeit der Kenntnisnahme durch unbeteiligte Dritte herbeigeführt worden. Der Beklagte habe sogar die Absicht der Weiterverbreitung gehabt, indem er den Empfängern seiner Schreiben die Überprüfung der Vorwürfe durch unabhängige Rechtsberater empfohlen habe. Die Entscheidung des Berufungsgerichts weiche von der oberstgerichtlichen Judikatur (SZ 69/12) ab. Wegen Nichterbringung des Wahrheitsbeweises durch den Beklagten sei die Sache spruchreif.
3. Der Beklagte argumentiert in seiner Rekursbeantwortung im Wesentlichen dahin, dass die strittigen Äußerungen ausschließlich Organen (Mitgliedern des Vorstandes, des Sparkassenrates und des Kreditausschusses) bzw einem Prokuristen der Klägerin zugekommen seien und deshalb keine öffentliche Verbreitung vorliege, wie dies schon in der Entscheidung SZ 35/82 sogar für Äußerungen gegenüber einfachen Angestellten eines Unternehmens ausgesprochen worden sei. Rechtsberater der Klägerin seien keine Dritte im Sinne der erforderlichen Öffentlichkeit. Die Entscheidung SZ 69/12, in der es um eine Äußerung im Familienkreis gegangen sei, sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Vertraulichkeit der Äußerungen sei im Hinblick auf das Briefgeheimnis und „aufgrund des funktionierenden Postwesens" zu bejahen. Die Sache sei daher im Sinne einer Klageabweisung spruchreif.
Hiezu wurde erwogen:
4. Zum Thema der öffentlichen Verbreitung:
Es ist dem Berufungsgericht zuzustimmen, dass eine einem Organ einer Gesellschaft zugestellte, diese Gesellschaft betreffende Mitteilung eine an die Gesellschaft, also die nach § 1330 ABGB Verletzte, gerichtete Mitteilung ist und in einem solchen Fall noch keine öffentliche Mitteilung vorliegt. Gleiches gilt nach der schon zitierten Entscheidung SZ 35/82 (= 5 Ob 163/62) auch dann, wenn die Mitteilung bloß gegenüber einem Angestellten eines Kreditinstituts erfolgte, „mag sie auch innerhalb des Instituts mehreren Personen bekannt geworden sein". Ob dieser Satz tatsächlich auch für Angestellte in untergeordneter Position Gültigkeit hat, braucht nicht untersucht werden, weil hier ohnehin feststeht, dass die schriftlichen Vorwürfe des Beklagten den Organen und einem leitenden Prokuristen der Klägerin zugestellt wurden. Bei solchen Personen ist aber von Äußerungen gegenüber der betroffenen Gesellschaft selbst auszugehen.
5. Zur Vertraulichkeit der Mitteilungen:
Entgegen dem Rekursvorbringen reicht nicht schon die abstrakte Gefahr aus, dass die Mitteilungen in „falsche" Hände geraten können.
