OGH 4Ob57/05v

OGH4Ob57/05v26.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** AG, *****, vertreten durch Dr. Heinrich Kammerlander und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. K***** GmbH & Co KG, *****, und 2. Markus R*****, beide vertreten durch Dr. Hubert Simon, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Widerruf und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 40.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 14. Jänner 2005, GZ 5 R 216/04b-14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Beklagten machen in der Zulassungsbeschwerde geltend, das Rekursgericht habe den beanstandeten Kommentar des Zweitbeklagten zu Unrecht am Verständnis des flüchtigen Durchschnittsinteressenten gemessen. Der flüchtige Durchschnittsinteressent lese derartige Kommentare nicht. Er wende „seine Aufmerksamkeit der Abbildung spärlich bekleideter Damen, der spannenden Kriminalberichterstattung in der Chronik, Berichten von regionaler Bedeutung und dem Sport zu".

Die Frage, ob einem Schreiben eine bestimmte Äußerung entnommen werden kann, ist immer nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise bei ungezwungener Auslegung zu beurteilen; dabei kommt es auf den Gesamtzusammenhang und den daraus ermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerung an. Der Äußernde muss bei mehrdeutigen oder unklaren Angaben stets die ungünstigste, noch ernstlich in Betracht kommende Auslegung gegen sich gelten lassen (4 Ob 72/99p = ÖBl 2000, 35 - SPRITZGUSSWERKZEUGE; 4 Ob 109/02m = MR 2002, 295 - HETZKAMPAGNE; 4 Ob 18/04g = ÖBl-LS 2004/63 - FÜHRUNGSMITGLIED). Maßgeblich ist das Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers oder -hörers, nicht aber der subjektive Wille des Erklärenden (RIS-Justiz RS0031883); auch nach § 7 UWG zu beurteilende Mitteilungen sind so auszulegen, wie sie von den angesprochenen Verkehrskreisen bei ungezwungener Auslegung verstanden werden (4 Ob 2115/96z - AUSLAUFMODELLE ua).

Mit dieser Rechtsprechung, die auch auf Zeitungskommentare anzuwenden ist (vgl 4 Ob 84/00g = MR 2000, 387 - KRÄHENGEFLÜSTER uva), steht die angefochtene Entscheidung im Einklang. Wie aber eine Äußerung im Einzelfall zu verstehen ist, hängt so sehr von den Umständen des konkreten Falls ab, dass dieser Frage keine darüber hinausgehende Bedeutung zukommt. Sie bildet daher keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO (4 Ob 84/04g - KRÄHENGEFLÜSTER; ebenso 6 Ob 160/99v - AKTIVES PARTEIMITGLIED). Es ist im Übrigen weder gerichtsnotorisch noch bescheinigt, dass sich der Durchschnittsleser der betroffenen Tageszeitung nur für die spärlich bekleideten Damen, die spannende Kriminalberichterstattung, die Berichte von regionaler Bedeutung und den Sport, nicht aber auch für die Kommentare interessiert.

2. Soweit in der Zulassungsbeschwerde weiters geltend gemacht wird, das Rekursgericht habe durch seine Entscheidung die Beklagten in ihrem Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit nach Art 10 EMRK verletzt, sind sie darauf zu verweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sittenwidrige Pauschalherabsetzungen von Mitbewerbern nicht mit dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung zu rechtfertigen sind (4 Ob 128/89 = ÖBl 1990, 18 - MAFIAPRINT mwN). Das Recht der freien Meinungsäußerung wird durch den Schutz des guten Rufs und der wirtschaftlichen Lage desjenigen, der von unwahren Tatsachenbehauptungen betroffen ist, notwendigerweise beschränkt (RIS-Justiz RS0075642, RS0075601). Meinungsfreiheit bildet daher weder einen Freibrief für unwahre Tatsachenbehauptungen (4 Ob 109/94 = ÖBl 1995, 167 - EXKLUSIVINTERVIEW II) noch für Äußerungen, durch die der davon Betroffene verspottet wird (6 Ob 20/95 = SZ 68/97 - RÖSSLWIRTIN; 4 Ob 84/00g - KRÄHENGEFLÜSTER).

Stichworte