OGH 2Ob284/04k

OGH2Ob284/04k16.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Doris E*****, vertreten durch Dr. Peter Burgstaller, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Land Oberösterreich, Klosterstraße 7, 4010 Linz, vertreten durch Rechtsanwälte Pitzl & Huber Anwaltspartnerschaft in Linz, wegen EUR 127.534,36 sA, Gewährung einer Pflegekostenrente von EUR 1.882,88 mtl und einer Schmerzengeldrente von EUR 2.180,19 mtl jeweils ab Jänner 2000 sowie Feststellung (Streitwert EUR 14.534,57) über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 22. September 2004, GZ 2 R 132/04a-87, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 21. April 2004, GZ 30 Cg 43/00b-79, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.435,22 (darin enthalten EUR 405,87 USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 508a Abs 1 ZPO), mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. In einem solchen Fall kann sich die Zurückweisung eines zugelassenen Rechtsmittels auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3, § 528a ZPO).

Der Oberste Gerichtshof hat in reichhaltiger Judikatur Grundsätze über die Erforderlichkeit und den Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht entwickelt, auf die schon das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat und auf dessen Zitate verwiesen werden kann. Aufgabe der ärztlichen Aufklärung ist es, dem Patienten die für seine Entscheidung maßgebenden Kriterien zu geben und ihn in die Lage zu versetzen, die Tragweite seiner Einwilligung zur Behandlung bzw zum Eingriff zu überschauen (vgl die Zusammenfassung der Judikatur in 7 Ob 15/04p). Ist der Eingriff zwar medizinisch empfohlen, aber nicht eilig, so ist grundsätzlich eine umfassende Aufklärung notwendig (RIS-Justiz RS0026772). Der Oberste Gerichtshof hat auch in zahlreichen Entscheidungen betont, dass die Frage, in welchem Umfang der Arzt den Patienten aufklären muss, keine feststellungsfähige Tatsache, sondern eine Rechtsfrage darstellt (RIS-Justiz RS0026763), die nach den Umständen des Einzelfalls zu beantworten (RIS-Justiz RS0026529) und daher im Allgemeinen nicht revisibel ist. Ebenfalls wurde bereits ausgesprochen, dass die dem Patienten nach entsprechender Aufklärung zur Verfügung zu stellende stehende Überlegungsfrist von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere von der Dringlichkeit der ärztlichen Behandlung abhängt. Sowohl der Grad der erforderlichen ärztlichen Aufklärung als auch die dem Patienten einzuräumende Überlegungsfrist hängen daher von zahlreichen konkreten Umständen ab, deren Beurteilung keine über den konkreten Fall hinausreichende Bedeutung zukommt, es sei denn, es wäre dem Berufungsgericht ein schwerwiegende Fehlbeurteilung unterlaufen, die aus Gründen der Rechtssicherheit bzw der Einzelfallgerechtigkeit vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste. (RIS-Justiz RS0021095, RS0042405).

Die angefochtene Entscheidung steht mit der vom Obersten Gerichtshof entwickelten, bereits vom Berufungsgericht referierten Judikatur im Einklang.

Die der Klägerin gegebene Information, der vorgeschlagene Eingriff könne schlimmstenfalls zu einem kompletten Gehörverlust, zu einer bleibenden Gesichtsnervenlähmung und zu einer Blutung führen, welche auch eine tödliche Gehirnschwellung nach sich ziehen könne, lässt unberücksichtigt, dass die möglicherweise eintretende Hirnschwellung auch zu einer massiven Beeinträchtigung der Körperfunktionen führen kann, die bleibende schwerste Behinderungen zur Folge haben. Es versteht sich keineswegs von selbst, dass die Aufklärung über die mögliche Todesfolge eine Aufklärung über mögliche schwerste Behinderungen ersetzt. Die Beurteilung des Berufungsgerichtes, im vorliegenden Fall hätte die Klägerin aufgrund der nicht dringend notwendigen Operation des benignen Akustikusneurinoms auch auf den Eintritt einer derartigen lebenslangen Behinderung hingewiesen werden müssen, stellt daher ebenso keine zu korrigierende auffallende Fehlbeurteilung dar wie die Beurteilung, im Falle der Operationsverweigerung hätte sie auch über die bereits vorhandene alternative Behandlungsmethode aufgeklärt werden müssen.

Der Rekurs war daher mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Rekursbeantwortung ausdrücklich auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Beklagten ausdrücklich hingewiesen.

Stichworte