Zunächst fällt es in die Sphäre der Klägerin, dafür zu sorgen, dass
unternehmensbezogene, an ihre Organe oder leitenden Angestellten
adressierte Briefe an Unbefugte nicht weitergegeben werden. Bei der
Zustellung an seine Privatadresse ist es wiederum Sache des Organs,
für die Vertraulichkeit zu sorgen. Ein Fehlverhalten des Organs muss
der Gesellschaft zugerechnet werden. Im Übrigen verweist der Beklagte
zutreffend auf die Existenz des Briefgeheimnisses (§ 118 StGB), was
ausreichend sicherstellen sollte, dass der Inhalt der zugestellten
Schriftstücke zunächst nur dem namentlich angeführten Adressaten und
nicht Dritten zukommt und zur Kenntnis gelangt. Schließlich bedeutete
der Standpunkt der Klägerin in letzter Konsequenz tatsächlich - wie
der Beklagte ausführt -, dass einer Gesellschaft keine vertrauliche
Mitteilung im Postweg gemacht werden könnte. Dass für die Zustellung
an die Gesellschaft ein Organ oder ein Zustellbevollmächtigter
notwendig ist, ist selbstverständlich. Der Setzung eines besonderen
Vertraulichkeitsvermerks auf dem Poststück bedarf es bei der
Zustellung an Organe und leitende Angestellte im Hinblick auf das
Briefgeheimnis und die den Organen obliegende Sorgfaltspflicht
gegenüber ihrem Unternehmen nicht. Nach den Regeln des Verkehrs
(RIS-Justiz RS0079767) ist bei der Briefzustellung durch die Post die Vertraulichkeit bei allen angeführten Zustelladressen (am Sitz des Unternehmens; an der Privatadresse; am Arbeitsplatz) gewährleistet, sofern nicht besondere Umstände indizieren, das mit einer Weitergabe an Außenstehende gerechnet werden muss. Derartige für den Beklagten auch erkennbar gewesene Umstände zeigt die Rekurswerberin nicht auf, weil es keineswegs notorisch ist, dass ein Brief „im täglichen Bürobetrieb nicht vom Empfänger selbst, sondern von dritten Personen geöffnet wird und in aller Regel durch mehrere Hände geht". Ein solcher Sachverhalt ist aber auch bei einer Zustellung an der Privatadresse nicht von vornherein anzunehmen. Aus der Entscheidung SZ 69/12 ist für den Standpunkt der Klägerin nichts zu gewinnen, ging es doch dort um die Übergabe eines nicht verschlossenen Schriftstücks mit ehrenbeleidigendem Inhalt an ein Familienmitglied und war die für den vorliegenden Fall nicht wesentliche Rechtsfrage der sogenannten „beleidigungsfreien Privatsphäre" im engsten Familienkreis zu klären. Die öffentliche Verbreitung kann hier auch nicht schon deshalb bejaht werden, weil der Beklagte die Adressaten seiner Äußerungen zur Prüfung der Vorwürfe durch unabhängige Rechtsberater aufgefordert hat. Bei der gebotenen Gleichsetzung der Organe und der leitenden Angestellten mit der verletzten Gesellschaft kann es nicht in deren Hand liegen, die öffentliche Verbreitung der ehrverletzenden oder kreditschädigenden Äußerungen selbst zu bewirken und solcherart erst die nach § 1330 ABGB erforderliche Öffentlichkeit herzustellen. Schließlich kann der Klageanspruch auch nicht auf das Schreiben des Beklagten vom 22. 9. 2000 an eine Zeitungsredaktion (Beilage ./D) gestützt werden. Bei diesem Schreiben läge zwar die erforderliche Öffentlichkeit (eine von der Verletzten und dem Täter verschiedene Person) vor, das Schreiben selbst enthält jedoch nicht die konkreten, dem begehrten Urteilsspruch entsprechenden Deliktsvorwürfe und stellt nur eine allgemeine Verbindung zur Klägerin über das im Schreiben namentlich angeführte Aufsichtsratsmitglied her.
6. Für den Fortgang des Verfahrens ist daher festzuhalten, dass zwar wegen Nichterbringens des Wahrheitsbeweises durch den Beklagten von unwahren Tatsachenbehauptungen auszugehen ist, die Äußerungen aber nicht öffentlich erfolgten. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist damit aber die Sache noch nicht spruchreif im Sinne eines klageabweisenden Urteils durch den Obersten Gerichtshof (zum fehlenden Verbot der reformatio in peius E. Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 5 zu § 519 mwN), weil das Berufungsgericht zutreffend Feststellungen (nach Durchführung des beantragten Beweisverfahrens) zum Thema vermisste, ob der Beklagte seine ehrverletzenden Prozessbehauptungen im Insolvenzverfahren, die ja grundsätzlich auch im Fall der Unwahrheit gerechtfertigt sein können, wider besseres Wissen über die Unwahrheit erhoben hat. Der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts ist daher zu bestätigen.
Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)