Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und der Nebenintervenientin die mit je 399,74 EUR (darin 66,62 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Die Klägerin betrat am 4. 5. 2004 ein von der Beklagten betriebenes Möbelgeschäft, ohne eine vor dem Eingangsbereich verlegte Gummimatte zu bemerken. Beim Verlassen des Geschäftslokals blieb sie mit einem Absatz ihres Stöckelschuhs in der Gummimatte hängen und kam zu Sturz; dabei brach sie sich Daumen und Handwurzel der rechten Hand. Die Gummimatte im Ausmaß von 1,8 m x 2 m erstreckt sich über die gesamte Breite der Eingangstür und ist in einem versenkten Metallrahmen niveaugleich mit dem umgebenden Boden verlegt; sie besteht aus einer Struktur von wabenförmigen sechseckigen Öffnungen (Abstand der parallelen Seiten 23 mm, Abstand der Eckpunkte 26 mm). Laut ÖNORM S 3009 darf die Maschenweite bei Gitterrosten, die im gewerblichen Bereich eingesetzt werden, maximal 30 x 30 mm betragen; laut ÖNORM EN ISO 14122-2 darf der Bodenbelag einer Arbeitsbühne oder eines Laufstegs höchstens solche Öffnungen aufweisen, dass eine Kugel mit einem Durchmesser von 35 mm nicht hindurch fällt.
Die Vorinstanzen haben das auf Verletzung von Verkehrssicherungspflichten gestützte Schadenersatzbegehren abgewiesen. Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, gleichartige Gummimatten würden im Eingangsbereich vieler Geschäftslokale und öffentlicher Gebäude zur Aufnahme von Schmutz und Flüssigkeiten verwendet, um die dort gegebene Rutschgefahr hintanzuhalten. Gleiches gelte für Gitterroste im Bereich von Bahnhöfen und U-Bahn-Stationen. Kunden müssten mit solchen der Sicherungspflicht des Geschäftsinhabers dienenden Maßnahmen rechnen, weil sie dem heute üblichen Standard entsprächen, und an den genannten Orten - besonders beim Tragen von Stöckelschuhen - der Bodenbeschaffenheit erhöhte Aufmerksamkeit widmen. Eines besonderen Warnhinweises bedürfe es bei einer solchen „routinemäßig" wahrzunehmenden Einrichtung nicht. Die Klägerin habe ihren Sturz selbst zu verantworten.
Entgegen dem - den OGH nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab:
Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen der von der Lehre gebilligten ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht nicht überspannt werden dürfen (RIS-Justiz RS0023487, RS0023893, RS0023950), soll sie keine in Wahrheit vom Verschulden unabhängige Haftung des Sicherungspflichtigen zur Folge haben (RIS-Justiz RS0023950). Sie findet ihre Grenze daher immer in der Zumutbarkeit möglicher Maßnahmen der Gefahrenabwehr (Harrer in Schwimann, ABGB² § 1295 Rz 44, 55 mwN; RIS-Justiz RS0023397). Umfang und Intensität von Verkehrssicherungspflichten richten sich dabei vor allem danach, in welchem Maß die Verkehrsteilnehmer selbst vorhandene Gefahren erkennen und ihnen begegnen können (RIS-Justiz RS0023726). Ebenso entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass von jedem Fußgänger verlangt werden muss, dass er beim Gehen auch "vor die Füße schaut" (4 Ob 124/98h; RIS-Justiz RS0027447[T4]) und der einzuschlagenden Wegstrecke Aufmerksamkeit zuwendet (4 Ob 124/98h; RIS-Justiz RS0023787[T3]).
Das Argument der Rechtsmittelwerberin, sie hätte der von der Gummimatte ausgehenden Gefahr nicht ausweichen können, ist schon dadurch widerlegt, dass sie sturzfrei ins Geschäftslokal gelangt ist und ihr die Matte beim Eintreten nicht aufgefallen ist; umso eher musste es ihr dann aber möglich sein, bei entsprechender Aufmerksamkeit ein Hängenbleiben mit dem Schuhabsatz zu vermeiden. Der konkrete Inhalt einer Verkehrssicherungspflicht kann immer nur von Fall zu Fall bestimmt werden (RIS-Justiz RS0029874; RS0110202); Gleiches gilt für das Maß der Zumutbarkeit geeigneter Vorkehrungen gegen einen Schadenseintritt (RIS-Justiz RS0029874). Die Lösung der Frage, ob im konkreten Fall die Beklagte alles ihr Zumutbare zur Verhütung der Gefahren der vorliegenden Art getan hat, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab; dies schließt über den Anlassfall hinausgehende allgemeine Aussagen aus. Damit liegt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagte und die Nebenintervenientin in ihren Revisionsbeantwortungen auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, dienten ihre Schriftsätze der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung. Gem § 15 RATG gebührt dem Rechtsanwalt eine Erhöhung seiner Entschädigung, wenn er in einer Rechtssache mehrere Personen vertritt oder mehreren Personen gegenübersteht; keiner dieser Fälle liegt hier vor, weshalb kein Streitgenossenzuschlag zuzusprechen ist.
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